Hard- und Software managen IT: Wie sich Betriebe das nötige Fachwissen für ihre Digitalisierung ins Haus holen

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Handwerker, die ihren Betrieb digitalisieren wollen, brauchen dafür einen klaren Plan – und den allein zu entwickeln ist nicht immer leicht. Wie Betriebe das Thema angehen und wo sie Unterstützung finden.

Manuel Meya, Metallbaumeister und IT-Berater aus Bodman-Ludwigshafen.
Manuel Meya, Metallbaumeister und IT-Berater aus Bodman-Ludwigshafen. - © Ilja Mess

Eigentlich ist Manuel Meya Metallbaumeister, seine zweite Leidenschaft gilt aber der IT. Mit zwölf Jahren programmierte er seine erste Website. Obwohl er später eine Lehre im Metallbau machte und in dem Gewerk arbeitete, ließ ihn sein Interesse an der IT nie los. In der Meisterschule merkte er dann: Viele seiner Mitschüler wussten nicht einmal, wie man eine Website pflegt. Oft hieß es: „Aber mein Auftragsbuch ist doch voll, warum muss ich mich um eine Website kümmern?“ Meya fing an, seine Mitschüler zu beraten.

In seiner Meisterarbeit widmete er sich der Frage, warum im Handwerk zu wenig zu IT und Medien gelehrt wird. Danach arbeitete er noch drei Jahre weiter als Metallbaumeister, nebenbei baute er aber schon sein eigenes Beratungsunternehmen auf. Mittlerweile arbeitet Meya seit acht Jahren Vollzeit als IT-Berater – und die Arbeit geht ihm noch lange nicht aus. Eines hat sich seit der Gründung aber verändert: Digitalisierung nimmt heute einen größeren Stellenwert im Handwerk ein.

Zeit effektiver nutzen

Einer Umfrage des Digitalverbands Bitkom zufolge sehen 77 Prozent der Handwerker die Digitalisierung als Chance. Für 83 Prozent ist Zeitersparnis der größte Vorteil. Das mag vielleicht überraschen, schließlich ist der Aufbau digitaler Strukturen nicht leicht und erst mal mit Anstrengung verbunden. Doch wenn digitale Struktur und Betriebsprozesse gut ineinandergreifen, spart das im Alltag wertvolle Zeit. Aber wie geht man diese Transformation im eigenen Betrieb an? Braucht man dafür IT-Dienstleister oder sollte man direkt selbst einen einstellen?

Roxanne Greite hat sich gegen eine IT-Kraft entschieden. Die gelernte Grafikerin plant seit mehr als zehn Jahren Bäder, Küchen und Terrassen, die sie gemeinsam mit ihrem Mann Timo Greite, Maurer und Betonbaumeister, realisiert. Ihren Betrieb TR-Wohnkonzepte mit Sitz in Königslutter am Elm gründeten sie im August 2021 – von Anfang an setzten sie die betrieblichen Prozesse digital auf. „Ich hatte keine Lust auf Papierkram und wollte Zeit sparen, um mich dem Teil meiner Arbeit zu widmen, der mir Spaß macht“, schildert Roxanne Greite.

Wenn sie heute einen Raum vermisst, hat sie ihr Tablet und einen kleinen Handlaser dabei. Der Laser misst in Sekunden die Höhe der Tür, die Tiefe des Raums, den Umfang des dekorativen Stützpfeilers in der Raummitte und überträgt die Messdaten direkt per Bluetooth auf das Tablet, auf dem die Planungs-App „Palette Home“ installiert ist. Die Raummaße landen dadurch automatisch in der Cloud ihrer Handwerker-Software „Open Handwerk“, und Greite kann die Daten im Büro ganz einfach auf ihren Laptop herunterladen und damit Bäder und ­Küchen planen. In ihrer Firma läuft somit alles digital ab, vom ersten Kunden­kontakt bis hin zur Realisierung und ­Abrechnung.

