Die Baumann-Kolumne "Neues von der Werkbank" Kommentar: Nach der Bundestagswahl Inventur und Neustart auf einem weißen Blatt Papier!

Wie auch immer sich eine neue Bundesregierung nach der Bundestagswahl zusammensetzen wird, es warten viele Probleme (nicht nur Herausforderungen) auf die handelnden Personen. Wo nur anfangen? Kolumnistin Ruth Baumann nimmt sich in dieser aktuellen Folge von „Neues von der Werkbank“ das sinnbildliche weiße Blatt Papier zur Hand und listet einmal auf, welche Aspekte für die künftige Regierung oberste Priorität und damit dringenden Handlungsbedarf haben sollten. Denn eines ist für die Autorin klar: So wie bisher kann es keinesfalls weitergehen.

Ruth Baumann Landesvorsitzende UFH Baden-Württemberg
Ruth Baumann Landesvorsitzende ufh Baden-Württemberg. Gemeinsam mit ihrem Mann führt sie die Baumann & Co. Straßenbaugesellschaft mbH in Freiburg. - © privat

Aktuell befinden wir uns noch im Wahlkampf für die anstehende Bundestagswahl. Über die Art und Weise, wie man Wähler überzeugen will, kann man geteilter Meinung sein. Wenn aber Argumente fehlen, Zuspruch ausbleibt, Publikum „ausgesucht“ wird, sind auch Drohungen und Gewalt kein probates Mittel.

Demonstrationen sind rechtens, Diffamierung und Sachbeschädigung jedoch nicht. Mit der Stimmabgabe am Wahltag entscheidet jeder einzelne Wähler mit, wie künftig politische Diskurse geführt werden und in welche Ergebnisse diese münden sollen. Dieser Mitverantwortung muss sich jeder bewusst sein.

Was wird nach der Bundestagswahl sein?

Es wird aber auch den 24. Februar 2025 geben. Den Tag nach der Bundestagswahl und somit der Startschuss für eine neue Bundesregierung mit vielen Aufgaben. Lassen wir mal die verschiedenen Eitelkeiten außen vor, wer welchen Posten oder eben Funktion künftig innehaben wird. Wenden wir uns den Themen zu. Als Unternehmer würde ich eine Inventur vorschlagen. Und zwar ein weißes Blatt mit Überschriften, bei denen man den Ist- und den Soll-Zustand nüchtern auflistet und Handlungsweisen ableitet.

  • Mobilität: Wohin wollen wir, wo stehen wir aktuell? Zustand der jeweiligen Infrastruktur, Verfügbarkeit, Pünktlichkeit, Kosten, Inanspruchnahme seitens der Bürger, Planbarkeit, Abhängigkeiten bzw. Lieferketten. Läuft es, war es mal besser oder ist soweit alles in Ordnung? Falls es mal besser war: Gab es einen Kipppunkt und was waren dabei die Ursachen?

Vom unzumutbaren Wohnungsmarkt bis zur fraglichen Sozialversicherung

  • Wohnungsmarkt: Auch hier eine ganz ähnliche Fragestellung. Warum war Bauen früher für mehr Menschen leistbar? Welche Kosten, welche Vorgaben, welche Leistungsmöglichkeiten schufen Wohnraum? Wann und wodurch ist dies kollabiert?

  • Gesundheitsversorgung: Warum befürchtete man in den 1980er-Jahren noch eine Ärzteschwemme und heute reicht es oft nicht mal für einen zeitnahen Termin? Wann begannen bei der Apotheke der Welt, so das einstige Prädikat Deutschlands, die Engpässe bei der Medikamentenversorgung? Was braucht es, um die ausufernden Kosten in der Versorgung wieder stemmen zu können?

  • Sozialversicherung: Ist dieses System auf Gegenseitigkeit auch zukunftsfähig? Der demographische Wandel ist seit Langem bekannt, das gemeinsame Ziel allgemeiner Konsens. Fehlt an vielen Stellen der Mut, die soziale Absicherung den aktuellen Gegebenheiten anzupassen?

Inventurbedarf zur Bundestagswahl bei zahlreichen Themen

  • Energiepolitik: Gerade bei diesem Thema gaben Ideologie und „Schnellschüsse“ in der letzten Zeit den Takt vor. Wohin wollen wir und wie ist das zu erreichen? Wann und warum ist es nicht mehr selbstverständlich, dass der Strom verlässlich aus der Steckdose kommt? Müssen Anspruch und Wirklichkeit neu oder anders gedacht werden?

