Kolumne "Professioneller Bauablauf" von Andreas Scheibe, 25. Folge VOB: Wie Architekten und Fachplaner das Handwerk bei der Ausführungsplanung verzweifeln lassen

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Auftragsabwicklung, Baurecht und Professioneller Bauablauf – Kolumne von Andreas Scheibe

Das Thema Ausführungsplanung im Bereich Technische Gebäudeausrüstung scheint die Geister zu scheiden. Im Grunde gibt die VDI 6026 haargenau vor, was die Ausführungsunterlagen (AFU) alles beinhalten müssen. Doch immer wieder kommt es vor, dass man gerade als Handwerker in VOB-Projekten an so manche Grenze stößt. Vom Begriff „Planung“ scheinen gerade die vermeintlichen Spezialisten, also Architekten und Fachplaner, unterschiedlichste Auffassungen zu haben. Kolumnist Andreas Scheibe erklärt in einer neuen Folge “Professionelle Bauablauf“, wie sich planlose und chaotische Situationen auf der Baustelle meistern lassen.

In der 25. Folge "Professioneller Bauablauf" erklärt Kolumnist Andreas Scheibe, was es in Situationen auf der Baustelle zu tun gilt, in denen Handwerker am Verzweifeln sind
Nicht selten bringen die unterschiedlichen Auffassungen von Architekt und Fachplaner Handwerker zum Verzweifeln. Was es in solchen Situationen zu tun gilt? Kolumnist Andreas Scheibe weiß Rat. - © Robert Kneschke – stock.adobe.com

Zugegeben, ich stelle die Situationen, wenn ich von Mr. Planlos (Planer) und Mr. Chaos (Architekt) berichte, immer ein wenig überspitzt dar. Und natürlich will ich keinesfalls behaupten, dass alle Planer planlos und alle Architekten chaotisch sind. Aber viele von denen, die ich bisher so kennengelernt habe – ob persönlich oder durch meine Kunden und deren Projekte – laden durchaus zum Schmunzeln, gleichzeitig aber auch zum Verzweifeln ein.

Was ist da eigentlich los?

Vielleicht ist das folgende Exemplar ein Einzelfall, vielleicht aber auch nicht: Der Architekt, der mit Schlappen und kurzer Hose auf der Baustelle angeschwemmt wird und der mit seinen langen privaten Geschichten die Baustellenbegehung für alle Beteiligten zäh werden lässt. Der aber auch keinerlei Details zum Projekt kennt und erst recht verstummt, wenn ein Handwerker nüchtern aufzählt, was er noch alles braucht, doch nie bekommen hat, obwohl es geschuldet ist. Und dann dreht sich der Auftraggeber schließlich in Richtung des Architekten um und fragt, was da eigentlich los sei.

Wahre Geschichte, aber wie ging sie weiter? Im Anschluss hat sich der Bauherr mit dem Handwerker im Nebenraum kurzgeschlossen und diesen gefragt, wie sie denn sicher zum Ziel kommen würden. In etwa lautete der O-Ton des Auftraggebers wie folgt: „Ich mach meinem Planungsteam Beine, das garantiere ich Ihnen!“

Nur noch ein paar Ergänzungen ...

Eine andere Geschichte zum Thema So-lala-Planung hat mir ein Kunde berichtet: Nachdem er die angeforderten AFU vom Planer erhalten und geprüft zurückgeschickt hatte, kam abends plötzlich ein Anruf. Der Architekt war am Apparat. Bei einem gemütlichen Glas Wein würde er jetzt noch ein paar Ergänzungen in die Planung einfügen. Er wolle nur Bescheid geben, dass er eben das noch schnell erledigt, damit der Bau direkt starten könne. Am nächsten Morgen hatte der Handwerker dann eine Mail mit wilden Kritzeleien im Dokument. Diese waren erstens kaum zu entziffern und zweitens ergaben sie oftmals keinen Sinn. Doch das Highlight war genau ein Satz: „Da sollen noch Leuchten rein – bitte mit dem Elektriker koordinieren“.

Wenn Lachen und Weinen nah beieinander liegen

Wie soll man bei solchen Vorfällen nicht zumindest ein wenig schmunzeln? Natürlich hat sich der Handwerker auch ziemlich veräppelt gefühlt, denn so eine Aktion dürfte man sich als Handwerker keinesfalls erlauben. Unsere Lösung war also, der Handwerker solle die fortgeschriebenen, koordinierten und freigegebenen AFU anfordern. Schließlich sind Planung und Koordinierung grundsätzlich Aufgabe des Planungsteams, insofern nichts anderes schriftlich vereinbart wurde.

Auf der Baustelle ist es wie im Straßenverkehr

Gewissermaßen verhält es sich wie im Straßenverkehr. Einst hat uns die Fahrschule beigebracht zügig zu fahren, damit so der Verkehr fließen kann. Die Botschaft lautet also: Stehe nicht im Weg. Worin wir allerdings nicht geschult wurden: Was macht man, wenn die andere Partei im Weg steht? Wild hupen, alle kirre machen und das am besten direkt um zehn vor acht in der Früh. Dann steigt nicht nur die eigene Herzfrequenz, sondern auch nicht-involvierte Personen bekommen schnell Puls. Natürlich ist das nicht die Lösung! Auch während eines Projekts hilft es nicht mit kruden Hetz-E-Mails das Projektklima zu verpesten.

