Die Baumann-Kolumne "Neues von der Werkbank" Kommentar: Mein Weihnachtswunsch? Mehr Selbstreflexion statt Sorglosigkeit!

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Baustoffe, Nachhaltigkeit und Neues von der Werkbank – Kolumne von Ruth Baumann

Alle Jahre wieder wünschen wir uns gegenseitig besinnliche und frohe Weihnachten. Ist dieser Wunsch mittlerweile zu einer Floskel verkommen oder haben wir den Mut, ihn auch ehrlich zu meinen und die Tage der Besinnlichkeit auch mal für mehr Selbstreflexion zu nutzen? Mit genau diesem Wunsch möchte Kolumnistin Ruth Baumann, Präsidentin der Unternehmerfrauen im Handwerk (ufh) Baden-Württemberg, an die bevorstehende Weihnachtszeit appellieren und zwar in einer weiteren Folge von “Neues von der Werkbank“.

Ruth Baumann Landesvorsitzende UFH Baden-Württemberg
Die studierte Politologin und Handwerksunternehmerin Ruth Baumann vertritt seit 2008 als Präsidentin die Unternehmerfrauen im Handwerk in Baden-Württemberg (ufh). - © privat

Eine verlässliche, tiefe Freundschaft braucht nicht die gekaufte Weihnachtskarte vor den Festtagen, sondern den beständigen und oft unsichtbaren Faden, der sich durch das Leben zieht. Sich aufeinander verlassen können, offene Ohren für Sorgen und Ängste zu haben, Freud‘ und Leid gemeinsam zu teilen, sind Schätze. Freunde und Familie sind im metaphorischen Sinne eine Trutzburg, in die man sich gern zurückziehen und einfach fallen lassen kann. In instabilen Zeiten ist sie der Ort der Verlässlich- und Aufrichtigkeit. Diesen Verbund gilt es zu pflegen und zu hegen, denn er ist keinesfalls eine Selbstverständlichkeit. Die eigenen Antennen müssen senden und empfangen, sporadische Besuche reichen nicht.

Die Ehrlichkeit des Ehrenamts

Viele scheinen zu glauben, dass es bei einer ehrenamtlichen Tätigkeit ausreicht, diese nur bei Bedarf auszuführen, sich mit ihr zu schmücken oder der Wertschätzung wäre genüge getan, wenn man eine (mitunter halbherzig gemeinte) Auszeichnung vergibt. Es zeugt nicht von ehrlicher Anerkennung, wenn die Zeit vermeintlich reif für eine Anerkennung scheint. Wer ein Ehrenamt aus innerer Überzeugung antritt, ist keinesfalls berechnend. Es mag Menschen geben, für die ein Photo der Glückszenit bedeutet. Andere haben jedoch Antennen, die zwischen respektvoller Würdigung des Engagements und protokollarischer „Standardwertschätzung“ unterscheiden können. Niemand sollte dies unterschätzen!

Vom Senden und Empfangen von Botschaften

Sehen Sie in den Augen der Pflegekräfte und Ärzte, wie diese ihr Bestes geben und oft abgekämpft oder gar müde wirken? Ist dies mit Geld bezahlbar? Oder signalisieren Ihnen Ihre Antennen, dass es weiterer Wertschätzung ebenso bedarf? Die Verkäuferin, der Einzelhandel, die Gastronomie… überall treffen Menschen aufeinander, deren Sensoren sich nicht selten in der Einbahnstraße befinden. Viel zu sehr ist man damit beschäftigt, die eigenen Befindlichkeiten, oft gepaart mit Egoismus und reichlich Sendungsbewusstsein, dem Gegenüber zu kommunizieren, anstatt sich selbst mal etwas zurückzunehmen. Jeder, der sich selbst nur der Nächste ist, schadet massiv dem gesellschaftlichen Miteinander. Bevor Sie also Ihre Unzufriedenheit und Wut adressieren, sollten Sie sich die Frage stellen, ob dies überhaupt die richtige Adresse ist. Und nehmen Sie sich auch die Zeit, Botschaften zu empfangen. Nicht, dass Sie bei ehrlicher Betrachtung zu dem Ergebnis kommen, dass dieses Verhalten oder gar Ihre Person hier fehl am Platze sind.

Aus der bisherigen Sorglosigkeit lernen

Bei der immer mehr spürbaren Materialknappheit ist nicht unser Lieferant die Ursache, sondern der bisher sorglose Umgang mit Ressourcen. Wir lernen schmerzvoll, dass die gefüllten Regale und die kurzen Lieferzeiten eine Realität vorgegaukelt haben, die eben nicht von Dauer sein muss. Unsere unreflektierte Unbekümmertheit stößt jetzt an Grenzen, aber die Ursache hierfür liegt nicht beim Verkäufer. Wer bisher sensibel mit Geschäftsbeziehungen umgegangen ist, kann nun die Erfahrung machen, dass das faire Miteinander in der Vergangenheit der Schlüssel für die Geschäftsbeziehung der Zukunft ist. Kunden, die Partnerschaft nicht nur in der Angebots- und Ausführungsphase, sondern auch bei der Rechnungsbegleichung gelebt haben, werden nun eine andere Facette gelebter Wertschätzung erfahren.

Die Freude der einen ist (auch) die Freude der anderen

Nutzen Sie also die anstehenden Festtage, um Ihre Sensoren zu ertüchtigen. Sie kümmern sich so gewissermaßen um die Gesundheit Ihrer Mitarbeiter, Kunden und Besucher – statt sich zu verstecken! Darauf dürfen Sie gern auch stolz sein und es annoncieren. Und auch wenn wir keine börsennotierten Betriebe haben, ist unsere Wirtschaftskraft dennoch nicht zu unterschätzen. Wir können uns auch an einer Lieferung von AdBlue erfreuen, denn es zeigt die Anerkennung einer langen, verlässlichen Geschäftsbeziehung und ist ein Puzzleteil für kommende Tätigkeiten.

Machen Sie den Unterschied

Unterscheiden Sie bei den Weihnachtswünschen standardisierte Formulierungen von persönlichen Gedanken. Seien Sie außerdem sensibel und setzen Sie in Ihrem betrieblichen als auch in Ihrem privatem Alltag gelegentliche Akzente. Engagement, wie und wo auch immer, ist nicht selbstverständlich. Die Selbstdarstellung vieler im Echoraum sozialer Medien ist oft einfach nur beliebig und armselig. Nutzen Sie Ihre Zeit (und Likes) also besser für Dinge mit wirklicher Substanz. Jetzt gilt es Freundschaften und das Familienleben zu pflegen, sich den Luxus einer inneren Inventur zu gönnen: Was brauche ich? Auf was kann ich verzichten? Und wofür will ich mich einsetzen? Bleiben Sie gesund, menschlich vernetzt, geerdet und lernen Sie auch mal loszulassen: Bläher, Blender und Beliebigkeit stehlen wertvolle (Lebens)Zeit.