Tarifvergleich Doppelschutz: Gewerbliche Rechtsschutzversicherung mit eingeschlossenem Inkasso

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Der Tarifvergleich für die gewerbliche Rechtsschutzversicherung mit eingeschlossenem Inkasso zeigt die enorme Prämienspanne von 320 bis 1.300 Euro – da steckt viel Sparpotenzial. Für wen sich die Policen lohnen und worauf Handwerker achten sollten.

Daniel Gerresheim
Daniel Gerresheim, Juniorchef beim Garten-und Landschaftsbau Gerresheim in Krefeld. - © Markus J. Feger

Wenn ein Schuldner nicht zahlt und zusätzliche Kosten für das Eintreiben der Ausstände anfallen, ist das eine doppelte Belastung. Mit einer Rechtsschutzversicherung, die ein Inkasso beinhaltet, sind Handwerker gut geschützt .

Und das wird zunehmend wichtig. Denn Auseinandersetzungen mit Kunden landen immer öfter bei Anwälten: Mangel – oder nicht? Zahlung – in voller Höhe? Schaden – ja oder nein und wer hat ihn verursacht? Meist ist nicht klar, wer im Recht ist, ein Anwalt soll helfen, doch der ist teuer. Wer diese Fälle absichern möchte, ist mit einer Firmenrechtsschutzversicherung gut beraten. Noch besser steht da, wer beim Abschluss darauf achtet, dass ein Inkassoservice eingeschlossen ist. Dann übernimmt das externe Inkassobüro das Forderungsmanagement, wenn es Probleme mit der Bezahlung gibt. Die Kombination aus Rechtsschutz und Inkassobüro schont drei wichtige Ressourcen des Handwerksunternehmers: Zeit, Nerven und Konto.

Was externes Inkasso bewirkt

Tatsächlich lässt die Zahlungsmoral nach. Immer mehr Unternehmer geben an, dass sie Forderungsausfälle von über 1 Prozent des Umsatzes verkraften müssen. Betroffen sind vor allem Handel, Gewerbe und Dienstleistungen. Lediglich das Baugewerbe verzeichnet einen Rückgang

Externes Inkasso hilft, Zahlungsausfälle zu vermeiden. Nach Einschätzung von Experten wird es künftig ein wichtiges Instrument sein, um den eigenen Betrieb sicher durch die Post-Coronazeit zu führen. Denn heute ist schwieriger denn je zu beurteilen, wie solvent ein Kunde ist. „Viele Unternehmen in Deutschland sind ein regelrechtes Pulverfass. Über ihnen schwebt das Damoklesschwert einer Insolvenz“, ist die Volkswirtin Christiane von Berg vom Kreditversicherer Coface aus Mainz überzeugt. Während bei Unternehmen die zeitweilige Aussetzung der Insolvenzantragsfrist gefährlicher Sprengstoff sei, gelte das Gleiche für private Kunden aufgrund der Kurzarbeit.

Schutz plus Service

Daniel Gerresheim, Landschaftsbauer und Juniorchef im Gartenbaubetrieb seines Vaters, hat den über seine Firmenrechtsschutz angebotenen Inkassoservice bereits mehrfach genutzt, wenn Rechnungen nicht beglichen wurden. „Das funktioniert reibungslos“, sagt er.

Nachdem immer wieder Zahlungen ausstanden und Gerresheim die Begründungen der säumigen Zahler nicht nachvollziehen konnte, hat er sich vor einigen Jahren auf die Suche nach professionellem Inkasso begeben. Das wurde notwendig, weil die Kunden des Gartenbaumeisterbetriebs Gerresheim oft sehr große und kapitalstarke Bauunternehmungen sind – professionelle Partner an seiner Seite zu haben, war deshalb wichtig für den Handwerksmeister.