Diese Auflistung ist bei weitem nicht vollständig. Bei Bildung, Entwicklungspolitik, Verteidigung, Katastrophenschutz, gelebtem Ehrenamt und vielem mehr, wäre auch noch Inventurbedarf und ein Soll-/Ist-Vergleich notwendig.

Vereinfachen statt Verkomplizieren

Bei der Komplexität der Themen soll nun am Anfang ein weißes Blatt Papier stehen? Ja, denn die vielen anderen unzähligen Papiere, die es schon überall gibt, bauen nur auf den vorherigen Schriftstücken auf, anstatt sie zu verringern. Es scheint mir der Überblick und das Ineinandergreifen der Themen durch Vorgaben, Verordnungen, Gesetze verloren gegangen zu sein.

Meine Gedanken mögen jetzt bei manchem auf Unverständnis stoßen, aber er birgt, so mein Empfinden, den Charme des „Simplify your life“: Vereinfachen statt Verkomplizieren, Draufsatteln und Verwalten. Den gordischen Knoten durchschlagen und die Komplexität in leistbare Teile auflösen. Denken wir an die zehn Gebote oder unser Grundgesetz. Kurz und prägnant, in einer allgemein verständlichen Sprache und in der Handlungsweise nachvollziehbar. Diese Klarheit und schlanke Struktur vermisse ich in Verordnungen, Gesetzen und Formularen. Vielleicht geht es anderen auch so ... ein Schelm, der Böses dabei denkt!

Schlüssel für einen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Neustart nach der Bundestagswahl

Vereinfachen bedeutet nicht, oberflächlich oder populistisch zu werden. Es ist ein Lösungsansatz, der Reflexion verdient. Ob am 29. Januar 2025, dem Wirtschaftswarntag, oder zu anderen Gelegenheiten: Man will konkrete Änderungen. Wer den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sieht, sollte den Mut haben, für Durchblick zu sorgen. Nicht nur für sich, sondern auch für andere. Schonen wir Bäume, sparen wir Papier und werden wir wieder konkret und „einfacher“. Darin liegt der Schlüssel für einen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Neustart. Ob Betriebe, Mitarbeiter, Familien oder Investoren: Ab dem 24. Februar 2025 erwarten alle, dass die Weichen richtig gestellt werden.

Über Autorin Ruth Baumann:

Bei Ruth Baumann war es ein zart gehauchtes "Ja", das sie in einen mittelständischen Straßenbaubetrieb und damit ins Handwerk brachte: Seit ihrer Hochzeit führt sie gemeinsam mit Ehemann Martin Baumann die Baumann & Co. Straßenbaugesellschaft mbH in Freiburg. Trotz ihres abgeschlossenen Hochschulstudiums entschied sie sich damals bewusst, in den Familienbetrieb einzusteigen und bekräftigte dies durch eine weitere Ausbildung zur Bürokauffrau. Zunächst im Ehrenamt bei den Unternehmerfrauen im Handwerk Freiburg, später als Präsidentin des Landesverbandes der Unternehmerfrauen im Handwerk Baden-Württemberg, war es ihr immer ein besonderes Anliegen, die Mitglieder mit einem gesunden Selbstbewusstsein und Stolz auf das Handwerk auszustatten. Sie sieht die Unternehmerfrauen als Wirtschaftsverband und vertritt dies auch in der Öffentlichkeit.

Ihre betriebliche Erfahrung wurde in der Folgezeit auch verstärkt in der politischen Theorie nachgefragt und stieß – zu ihrer eigenen Überraschung – auf immer mehr Resonanz. Es folgten unterschiedliche Kommissionen und Funktionen in der Mittelstands- und Wirtschaftsunion, die sie mittlerweile auch auf Bundesebene ausführt. In Interviews, Vorträgen und Podiumsdiskussionen rund um das Handwerk gibt sie parteiübergreifend Einblicke in die Sorgen und Nöte von Familienbetrieben. Jüngst wurde sie in den Bundesvorstand der CDU gewählt und ist dort als "Handwerk mit Mundwerk und akademischem Grad" Mittler zwischen unterschiedlichen Welten.

Zugehörige Themenseiten:
Bundestagswahl 2025, Meinung, Neues von der Werkbank – Kolumne von Ruth Baumann und Zukunftsperspektiven im Handwerk