Buchhaltung Energiepreispauschale und eAU: Handlungsoptionen fürs Lohnbüro

Zugehörige Themenseiten:
Büroorganisation, Digitale Belege, Digitalisierung und Zukunftsperspektiven im Handwerk

Als Arbeitgeber haben Handwerksunternehmer momentan einiges zu erledigen: Die Energiepreispauschale ist korrekt auszuzahlen, außerdem sollten Firmenchefs jetzt die Voraussetzungen für die ab kommendem Jahr obligatorische elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) schaffen.

Sebastian Wurth, Geschäftsführer des gleich- namigen Heizungs- und Klimatechnikbetriebs in Kürten in Nordrhein-Westfalen.
Sebastian Wurth, Geschäftsführer des gleichnamigen Heizungs- und Klimatechnikbetriebs in Kürten in Nordrhein-Westfalen. - © Markus J. Feger

Heizungsunternehmer Sebastian Wurth arbeitet momentan bis zum Anschlag: „Wir sind seit Kriegsbeginn permanent ausgebucht, bis über das Jahresende hinaus“, so der Geschäftsführer des Unternehmens Wurth SHK in Kürten-Herweg im Rheinisch-Bergischen-Kreis. Vor allem seine Privatkunden wollen ihre Immobilien für den Winter energetisch sanieren und in neue Anlagen investieren. „Wir haben allerdings mit den Lieferengpässen so sehr zu kämpfen, dass wir Termine möglicherweise nicht halten können“, befürchtet Wurth. Der Unternehmer wägt ab, sondiert seine Risiken. „Wir stehen immer wieder vor dem Problem, dass weniger Material als avisiert bei uns ankommt. Dann warten hochbezahlte Mitarbeiter auf Arbeit“, erklärt Wurth.

Hinzu kommt, dass viele Kunden von ihm beraten werden wollen. Aber er kann wenig sagen, „weil wir die weitere Entwicklung nicht abschätzen und keine Empfehlung geben können“, so der Handwerkschef. Die Bundesregierung empfiehlt zum Beispiel Wärmepumpen, daher ist das Interesse groß. Die Förderungen sind gut, 30 Prozent bis 40 Prozent der Anschaffungskosten gibt der Staat. „Aber sie eignen sich nicht immer“, so Wurth. Außerdem sind die Lieferfristen lang. Wurth beobachtet auch, dass die Zusagen für die staatlichen Zuschüsse zwar schnell kommen. Das Geld geht aber nicht zeitnah ein.
Vieles ist unsicher in diesen Zeiten. Der Installateur- und Heizungsbauermeister appelliert daher: „Die Bundesregierung könnte mehr für das Handwerk und den Mittelstand tun.“ Das hat seinen Grund: Die bisherigen Maßnahmen wie der Tankrabatt reichen aus seiner Sicht nicht aus. „Unsere Spritrechnungen haben sich fast verdoppelt. Diese Aufwendungen können wir nicht eins zu eins an die Kunden weitergeben. Außerdem sind die Regelungen zeitlich begrenzt“, sagt Wurth. Auch wegen des neuen Energiepauschbetrags ist er genervt. „Wir haben 20 Mitarbeiter. Mir ist nicht klar, ob ich als Arbeitgeber das Geld vorstrecken muss. Das wäre ziemlich viel Liquidität, die uns fehlt“, so der Unternehmer.

Energiepreispauschale

Hintergrund: Die Energiepreispauschale (EPP) soll die Bundesbürger wegen der Preissteigerungen von Gas und Strom entlasten. Sie wurde mit dem Steuerentlastungsgesetz 2022 bereits im Mai beschlossen. Erwerbstätige erhalten 300 Euro vom Staat, die die Arbeitgeber jetzt im September in der Regel auszahlen. „Eine ganze Reihe recht kniffliger Details ist hier zu beachten“, sagt Steffen Drescher, Steuerberater und Partner der Kanzlei Dr. Schmitt & Kollegen in Nürnberg. Im ersten Schritt hatten Unternehmer zu klären, wie viele Energiepreispauschalen sie auszahlen müssen. Die genaue Anzahl haben die Betriebe dem Finanzamt bei der Lohnsteuer­anmeldung im August durchgegeben, wer vierteljährlich anmeldet, kann die Anzahl der Auszahlungen fürs dritte Quartal auch noch im September melden. Der Fiskus erstattet dann im nächsten Schritt den Auszahlungsbetrag. „Das kann je nachdem aber leider bis Januar 2023 dauern“, sagt Drescher. Insofern liegt Unternehmer Sebastian Wurth mit seiner Befürchtung gar nicht so falsch.

