Interview zur Auszeichnung Genovefa Leng über ihren 'Unternehmerfrau im Handwerk'-Award: "Wettbewerb hat tolle Erfahrungen gebracht."

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Frauen im Handwerk und Wettbewerb: Unternehmerfrau im Handwerk

Wir suchen die "Unternehmerfrau im Handwerk 2024" - in zwei Kategorien zeichnen wir engagierte, erfolgreiche Frauen im Handwerk aus. Genovefa Leng war 2022 die Gewinnerin in der Kategorie „Selbstständige Unternehmerin“. Im Interview erzählt die Orthopädietechnikmeisterin, wie sich die Auszeichnung ausgewirkt hat – auf das Team, den Betrieb und auf sie selbst. Alle Infos und Link zum Bewerbungsformular 2024 finden Sie im Beitrag.

Genovefa Leng, Inhaberin des Sanitätshauses Klein in Dieburg.
Genovefa Leng: "Wir verkaufen keine Produkte. Wir lösen Probleme – so denken und handeln wir." - © Andreas Matthes

Der Wettbewerb "Unternehmerfrau im Handwerk 2024" startet jetzt!

Sie möchten Unternehmerfrau 2024 werden? Bewerben Sie sich oder Ihre Chefin für die Kategorie „Selbstständige Unternehmerin“ oder „Heldin im Handwerk“ unter:

Weitere Informationen finden Sie am Ende des Artikels. Die Gewinnerin aus 2022 erzählt, wie sich die Auszeichnung auf Team, Betrieb und sie selbst ausgewirkt hat.

Als wir Sie anriefen und erzählten, dass die Jury Sie zur „Unternehmerfrau des Jahres 2022“ gekürt hat, fielen Sie aus allen Wolken. Ihre Mitarbeiterinnen hatten die Bewerbung heimlich abgegeben. Wie war der Moment für Sie?

Genovefa Leng: Auch 1,5 Jahre nach dem Anruf fühle ich noch den Schock. Es ist für mich immer noch nicht fassbar, dass mir mein Team so einen Preis zugetraut hat. Es gibt so viele tolle Frauen im Handwerk – warum ich? Und es macht mich unfassbar stolz, dass meine Mannschaft so hinter mir steht.

Hat die Bewerbung durch Ihre Mitarbeiterinnen die Stimmung im Team verändert?

Grundsätzlich geben bei uns eigentlich alle 100 Prozent, das war auch schon vor dem Preis so. Aber es ist ein Stolz hinzugekommen auf die eigene Leistung – fast nicht greifbar, aber doch spürbar.

Hatte die Auszeichnung weitere Wirkungen?

Ja, auf zwei Ebenen. Zunächst bin ich von vielen Medien angesprochen worden. Ich war in Podcasts, Filmdrehs, Talkgast, im Radio und Ansprechpartner auch für Print- und Onlinemedien ohne Bezug zur Orthopädietechnik. Das war eine neue Rolle für mich, also auch eine Herausforderung. Ich habe jetzt Erfahrungen in mir ganz fremden Branchen gesammelt, was wirklich spannend war und viel Spaß gemacht hat.

Und die zweite Ebene?

Sie hat natürlich mit der ersten zu tun: Mein Betrieb ist öffentlich viel sichtbarer geworden. Unser Ruf war immer sehr gut, aber jetzt kennen ihn mehr Leute. Und wir haben das Video, das zum Preis gehört, auf den großen Bildschirmen in unseren Geschäftsräumen laufen lassen, was viel positives Feedback von Kunden und anderen Handwerkern gebracht hat. Mein Betrieb heißt ja Sanitätshaus Klein, da gibt es primär keine Verbindung zu meinem Namen. Mit dem Film hatten die Kunden nun aber ein Gesicht und das hat sich bindend ausgewirkt.

Haben Sie mit der größeren öffentlichen Wahrnehmung nun auch mehr Bewerbungen für eine Ausbildung oder von Fachkräften erhalten?

Leider nein, der Fachkräftemangel bleibt ein großes Problem in unserer kleinen Branche. Da muss sich auch in der gesellschaftlichen Wahrnehmung etwas ändern. Heute ist ja nur ein Studium anerkannt, wer eine Ausbildung macht, ist irgendwie mit einem Makel behaftet. Das ist einfach falsch.

