Bußgeld, Punkte, Führerscheinentzug Kfz-Halterpflichten: Was tun, wenn Ihre Mitarbeiter mit dem Firmenwagen Verkehrsverstöße begehen?

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Wenn bei Firmenwagenfahrern Bußgelder, Punkte oder ­Fahrverbote drohen, sind damit auch Rechte und Pflichten für Fahrzeughalter verbunden. Wer diese als Chef dann richtig ­erfüllt, kann straf- und verwaltungsrechtliche Folgen bis hin zur Fahrtenbuchauflage für die gesamte Flotte vermeiden.

Je mehr Mitarbeiter mit einem Firmenfahrzeug unterwegs sind, desto höher steigt die Wahrscheinlichkeit, dass Bescheide wegen Verkehrsverstößen im Unternehmen, dem Halter des Fahrzeugs, eintreffen.
Je mehr Mitarbeiter mit einem Firmenfahrzeug unterwegs sind, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass Bescheide wegen Verkehrsverstößen im Unternehmen eintreffen. - © lassedesignen - stock.adobe.com

Heutzutage fahren die Mitarbeiter von Handwerksbetrieben nicht nur rein dienstlich genutzte Fahrzeuge, sondern ihnen wird vermehrt auch ein eigenes Firmenauto offeriert. Das spiegelt sich in den Stellenanzeigen der Handwerks­unternehmer wider. Darin werben sie aktiv mit dem Benefit – und erreichen mit 30,7 Prozent den Spitzenplatz. So lautet ein Ergebnis der Analyse aller Online-­Jobangebote der Jahre 2019 bis 2022 auf Indeed, welche Billiger-Mietwagen.de mit der bekannten Plattform durchgeführt hat. Auch das Ranking nach Berufs­gruppen dominieren übrigens die Handwerksberufe.

Und dieser Trend kann empfindliche Folgen haben. Denn je mehr Mitarbeiter mit einem Firmenfahrzeug unterwegs sind, desto höher steigt die Wahrscheinlichkeit, dass Bescheide wegen Verkehrsverstößen im Unternehmen, dem Halter des Fahrzeugs, eintreffen. Nicht selten stehen dem betroffenen Fahrer dann Bußgelder und Punkte bis hin zur Ent­ziehung der Fahrerlaubnis ins Haus.

Unternehmerische Interessen orten

Infolgedessen sind sowohl der Nutzer als auch der Kfz-Halter bei Bußgeld­sachen und Straftaten im Straßenverkehr mit teils unterschiedlichen Interessen involviert. „Während Ersterer entweder eine Einstellung des Verfahrens, keinen Eintrag in Flensburg oder – wenn eine Ahndung unvermeidlich ist – kein Fahrverbot haben will, möchte der Fuhrparkmanager keinen Ärger und der Halter eine Fahrtenbuchauflage oder Besuche der Polizei vermeiden“, sagt Ralph Gübner. Der Fachanwalt für Strafrecht mit den Schwerpunkten Verkehrsstraf- und Bußgeldrecht in Kiel mahnt daher aus Perspektive des Halters, den Sachverhalt ab Kenntnis ernst zu nehmen und professionell zu managen.

Denn zum einen soll das Vorgehen nicht zum Nachteil des Betriebes gereichen und dabei dem Mitarbeiter nicht ohne Not Wege zur Verteidigung ver­bauen. Zum anderen könne der Abschluss des Verfahrens unter anderem auch da­rüber entscheiden, wie Dritte – beispielsweise Versicherer nach einem Unfall – mit dem Vorgang sowie dem Unternehmen als Überlasser des Firmenwagens umgehen.

Verkehrsverstoß: Pflichtenkreis identifizieren

Der Empfänger eines Anhörungsbogens sollte deshalb direkt ermitteln, ob er als Zeuge oder Betroffener angeschrieben wurde. „In welcher Eigenschaft derjenige von den Ermittlungsbehörden angesprochen wird, bestimmt den Pflichtenkreis“, so Gübner. Adressiert an einen Beschuldigten, steht darin in der Regel „… Ihnen wird vorgeworfen …“. Der Strafverteidiger führt aus: „In diesem Fall besteht ein umfassendes Schweigerecht.“

Andere Anhörungsbögen flattern etwa mit der deutlichen Überschrift „Zeugenanhörung“ oder der Wendung „Mit ihrem Fahrzeug wurde …“ ins Haus. „Zeugen müssen grundsätzlich wiederum nur vor Gericht Angaben machen und haben bei Familienangehörigen auch generell ein Zeugnisverweigerungsrecht“, betont Verkehrsrechtsexperte Gübner. „Macht der Halter von seinem Zeugnisverweigerungsrecht oder als Betroffener von seinem Schweigerecht Gebrauch, schützt das lediglich im Bußgeld- oder Strafverfahren, aber nicht vor den verwaltungsrechtlichen Fernwirkungen.“

Wann fordert die Zulassungsbehörde ein Fahrtenbuch?

