Kolumne "Professioneller Bauablauf" von Andreas Scheibe, 28. Folge VOB: Trotz dreister Vertragsklauseln seitens des Bauherrn ist der Auftragnehmer meist nicht in der Pflicht

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Auftragsabwicklung, Baurecht, Professioneller Bauablauf – Kolumne von Andreas Scheibe und Risikomanagement

Die Entwicklung in der Baubranche ist laut Kolumnist Andreas Scheibe, VOB-Trainer, seit einer ganzen Weile schon sehr bedenklich: Schlechte Planungen, Bauverzögerungen, fehlende Entscheidungen, Chaos an allen Ecken und Enden sowie Streitigkeiten und Mehrkosten in Millionenhöhe. Mit kreativen Klauseln in Bauverträgen versuchten Bauherren zunehmend das Risiko einer mangelhaften Planung – als Folge der eigenen Inkompetenz – auf Handwerker abzuwälzen. Genauer gesagt gehe es um Klauseln in Bauverträgen, die vor Dreistigkeit, aber auch Ahnungslosigkeit geradezu strotzen. In dieser Folge von „Professioneller Bauablauf“ verrät er mehr zur Rechtslage bei Vertragsklauseln.

In der 28. Folge von „Professioneller Bauablauf“ warnt Kolumnist Andreas Scheibe vor Vertragsklauseln und appelliert an das Kennen der eigenen Rechte laut VOB
„Kenne deine Rechte!“, lautet der eindringliche Appell von Kolumnist Andreas Scheibe. In der 28. Folge von „Professioneller Bauablauf“ warnt er vor heimtückischen Vertragsklauseln. - © Jenny Sturm – stock.adobe.com

Es ist schon der Wahnsinn, was ich manchmal so zu lesen bekomme: „Gegen die vereinbarte Vergütung übernimmt der Auftragnehmer alle Leistungen, die erforderlich sind, um das Werk vollständig zu erbringen, selbst wenn sie in den Vertragsunterlagen nicht erwähnt sind.“ Oder anders gesagt: Du, lieber Handwerker, bist die eierlegende Wollmilchsau, die alles für den festen Betrag X tun muss, was eben kommt. Und zwar auch, wenn wir selbst noch nicht genau wissen, was passieren wird. Und wenn du versagst, gibt’s "Zores"!

Der Auftragnehmer in der Pflicht?

Hier noch ein weiteres Beispiel für die Dreistigkeit eines Bauherren: „Es ist Sache des Auftragnehmers, sich rechtzeitig mit den übrigen, auf der Baustelle beschäftigten Firmen, in technischer und terminlicher Hinsicht abzustimmen. Jegliche Kosten für Änderungen oder Mehrkosten, die durch eine mangelhafte Koordination entstehen, gehen zu Lasten des Auftragnehmers.“ Nur kurz zur Aufklärung: Die Koordination der Gewerke ist Pflicht des Bauherren laut VOB-Verträgen!

Die Power des Kleingedruckten

Jetzt mal ehrlich: Welcher Handwerker, der halbwegs bei Verstand ist, unterzeichnet denn bitte solche Verträge? Ich verstehe ja, wenn es Betriebschefs gibt, die eine möglichst hohe Auslastung schaffen wollen. Aber deswegen solch ein schlecht kalkulierbares Risiko eingehen? Und eigentlich sieht die Realität sogar noch viel schlimmer aus: Die Mehrheit aller Handwerker liest sich das Kleingedruckte ja nicht einmal durch, sondern macht einfach seinen Otto drunter – von wegen „Regeln wir schon irgendwie“.

Keine Angst vor Paragrafen

Genau das ist die Wurzel allen Übels. Einfach ab ins Getümmel, ohne Plan, aber mit jeder Menge Selbstvertrauen. Autsch! Bitte lieber Handwerker: Hirn einschalten! Und wer nicht weiß, wie man mit Vertragsklauseln bzw. unwirksamen Komplettheitsklauseln umgeht, der fragt am besten mich. Überhaupt das ganze Thema VOB schreckt die allermeisten Handwerker ab: „Paragrafen – Uff, kapier ich nicht, traue ich mich nicht!“

Die Werkzeuge der VOB

Ich sage es gern immer wieder: Man muss die VOB nicht auswendig können, man muss sie nicht einmal durchgelesen haben. Es gibt viele handliche Werkzeuge, die uns die VOB an die Hand gibt und mit welchen wir VOB-Projekte professionell, aber vor allem auch profitabel abwickeln können. Erst recht in Zeiten mangelhafter Planungen, ahnungsloser Bauherren und Beginnverschiebungen!