Richtig Kommunizieren will gelernt sein

Was aber hilft, ist klar und besonnen Zuständigkeiten und Fehler offenzulegen und zwar mit der richtigen Ansprache beim richtigen Ansprechpartner. Ja, das ist nicht leicht und die meisten, mit denen ich zusammenarbeite, haben dahingehend kein Fingerspitzengefühl. Ich sage: Das kann man lernen. Alles in allem kann man so ausgleichen, was Handwerker sonst nirgends beigebracht bekommen: Wie man mit der VOB professionell ein Projekt zum Erfolg führt – und zwar stressfrei und vor allem mit einem angemessenen Ertrag.

Über Autor Andreas Scheibe:
Andreas Scheibe
© Continu-ING GmbH

Andreas Scheibe hat selbst als Planer und Projektleiter in großen Firmen gearbeitet, später den väterlichen Handwerksbetrieb übernommen und umgekrempelt. Seine Erfahrung bezahlte er laut eigener Aussage mit viel „Schweiß und Blut“, aber auch viel Geld. Es entstand die Idee zum „professionellen Bauablauf“!

Mit der Continu-ING GmbH (lücken-im-lv.de) verfolgt er heute als Coach und Mentor eine Mission: Das Handwerk muss wieder für seine Leistung anerkannt und entsprechend vergütet werden. Schluss mit dem „Sozialhandwerker“, der sich nicht zu wehren weiß und auf Kosten sitzen bleibt. Vom Handwerker als Getriebener zum aktiven Projekttreiber. Wichtige Fragen sollen endlich geklärt werden: Was sind meine Rechte, was meine Pflichten? Wie sieht es mit den Pflichten anderer aus? Was kann und muss ich fordern, um störungsfrei arbeiten zu können? Wie gelingt der Sprung vom letzten, missachteten Glied im Bauablauf zu einer Position auf Augenhöhe mit Fachplaner und Auftraggeber? Andreas Scheibe möchte neue Sichtfelder für Handwerker eröffnen.

"Stark im Handwerk – das Buch für Handwerker im VOB-Projektgeschäft"

Im August 2021 ist das erste Buch "Stark im Handwerk" von Andreas Scheibe erschienen. Darin beweist der Experte, dass die in der VOB viel Potenzial und auch viel Geld für Handwerker steckt. Aus der Praxis weiß handwerk-magazin-Kolumnist Scheibe, dass das Bild, welches Auftraggeber, Architekten und Planungsbüros oft vom Handwerker haben, meist kein ruhmreiches ist. Zwar sind die ausführenden Firmen nach deutschen Standards sehr gut ausgebildet und wissen technisch bestens Bescheid, doch von einer Sache hat man Ihnen nichts erzählt: Welche Rechte sie haben! Und auch nicht, dass sie eigentlich und zuallererst auf Augenhöhe mit Auftraggeber und Fachplaner stehen. "Der Handwerker ist zwar der letzte in der Reihenfolge bezogen auf den Bauablauf, aber der letzte Depp ist er noch lange nicht", erklärt Andreas Scheibe.

In diesem Zusammenhang kommt der Autor in seinem Buch sowohl auf die Rechte und Pflichten eines Handwerkers als auch auf die Rechte und Pflichten der anderen Projektbeteiligten zu sprechen. Denn genau diese sind im Detail in der VOB geregelt. Die Formulierungen klingen jedoch oft kompliziert und die Anwendung ist daher auch sehr unbeliebt – zu Unrecht, wie der Autor findet. Das Buch von Andreas Scheibe weckt nicht nur Interesse für das Projektgeschäft, sondern auch für das Durchsetzen von Rechten und Einfordern von Pflichten, sowie den spielerischen Umgang mit Paragrafen. Das Ziel: Handwerk muss wieder Spaß machen, gerecht bezahlt werden und zu alter Stärke zurückfinden.

stark-im-handwerk.de

Neues Buch: "Der professionelle Bauablauf – Das Schritt-für-Schritt System um deine Liquidität nachhaltig zu sichern"

Im August 2023 erschien das bereits dritte Buch von Andreas Scheibe „Der professionelle Bauablauf“. In diesem Buch sind viele Jahre Erfahrung in der Durchführung und auch Beratung von hunderten Handwerksunternehmen eingeflossen. Daraus entstanden ist ein praxiserprobtes und sofort umsetzbares Schritt-für-Schritt System welches mehr Klarheit und Sicherheit im Bauablauf für Handwerker verspricht. In diesem Buch geht es um notwendige Fähigkeiten um standardisierte Ablaufpläne zu erstellen, hochprofitable Nachträge durchzusetzen und berechtigte Forderungen darzulegen, zu begründen und zu verhandeln.

In seinem Buch geht Andreas Scheibe auch auf die 47 häufigsten und teuersten Fehler in VOB-Projekten ein, und wie sich diese verhindern lassen. Am Ende geht es darum, einen standardisierten Schriftverkehr einzuführen und Projekte strukturiert und profitabel abzuwickeln. Und das nach den Spielregeln der VOB.

der-professionelle-bauablauf .de