Ergo: Auch wenn das Strafverfahren eingestellt wird, kann im nächsten Schritt die Zulassungsbehörde auf den Halter zukommen und ihm das Führen eines Fahrtenbuchs auferlegen. Denn das Verwaltungsrecht eröffne kein weit­reichendes Zeugnisverweigerungsrecht wie im Strafrecht. Was auf den ersten Blick widersprüchlich scheint, klärt der Rechtsanwalt: „Bei einem Bußgeld muss zweifelsfrei der Richtige bestraft werden. Eine Fahrtenbuchauflage dient dagegen dem Schutz der Gesellschaft und ist ein Instrument zur Gefahrenabwehr.

Gübner wagt keine konkrete Aussage dazu, wann und über welchen Zeitraum die Behörde ein Fahrtenbuch fordert. „Es hängt ab von vielen Faktoren wie der Anzahl und Schwere der Verstöße sowie den regionalen Zuständigkeiten. Als grober Richtwert gilt: Alles, was in Flensburg eingetragen würde, reicht aus.“ Das beginnt in der Regel mit einem Bußgeld ab 60 Euro. Wird es verhängt, betrage die Dauer in der Regel mindestens sechs Monate. Alles was nicht im Flensburger Fahreignungsregister (FAER) eingetragen wird oder Verwarnungen im ruhenden Verkehr seien gemäß Urteil des Bundesverwaltungsgerichts dagegen unwesentlich und nicht tauglich für eine Fahrtenbuchauflage.

Tipps für Fahrer: Punktezahl im Blick behalten

Nach der Höhe des Punktestands im Fahreignungs-Bewertungssystem (FEBS) richtet sich, ob es zum Verlust der Fahrerlaubnis kommt. Rechtsanwalt Ralph Gübner rät daher, sich rechtzeitig zur Wehr zu setzen und eine Verurteilung wegen Verkehrsverstößen möglichst zu verhindern. Er erläutert dafür einige Gründe:

  1. Punkte sind nicht verhandelbar und können nicht durch ein höheres Bußgeld abgewendet werden.
  2. Berechtigte dürfen beim begleiteten Fahren ab 17 nur eingetragen werden, wenn sie maximal 1 Punkt haben.
  3. In fünf Jahren kann nur 1 Punkt durch die Teilnahme an einem Fahreignungs­seminar abgebaut werden.
  4. Bei 4 bis 5 Punkten gibt es eine Ermahnung der Führerscheinstelle, mit 5 oder 6 Punkten eine Verwarnung. Erreicht man 8 Punkte, ist die Entziehung der Fahrerlaubnis zwingend, auch ohne Zugang einer Warnung möglich.
  5. Kommt es zur Entziehung, weil das Konto auf 8 Punkte geklettert ist: sechs Monate Sperrfrist und MPU.
  6. Generell wird bei der Bestimmung des Punktestandes auf den Tag zurückgerechnet, an dem der letzte Verstoß begangen wurde, sodass auch bereits getilgte Verstöße berücksichtigt werden können.

Mitwirkungspflicht des Halters kennen

Des Weiteren steht und fällt die Entscheidung damit, ob der Halter genügend mitgewirkt hat, um den Fahrer zu identifizieren. Bei betrieblich genutzten Fahrzeugen hat der Halter keinen Spielraum. „Die Rechtsprechung leitet aus der Buchhaltungspflicht ab, dass der Inhaber stets wissen muss, wer welches Fahrzeug führt oder zumindest wem es überlassen wurde“, sagt Gübner. „Nennt er den Namen nicht, hat er seiner Mitwirkungspflicht nicht entsprochen und die Voraussetzungen für die Anordnung eines Fahrtenbuches sind erfüllt.“ Das setzt aber auch stets voraus, dass der Fahrer nicht ermittelt wurde.

