Papierloses Büro Erfolgsfaktor Software: Warum Sie unbedingt ein ERP-System haben sollten

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Mit der richtigen ERP-Software schaffen sich Handwerker eine neue Arbeitsqualität: Statt abends noch Papierkram zu erledigen, können sie Aufträge unterwegs abschließen und dazugehörige Daten und Materialien erfassen. Fünf Handwerksbetriebe berichten.

Malermeister Nicolai Heußer
Malermeister Nicolai Heußer: Mithilfe seiner ERP-Software kann er sich ganz auf seinen Job konzentrieren. - © Jana Radtke

Es ist eine Geschichte, so wie sie sich im Tech-Mekka Silicon Valley begeben könnte. Malermeister Nicolai Heußer sitzt mit seinem Freund Gregor Müller beim Abendbier in einer Berliner Bar. Er sagt: „Am liebsten möchte ich meinen Betrieb vom Mobilgerät aus steuern.“ Zu viel Papierkram, der ihn Zeit kostet und ihn davon abhält, sich dem Job zu widmen, den er gerne macht. Müller hört zu. Viele Jahre hat er bei SAP als Software-Berater gearbeitet. Heute entwickelt er mit dem Start-up Synatos seine eigenen Systeme und spinnt den Gedanken weiter. Bis daraus ein Ziel entsteht: eine app-basierte Software speziell für Handwerker zu bauen. Der Programmierer nennt sie „Das Programm“ .
Mit dieser Software ist für den Malermeister vieles möglich. Beim Kunden vor Ort zeigt er ihm verschiedene Farbtöne. Und wenn der Kunde wissen will, welche Nuance er bei einem früheren Auftrag gewählt hat, kann Heußer das über seine App auf seinem Handy oder Tablet nachsehen. Dann fasst er die Kundenwünsche zusammen, nimmt das Aufmaß – und leitet daraus ein Angebot ab. Das enthält vorgefertigte Leistungstexte, aber auch eine detaillierte Preiskalkulation, die alle nötigen Materialien und Arbeitsschritte umfasst.

Auf diese mobile Arbeitsweise legt Heußer großen Wert. Als Handwerker ist er viel auf Achse. „Selbst wenn ich unterwegs mal keinen Internetempfang habe, kann ich die Informationen offline speichern.“ Sobald wieder WLAN verfügbar ist, synchronisieren sich die Daten über die cloudbasierte Software automatisch – und Heußer kann sich ganz seinen Malerarbeiten widmen. „Früher habe ich alle diese Zwischenschritte und Rückfragen auf einem Zettel notiert, den ich später am Computer in ein Dokument übertragen habe. Da ging viel Zeit verloren – und gelegentlich auch mal der eine oder andere Zettel“, schmunzelt der Malermeister. Das Wühlen in Excel-Ordnern und Papierablagen nimmt ihm nun das Programm ab, das alle Funktionen eines ERP-Systems enthält.

DMS: Der Weg aus der Papierfalle

ERP steht kurz für Enterprise Resource Planning und hilft dabei, den Workflowprozess zu steuern, indem der Bedarf von Material und Personal bis hin zu Dokumenten von einer Software gesteuert und verwaltet wird. Laut einer Studie des Digitalverbands Bitkom setzen heute 64 Prozent aller Handwerker auf ein digitales Büro, 18 Prozent haben sich dafür eine ERP-Lösung angeschafft. Neben einem Dokumentenmanagementsystem (DMS) gehört sie damit zur wichtigsten Software, die den Weg zur Digitalisierung ebnet. Bei vielen ERP-Systemen ist bereits ein DMS dabei, das vom Kompetenzzen­trum für digitales Handwerk als erster Schritt aus der Papierkrise empfohlen wird. Über die Digitalisierung des Papierarchivs können Schriftstücke in Datenbanken hinterlegt werden, die sich später leicht und schnell über Metadaten wiederfinden lassen.