Auf jeden Fall macht die Energiepreispauschale den Unternehmen Arbeit. Die Buchhaltung muss sich damit beschäftigen, falls nicht der Steuerberater für sie die gesamte Lohnsteuer abwickelt. „Wir haben unsere Mandanten in ausführlichen Schreiben informiert und auch Checklisten geliefert, um die Sache zu erleichtern“, so Drescher. Zum Beispiel dürfen Arbeitgeber die Energiepreispauschale nur jenen Mitarbeitenden überweisen, die am 1. September bei ihnen beschäftigt waren. Das schließt junge Frauen im Mutterschutz mit ein. Senioren, die mit dem Stichtag 31. August in den Ruhestand gegangen sind, bleiben allerdings außen vor – selbst wenn sie noch eine Betriebsrente bekommen. „Die Lohnbuchhaltung hat hier schon einiges zu tun, um alles richtig zu machen“, meint Drescher.

Energiepreispauschale: Was Sie noch wissen müssen

Die Auszahlungen laufen. Doch besondere Konstellationen werfen in den Betrieben Fragen auf. Um keine Zweifel aufkommen zu lassen, hat das Bundesfinanzministerium in einem FAQ Details erläutert (bundesfinanzministerium.de/FAQ). Im Schnell-Überblick:

Wer erhält die Energiepreispauschale?

Die 300 Euro bekommen alle Arbeitnehmer in den Steuerklassen eins bis fünf, die am Stichtag 1. September 2022 in der Firma beschäftigt sind. Falls ein Mitarbeiter zum 15. September 2022 einen neuen Job anfängt, überweist der bisherige Arbeitgeber die Pauschale in voller Höhe.

Hinweis: Sofern Arbeitgeber die Lohnsteuer nicht monatlich, sondern kalendervierteljährlich abführen, kann der Betrag auch im Oktober ausgeschüttet werden.

Wichtig: Wenn nur geringfügig Beschäftigte in der Firma arbeiten, brauchen Handwerkschefs nichts zu überweisen. Die Beschäftigten müssen sich ihr Geld dann mit der nächsten Einkommensteuererklärung abholen. Gleiches gilt für Mitarbeiter, die just zum 31. August 2022 ausgeschieden sind.

Gut zu wissen: Auch Unternehmer bekommen die Energiepreispauschale. Sie mindern ihre Einkommensteuervorauszahlung um den Betrag. Auch über die Einkommensteuererklärung bekommen sie ihr Geld.

Worauf achten bei Minijobbern?

Auch geringfügig Beschäftigte, deren Arbeitslohn pauschal versteuert wird, erhalten die Pauschale vom Chef. Aber Vorsicht: Der Unternehmer muss sich das erste Dienstverhältnis bzw. den Hauptjob bestätigen lassen. Sonst darf er nichts auszahlen.

Tipp: Das Bundesfinanzministerium hat dazu eine Musterbescheinigung ins Netz gestellt.

Hinweis: Kurzfristig Beschäftigte holen sich die EPP über die Einkommensteuererklärung.

Frist verpasst – und nun?

Wer als Chef die Frist für die Auszahlung verpasst hat, kann die Energiepreispauschale auch mit der Lohn-/Gehalts-/Bezügeabrechnung für einen späteren Abrechnungszeitraum in 2022 überweisen.

Aber: Das Geld muss spätestens bis zur Übermittlung der Lohnsteuerbescheinigung für den Arbeitnehmer fließen. Die Lohnsteuer-Anmeldung für August 2022 ist entsprechend zu korrigieren.

Wie sieht es das Finanzamt?

Die Auszahlung zählt als Betriebsausgabe, der aber die Refinanzierung über die Lohnsteuer-Anmeldung als Betriebseinnahme gegenübersteht.

Das bedeutet: Das Ganze bleibt neutral, hat also keine Folgen für den Gewinn. Ansonsten ist die EPP lohn- und einkommensteuerpflichtig, unterliegt aber nicht der Sozialversicherung. Bei Minijobbern bleibt sie komplett abgabenfrei.