Der Chef muss klare Ziele setzen

Mittlerweile gibt es für jeden Bereich im Unternehmen technologische Helferlein, zum Beispiel Apps für die Baustellen- und Projektplanung, zur Zeiterfassung oder als Fahrtenbuch-Ersatz. Diese Lösungen sparen Zeit und Geld. Betriebschefs können solche Verbesserungen direkt selbst angehen und umsetzen – es braucht keine große IT-Kenntnis dafür. Unternehmer sollten dabei das große Ganze im Blick behalten. Die hohe Kunst ist es nämlich, aus den einzelnen Teilen ein stabiles und vernetztes Gesamtgefüge zu bilden.

Das ist eigentlich das Schwierigste an der Digitalisierung im Handwerk, weiß Manuel Meya. „Genau wie sich ein Betrieb Umsatz und Wachstumsziele setzt, muss der Chef auch für die Digitalisierungsstrategie klare Ziele definieren“, sagt der IT-Berater. Dabei gibt es eine ­Bedingung: Diese Aufgabe ist Chefsache. Einen Mitarbeiter damit zu beauftragen sei nicht zielführend. Externe Unterstützung ist aber erlaubt. „Ich beschreibe meinen Job wie den eines Architekten: Nur plane ich kein Haus, sondern gemeinsam mit dem Chef das Zukunfts-Unternehmen und dessen IT-Infrastruktur“, sagt Meya. Diese Leistung hat ihren Preis: Sein Tagessatz liegt zwischen 1.200 und 1.500 Euro, eine umfassende Beratung dauert im Durchschnitt zehn Tage. Damit auch kleine Betriebe diese Kosten stemmen können, unterstützt der Bund mit Zuschüssen.

Förderung: So hilft der Staat

Wer sich einen Berater ins Boot holen will, kann sich vom Staat unter die Arme greifen lassen:

„Go-digital“ ist ein Förderprogramm des Bundes, das Beratungsleistungen für deutsche Handwerksbetriebe mit weniger als 100 Mitarbeitenden und höchstens 20 Millionen Euro Jahres­umsatz bezuschusst. Der Bund übernimmt bis zu 50 Prozent der Kosten für maximal 30 Tage Beratung in einem halben Jahr. Der Tagessatz der Berater darf dabei bis zu 1.100 Euro betragen, insgesamt kommt also eine Fördersumme von maximal 16.500 Euro zusammen.

Es gilt der Grundsatz der Kostenerstattungsförderung: Förderfähig ist nur die Summe, die der Betriebe auch ausgibt. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) bietet eine interaktive Beraterlandkarte, auf der infrage kommende Berater aufgelistet sind. Besonders praktisch: Die Förderung wird direkt zwischen dem BMWK und den Beratern abgewickelt. Das heißt, die Betriebe müssen selbst keinen komplizierten Antrag stellen, sondern können sich einfach aus der Datenbank auf der Website einen zertifizierten Berater aussuchen. Dieser übernimmt den Antrag und zieht die Förder­summe direkt von der Rechnung ab.

Den ganzen Betrieb einbinden

Stehen Ziele und Struktur erst mal fest, braucht es passende Computerprogramme. „Viele denken, sie könnten auf einen Knopf drücken und schon sei alles fertig“, sagt Meya. Die Praxis ist komplexer. Unternehmensprozesse müssen korrekt in die Software eingetragen, vorhandene Daten migriert, das Team geschult und das neue System koordiniert ausgerollt werden. Die Mitarbeiter sollten im Vordergrund stehen, denn ohne sie läuft nichts. Schließlich sind sie es, die die digitalen Systeme mit Daten füttern. Wer sie stattdessen außen vor lässt, kann sich selbst das Leben schwer machen.

Meya belegt das an einem Beispiel: Der Chef eines Sanitärbetriebs hat sein Lager digitalisiert, ohne seinen Mitarbeitern eine Einführung in die neue Software zu geben. „Das Ergebnis: Nur die Hälfte der Mitarbeiter scannte die Ware vor dem Ein- und Ausräumen“, erzählt der Berater. „Die Akkus der Scanner und Tablets waren ständig leer, weil sich niemand für das Laden verantwortlich gefühlt hat.“ Am Ende sparte die Lagersoftware nicht etwa Zeit und Geld, sondern sorgte vor allem für Chaos: Material, das laut Programm noch im Lager sein sollte, war beispielsweise längst verbaut.

