Arbeitsschutz und Gesundheit, Dienstwagen, Fuhrpark, Risikomanagement und Weiterbildung
Unternehmen müssen ihre Mitarbeiter bei der Firmenwagennutzung gemäß Unfallverhütungsvorschriften unterweisen. Dafür sind nicht nur die Gefährdungspotenziale zu ermitteln und Arbeitsanleitungen zu erstellen, sondern auch die Vorgänge zu dokumentieren. Ansonsten drohen Strafen und Bußgelder.

Arbeitgeber müssen durch Maßnahmen des Arbeitsschutzes dafür sorgen, dass Gefahren für das Leben und die Gesundheit der Beschäftigten möglichst vermieden und die verbleibende Gefährdung geringgehalten werden. Das bestimmt § 4 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG). Gemäß § 12 ArbSchG sind sie folglich verpflichtet, die Beschäftigten über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit während ihrer Arbeitszeit ausreichend und angemessen zu unterweisen. Dies umfasst auch alle Arbeitsmittel, die genutzt werden. Was dies in den einzelnen Bereichen bedeutet, konkretisieren die Unfallverhütungsvorschriften (UVV) der Berufsgenossenschaften (BG) als Träger der gesetzlichen Unfallversicherung. Dazu hat die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) wiederum Grundsätze formuliert.
Vorgaben für Fahrerunterweisung
Für Firmenwagen ist DGUV Vorschrift 70 entscheidend. Diese UVV für betrieblich genutzte Fahrzeuge legt verbindliche Pflichten für Unternehmer und Versicherte fest. Dazu gehört gemäß § 35 Absatz 1 Nummer 3 die Pflicht des Arbeitgebers, die Mitarbeiter in das Führen des jeweiligen Fahrzeugs zu unterweisen. „Die Unterweisung bei Fahrzeugen muss bei Einstellung vor Aufnahme der Tätigkeit erfolgen. Sie muss anschließend mindestens einmal jährlich erfolgen“, sagt Bernd Hörter. Der stellvertretende Leiter des Sachgebiets „Fahrzeuge“ im DGUV-Fachbereich Verkehr und Landschaft von der BG Verkehr ergänzt: „Weitere Anlässe für das Unterweisen sind zum Beispiel Beinahe-Unfälle, Unfälle aber auch nach Beschaffung neuer Arbeitsmittel. Gerade im Hinblick auf neu beschaffte Fahrzeuge gibt es – je nach Hersteller und Typ – zum Teil erhebliche Unterschiede bei deren Bedienung. Besonders bei Fahrzeugen ist es wichtig ist, dass die Unterweisung auch praxisbezogen erfolgt.“
Prävention gesetzlich vorgeschrieben
Grundsätzlich hat sich eine Unterweisung daher an den betrieblichen Gegebenheiten zu orientieren. „Eine Gefährdungsbeurteilung bildet hierfür die Grundlage“, sagt Dieter Grün, stellvertretender Vorsitzendes des Bundesverbandes Fuhrparkmanagement (BVF) und Fuhrparkleiter eines kommunalen Betriebs. Das ergibt sich wiederum aus der DGUV Vorschrift 1 „Grundsätze der Prävention“. Demnach muss der Arbeitgeber systematisch die Ermittlung und Bewertung relevanter Gefährdungen der Beschäftigten vornehmen, die am jeweiligen Arbeitsplatz und damit auch bei Nutzung von Fahrzeugen als Arbeitsmittel entstehen können. Daraus sind Maßnahmen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes zu entwickeln und deren Wirksamkeit zu prüfen. Die Ergebnisse der Gefährdungsbeurteilung müssen dokumentiert und den Versicherten mittels Unterweisung vermittelt werden. „Will das Unternehmen auf Nummer sicher gehen, sollte das risikorelevante Wissen in einer leicht verständlichen Betriebsanweisung zusammengefasst und in regelmäßigen Schulungen aufgefrischt werden“, sagt Grün.
Gefahrenquellen erkennen und vermeiden
Typische Gefahrenquellen in den Unternehmen sind für Fuhrparkleiter Grün beispielsweise die Witterungsverhältnisse, das Verhalten bei einem Unfall , Fahrstil und -tauglichkeit mit den damit verbundenen Themen wie Alkohol, Medikamente und Ablenkung, Ladungssicherung sowie Stromladen und Tanken. „Bei Hybrid- und Elektrofahrzeugen muss vom Unterweiser auf die Unterschiede zu Verbrennern eingegangen werden“, so das BVF-Vorstandsmitglied. Folgende Fragen sind dann zu beantworten: „Was ist neu, etwa die Funktionsweise von E-Pedal und Handbremse oder auch die Geräuschlosigkeit? Wie funktionieren Antrieb und Laden? Zu welchen Schäden kann ein falscher Anschluss an die Stromsäule führen?“ Auch das Ladekabel müsse überprüft werden.
Darüber hinaus sind individuelle Risiken zu definieren und Lösungen zu erarbeiten. Grün nennt ein Beispiel: „Wenn ein Glaserbetrieb etwa an seinem Kastenwagen einen seitlichen Außenreff für den Transport von Ware angebaut hat, muss er festhalten, dass die Klammern eine potenzielle Gefahr für Radfahrer oder Mitarbeiter sein können und deshalb der Verschluss vor Abfahrt zu prüfen ist.“
To Dos bei der Fahrerunterweisung
Was Handwerksbetriebe bei der Fahrerunterweisung in jedem Fall auf dem Schirm haben sollten, fasst DGUV-Experte Hörter zusammen: „In der Praxis hat sich bewährt, dass man Verantwortlichkeiten fest regelt, Prüflisten mit Terminverfolgung geführt werden und dem Fahrpersonal C hecklisten für die Abfahrtkontrolle zur Verfügung gestellt werden.“ Generell sollten die folgenden Punkte Bestandteil bei jeder Fahrereinweisung sein: |
- Kontrolle der Fahrzeuge auf betriebssicheren Zustand; Prüfpunkte
- Meldung bei Feststellung und Regelung mit dem Umgang von Mängeln
- Vermittlung von allgemeine Verkehrsregeln zum Verhalten im Straßenverkehr
- Umgang mit Kommunikationsmitteln wie mobile Endgeräte
- Lenk-, Ruhe- und Arbeitszeiten
- Umgang und Verhaltensweisen beim Transport von Gefahrstoffen, Druckgasflaschen u. Ä.