Fündig wurde er bei der ARAG-Versicherung. Dort gab es Rechtsschutz und Inkasso in einem. „Die Inkassoprofis des Versicherers haben sehr zuverlässig für einen Zahlungseingang gesorgt, als ein Bauunternehmen meinte, nicht zahlen zu müssen“, erzählt er zufrieden. In einem anderen Fall hingegen war die Abwicklung schwierig: Der Schuldner hatte die Forderung bestritten. Die Einschaltung des Inkassobüros habe dann Wirkung gezeigt: „So wurde von unserer ­Seite die Ernsthaftigkeit der Situation verdeutlicht. Wir sind schnell wieder mit dem Kunden ins Gespräch gekommen und konnten uns einigen.“ Sehr zufrieden ist er auch mit dem Inkasso-Online-System, es sei sehr simpel. Geübte könnten die Daten über Auftrag, Schuldner und Rechnung in fünf Minuten eingeben.

Der Tarifvergleich

Da eine Rechtsschutzversicherung im Nachgang der Coronapandemie eine wichtige Police für das Handwerk werden kann, haben wir einen Marktüberblick durchgeführt. Für den Vergleich haben wir einen Kfz-Reparaturbetrieb mit allgemeinem Firmen- und Verkehrsrechtsschutz abgesichert ( siehe Download).
Die Ergebnisse im Überblick: Fast alle Rechtsschutzassekuranzen bieten mit der Versicherung oder als Vermittlung den Zugang zu einem externen Inkassounternehmen.
Mit der Versicherungsprämie sind die typischen Leistungen der professionellen Geldeintreiber abgegolten – bei einigen Policen gibt es zumindest Sonderkonditionen für bestimmte Inkassobüros.

Erstaunt hat uns, dass die Prämien extrem unterschiedlich sind. Sie schwanken zwischen 320 Euro und rund 1.300 Euro pro Jahr – und dabei sind die Kernleistungen im Wesentlichen identisch. Schon für unter 500 Euro im Jahr ist guter, umfassender Kostenschutz bei Rechtsstreitigkeiten und das Nutzen des Inkassoservices des Versicherers oder eines Inkassobüros, möglich.

Was das Inkasso bedeutet

Meist ist das Inkassoverfahren über die Rechtsschutzversicherung kostenfrei und es gibt üblicherweise auch keine Jahres- oder Einmalgebühr. Aber: Das gilt nur für unbestrittene Forderungen. Einzige Ausnahme bietet die ARAG: Wer den Premium-Rechtsschutz kauft, hat in gewissem Umfang auch Schutz, wenn die Kunden die Rechnung nicht zahlen, weil sie die Leistung bemängeln. „Wir übernehmen bei strittigen Forderungen ab einem Mindeststreitwert von 1.000 Euro die Kosten bis 5.000 Euro pro Vertragslaufzeit. Die Selbstbeteiligung beträgt 30 Prozent“, erläutert der Versicherer. Gleichzeitig können Inkassobüros meist Klageverfahren organisieren, Bonitätsauskünfte einholen oder eine Langzeitüberwachung erwirkter Titel betreiben. Letzteres ist wichtig: Denn irgend wann kommen viele Schuldner wieder zu Geld und sollen dann auch die Hand­werkerrechnungen begleichen.

Dass der Service nicht nur auf dem Papier funktioniert, bestätigt Kuno Rosentritt, der im schwäbischen Pöttmes einen Meisterbetrieb für Metall, Tore und Antriebe führt. Sein Versicherer ist die Neue Rechtsschutz Versicherung (NRV): „Wenn der säumige Kunde sich nach einer Mahnung gar nicht meldet, dann ist das ein schlechtes Zeichen und wir geben den Fall an das Inkassounternehmen First Debit. Und die sind echt flott“, ist Rosentritt zufrieden und erzählt weiter: „Kosten entstehen mir nur, wenn das Verfahren tatsächlich vor Gericht geht.“

Der Unternehmer schätzt, dass bei ihm pro Jahr zwei bis vier hartnäckige Nichtzahler auftreten. „Wir hatten schon einmal eine Forderung von 6.000 Euro offen. Das ist für uns schon viel Geld, das wir nicht so einfach abschreiben können.“ Das Inkassobüro habe diese Zahlung – und einige andere mehr – eintreiben können. Davon, dass das professionell und sachlich erfolgt, ist Rosentritt überzeugt, denn nach dem Inkassoverfahren sind einige Kunden wieder zu ihm zurückgekommen.