Der allgegenwärtige Einblick erleichtert Unternehmensentscheidungen schnell und direkt zu treffen. Etwa bei einer Genehmigung: Wenn ein Geselle vor Ort beim Kunden einen Auftrag erstellt, kann er ihn vom Chef sofort abzeichnen lassen. Das verschafft eine große Zeitersparnis für den Handwerksbetrieb und für den Kunden noch dazu einen neuen Service. Dazu zählt auch das Abnahmeprotokoll. „Von der fertig gestrichenen Wand mache ich über die App Bilder und dokumentiere das Ergebnis“, beschreibt Maler Heußer. Die Rechnung sendet er dann im Anschluss zu, die App liefert ihm dafür Modalitäten wie Rechtskonformität und Aufbewahrungsfristen. Über eine Schnittstelle hat er seine Buchhaltungssoftware Lex Office eingebunden. Ein Baustein, den Müller seinem Programm noch hinzufügen möchte. Denn je mehr Funktionen das ERP bietet, desto reibungsloser greifen die Prozesse ineinander.

Für welche Software sich der Handwerkschef auch entscheidet: Wichtig ist, dass die Software intuitiv funktioniert und auf seine jeweiligen Bedürfnisse abgestimmt ist. Denn auch wenn viele gängige Softwarelösungen sich an kleinere und mittlere Betriebe richten, ist es oft schwer, die speziellen Bedürfnisse einzelner Gewerke abzubilden. Dienstleister wie die Firma Software Business Führer haben ERP-Systeme nach Branchen gelistet und helfen bei der Auswahl.

Viele Systeme enden in der Sackgasse

Eine Software speziell fürs Handwerk stellt auch OpenHandwerk in der Cloud parat. „Handwerk und Bau sind häufig noch sehr traditionell aufgestellt“, beobachtet Gründer und Geschäftsführer Martin Urbanek. Vom Auftrag bis zur Abwicklung verwenden manche Betriebe bereits Tools, die Urbanek jedoch meist als Insellösungen identifiziert: Sie sind teilweise nicht miteinander kombinierbar – und kosten letztlich mehr Nerven als einen nennenswerten Vorteil. Zum Beispiel wenn Daten doppelt und dreifach in unterschiedliche Systeme eingegeben werden müssen, anstatt zentral verfügbar zu sein. Um alle relevanten Betriebsprozesse ohne Datenbrüche in einer Lösung abzubilden, hat Urbanek eine strategische Partnerschaft mit HandwerkerVisio geschlossen: Mit der Finanzbuchhaltung, dem DMS und der CRM-Software will er seinem ERP ein nahtloses Arbeiten über verschiedene Softwaresysteme und Prozessketten hinweg ermöglichen, ohne zwischen Geräten und Tools hin- und herzuspringen. Die Daten werden dabei in der Telekom Cloud gespeichert. „Der Handwerker ist damit in der Lage Planungen vorzunehmen, Arbeitszeiten zu erfassen und eine Baustellendokumentation durchzuführen“, sagt Urbanek. Für den Kunden entsteht dadurch eine Transparenz, die ihn enger an die Prozesse heranführt und sie begutachten lässt. Was läuft auf der Baustelle? Welche Arbeitsschritte stehen noch an, und wie viel kostet das? Über diese Informationen in Echtzeit können Posten auch während eines Projekts bei Bedarf angepasst werden.

Anpassungskosten zahlen sich aus

Die Vernetzung aller Prozesse erlaubt dem Handwerker, mehrere Offices zu managen. Oder seinen Stammsitz in einer entlegeneren Region zu unterhalten, und dabei trotzdem einen landesweiten Radius zu haben wie Sven Summ. Als Prokurist betreibt er das Unternehmen „Zeitgenau – die Uhrenwerkstatt“ in Schramberg mitten im Schwarzwald. Weil die Kundenschar limitiert ist, hat der Betriebswirt seine Werkstatt vor fünf Jahren digitalisiert: Unter zeitgenau-uhrenwerkstatt.com können Juweliere bis zum Privatkunden ihre Uhrenmodelle zum Beispiel von Omega, IWC, Longines oder Tissot per Online-Auftrag zur Reparatur schicken. Summ liegt viel daran, dass seine Kunden ihre Schmuckstücke dabei im Auge behalten. Das geschieht seit zwei Jahren über das ERP-System von OpenHandwerk. Über die Daten zum Workflow kann er den Kunden ständig über den aktuellen Status informieren. „Früher mussten wir bei einer Anfrage dafür zwischen Laden und Werkstatt hin- und herrennen“, schildert er.

