Anreize für Mitarbeitergewinnung Trendstudie zu Gehältern: Steigende Löhne kompensieren Inflation nur wenig – das können Chefs stattdessen tun

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Um im Schnitt 3,5 Prozent steigen die Gehälter 2022. Dies soll die Wirkung der Inflation von aktuell 7,5 Prozent abmildern. Und es soll einen Beitrag dazu leisten, dass vorhandene Arbeitskräfte bleiben und neue gewonnen werden. Wie eine aktuelle Studie der Unternehmensberatung Willis Towers Watson (WTW) zeigt, setzen die Betriebe aber nicht nur auf mehr Geld. Kreative Unternehmer überzeugen mit zusätzlichen Leistungen.

Geld ist nicht alles im Leben - Mitarbeiter können mit Zusatzleistungen gewonnen werden. - © Brian Jackson - stock.adobe.com

"Magere 3,5 Prozent mehr" - mag so mancher Mitarbeiter enttäuscht denken. Mit Blick auf die hohe Inflation von 7,5 Prozent (laut Statistischem Bundesamt) hat er durchaus recht. Ein leicht steigendes Gehalt kompensiert den Kaufkraftverlust - und die enorm gestiegenen Energie- und Lebenshaltungskosten tatsächlich nicht. Die 3,5 Prozent nennt die Unternehmensberatung Willis Towers Watson (WTW) als durchschnittliche Gehaltssteigerung in diesem Jahr, so ein Ergebnis aus ihrem Salary Budget Planning Report,

Doch es gibt gute Gründe für die nur moderate Gehaltsanpassung, wie Florian Frank, Head of Work & Rewards bei WTW findet: „Größere Sprünge in den Personalkosten müssten Unternehmen mittelfristig auch auf ihre Produkte umlegen. Das könnte ihre Position im internationalen Wettbewerb schwächen“, so seine Überzeugung. Und er führt ein weiteres Argument an: „Zudem können es sich nach der Pandemie nicht alle leisten, ihre Personalausgaben in großem Maße zu erhöhen.“

WTW hat zwischen April und Mai 2022 seine jährliche Online-Befragung durchgeführt. Sie enthält über 22.500 Antworten aus mehr als 168 Ländern weltweit. In Deutschland nahmen 699 Unternehmen aus verschiedenen Branchen teil. Der Salary Budget Planning Report fasst die jährlichen Umfrageergebnisse zusammen und unterstützt Unternehmen bei ihrer Vergütungsplanung.

Gehaltserhöhungen sind für viele ein Muss

Laut WTW-Studie haben 92 Prozent der Unternehmen Probleme bei der Gewinnung von neuen Talenten. Daher erstaunt es nicht, dass immerhin 62 Prozent der Unternehmen ihre Gehaltsbudgets aufgestockt haben. Als Begründung führten sie die Erwartungshaltung der Mitarbeiter (43 Prozent) und die Inflation (57 Prozent) an. Noch wichtiger bewerten die Unternehmer jedoch die Schwierigkeiten bei der Fachkräftegewinnung: Bei fast zwei Drittel (64 Prozent) gab dies den Ausschlag, jetzt mit größeren Gehaltserhöhungsbudgets zu planen.

Als schwierig empfingen es die Unternehmer auch, Fachkräfte im Unternehmen zu halten. Rund 87 Prozent nannten dies als eine große Herausforderung für den Betrieb. Noch vor zwei Jahren waren es lediglich 20 Prozent der Teilnehmer, die besondere Anstrengungen unternehmen mussten, um Fachkräfte zu halten.

Alternativen zur Gehaltserhöhung

„Da die Möglichkeiten zur Erhöhung der Gehälter aus wirtschaftlicher Sicht oftmals limitiert sind, suchen Unternehmen neue Möglichkeiten, ihre Arbeitgeberattraktivität zu stärken und somit Fachkräfte zu gewinnen“, sagt Frank. Die Unternehmen versuchen deshalb neue mögliche Mitarbeitergruppen anzusprechen. Das heißt: Es werden vermehrt Frauen und mehr Menschen mit verschiedenen ethnischen und religiösen Hintergründen in die Betriebe integriert. Infolgedessen sind die Unternehmen auch bereit, flexiblere Arbeitsbedingungen zu schaffen: 67 Prozent der befragten Unternehmen haben bereits Maßnahmen in diese Richtung ergriffen. Homeoffice, arbeiten im Ausland und die Anpassung der Bürolandschaft an die verschiedenen Bedürfnisse stehen dabei im Fokus.

Mehr als die Hälfte (57 Prozent) aller Umfrageteilnehmer ist bemüht, Diversität, Gleichheit und Inklusion umzusetzen (die sogenannten DEI-Faktoren Diversity, Equality, Inclusion). Gleiches gilt für die Mitarbeiterbindung - Flexibilität beim Arbeitsort (47 Prozent) und die Stärkung der DEI-Kriterien (54 Prozent) sind wichtige Handlungsfelder für die Betriebe. „Die Unternehmen reagieren auf die Inflation. Im Wettbewerb um Fach- und Führungskräfte ist es jedoch noch wichtiger, die Arbeit attraktiv für eine Vielzahl unterschiedlicher Mitarbeitender zu gestalten“, sagt er.

Inflation: Im nächsten Jahr unter vier Prozent erwartet

Gehaltserhöhungen lassen sich nicht zurücknehmen - die Gründe für eine Gehaltsanpassung müssen deshalb nachhaltig sein. Bei der Inflation haben einige Unternehmer Zweifel, ob sie dauerhaft sein wird. Daher gilt ihnen die Inflation nur in geringem Maß als Grund für eine Gehaltsanpassung. Vielmehr haben die Betriebe eine Vergütungsphilosophie, sie verfolgen mit dem Gehalt bei jedem einzelnen Mitarbeiter Ziele und sie müssen ihre wirtschaftliche Situation, die Produktivität und die Kostenplanung berücksichtigen. „Erst eine langfristig hohe Inflation treibt die Vergütungsbudgets nachhaltig nach oben“, so Frank. In den zurückliegenden 15 Jahren lagen die Gehaltserhöhungsbudgets der Unternehmen jedoch immer oberhalb des Inflationsniveaus, wie Studien von WTW belegen.

Zur künftigen Entwicklung der Inflation haben die Wirtschaftswissenschaftler eine klare Meinung: Sie wird im kommenden Jahr deutlich zurückgehen. Die Konjunktur-Prognose des ifo-Instituts rechnet mit einer Preissteigerung von 3,3 Prozent im Jahr 2023, für das laufende Jahr werden 6,8 Prozent Inflation erwartet.