Aber Kuno Rosentritt ist nun vorsichtiger geworden: „Wer als säumiger Schuldner zu uns zurückkehrt, muss Vorkasse oder zumindest eine Abschlagszahlung akzeptieren.“ Aktuell rechnet der Handwerksmeister damit, dass Privatkunden eher ein kleineres Risiko darstellen. „Viele haben durch Corona eine volle Reisekasse, die sie nun in ihr Haus stecken.“ Die Auftragslage sei gut.

Externes Inkasso für schwere Fälle

Das bestätigt auch Landschaftsbauer Gerresheim. Grundsätzlich ist für den Unternehmer das Forderungsmanagement der ARAG immer erst der dritte Schritt, nach Mahnung und Anruf. Erst, wenn die persönliche Ansprache scheitert, nutzt der Handwerker die Versicherung. Er glaubt nicht, dass die Zahlungsmoral in den letzten Jahren insgesamt schlechter geworden ist. „Aber die Absicherung gibt uns ein gutes Gefühl, im Ernstfall nicht noch mehr Geld in die Hand nehmen zu müssen. Wir verteilen das Risiko per Versicherung einfach über das ganze Jahr.“ Das gelte auch für den Rechtsschutz. Hier sei die Absicherung breit und reiche vom Arbeits- bis zum Baurecht. Da mache es auch nichts, dass bisher noch kein Rechtsstreit angefallen sei. „Wenn er kommt, sind wir gut aufgestellt“, so der Jungunternehmer.

Schwieriger Abschluss

Der Abschluss einer Firmenrechtsschutzpolice ist nicht von der Stange zu haben. Denn: „ Kein Firmenrechtsschutz bietet vollen Kostenschutz“, warnt Versicherungsberater Jörg Deppner aus Nürnberg. Es gebe Begrenzungen, Wartezeiten oder Lücken. Meist sei beispielsweise kollektives Arbeitsrecht, also Streit aus Tarifverträgen, ausgeschlossen. Keinen Schutz gibt es auch für Ärger im Zusammenhang mit Patent-, Marken- oder Domainrechten. Und auch Streitigkeiten aus Planung, Errichtung oder Finanzierung eines Gebäudes sowie durch den Kauf von Aktien sind nicht abgesichert.

Zudem ist die Wahl des richtigen Tarifs schwierig: Die Angebote können bausteinartig erweitert werden, etwa um den Vertragsschutz bei Streit mit Versicherungen. So zeigt unser Test, dass selbst „Premium“-Tarife Lücken aufweisen können: Bei der Ergo fehlt die Antidiskriminierungsabsicherung und bei der DEVK der Datenrechtsschutz.

Guter Rechtsschutz ist wichtig

Wie teuer solche Lücken werden können, zeigt folgender Fall: Ein familiengeführter größerer Handwerksbetrieb suchte zur Verstärkung einen Gesellen. Beim Bewerbungsverfahren soll ein Bewerber mit Schwerbehinderung telefonisch von der Personalabteilung abgelehnt worden sein, weil dieser aufgrund seines Rückenleidens die im Betriebsalltag zu bewegenden schweren Lasten nicht tragen könne.

Der Bewerber sah sich diskriminiert und klagte wegen eines Verstoßes gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Vom Handwerksbetrieb forderte er Schadensersatz in Höhe von einem Jahresgehalt und eine Entschädigung in Höhe von drei Monatsgehältern – insgesamt enorme 50.000 Euro. Im vorliegenden Fall konnte der Handwerksbetrieb den Streit vor Gericht gewinnen. Da es sich jedoch um einen Fall aus dem Arbeitsrecht handelt, hätte er – obwohl er gewonnen hat – die Anwaltskosten und auch einen Teil der Gerichtskosten tragen müssen. Da er einen hochwertigen Firmen-Rechtsschutz hatte, übernahm die Versicherung die Kosten.

Lange Verfahrensdauer kostet

Auf hoher See und vor Gericht ist man in der Hand höherer Mächte, sagt der Volksmund – und das für lange Zeit. So dauert ein Zivilprozess vor dem Amtsgericht laut Anwalt-Suchportal Advocado zwischen vier und zehn Monaten. Zudem ist der Kampf ums gute Recht mit einem erheblichen Kostenrisiko verbunden. Das gilt schon bei einem außergerichtlichen Streit. So kostet eine gütliche Einigung ohne Richter laut Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) bei einem Streitwert von 50.000 Euro rund 2.000 Euro. Wer ein solches Verfahren vor Gericht austrägt, hat bereits in der ersten Instanz ein Kostenrisiko von fast 8.500 Euro, wie sich aus dem Prozesskostenrechner des Deutschen Anwaltverein (DAV) ergibt.