Wenn das fertig reparierte Stück die Werkstatt verlässt, erhält der Kunde eine Versandbestätigung und eine E-Mail mit der Rechnung. Alles automatisiert. „Diese digitale Abwicklung hat uns besonders in den Hochzeiten von Corona in die Hände gespielt“, freut sich Summ. Bis der Prozess wunschgemäß lief, haben Summ und das OpenHandwerk-Team die Software auf die Bedürfnisse der Uhrenwerkstatt feinjustiert. „Die Software war anfangs für das Bauhandwerk konzipiert“, sagt Summ. „Die Anpassungskosten in Höhe von 1.000 Euro haben sich für uns ausgezahlt.“

Mehr Transparenz, weniger Medienbrüche

Mit seiner Anschaffung zufrieden ist auch Jens Bergmann, Geschäftsführer beim Bäder- und Heizungs-Spezialisten Bergmann aus Bremen. "Bis heute haben wir bereits einen Großteil unserer betriebswirtschaftlichen Prozesse erfolgreich auf digital umgestellt." Dazu zählen die Erfassung, Bearbeitung und Weiterleitung von Serviceaufträgen an die Monteure, die Stundenerfassung und Leistungsabrechnung aller Mitarbeiter, die Ressourcenplanung unserer Mitarbeiter sowie die Werkzeugausgabe und Überwachung sämtlicher Arbeitsgeräte.

Dazu verwendet Bergmann ein Handwerksprogramm des Software-Anbieters pds. Über die cloudbasierte Lösung können Mitarbeiter von überall aus zugreifen und Notizen und Aufmaße elektronisch erfassen und speichern. Selbst Ausschreibungen sowie der Austausch mit Planern und Architekten wird digital abgewickelt. "Natürlich wollen wir uns in der Zukunft in all diesen Bereichen noch weiter verbessern", sagt Bergmann. Konkret ist im nächsten Schritt geplant, die digitale Archivierung einzuführen, um so die nächste Stufe zu einem papierlosen Handwerksbetrieb zu ebnen.

Eine wichtige Voraussetzung dafür erkennt Frank Michel, Head of Technical Service bei pds, vor allem in der erhöhten Transparenz und der verminderten Medienbrüche. "Alle digital erfassten Daten laufen in pds Software zentral zusammen und stehen dort für Auswertungen in Echtzeit zur Verfügung. Damit gelingt es Handwerksunternehmen, Ihren Betrieb digital zu vernetzen und datenbasiert zu steuern."

Das hilft vor allem auch mit den heutigen speziellen Bedingungen während der Corona-Pandemie umzugehen. So hat der Technischen Gebäudeausrüsters PA-BRA aus Brakel und Paderborn seit vergangenen Mai die Handwerkersoftware von pds integriert. "Wir haben uns für den Cloud-Betrieb entschieden, da wir so von beiden unserer Firmenstandorte einfach und komfortabel auf den Server zugreifen können und den Server an unserem Hauptsitz nicht kostenaufwändig erweitern brauchen", sagt Alexandra Frin, die im Betrieb für die EDV zuständig ist. "Durch das Arbeiten in der Cloud war für uns die Einrichtung von Homeoffice-Arbeitsplätzen zudem sehr einfach." Es werden lediglich ein Internetanschluss und ein PC oder Laptop benötigt, auf dem der Client installiert wird.

Aktueller Rundum-Blick auf laufende Prozesse - selbst in strukturschwachen Regionen

Weil die beiden Standorte in Nordrhein-Westfalen laut Frin zu den eher "strukturschwachen Regionen" zählen, reicht sogar ein 10mbit-Anschluss aus, um in der Cloud zu arbeiten. Damit sind die Schnittstellen zum Großhandel gelegt. Angebote zu bearbeiten und Rechnungen zu erstellen, wird damit "erheblich vereinfacht", so die EDV-Leiterin. "Zudem sind in der digitalen Projektakte sämtliche benötigte Daten und Informationen zu den einzelnen Baustellen übersichtlich zusammengeführt, sodass wir stets einen aktuellen Rundum-Blick auf die laufenden Prozesse haben."

