Kolumne "Professioneller Bauablauf" von Andreas Scheibe, 20. Folge VOB: Am Chaos durch Preissteigerungen und Fachkräftemangel sind die Betriebe selbst Schuld!

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Auftragsabwicklung, Fachkräftemangel und Professioneller Bauablauf – Kolumne von Andreas Scheibe

Der Großteil aller Handwerksbetriebe blickt auf eine lange Firmengeschichte zurück – inklusive sämtlicher Höhen undTiefen. Zuletzt allerdings häuften sich die Tiefen: Fachkräftemangel, Pandemiejahre sowie der Krieg in der Ukraine mit all seinen Folgen dominieren nahezu jeden Alltag. Schlechte Zeiten für den bevorstehenden Generationenwechsel in vielen Betrieben. Die Jungen starten in chaotische Zustände, resümiert Kolumnist Andreas Scheibe. Diese hätten auf verschiedene Weise verhindert werden können – und zwar von den Handwerkern selbst! Mehr dazu lesen Sie in einer neuen Folge von "Professioneller Bauablauf".

Kolumnist Andreas Scheibe berichtet in der aktuellen Folge "Professioneller Bauablauf" von vermeidbaren Krisen in Handwerksbetrieben
So manches Chaos im Handwerksbetrieb hätte durchaus verhindert werden können, meint Kolumnist Andreas Scheibe. In einer neuen Folge von "Professioneller Bauablauf" erklärt er warum. - © Robert Kneschke – stock.adobe.com

Chaos in den Betrieben? Richten wir zur Erklärung unseren Blick auf den viel beschimpften Fachkräftemangel, denn anhand dessen lässt sich die Situation relativ einfach analysieren: Es mangelt nicht an Fachkräften, sondern vielmehr an der Anziehungskraft der Betriebe. Es gibt genügend Leute da draußen, aber die lassen sich eben nicht mehr so leicht locken und rekrutieren wie früher einmal.

Wer als Handwerker heute beispielsweise keine vernünftige Website für einen professionellen und sympathischen Auftritt im Netz vorweisen kann, hat ganz klar schlechtere Karten gutes, neues Personal zu finden. Gerade gegenüber dem, der über eine solche Online-Präsenz verfügt! Wer sich um so etwas nicht kümmert, ist selbst schuld!

Strategien und Lösungen erkennen und anwenden können

Sehen wir uns zudem mal die Folgen des Ukraine-Kriegs an: Preissteigerungen ohne Ende. Innerhalb weniger Wochen und Monate sind die Einkaufspreise in diesem Jahr um ein Vielfaches gestiegen. Da haben die meisten Handwerker ziemlich blöd aus der Wäsche geschaut – bei eigentlich bereits auskömmlich kalkulierten Aufträgen. Plötzlich ging der Ertrag flöten, weil sie dachten, man müsse die Preissteigerungen alleine stemmen. Fehlanzeige!

Die gestiegenen Einkaufspreise kann man heute – besser denn je – gut an den Auftraggeber weiterreichen. Und das ohne dabei Groll und Zwietracht zu säen. Richtig kommuniziert und rechtlich (mittels VOB und BGB) untermauert, verstehen Bauherren sehr gut, in welcher Klemme nicht nur der Handwerker, sondern das ganze Projekt steckt. Aber wer nicht erkennt, dass es so etwas wie Preisgleitung als auch andere Strategien und Lösungen für diese Teilkrise gibt und wer diese dann auch nicht anwenden will, der ist am Ende eben selbst schuld.

Innerbetriebliches Prozessdurcheinander vermeiden

Anderes Beispiel: Woran sind Handwerker noch selbst schuld? An innerbetrieblichem Prozessdurcheinander. Vieles, das bisher per Zettelwirtschaft gehandhabt wurde – wie etwa die Rechnungsstellung – geht heute ganz leicht via App. Sogar fast der gesamte Projektablauf wird mittlerweile von vielen digitalen Lösungen aufgefangen. Die Fehlerquote, die ja in den meisten Fällen vom Menschen selbst ausgelöst wird, sinkt. Gleichermaßen werden dann auch mehr Kapazitäten frei für neue Aufgaben.

Erfahrungswerte richtig nutzen

Und wer über Digitalisierung nachdenkt, denkt auch bald über neue Arbeitsweisen und Strukturen nach. Und auch wie man diese gleich noch mit optimieren kann. „Ist mein Team ausreichend instruiert? Sind die Mitarbeiter zielgerichtet auf Ihre Aufgaben eingeschworen? Und nutze ich das komplette Potenzial meiner Firma effizient genug oder schaffe ich stattdessen Leerlauf und verliere dadurch Geld und somit auch die Lust an meinem Job?“ Zwar sind 30-40 Jahre Erfahrung im eigenen Berufsfeld eine schöne Sache, aber eben auch nichts wert, wenn das lediglich bedeutet: Wir nutzen unser Wissen von damals. Erfahrungen sind erst dann goldwert, wenn sie durch eine Art Resilienz entstanden sind. Also eben dadurch, dass man Schwierigkeiten erkannt hat, sie durchlebt und an ihnen gewachsen ist.

Aus dem Krisenjahr 2022 ins Vollgasjahr 2023

Es nützt nichts und niemandem, wenn behauptet wird, dass der Fachkräftemangel Schuld an der eigenen Krise habe. Oder aber, dass die Preissteigerungen das eigene Geschäft ruinieren oder sogar, dass das System, das immer schon funktioniert hat, zwangsläufig auch das Beste sei. „Never change a running system“, also verändere niemals ein laufendes System, ist Quatsch angesichts der Tatsache, dass sich die Umgebung in welcher das System laufen soll, schon lange geändert hat und auch weiter ändern wird.

Wenn Ihr Unternehmen in diesem Jahr schon Schwierigkeiten hatte, dann wird das sicherlich im kommenden Jahr nicht durch Zauberhand automatisch besser sein. Es bleibt nur eine Möglichkeit: Spucken Sie in die Hände und ändern Sie Ihr System! Den passenden Input hierfür können Sie in meinen beiden Büchern nachlesen: „Stark im Handwerk“ und „Starke Obermonteure“. Auch auf meinem Youtube-Kanal finden Sie einige Videos zum Thema. In diesem Sinne: Einen guten Rutsch raus aus dem Krisenjahr 2022 und rein in das Vollgasjahr 2023!

Über Autor Andreas Scheibe:
Andreas Scheibe
© Continu-ING GmbH

Andreas Scheibe hat selbst als Planer und Projektleiter in großen Firmen gearbeitet, später den väterlichen Handwerksbetrieb übernommen und umgekrempelt. Seine Erfahrung bezahlte er laut eigener Aussage mit viel „Schweiß und Blut“, aber auch viel Geld. Es entstand die Idee zum „professionellen Bauablauf“!

Mit der Continu-ING GmbH (lücken-im-lv.de) verfolgt er heute als Coach und Mentor eine Mission: Das Handwerk muss wieder für seine Leistung anerkannt und entsprechend vergütet werden. Schluss mit dem „Sozialhandwerker“, der sich nicht zu wehren weiß und auf Kosten sitzen bleibt. Vom Handwerker als Getriebener zum aktiven Projekttreiber. Wichtige Fragen sollen endlich geklärt werden: Was sind meine Rechte, was meine Pflichten? Wie sieht es mit den Pflichten anderer aus? Was kann und muss ich fordern, um störungsfrei arbeiten zu können? Wie gelingt der Sprung vom letzten, missachteten Glied im Bauablauf zu einer Position auf Augenhöhe mit Fachplaner und Auftraggeber? Andreas Scheibe möchte neue Sichtfelder für Handwerker eröffnen.

"Stark im Handwerk – das Buch für Handwerker im VOB-Projektgeschäft"

Im August 2021 ist das erste Buch "Stark im Handwerk" von Andreas Scheibe erschienen. Darin beweist der Experte, dass die in der VOB viel Potenzial und auch viel Geld für Handwerker steckt. Aus der Praxis weiß handwerk-magazin-Kolumnist Scheibe, dass das Bild, welches Auftraggeber, Architekten und Planungsbüros oft vom Handwerker haben, meist kein ruhmreiches ist. Zwar sind die ausführenden Firmen nach deutschen Standards sehr gut ausgebildet und wissen technisch bestens Bescheid, doch von einer Sache hat man Ihnen nichts erzählt: Welche Rechte sie haben! Und auch nicht, dass sie eigentlich und zuallererst auf Augenhöhe mit Auftraggeber und Fachplaner stehen. "Der Handwerker ist zwar der letzte in der Reihenfolge bezogen auf den Bauablauf, aber der letzte Depp ist er noch lange nicht", erklärt Andreas Scheibe.

In diesem Zusammenhang kommt der Autor in seinem Buch sowohl auf die Rechte und Pflichten eines Handwerkers als auch auf die Rechte und Pflichten der anderen Projektbeteiligten zu sprechen. Denn genau diese sind im Detail in der VOB geregelt. Die Formulierungen klingen jedoch oft kompliziert und die Anwendung ist daher auch sehr unbeliebt – zu Unrecht, wie der Autor findet. Das Buch von Andreas Scheibe weckt nicht nur Interesse für das Projektgeschäft, sondern auch für das Durchsetzen von Rechten und Einfordern von Pflichten, sowie den spielerischen Umgang mit Paragrafen. Das Ziel: Handwerk muss wieder Spaß machen, gerecht bezahlt werden und zu alter Stärke zurückfinden.

stark-im-handwerk.de

Neues Buch: "Der professionelle Bauablauf – Das Schritt-für-Schritt System um deine Liquidität nachhaltig zu sichern"

Im August 2023 erschien das bereits dritte Buch von Andreas Scheibe „Der professionelle Bauablauf“. In diesem Buch sind viele Jahre Erfahrung in der Durchführung und auch Beratung von hunderten Handwerksunternehmen eingeflossen. Daraus entstanden ist ein praxiserprobtes und sofort umsetzbares Schritt-für-Schritt System welches mehr Klarheit und Sicherheit im Bauablauf für Handwerker verspricht. In diesem Buch geht es um notwendige Fähigkeiten um standardisierte Ablaufpläne zu erstellen, hochprofitable Nachträge durchzusetzen und berechtigte Forderungen darzulegen, zu begründen und zu verhandeln.

In seinem Buch geht Andreas Scheibe auch auf die 47 häufigsten und teuersten Fehler in VOB-Projekten ein, und wie sich diese verhindern lassen. Am Ende geht es darum, einen standardisierten Schriftverkehr einzuführen und Projekte strukturiert und profitabel abzuwickeln. Und das nach den Spielregeln der VOB.

der-professionelle-bauablauf .de