Selbstbeteiligung – ja oder nein?

Es ist sinnvoll, bei der Rechtsschutzversicherung eine Selbstbeteiligung zu akzeptieren – dafür sprechen zwei Gründe. Erstens senkt sie den Jahresbeitrag und zweitens fällt sie bei großen Streitwerten kaum noch ins Gewicht. Und: Sie wird nur bei Rechtsschutzschäden fällig, aber nicht bei Serviceleistungen – wie ein Inkassoverfahren –, wie etwa die DMB-Versicherung bestätigt. Tipp : Achten Sie bei einer hohen Selbstbeteiligung auf eine vollkommen kostenfreie Erstberatung. Und achten Sie auch auf die Kündigungsklausel. Sie greift meist nach zwei Versicherungsschäden in zwölf Monaten.

Spezialstrafrechtsschutz

Wichtig ist auch, dass ein ausreichend hohes zinsloses Darlehen für den Ernstfall – als „Ich-komme-aus-dem-Gefängnis-Freikarte“ – bereitsteht. Der Hintergrund: Wer im Gefängnis auf einen Prozess oder ein gerichtliches Urteil warten muss, kann meist gegen eine hohe Kaution freikommen. Diese Summen werden durch gute Rechtsschutzversicherungen bereitgestellt. Aber: Dieser betriebliche Spezialstrafrechtsschutz hilft nur bei „vorsätzlich begehbaren Vergehen“, wie etwa dem Vorwurf des Betruges.

Kritik an der Praxis

Hart geht übrigens der Berliner Rechtsanwalt Joachim Cornelius-Winkler mit der Schadenregulierungspraxis der Rechtsschutzversicherer ins Gericht. Nach seiner Einschätzung sind, vor allem wenn es um höhere Kosten geht, „90 Prozent der Ablehnungen falsch oder angreifbar“. Problematisch sei zudem das aktive Schadenmanagement der Assekuranzen über Partneranwälte. „Der Vertrauensanwalt des Versicherers kann wirtschaftlich von ihm abhängig und deshalb geneigt sein, seinen
Ermessensspielraum zu dessen Gunsten auszuüben“, warnt Cornelius-Winkler. Konkret : Der Anwalt beurteilt eher zugunsten des Versicherers als des Versicherten. Deshalb der Tipp: Wählen Sie grundsätzlich einen unabhängigen Anwalt .

Das gilt auch für die sogenannte Deckungszusage, also die Frage, ob ein Fall versichert ist. Lassen Sie besser immer ihren eigenen, unabhängigen Anwalt prüfen. Wie wichtig das ist, zeigt folgender Fall: Derzeit klagen mehrere Unternehmen gegen den Staat. Sie meinen, trotz Corona-Soforthilfen durch die Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung erhebliche Umsatzeinbußen erlitten zu haben. Ob diese Klage durch die Rechtsschutzversicherung abgedeckt ist, beantwortet die ARAG so: „In unserem Aktiv-Rechtsschutz für Selbstständige ist grundsätzlich die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen versichert. Allerdings sind Entschädigungsansprüche nach dem Infektionsschutzgesetz nach allgemeiner Meinung keine Schadenersatzansprüche in diesem Sinne und daher nicht versichert. Als versicherter Schadenersatzanspruch käme noch ein Amtshaftungsanspruch in Frage. Dieser hat allerdings kaum Erfolgsaussichten, da hierfür ein zumindest fahrlässiges Fehlverhalten eines Amtsträgers erforderlich wäre.“ Doch diese Aussagen sind strittig. Denn schon bei einer geringen Erfolgsaussicht – die ein eigener Anwalt bestätigen könnte – müsste der Rechtsschutzversicherer das Verfahren bezahlen. Daher sollte der Leistungsumfang im konkreten Fall immer vom eigenen Juristen geklärt werden.