Interview mit Nikolaus Morbach Erneuerbare Energien: "Betriebe können bereits ein Jahr nach dem Umstieg 80 Prozent ihrer Bezugskosten einsparen"

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Elektromobilität, Energieeffizienz, Energiesparen, Nachhaltigkeit und Stromeinkauf

Nikolaus Morbach von der SMA Solar Technology begleitet KMU beim Umstieg auf Erneuerbare Energien. Wie und ­warum Handwerkschefs jetzt für ihre zukünftige Energieversorgung planen sollten, erklärt der Energieexperte im Gespräch.

Portrait von Nikolaus Morbach bei SMA in Kassel
Energieexperte Nikolaus Morbach zufolge kann es von der Idee bis zur Realisierung eines Projekts schon mal bis zu zwölf Monate dauern. - © Heiko Meyer
handwerk magazin: Herr Morbach, die Energiekrise bringt viele Unternehmerinnen und Unternehmer an den Rand der Verzweiflung. Wie ermuntern Sie diese, sich mit der Energiewende und dem Klimaschutz zu beschäftigen?

Nikolaus Morbach: Die aktuelle Energie­krise hat für Betriebe stark steigende Energiekosten zur Folge. Das kann Auswirkungen auf die Profitabilität haben. Mit dem SMA Energy System Business bestehend aus PV, Speicher, elektrischer Lade­infrastruktur und Energiemanagement können diese Kosten gesenkt und Nachhaltigkeitsanforderungen sowie der Wunsch nach zukunftssicherer und unabhängiger Energieversorgung erfüllt werden. Unsere Aufgabe ist es, die optimale Lösung für den Unternehmer und seinen Betrieb zu entwickeln.

Wenn wir mit Verantwortlichen aus Betrieben sprechen, wird sehr schnell deutlich, dass selbst erzeugte Solarenergie und deren intelligenter Einsatz Energie­bezugskosten langfristig signifikant ­reduzieren kann. Um eine Zahl zu nennen: 80 Prozent der Energiebezugskosten können bereits im ersten Jahr eingespart werden. Und die Amortisationszeit für das Investment kann heute schon nur fünf Jahre betragen. Danach erwirtschaftet das Energiesystem Gewinne.

Welche Reaktionen erleben Sie in diesen Gesprächen?

Vielen Unternehmerinnen und Unternehmern ist heute noch gar nicht bewusst, welche wirtschaftlichen und auch ökologischen Vorteile erneuerbare intelligente Energiesysteme mit sich bringen. Denn im Fokus eines Handwerksbetriebs steht ja meist nicht der Energiebezug. Ganz oft erleben wir daher ein Stück weit Erleichterung darüber, dass es sehr ­attraktive Möglichkeiten gibt, die Themen Energiebezug und Energiekosten zukunftssicher anzugehen.

Ist die Unabhängigkeit in der Stromversorgung das Thema Nummer eins?

Nicht bei allen steht das Thema Unabhängigkeit in Sachen Energie- und Stromversorgung ganz oben auf der Agenda. Auch der Klimaschutz und die Zukunftsfähigkeit, man denke nur an die Lieferketten, spielen eine wichtige Rolle.

Mit Blick ins Jahr 2023: Welche Herausforderungen haben Handwerksbetriebe noch nicht auf dem Schirm?

Oftmals wird die Zeit unterschätzt, die es braucht, ein solches Vorhaben zu implementieren. Von der Idee bis zur Realisierung kann das schon mal bis zu zwölf Monate dauern. Das liegt zum einen an den aktuellen Kapazitätsengpässen im Handwerk, zum Teil auch an der Materialbeschaffung. Eine weitere Herausforderung ist das Thema Elektromobilität. Diese wird eine zunehmend größere Rolle spielen und die Anforderungen an die Betriebe erhöhen, wenn es beispielsweise darum geht, Lademöglichkeiten im Betrieb für Kundinnen und Kunden sowie für die eigenen Mitarbeitenden zu realisieren.

Wechseln wir von der Meta- auf die Projektebene. Ihre These lautet ja, dass Unternehmen, die die klimafreundliche Stromerzeugung, den Eigenverbrauch und E-Mobilität kombinieren, finanziellen Mehrwert schaffen – und sich natürlich unabhängig machen.

Es ist wichtig, die Themen klimafreund­liche Stromerzeugung, Eigenverbrauch und E-Mobilität im Systemkontext zu sehen. Zum Beispiel E-Mobilität: Die Installation einer Ladeinfrastruktur bringt Investitionskosten mit sich. Kann aber die Ladeinfrastruktur intelligent mit PV-Erzeugung und Speicher verknüpft werden, spart man bei den Kraftstoffkosten, denn die Firmenfahrzeug-Flotte wird mit selbst erzeugter kostengünstiger Energie betrieben. Hier kommt dann auch das intelligente Energiemanagement ins Spiel, das die einzelnen Verbraucher und Nutzer verknüpft und Transparenz über die Energieflüsse schafft. Das SMA Energy System Business stellt die optimale Kompatibilität aller Komponenten dieser Energielösung sicher.

