Die Baumann-Kolumne "Neues von der Werkbank" Kommentar: Sind Gehaltserhöhungen Teil des Problems und nicht Teil der Lösung?

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Konjunktur, Lohn- und Gehalts-Check und Neues von der Werkbank – Kolumne von Ruth Baumann

Die Kosten für den Green Deal, der Transformation der Wirtschaft, die Folgen der Inflation und nicht zuletzt auch die Kosten der sozialen Sicherheit zeigen ihre Wirkung. Das Geld wird allmählich knapp, überall wird gestreikt. Aber helfen da noch Lohnerhöhungen oder sind sie lediglich bloße Kosmetik? Kolumnistin Ruth Baumann nähert sich dem Sachverhalt – in einer neuen Folge von "Neues von der Werkbank".

Ruth Baumann Landesvorsitzende UFH Baden-Württemberg
Ruth Baumann Landesvorsitzende ufh Baden-Württemberg. Gemeinsam mit ihrem Mann führt sie die Baumann & Co. Straßenbaugesellschaft mbH in Freiburg. - © privat

Viele Arbeitgeber schämen sich oftmals fremd, wenn sie bei der Lohnüberweisung ihrer Mitarbeiter sehen, wie groß doch die Differenz zwischen Brutto- und Nettolohn ist. Wohlstand für alle, Arbeit muss sich lohnen, um nur zwei Schlagzeilen zu zitieren, sind in der Realität von Lohnabrechnungen keinesfalls gespiegelt. Alle sind betroffen, machen sich zum Fürsprecher auskömmlicher Entlohnung, doch viele Aussagen ragen über den Status eines einfachen Lippenbekenntnisses nicht hinaus.

Betriebe als Retter der Nation

Aktuell wird seitens des Staates (und nicht unbedingt des Marktes) alles Mögliche getan, um sämtliche Kosten ins Uferlose galoppieren zu lassen. Dabei liegt es in der Verantwortung eines jeden Einzelnen, ob er die moralisierenden Absichten im Verteuern verschiedener Produkte und Dienstleistungen als Beispiele für einen angestrebten Umerziehungsprozess „honorieren“ will oder darin einen Griff in den Geldbeutel der Gemeinschaft sehen mag. Dennoch gilt: Gut gemeint, ist nicht automatisch gut gemacht!

Keiner will Verursacher der Teuerungen sein, sei es bei Energie, Mobilität, Gesundheitswesen, Wohnraum, Lebensmittel, Freizeit etc. Nichtsdestotrotz trägt jeder sein Scherflein dazu bei. Oft genug ist es auch Vater Staat selbst, der trotz sprudelnder Steuereinnahmen immer noch am Hungertuch zu nagen scheint und nach neuen Formen für noch mehr Einnahmen sucht. Die Option, die Ausgabenhöhe den Einnahmen anzupassen, scheint jedoch nicht verfolgt zu werden. Die Staatsquote wächst, die Notenpresse arbeitet, Insolvenzen und Betriebsschließungen steigen. Und doch sollen nun die Betriebe, so habe ich zumindest den Eindruck, das komplette Szenario retten.

Wenn das Geld versickert...

Um mal deutlich zu werden: Die Betriebsinhaber drücken sich nicht vor ihrer Verantwortung als Partner ihrer Mitarbeiter in der Sozialversicherung. Nein, sie sorgen sich ebenso um deren Altersabsicherung (Stichwort: Höhe des Arbeitgeberanteils bei der Rentenberechnung) und wissen ganz genau, wie viel Monat noch bei den allgemeinen Lebenshaltungskosten bleiben kann. Gleichzeitig spürt man aber auch eine gewisse Ohnmacht. Wie viel Lohnerhöhung muss es geben, damit diese auch endlich wieder bei dem spürbar wird, der sie auch erarbeitet hat? Dies gilt in gleicher Weise auch für die Betriebsinhaber sowie deren Unternehmen. Wann erreicht man bei den Abgaben und Belastungen endlich einen Status quo, der auch noch erwirtschaftbar ist? Und wohin versickert das ganze Geld, das unsere Mitarbeiter und Unternehmen erarbeiten? Etwa in der Infrastruktur? Ein Blick auf den Zustand des ÖPNV, der Straßen, Schulen, Stromversorgung und Krankenhäuser lässt dies nicht vermuten. Vielleicht in der Digitalisierung? Oder im Informationsauftrag der Öffentlich-Rechtlichen Rundfunkanstalten? In eine solide Altersabsicherung? Oder gar in der Entbürokratisierung? Die Antworten erspare ich Ihnen und mir besser.