Erst als Meya allen Mitarbeitern Zweck und Funktion des Programms erklärt hatte, besserte sich die Lage. „Wer den Sinn einer Anwendung versteht, fühlt sich eher verantwortlich“, sagt er. Das zeigt: Partizipation ist auch bei IT-Systemen ein nicht zu unterschätzender Faktor. Wenn der Berater Betriebe beim Einrichten neuer Systeme unterstützt, wählt er sogenannte „Power-User“ aus: Diese Mitarbeiter testen das neue System intensiv und machen Verbesserungsvorschläge. Erst wenn ihre Vorschläge umgesetzt sind, startet das neue System im ganzen Betrieb.

Interne versus externe IT-Kraft

Es reicht aber nicht, die Systeme nur einmal einzurichten. Üblicherweise muss Software regelmäßig gewartet und aktualisiert werden. Diese Aufgabe übernehmen in der Regel IT-Kräfte, die nicht nur die Technik verstehen, sondern auch die organisatorische Seite im Blick haben: Lizenzen verlängern, Dienstleisterverträge schließen, Richtlinien prüfen. Doch in kaum einem Berufsfeld ist der Bedarf an Fachkräften so hoch – entsprechend begehrt sind die technologie-affinen Kollegen. Der Digitalverband Bitkom hat ermittelt, dass eine IT-Stelle im Jahr 2022 durchschnittlich sieben Monate lang unbesetzt blieb.

Nun braucht glücklicherweise nicht jeder Handwerksbetrieb einen hauseigenen IT-Spezialisten. Es kommt dabei auch auf das Gewerk an. „Ein Gebäudereiniger mit 150 Angestellten kommt oftmals gut ohne aus. Ein metallverarbeitendes Unternehmen mit 50 Mitarbeitern und einem vernetzten Maschinenpark hingegen nicht“, sagt Meya. Doch egal, wie man intern aufgestellt ist, ein IT-Dienstleister mit Notdienst ist immer eine gute Idee. Denn was, wenn der einzige technologiekompetente Kollege im Haus einmal krank oder anderweitig eingebunden ist und plötzlich die Systeme ausfallen?

Kosten variieren stark

Ein beliebtes Modell, das solche Notfälle verhindert, sind sogenannte Managed-Service-Angebote. Sie werden auch als Private-Cloud-Lösungen bezeichnet. Ein externer Dienstleister deckt dabei nicht nur den Notdienst ab, sondern überwacht die Server, behebt Fehler, wartet die Geräte – und vermeidet so im besten Fall, dass es überhaupt erst zu Ausfällen kommt. „Diese Lösungen haben den Vorteil, dass sie individuell auf das Anwenderunternehmen zugeschnitten sind“, erklärt Karsten Sontow, Gründer der Digitalisierungsberaterfirma Trovarit.

Bei Managed-Services wird in der Regel zwar pro Nutzer und Monat abgerechnet, doch bewegten sich die Preise „in einer großen Spannweite“, beobachtet der Berater. Wie teuer der Service ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab: etwa davon, wie groß das Unternehmen ist, wie komplex die IT ist, wie häufig eine Sicherungskopie angefertigt werden soll. Zum Vergleich: Ein Anbieter, der seine Preise auf der Website ausweist, bietet für knapp zehn Euro pro Monat und digitalem Arbeitsplatz automatische Updates. Für rund 40 Euro ist die Hilfe bei Notfällen wie einem Netzwerkausfall inklusive. Wer die günstigere Variante wählt, muss im Notfall oft zusätzliche Stundenhonorare von rund 90 Euro berappen. Die Kosten für Soft- und Hardware sind dabei allerdings noch nicht enthalten – es geht allein um Betrieb und Sicherheit.