Chefs bereiten die Schnittstelle für eAU vor

Verwaltungsarbeit bringt auch die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) mit sich, die ab 2023 eingeführt wird. Die Krankenkassen stellen den Arbeitgebern künftig die Bescheinigungen digital auf Abruf zur Verfügung (siehe Ablaufplan unten). Das läuft so: Die Ärzte senden die eAU an die entsprechende Krankenkasse. Die Arbeitgeber rufen die eAU dann bei den Kassen ab. Die Digitalisierung soll die Beteiligten entlasten – auch wenn sie die AU dann proaktiv anfordern müssen. Unternehmer Sebastian Wurth findet das neue Verfahren prinzipiell gut. „Das ist für uns und für die Mitarbeiter einfacher. Denn es passiert immer mal wieder, dass wir unsere Leute mehrfach anmahnen müssen, uns die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung auszuhändigen“, erzählt Wurth.

Einen weiteren großen Pluspunkt für Handwerksunternehmer sieht Ralf Adamitza, Steuerberater der Kanzlei Ecovis in Stralsund: „Die eAU gewährleistet eine lückenlose Dokumentation bei den Krankenkassen.“ Dies dient einer reibungslosen Zahlung des Krankengeldes. Er rät aber Handwerkschefs dazu, sich vorab zu informieren, wie die Daten abgerufen werden können. Die Krankenkassen haben dazu auf ihren Internetseiten die wichtigsten Details zusammengefasst. Außerdem können Firmenchefs an Online-Seminaren teilnehmen, die jetzt im Herbst stattfinden – etwa bei der AOK. Überdies finden Sie unter www.gkv-sv.de unter dem Stichwort „Arbeitgeberverfahren eAU“, was man wissen muss. Prinzipiell erfolgt der Abruf entweder über eine systemgeprüfte Ausfüllhilfe. Alternativ lassen sich die Daten über ein systemgeprüftes Lohnabrechnungsprogramm verschlüsselt laden. „Es gibt keine automatische Meldung. Der Mitarbeiter muss den Arbeitgeber weiter darauf hinweisen, dass er krank ist. Erst dann ist der Chef oder die Chefin zum Abruf berechtigt“, so Adamitza.

In der Praxis warten aber noch weitere Herausforderungen: Zum Beispiel stellt sich die Frage, ob die Daten der Kassen und der Unternehmen voneinander abweichen können, falls ein Mitarbeiter früher als geplant wieder arbeitet? Inwieweit ist hier wieder der Arzt einzuschalten? Und: Bei Minijobbern wissen die Betriebe oft nicht, bei welcher Kasse die geringfügig Beschäftigten versichert sind. „Das sollten Firmenchefs jetzt nachhalten und in der Lohnbuchhaltung vermerken“, so Adamitza. Er empfiehlt darüber hinaus, schon jetzt den Abruf zu testen. Momentan läuft noch die Pilotphase. „So kann man sich mit der Funktionsweise und dem Vorgehen vertraut machen und kommt später beim verpflichtenden Abruf nicht in Schwierigkeiten“, so der Experte. Arbeitgeber fragen also beim Anbieter ihres Lohnabrechnungsprogramms nach, wie der Abruf funktioniert.

Ablaufplan: So gelangt die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) ins Chefbüro

Die Abläufe für die Krankmeldung eines Mitarbeiters bleiben gleich – nur übermitteln Ärzte die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ihres Patienten ab 1. Januar 2023 elektronisch an die Krankenkassen. Arbeitgeber rufen sie dort ab. Der Mitarbeiter ist dann nicht mehr in der Bringschuld.

  1. Die Mitarbeiter sind auch künftig verpflichtet, sich unverzüglich zum Beispiel telefonisch oder per E-Mail bei ihrem Arbeitgeber krank zu melden.
  2. Der kranke Mitarbeiter geht zum Arzt, der die Arbeitsunfähigkeit feststellt. Wichtig: Das neue Verfahren betrifft nur gesetzlich Versicherte, die zu einem Vertragsarzt gehen. Privatpatienten oder jene, die einen Privatarzt als Selbstzahler konsultieren oder bei einem Arzt im Ausland sind, erhalten weiter Papierscheine ausgehändigt.
  3. Die Mediziner drucken die eAU-Daten für die Patienten aus, sodass sie auch künftig ein Schriftstück für ihre private Dokumentation in Händen halten.
  4. Die Ärzte sind verpflichtet, die eAU noch am selben Tag an die Krankenkasse zu übermitteln, an dem sie den Patienten untersucht und die Arbeitsunfähigkeit festgestellt haben.
  5. Die gesetzlichen Krankenkassen stellen die eAU zum Abruf bereit. Die Unternehmen oder der beauftragte Steuerberater rufen das digitale Format über die Kommunikationsserver bei der jeweiligen gesetzlichen Krankenkasse ab und überführen es idealerweise in die digitale Personalakte.