Verkommen Lohnerhöhungen zur bloßen Kosmetik?

Arbeitslohn sollte für sämtliche Lebenshaltungskosten eine beständige und verlässliche Komponente sein. Als Grundlage hierfür ist es aber notwendig, dass die Begehrlichkeiten des Staates verstärkt limitiert werden. Das „Betongold“, als Vorsorge für das Alter, darf nicht Ziel von Zwangssanierungen oder schieren Enteignungsüberlegungen (Grundsteuer, Erbschaftssteuer) sein. Denn diese machen den Lebensabend unkalkulierbar und erschweren ihn deutlich. Es sollte einem Facharbeiter möglich sein, von seinem Lohn, der ihm bleibt, wiederum einen anderen Facharbeiter beauftragen zu können. Lohnerhöhungen verkommen zur bloßen Kosmetik, wenn sie durch Steuern und Abgaben wieder „verpuffen“. Und wer aktuell den Zuzug von Arbeitnehmern forcieren will, sollte auch ehrlich bilanzieren. Sind 50 Prozent Abzug vom Bruttolohn ein „Verkaufsschlager“ oder eher ein Malus für den Wirtschaftsstandort Deutschland?

Endlich Verantwortung übernehmen!

Lassen Sie es mich an dieser Stelle deutlich betonen: Alle Preiserhöhungen, sei es beim Material oder bei Löhnen, schlagen in den (leeren) Geldbeutel eines jeden durch. Es zahlt am Ende immer der Verbraucher, da ändert auch das Opium fürs Volk in Form diverser Unterstützungen nichts. Wer glaubt, die Spirale der Verteuerung kann endlos nach oben gedreht werden, wird eines Besseren belehrt werden. Belastungen und Steuern müssen runter, Verlässlichkeit ist nicht nur in der Lohn- und Rentenpolitik gefordert. Durchschnittliches Einkommen sollte für das durchschnittliche Auskommen reichen. Das funktioniert nicht indem man auf vielen Gebieten „Greenwashing“ betreibt, fast alle Lebenshaltungskosten verteuert und Bürger an den Bettelstab bringt.

Unsere soziale Absicherung gründet auf der Leistungsfähigkeit der Steuerzahler. Wenn das Joch der Belastungen allerdings zu hoch wird, ist ganz klar der gesellschaftliche Frieden gefährdet. Preis- und Lohnerhöhungen, die nicht mehr erwirtschaftbar sind, können dann wie Sprengstoff wirken. Es gilt Verantwortung zu übernehmen, Vorsorge für kommende Generationen zu treffen – nicht nur beim Klima, sondern auch bei der Abgabenlast. Und hierbei sind alle gefordert, denn „Kosmetik“ ist es eben nicht, was hilft!

Über Autorin Ruth Baumann:

Bei Ruth Baumann war es ein zart gehauchtes "Ja", das sie in einen mittelständischen Straßenbaubetrieb und damit ins Handwerk brachte: Seit ihrer Hochzeit führt sie gemeinsam mit Ehemann Martin Baumann die Baumann & Co. Straßenbaugesellschaft mbH in Freiburg. Trotz ihres abgeschlossenen Hochschulstudiums entschied sie sich damals bewusst, in den Familienbetrieb einzusteigen und bekräftigte dies durch eine weitere Ausbildung zur Bürokauffrau. Zunächst im Ehrenamt bei den Unternehmerfrauen im Handwerk Freiburg, später als Präsidentin des Landesverbandes der Unternehmerfrauen im Handwerk Baden-Württemberg, war es ihr immer ein besonderes Anliegen, die Mitglieder mit einem gesunden Selbstbewusstsein und Stolz auf das Handwerk auszustatten. Sie sieht die Unternehmerfrauen als Wirtschaftsverband und vertritt dies auch in der Öffentlichkeit.

Ihre betriebliche Erfahrung wurde in der Folgezeit auch verstärkt in der politischen Theorie nachgefragt und stieß – zu ihrer eigenen Überraschung – auf immer mehr Resonanz. Es folgten unterschiedliche Kommissionen und Funktionen in der Mittelstands- und Wirtschaftsunion, die sie mittlerweile auch auf Bundesebene ausführt. In Interviews, Vorträgen und Podiumsdiskussionen rund um das Handwerk gibt sie parteiübergreifend Einblicke in die Sorgen und Nöte von Familienbetrieben. Jüngst wurde sie in den Bundesvorstand der CDU gewählt und ist dort als "Handwerk mit Mundwerk und akademischen Grad" Mittler zwischen unterschiedlichen Welten.