Der Rechtsanwalt verdeutlicht dies an einem Beispiel: In einem Malerbetrieb fahren fünf Mitarbeiter mit einem Transporter. Das Fahrzeug wird geblitzt und die Identifizierung des Fahrers ist aufgrund der schlechten Fotoqualität wegen starken Regens zum Zeitpunkt der Aufnahme nicht möglich. Der Halter wird nun aufgefordert, mitzuteilen, wer das Kfz geführt hat. Bleibt der Halter untätig oder gibt sich unwissend, wird das Bußgeldverfahren eingestellt, aber ein Fahrtenbuch über einen bestimmten Zeitraum beschieden. Gübner ergänzt: „Konnten bereits früher Vorgänge nicht aufgeklärt werden, kann die Auflage sogar für alle Firmen-Kfz drohen.“

Schriftliche Angaben machen

Prinzipiell rät der Rechtsanwalt daher Haltern von Firmenfahr­zeugen, als Zeuge immer Angaben zu machen, allerdings nur schriftlich. Das schließt auch Befragungen ein, zu denen die Polizei ins Haus kommt. „Es gibt nur vor Gericht eine Auskunftspflicht“, so Gübner. Deshalb solle man die Beamten darum bitten, die Anfrage schriftlich zu senden, um seinen Halterpflichten zu entsprechen und missverständliche mündliche Angaben zu vermeiden.

In der Antwort empfiehlt der Rechtsanwalt im Zweifelsfall nicht zu ­schreiben: „… gefahren ist …“, sondern: „Das Fahrzeug wurde überlassen an …“ und bei persönlich zugeordneten Autos mit dem Zusatz „… mit dem Recht zur Weitergabe an Dritte“. „Schließlich ist bei diesen Pkw oft auch die Nutzung durch die Frau, Kinder und andere Kreise des Dienstwagen­berechtigten erlaubt“, erläutert Gübner. „Damit hat der Halter seine Pflicht erfüllt und der Fahrer kann noch seine Verteidigungsmöglichkeiten ausschöpfen.“

Fahren ohne Fahrerlaubnis kann auch für den Halter zum Problem werden

Diffiziler wird es, wenn der Fahrer ohne oder mit nicht ausreichender Fahrerlaubnis unterwegs war. Letzteres ist der Fall, wenn beispielsweise eine Tour mit einem Fahrzeug aus einer Gewichtsklasse oder mit Hänger unternommen wurde, zu der der Führerschein nicht berechtigt. Dann könnte dies auch für den Halter gemäß § 21 Straßenverkehrsgesetz (StVG) strafrechtlich relevant sein. Darin ist nicht nur geregelt, dass sich derjenige strafbar macht, der ohne Fahrerlaubnis fährt. Auch derjenige, der ein Fahrzeug überlässt, kann sich strafbar machen.

„Allerdings muss der Halter mindestens fahrlässig oder vorsätzlich handeln. Das heißt, er muss davon Kenntnis haben, dass er keine oder eine nicht ausreichende Fahrerlaubnis hat, oder es muss ihm Unkenntnis vorzuwerfen sein“, erläutert Gübner. In diesem Fall empfiehlt der Rechtsanwalt, sich stets rechtlichen Beistand zu holen.

Tipp: Fahrernamen notieren

Generell sollten Chefs die Zusammenhänge frühzeitig erkennen und eine Strategie mit entsprechender Organisation im Betrieb entwickeln. „Das ist in großen Unternehmen nicht zuletzt der Grund, warum bei unterschiedlichen Nutzern sowieso Fahrtenbücher geführt werden“, sagt Gübner. Sein Tipp für kleine Handwerksbetriebe: Der Inhaber sollte sich darum kümmern, dass die Mitarbeiter zumindest notieren, wer gefahren ist. Bei persönlich zugeordneten Fahrzeugen ist der Ansprechpartner ohnehin klar.

Aus strafrechtlicher Sicht sollte sich jeder Unternehmer zudem bei Einstellung eines neuen Mitarbeiters den Führerschein zeigen lassen, eine Kopie anfertigen und in der Personalakte hinterlegen. „Spätestens wenn es berechtigte Zweifel oder Anhaltspunkte dafür gibt, dass die Fahrerlaubnis entzogen wurde, sollte eine erneute Kontrolle durchgeführt werden“, erklärt Gübner. „Das kann schon eine Bemerkung im Kollegenkreis sein, die auf so etwas schließen lässt.“

Fahrtenbuch ordnungs­gemäß führen

Kommt es zu einer Fahrtenbuchauflage, ist der Halter dazu verpflichtet, dieses ordnungsgemäß zu führen und nach Ablauf der Frist bei den Behörden vorzulegen. Dieses hat wenig zu tun mit dem Fahrtenbuch für das Finanzamt. „Hier reicht es aus, Datum, Uhrzeit und Fahrer zu listen. Fahrtziel und Kilometerstand sind unerheblich“, sagt Gübner. „Da es hinterher geprüft wird, sollten es Unternehmer nicht auf die leichte Schulter nehmen. Kann es nicht vorgelegt werden, ist mit weiteren Schwierigkeiten und einem hohen Bußgeld zu rechnen.“