Welche Grundfragen muss ich mir vor der Einführung eines intelligenten Energiemanagements stellen?

Grundsätzlich muss ich mir überlegen, was ich haben möchte. Möchte ich Energiekosten senken? Möchte ich unabhängig werden? Möchte ich CO2-Emissionen reduzieren? Will ich eine Ladeinfrastruktur aufbauen? Habe ich Mitarbeitende, die heute schon ihre E-Fahrzeuge bei mir laden wollen? Wie sieht mein Lastprofil aus? In welchem Tarif bin ich? Die Antworten auf diese Fragen entscheiden über das Energiesystem. Zusätzlich können wir mit den SMA-Softwarelösungen Bedarfsanalysen fahren und das optimale Set-up für jedes einzelne Unternehmen empfehlen.

Weiß der Handwerkschef in der Regel, welche Informationen er für diese Art von Gesprächen bereithalten muss?

Wichtig ist, sich vom Energieversorger ein Lastprofil zu organisieren. Dieses und die Stromrechnung sollten vorliegen, um einen Überblick über die Verbräuche zu bekommen. Alles andere lässt sich meist im Gespräch ohne aufwendige Analyse im Vorfeld klären.

Wie wichtig ist in diesen Projekten die Definition von Meilensteinen oder Etappenzielen?

Wie bei jedem größeren Bauvorhaben liegt die Qualität der Umsetzung in einer guten Planung! Üblicherweise die Auf­gabe des Installateurs. Natürlich sollte man sich auch einen zeitlichen und finanziellen Rahmen setzen und die Meilensteine definieren und einhalten. Sonst kann es passieren, dass die PV-Anlage steht und der Speicher und die Ladeinfrastruktur installiert sind, aber der Trafo noch nicht geliefert wird.

Was, wenn die Mitarbeiter nicht mit­ziehen? Wie hole ich diese ins Boot?

Das haben wir so noch nie erlebt. Grundsätzlich ist das Thema positiv aufgeladen. Es gibt wenige, die an einem solchen Vorhaben, sprich dem Umstieg auf Erneuerbare Energie, etwas auszusetzen haben. Im Gegenteil: Oft erhöht das die Motiva­tion und Identifikation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit dem Unternehmen. Auch praktische Benefits wie vergünstigtes Laden des E-Bikes oder E-Autos im Betrieb überzeugen.

Ein Beispiel aus der Praxis wäre schön.

Ich habe mich kürzlich mit einem ­Hotelier unterhalten. Er sagte, was für die Hotels vor 15 Jahren die Verfügbarkeit von WLAN war, sei heute und werde morgen das Thema E-Ladeinfrastruktur sein. Ein ganz wichtiges Differenzierungsmerkmal. Ein sehr plastisches Beispiel, wie ich finde. Auch ich schaue heute bei der Hotelbuchung, ob mein E-Auto dort laden kann.

Ein kleines Gedankenspiel zum Schluss: Wenn wir uns in fünf Jahren wieder unterhalten sollten, wie sieht die Energieversorgung der KMU dann aus?

Die Energieversorgung wird dezentral organisiert sein. Die Stromproduktion erfolgt zu einem großen Teil entweder über eigene Anlagen oder virtuelle Kraftwerke – ein Zusammenschluss von mehreren Stromspeichern und Solaranlagen. Und es ist davon auszugehen, dass der Stromverbrauch aufgrund der Umstellung auf beispielsweise Wärmepumpe oder elek­trische Heizung sowie mit immer mehr E-Fahrzeugen massiv steigen wird. Energieerzeuger mit eigener Solaranlage werden von neuen Geschäftsmodellen mit selbst erzeugtem Strom profitieren.

Vita Nikolaus Morbach

Portrait von Nikolaus Morbach bei SMA in Kassel
© Heiko Meyer

Nikolaus Morbach, Jahrgang 1969, zeichnet bei der SMA Solar Technology AG aus Niestetal als Executive Vice President für den Geschäftsbereich Commercial & Industrial sowie das Thema Elektromobilität global verantwortlich.

Davor war er 17 Jahre lang in der Automotive-Industrie bei internationalen Automobilzulieferern tätig. 2011 wechselte der studierte Maschinenbau-Ingenieur, der auch über einen Executive-MBA-Abschluss verfügt, zum Solarunternehmen SMA. Was ihm hier besonders gefällt: „Wir arbeiten Tag für Tag an der klimafreundlichen Energieversorgung der Zukunft!“