Über Autor Andreas Scheibe:
Andreas Scheibe
© Continu-ING GmbH

Andreas Scheibe hat selbst als Planer und Projektleiter in großen Firmen gearbeitet, später den väterlichen Handwerksbetrieb übernommen und umgekrempelt. Seine Erfahrung bezahlte er laut eigener Aussage mit viel „Schweiß und Blut“, aber auch viel Geld. Es entstand die Idee zum „professionellen Bauablauf“!

Mit der Continu-ING GmbH (lücken-im-lv.de) verfolgt er heute als Coach und Mentor eine Mission: Das Handwerk muss wieder für seine Leistung anerkannt und entsprechend vergütet werden. Schluss mit dem „Sozialhandwerker“, der sich nicht zu wehren weiß und auf Kosten sitzen bleibt. Vom Handwerker als Getriebener zum aktiven Projekttreiber. Wichtige Fragen sollen endlich geklärt werden: Was sind meine Rechte, was meine Pflichten? Wie sieht es mit den Pflichten anderer aus? Was kann und muss ich fordern, um störungsfrei arbeiten zu können? Wie gelingt der Sprung vom letzten, missachteten Glied im Bauablauf zu einer Position auf Augenhöhe mit Fachplaner und Auftraggeber? Andreas Scheibe möchte neue Sichtfelder für Handwerker eröffnen.

"Stark im Handwerk – das Buch für Handwerker im VOB-Projektgeschäft"

Im August 2021 ist das erste Buch "Stark im Handwerk" von Andreas Scheibe erschienen. Darin beweist der Experte, dass die in der VOB viel Potenzial und auch viel Geld für Handwerker steckt. Aus der Praxis weiß handwerk-magazin-Kolumnist Scheibe, dass das Bild, welches Auftraggeber, Architekten und Planungsbüros oft vom Handwerker haben, meist kein ruhmreiches ist. Zwar sind die ausführenden Firmen nach deutschen Standards sehr gut ausgebildet und wissen technisch bestens Bescheid, doch von einer Sache hat man Ihnen nichts erzählt: Welche Rechte sie haben! Und auch nicht, dass sie eigentlich und zuallererst auf Augenhöhe mit Auftraggeber und Fachplaner stehen. "Der Handwerker ist zwar der letzte in der Reihenfolge bezogen auf den Bauablauf, aber der letzte Depp ist er noch lange nicht", erklärt Andreas Scheibe.

In diesem Zusammenhang kommt der Autor in seinem Buch sowohl auf die Rechte und Pflichten eines Handwerkers als auch auf die Rechte und Pflichten der anderen Projektbeteiligten zu sprechen. Denn genau diese sind im Detail in der VOB geregelt. Die Formulierungen klingen jedoch oft kompliziert und die Anwendung ist daher auch sehr unbeliebt – zu Unrecht, wie der Autor findet. Das Buch von Andreas Scheibe weckt nicht nur Interesse für das Projektgeschäft, sondern auch für das Durchsetzen von Rechten und Einfordern von Pflichten, sowie den spielerischen Umgang mit Paragrafen. Das Ziel: Handwerk muss wieder Spaß machen, gerecht bezahlt werden und zu alter Stärke zurückfinden.

stark-im-handwerk.de

Neues Buch: "Der professionelle Bauablauf – Das Schritt-für-Schritt System um deine Liquidität nachhaltig zu sichern"

Im August 2023 erschien das bereits dritte Buch von Andreas Scheibe „Der professionelle Bauablauf“. In diesem Buch sind viele Jahre Erfahrung in der Durchführung und auch Beratung von hunderten Handwerksunternehmen eingeflossen. Daraus entstanden ist ein praxiserprobtes und sofort umsetzbares Schritt-für-Schritt System welches mehr Klarheit und Sicherheit im Bauablauf für Handwerker verspricht. In diesem Buch geht es um notwendige Fähigkeiten um standardisierte Ablaufpläne zu erstellen, hochprofitable Nachträge durchzusetzen und berechtigte Forderungen darzulegen, zu begründen und zu verhandeln.

In seinem Buch geht Andreas Scheibe auch auf die 47 häufigsten und teuersten Fehler in VOB-Projekten ein, und wie sich diese verhindern lassen. Am Ende geht es darum, einen standardisierten Schriftverkehr einzuführen und Projekte strukturiert und profitabel abzuwickeln. Und das nach den Spielregeln der VOB.

der-professionelle-bauablauf .de