Für kleine Betriebe oder einzelne Bereiche bieten sich neben einem Notfalldienstleister sogenannte Public-Cloud-Software-Lösungen an. Beispiele sind die Handwerker-Software „Plancraft“ oder einfach der Speicherdienst „Dropbox“. „Der Anwender hat bei diesen Lösungen nichts mit dem technischen Betrieb der Software, wie dem Server oder der Datenbank, zu tun“, erklärt Sontow. Dafür sind die Lösungen ihm zufolge aber oft hoch standardisiert und man kann bestenfalls minimale Einstellungen am Programm vornehmen. Anschaffungskosten im herkömmlichen Sinne gibt es dafür meist keine. Auf den ersten Blick erscheint das günstig, aber über die Jahre kommt einiges zusammen. Der Vorteil: Man muss nicht selbst eine kostspielige IT-Kraft einstellen.

Auch Roxanne Greite von TR-Wohnkonzepte verwaltet Kundendaten und Bauakten mit der Public-Cloud-Lösung „Open Handwerk“. Das vereinfacht vieles: „Updates installieren sich automatisch und taucht ein Problem auf, wende ich mich an den Kundensupport“, schildert die Unternehmerin. Es muss eben nicht immer kompliziert sein.

Anbieter-Überblick: So managen Betriebe ihre IT

Betriebschefs müssen nicht alles selber machen: IT-Systemhäuser helfen als Fullservice-Dienstleister beispielsweise die richtige Lösung zu finden, kümmern sich um Updates und assistieren bei auftretenden Problemen. Doch gibt es auch kostensparendere Alternativen.

DefinitionBeispiel-
Unternehmen
VorteileNachteile
IT-SystemhäuserBieten fertige IT-Allround-Lösungen inklusive Kauf und Einrichtung von Hard- und Software an. Einige kümmern sich dann auch um Updates und helfen bei IT-Problemen.Bechtle, Computacenter, Heymanns- Alles unter einem Dach: Beschaffen der Hardware, Einrichten der Software, betriebsfertige Lösungen.

- Die großen Anbieter haben oft Standorte in ganz Deutschland und sind auch international gut aufgestellt.
- In der Regel nicht auf die Bedürfnisse von kleinen Handwerksbetrieben spezialisiert.

- Im klassischen Modell kommen Servicehäuser bei Schwierigkeiten erst ins Spiel, wenn das Problem bereits auftritt. Viele bieten mittlerweile aber auch Managed Services an.
Managed-­Services-­Anbieter oder Managed Service Provider (MSP)Bieten wiederkehrende IT-Dienstleistungen. Im Service-Level-Agreement (SLA) wird genau festgehalten, was der Service umfasst. Das SLA ist eine gute Möglichkeit, die Leistungen von MSP zu vergleichen.Pco, Systrade, Kramerundcrew und viele weitere regionale Anbieter- Tragen Verantwortung, dafür, dass alle Systeme funktionieren. Es ist also im Interesse der Anbieter, dass alles so reibungslos wie möglich funktioniert.

- Versuchen Störungen und Ausfälle präventiv zu verhindern.
- Beziehen sich nur auf die vorab genau definierten Teilbereiche der IT.

- Hard- und Software müssen selbst gekauft und eingerichtet werden oder der Dienstleister verdient am Verkauf der Software und Lizenzen mit.

- Wenn Probleme auftreten, die nicht im Paket enthalten sind, kann die Hilfe deutlich mehr kosten.
Public-Cloud-LösungenÖffentliche Cloud-Lösungen, die meist im Standard verfügbar sind. Betriebe selbst müssen keine Server bereitstellen.Microsoft 365, Google Workspace, Open Handwerk, Dropbox, Plancraft- Public-Cloud-Lösungen sind meist einfach zu handhaben und schnell eingerichtet.
- Man muss nur die Anwendung(en) an sich, jedoch keine Betriebssysteme, Server oder Speicher kaufen.
- Sehr standardisiert, kann nicht immer an die Bedürfnisse des eigenen Betriebs angepasst werden.

- Bieten oft nur Insellösungen.