Diese Flexibilität und die stetige Verfügbarkeit der Anwendung waren für Malermeister Thomas Messerschmidt ausschlaggebend, seine ERP-Lösung zu erweitern. Als stationäre Lösung nutzte er für seinen Betrieb in Oberursel bereits die kaufmännische Software Mosaik von Moser Software, die sämtliche Funktionen rund um Betriebsführung, Kalkulation und Auftragsabwicklung abdeckt. Durch den zusätzlichen Einsatz der webbasierten mobilen Produktgeneration Allround benötigt Messerschmidt lediglich einen Internetzugang, um die Daten dort zu nutzen und bearbeiten, wo er möchte. Die Lösung ist für die Nutzung auf jeglichen Endgeräten optimiert. Dank des responsiven Designs passt sich die Programmoberfläche dem Display an – ob nun Smartphone, Tablet oder Laptop.

Das spart im wertvolle Zeit. "In der Vergangenheit hatte ich im Tagesverlauf immer wieder Leerlauf“, sagt Messerschmidt. "Das heißt, ich musste zum nächsten Kundentermin und hatte dazwischen vielleicht eine halbe oder eine ganze Stunde Zeit.“ Doch diese Zeit reichte nicht aus, um ins Büro zurückzufahren. Und so musste Messerschmidt die liegen gebliebene Arbeit notgedrungen abends nachholen .

Nur ein weiteres Tool im Werkzeugkasten

Heute setzt sich der Malermeister zwischen zwei Terminen in ein Café, schaut sich Angebote an oder bereitet welche vor. „Das System deckt alle wichtigen Funktionen ab. Ich habe beispielsweise Zugriff auf die Kalkulation, sehe die bereits geleisteten Stunden auf einem Projekt, Informationen zu meinen Kunden, Angebote oder weitere Vorgänge“, berichtet Messerschmidt. Bei Bedarf kann er die Arbeiten im Büro weiterführen, denn Moser bietet das System auch als Hybridversion aus Mosaik und Allround an. "So habe ich immer den Überblick – selbst, wenn ich abends auf dem Sofa sitze."

Manche Handwerker erscheinen auch heute noch gerne beim Kunden mit dem Klemmbrett unterm Arm. Ihr Handy nutzen sie höchstens zum Telefonieren zwischendurch. „Viele haben noch große Berührungsängste mit Technologien“, beobachtet Softwareexperte Müller. Krampfhaft Überzeugungsarbeit zu leisten, nutzt laut dem früheren SAP-Berater wenig. Am besten ist es, wenn der Handwerker selbst entdeckt, wie viel Mühe ihm ein ERP erspart. Müller sieht sich und andere Software-Dienstleister ebenfalls in der Pflicht: „Software soll nicht zu technisch wahrgenommen werden, sondern als weiteres Tool im Werkzeugkasten – dann macht sie auch Spaß.“

ERP Begriff und Nutzen

Um den Arbeitsalltag zu erleichtern, helfen Systeme zur Prozessoptimierung. Eine ERP-Software steht dabei immer häufiger auf der Anschaffungsliste der Handwerkschefs.

ERP – die Software für Workflowprozesse?

Enterprise Resource Planning gilt als eine der häufigsten Unternehmenssoftwarekategorien und ist eine Methode zur Zentralisierung von Daten und des Workflowprozesses. Dazu nutzt es Datenmanagementpraktiken und speichert sämtliche mit dem Workflow zusammenhängende Daten an einem einzigen Ort. Darüber lassen sich produktive Unternehmensentscheidungen treffen.

Die größten Vorteile eines ERP-Systems
  • Mitarbeiter greifen jederzeit auf aktuelle und konsistente Informationen zu
  • Prozesse sind nahtlos und ohne Medienbruch abgebildet
  • Berichte und Auswertungen müssen nicht gesucht, sondern können direkt abgerufen werden
  • Kennzahlen wie Rentabilität, Leistung und Liquidität sind übersichtlich gelistet und analysierbar
  • Ein ERP-System schafft die Voraussetzung für weitere Automatisierungsprozesse im Betrieb

Eine Übersicht verschiedener Programme finden Sie hier