- Ladungssicherung
- Abstellen von Fahrzeugen
- Verbinden und Trennen von Fahrzeugen
- Anlegen des Sicherheitsgurtes
- Einstellen des Fahrersitzes, der Spiegel
- Rangieren, Rückwärtsfahren und Einweisen
- Pannen und Notfälle
Wie eine Unterweisung in der Praxis aussehen kann, zeigt auch ein Online-Kurs des BVF zu diesem Thema ( siehe unten „Tipps und Downloads“). |
Bußgelder bei Verstößen
Wird die Fahrerunterweisung unterlassen, drohen saftige Strafen. Experte Grün betont, dass niemand die gesetzlich vorgeschriebenen Kontrollen im Rahmen der UVV auf die leichte Schulter nehmen darf: „Kommt es zu einem Unfall, muss die Firma nachweisen, dass alle Sicherheitsvorschriften eingehalten worden sind. Ist das nicht der Fall, können auf Arbeitgeber und Fuhrparkverantwortliche hohe Regressansprüche durch die Unfallversicherung zukommen – egal, ob bewusst oder unbewusst gegen die Vorschriften verstoßen worden ist.“ Und das könne etwa bei Personenschäden richtig teuer werden. „Zusätzlich sind im Sinne einer Ordnungswidrigkeit Geldstrafen von bis zu 10.000 Euro möglich“, so Grün.
Schadenersatz für verletzte Beschäftigte
Und DGUV-Experte Hörter weist neben strafrechtlichen Konsequenzen ebenfalls auf mögliche zivilrechtliche Forderungen im Schadenfall hin. „Wird der Unterweisungspflicht nicht Genüge getan, kann dies Schadenersatzansprüche des verletzten Beschäftigten auslösen. Auch hat der Unfallversicherungsträger die Möglichkeit, den Arbeitgeber in Regress zu nehmen, wenn Beschäftigte aufgrund unzureichender oder fehlender Unterweisung schwere oder tödliche Verletzungen erleiden.“ Ein Regress der Unfallversicherung komme allerdings nur dann in Frage, wenn der Arbeitgeber vorsätzlich oder grob fahrlässig gehandelt hat.
Aber auch wenn es zu keinem Unfall gekommen ist, könne der Unfallversicherungsträger im Rahmen seiner Aufsichtstätigkeit tätig werden, wenn der Arbeitgeber seinen Unterweisungspflichten nicht oder nicht im geforderten Maße nachkommt. „Der Unfallversicherungsträger kann eine Anordnung erlassen und bei Verstoß gegen diese ein Bußgeld verhängen“, sagt Hörter. „Übrigens verliert der Arbeitgeber seinen Schadenersatzanspruch gegen den Arbeitnehmer, da bei fehlender Unterweisung eine grobe Fahrlässigkeit aufseiten des Beschäftigten nicht angenommen werden kann.“
Tipps und Downloads:
Gefahren erkennen, Fahrer richtig unterweisen |
---|
Bei Fragen rund um die Unfallverhütungsvorschriften (UVV) sollten sich laut Dieter Grün, dem stellvertretenden Vorsitzenden des Bundesverbandes Fuhrparkmanagement (BVF) und Kfz-Meister, Handwerksbetriebe im ersten Schritt an ihre Berufsgenossenschaften wenden. Sie bieten auch zu den Vorgaben rund um die betrieblich genutzten Fahrzeuge oft Materialien wie Checklisten, Filme oder Seminare. Seine weiteren Tipps rund um die Firmenfahrzeuge: |
- Der BVF hat zum Thema Unterweisung das Tool „Fleetinstruct“ entwickelt. Dabei handelt es sich um einen Online-Kurs für Fahrerinnen und Fahrer, der auch von Nicht-Mitgliedern genutzt werden kann. Fleetinstruct basiert auf der Vorschrift Nummer 70 der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV). Es ermöglicht eine routinemäßige Unterweisung. Informationen unter fuhrparkverband.de “
- Eine Anleitung für den Aufbau einer systematischen Gefährdungsbeurteilung liefert die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin https://www.baua.de/DE/Themen/Arbeitsgestaltung-im-Betrieb/Gefaehrdungsbeurteilung/_functions/BereichsPublikationssuche_Formular.html
- Die DGUV hat eine Broschüre mit dem Titel „Der sicherheitsoptimierte Transporter“ erstellt. Mit Klick auf https://publikationen.dguv.de/pdf/download/article/2948 ist ein kostenloser Download möglich.
- Zur richtigen Beförderung von Gefahrgut in Pkw und Kleintransportern gibt es bei der DGUV eine Broschüre zum Herunterladen https://downloadcenter.bgrci.de/resource/downloadcenter/downloads/DGUV_Information_213-012.pdf
- Die BG Energie Textil Elektro Medienerzeugnisse (BG ETEM) bietet eine Broschüre zur Ladungssicherung unter https://medien.bgetem.de/medienportal/artikel/MjI2IERQ