Sie sind – unter anderem – dafür ausgezeichnet worden, Ihren Betrieb mit Digitalisierung und Automatisierung zukunftsfit gemacht zu haben. Und der Umsatz in Ihrem Betrieb wächst über dem Branchenschnitt von fünf Prozent. Wie gelingt Ihnen das?

Wir versuchen weiter effizienter zu werden. Fertigungsprozesse und Abrechnung können wir in einem stetigen Prozess immer optimieren. Aber unsere Branchensoftware kommt an ein Limit. Denn wir arbeiten ja mit Menschen, die Unterstützung oder Ersatz für ein Körperglied benötigen, und was das ist, ist so individuell, dass die Lösung immer handwerklich erfolgen muss. Ich muss anfassen und fühlen, damit ich den passenden Ersatz bauen kann. Das limitiert unsere Möglichkeiten, KI und Digitalisierung einzusetzen.

Können Sie ein Beispiel nennen?

Sicher. Bei der Unterschenkelamputation eines Kindes ist die Diagnose immer gleich. Aber die Lösung immer individuell. Denn die Anatomie und die Gangphasen von Menschen sind immer unterschiedlich.

Und ein Beispiel dafür, wann KI oder Digitalisierung die Tätigkeit eines Orthopädietechnikers erleichtert?

Tagesabläufe, Rezepte, Unterschriften und Nachvollziehbarkeit sind durch die Digitalisierung viel einfacher geworden. Gleiches gilt für gewisse Versorgungen, bei denen wir über Scans ein Positiv einer Orthese oder Prothese bauen können. Doch dann ist immer die Handarbeit notwendig, zum individuellen Anpassen.

Das individuelle Anpassen erfordert – neben der handwerklichen Fertigkeit – auch einen sehr feinen Umgang mit den Kunden. Können Frauen das besser als Männer?

Eigentlich nicht. Wichtig ist, dass ein Orthopädietechniker jedweden Geschlechts sein Handwerk beherrscht und lösungsorientiert arbeitet. Gelegentlich beobachte ich, dass sich Männer ein bisschen schwertun, Frauen zu versorgen, während Frauen mit allen Kunden gleich gut arbeiten können. Aber grundsätzlich gibt es da keinen Unterschied. Übrigens auch nicht bei Gehalt oder Position: Wer mehr kann oder leistet, bekommt mehr. Und wer gut ist, verdient auch gut.

Ihr Beruf ist fordernd – auch emotional. Und die Selbstständigkeit sorgt dafür, dass Sie eigentlich nie fertig sind mit Ihren Aufgaben. Wie erholen Sie sich?

Indem ich mich wichtigen Dingen in meinem Leben zuwende. Mein Mann und meine Tochter brauchen meine Aufmerksamkeit, was mich immer wieder von Gedanken über den Betrieb ablenkt. Und wir haben Ziegen, die täglich versorgt werden müssen. Auch das schafft Momente der Entspannung und des Loslassens von Herausforderungen im Betrieb.

Erfolg in Zahlen

© Chart: handwerk magazin


Unternehmerfrau im Handwerk 2024: Jetzt bewerben!

Alle zwei Jahre zeichnet handwerk magazin zwei Frauen im Handwerk für ihre Leistungen aus. Jetzt ist es wieder so weit: Wir suchen die Unternehmerfrau im Handwerk 2024. Der Preis ist mit jeweils 2.500 Euro dotiert und beinhaltet ein professionelles Video über die Gewinnerin und ihren Betrieb. Vergeben wird der Preis in zwei Kategorien:

  1. "Selbstständige Unternehmerin" - für Inhaberinnen und Geschäftsführerinnen

  2. "Heldin im Handwerk" - für mitarbeitende Partnerinnen oder Familienangehörige, wie beispielsweise Töchter in der Nachfolge

Inhaberin, Personalchefin, Buchhalterin, Marketingfrau und Familienmanagerin in einem. Frauen sind die Schaltzentrale des Unternehmens, der Ruhepol im Aktions- und Spannungsfeld von Meister und Familie, Mitarbeitern und Kunden.

handwerk magazin würdigt die Leistungen, Erfolge, aber auch das Alltagsgeschäft der Frauen im Handwerk und macht sie einer breiten Öffentlichkeit bekannt.

Alle Informationen und der Link zur Online-Bewerbung finden Sie hier: