Kolumne "Professioneller Bauablauf" von Andreas Scheibe, 13. Folge VOB hilft nicht? 3 Methoden, um Preissteigerungen aufzufangen

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Auftragsabwicklung, Baurecht, Baustoffe und Professioneller Bauablauf – Kolumne von Andreas Scheibe

Die Baubranche steht unter Druck: Fachkräftemangel ist das eine Joch, Corona das nächste. Die Preissteigerungen, die der Ukraine-Krieg jedoch derzeit mit sich bringt, sind aber die eine Schippe zu viel für zahlreiche Handwerksfirmen. Teuerungen von 20 bis 30 Prozent sind keine Seltenheit mehr. Wie das Ganze jetzt auffangen oder weitergeben? Eine große Frage, für die Kolumnist Andreas Scheibe gleich drei Lösungen parat hat – und zwar in einer neuen Folge von „Professioneller Bauablauf“.

Kolumnist Andreas Scheibe erklärt in der 13. Folge von “Professioneller Bauablauf“, welche drei Methoden es gibt, um die aktuellen Preissteigerungen aufzufangen
In der 13. Folge von „Professioneller Bauablauf“ erklärt Kolumnist Andreas Scheibe drei Methoden, um Preissteigerungen aufzufangen. - © blende11.photo – stock.adobe.com

Zu allererst sollten Handwerker verstehen, dass sie nicht gezwungen sind, die Kostensteigerung allein zu stemmen. Es gibt Möglichkeiten solche mitunter existenzbedrohenden Preissteigerungen gegenüber dem Auftraggeber durchzuboxen. Nur leider finden wir dazu keinen direkten Lösungsansatz in unserer Lieblingslektüre, der VOB. Daher müssen wir die Sache anders betrachten. Und zwar wie folgt: Es gibt 3 Methoden Preissteigerungen aufzufangen.

1. Annahmeverzug herstellen, Schadenersatzforderung sicherstellen

Wir haben einen Vertrag mit einem offiziellen Termin für den Baubeginn, der allerdings so nicht eingehalten werden kann, obwohl der Handwerker leistungsbereit wäre. Der Rohbau ist demnach nicht fertig, die Ausführungspläne liegen nicht vollständig und mangelfrei vor, etc. Ein wichtiger erster Schritt in so einer Situation ist es eine Behinderungsanzeige und Anzeige zur Leistungsbereitschaft nach Vorgaben der Rechtsprechung an den Bauherrn zu schicken. Jetzt haben wir einen sogenannten Annahmeverzug hergestellt, der uns im späteren Verlauf eine Schadenersatzforderung sicherstellt. Denn: Auf Grund, dass der Ausführende jetzt nicht anfangen, also bestellen kann, entsteht ihm durch die folgenden Preissteigerungen ein Schaden. Später bestellen bedeutet in diesem Fall einen höheren Einkaufspreis. Wie man das alles nachweist und durchsetzt, ist die hohe Kunst des Nachtrag-Managements, die gar nicht mal so schwer zu erlernen ist.

2. Unterbrechungen zur Anzeige bringen

Die Arbeiten müssen unterbrochen werden, weil zum Beispiel ein Vorgewerk kein Material mehr geliefert bekommt oder ganz einfach nicht schnell genug ist. Auch diese Unterbrechung muss entsprechend von uns angezeigt werden. Nun gilt dasselbe wie im ersten Fall: Wenn man jetzt bestellen müsste, aber nicht kann, sondern verschieben muss und dann die Preissteigerung dazwischenfunkt, kann man diesen Schaden entsprechend geltend machen.

3. Anzeige am Stichtag des formalen Vertragsendes stellen

Ein ebenfalls sehr häufiges Muster von Baustellen ist, dass sie nicht rechtzeitig fertig werden. Will heißen, es wird noch nach Vertragsende „herumgebaut“. Was ist in diesem Fall zu tun? Wieder gilt es eine Anzeige zu stellen und zwar am Stichtag des formalen Vertragsendes. Wenn der Handwerker genau jetzt ein Aufmaß macht, kann er Leistungen ganz klar abgrenzen. So lässt sich ein Restauftragsvolumen in Einheitspreisen erkennen. Und da hätten wir es wieder: Erneut können Sie nicht nach Vertragszeitraum bestellen und haben dadurch denselben Anspruch auf Schadenersatz. Grundsätzlich gilt: Wenn sich der Vertrag also das Bausoll verändert, stehen uns auch neue Preise zu.

Sonderfall: Wegfall der Geschäftsgrundlage

Neben den oben genannten Fällen gibt es außerdem noch den Sonderfall des sogenannten Wegfalls der Geschäftsgrundlage, der ebenfalls als valides Werkzeug zum Auffangen von Preissteigerungen dient. Und das Schöne bei den genannten Möglichkeiten ist, dass sie auch ohne Rechtsbeistand funktionieren. Alles was Handwerker brauchen, sind die richtigen Vorlagen bzw. Unterlagen und einen geschärften Blick für Ihre tatsächlichen Probleme sowie die dazugehörigen Lösungen. Infos dazu finden Sie auch unter continu-ing.com

Über Autor Andreas Scheibe:
Andreas Scheibe
© Continu-ING GmbH

Andreas Scheibe hat selbst als Planer und Projektleiter in großen Firmen gearbeitet, später den väterlichen Handwerksbetrieb übernommen und umgekrempelt. Seine Erfahrung bezahlte er laut eigener Aussage mit viel „Schweiß und Blut“, aber auch viel Geld. Es entstand die Idee zum „professionellen Bauablauf“!

Mit der Continu-ING GmbH (lücken-im-lv.de) verfolgt er heute als Coach und Mentor eine Mission: Das Handwerk muss wieder für seine Leistung anerkannt und entsprechend vergütet werden. Schluss mit dem „Sozialhandwerker“, der sich nicht zu wehren weiß und auf Kosten sitzen bleibt. Vom Handwerker als Getriebener zum aktiven Projekttreiber. Wichtige Fragen sollen endlich geklärt werden: Was sind meine Rechte, was meine Pflichten? Wie sieht es mit den Pflichten anderer aus? Was kann und muss ich fordern, um störungsfrei arbeiten zu können? Wie gelingt der Sprung vom letzten, missachteten Glied im Bauablauf zu einer Position auf Augenhöhe mit Fachplaner und Auftraggeber? Andreas Scheibe möchte neue Sichtfelder für Handwerker eröffnen.

"Stark im Handwerk – das Buch für Handwerker im VOB-Projektgeschäft"

Im August 2021 ist das erste Buch "Stark im Handwerk" von Andreas Scheibe erschienen. Darin beweist der Experte, dass die in der VOB viel Potenzial und auch viel Geld für Handwerker steckt. Aus der Praxis weiß handwerk-magazin-Kolumnist Scheibe, dass das Bild, welches Auftraggeber, Architekten und Planungsbüros oft vom Handwerker haben, meist kein ruhmreiches ist. Zwar sind die ausführenden Firmen nach deutschen Standards sehr gut ausgebildet und wissen technisch bestens Bescheid, doch von einer Sache hat man Ihnen nichts erzählt: Welche Rechte sie haben! Und auch nicht, dass sie eigentlich und zuallererst auf Augenhöhe mit Auftraggeber und Fachplaner stehen. "Der Handwerker ist zwar der letzte in der Reihenfolge bezogen auf den Bauablauf, aber der letzte Depp ist er noch lange nicht", erklärt Andreas Scheibe.

In diesem Zusammenhang kommt der Autor in seinem Buch sowohl auf die Rechte und Pflichten eines Handwerkers als auch auf die Rechte und Pflichten der anderen Projektbeteiligten zu sprechen. Denn genau diese sind im Detail in der VOB geregelt. Die Formulierungen klingen jedoch oft kompliziert und die Anwendung ist daher auch sehr unbeliebt – zu Unrecht, wie der Autor findet. Das Buch von Andreas Scheibe weckt nicht nur Interesse für das Projektgeschäft, sondern auch für das Durchsetzen von Rechten und Einfordern von Pflichten, sowie den spielerischen Umgang mit Paragrafen. Das Ziel: Handwerk muss wieder Spaß machen, gerecht bezahlt werden und zu alter Stärke zurückfinden.

stark-im-handwerk.de

Neues Buch: "Der professionelle Bauablauf – Das Schritt-für-Schritt System um deine Liquidität nachhaltig zu sichern"

Im August 2023 erschien das bereits dritte Buch von Andreas Scheibe „Der professionelle Bauablauf“. In diesem Buch sind viele Jahre Erfahrung in der Durchführung und auch Beratung von hunderten Handwerksunternehmen eingeflossen. Daraus entstanden ist ein praxiserprobtes und sofort umsetzbares Schritt-für-Schritt System welches mehr Klarheit und Sicherheit im Bauablauf für Handwerker verspricht. In diesem Buch geht es um notwendige Fähigkeiten um standardisierte Ablaufpläne zu erstellen, hochprofitable Nachträge durchzusetzen und berechtigte Forderungen darzulegen, zu begründen und zu verhandeln.

In seinem Buch geht Andreas Scheibe auch auf die 47 häufigsten und teuersten Fehler in VOB-Projekten ein, und wie sich diese verhindern lassen. Am Ende geht es darum, einen standardisierten Schriftverkehr einzuführen und Projekte strukturiert und profitabel abzuwickeln. Und das nach den Spielregeln der VOB.

der-professionelle-bauablauf .de