Interview mit Thomas Unger Sortimo-Jubiläum: "In 50 Jahren von nur einem Koffer zu mehr als 10.000 Artikeln"

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Fahrzeugeinrichtung, Firmenjubiläum und Fuhrpark

Ordnung ist das halbe Leben? Bei ­Sortimo sogar noch viel mehr. Und dies seit 50 ­Jahren. 600 geladene Gäste ­trafen zum Goldjubiläum ein. Ein Blick ­zurück und nach vorne.

Thomas Unger, ­Leiter Vertrieb und Marketing bei Sortimo
Thomas Unger, ­Leiter Vertrieb und Marketing bei Sortimo. - © Sortimo
handwerk magazin: 50 Jahre Sortimo – was sind die Höhepunkte?

Thomas Unger: Da gibt es viele. Der Höhepunkt an sich ist, wie unser Produktprogramm in 50 Jahren gewachsen ist. Vom Koffer zu einem Produktspektrum mit mehr als 10.000 Artikeln. Und alles passt zueinander. Das ist die Geschichte, die Sortimo als Ganzes ausmacht.

Zwei Systeme stehen nebeneinander, Globelyst und SR5 – welches nehmen?

Das hängt vom Einsatzzweck ab. Wir haben mit SR5 im Jahr 2018 ein System vorgestellt, mit dem wir die Raumausnutzung in kompakten Fahrzeugen optimieren und damit die Produktivität nochmals erhöhen. Auch im Vorgriff auf Elektromobilität mit aerodynamischeren und somit runderen Karosserien. Mit Globelyst bedienen wir den klassischen Kunden mit Regalsystem und Werkbank im Fahrzeug.

Stichwort Mobilität von morgen: Wie fährt der Handwerker künftig zum Kunden, mit Lastenrad oder Transporter?

Es kommt darauf an, wo er unterwegs ist. Aber der Weg wird nicht am Transporter vorbeigehen, auch wenn er vielleicht kleiner wird. Der Handwerker benötigt seine Werkzeuge, selbst wenn bei großen Baustellen Vieles direkt geliefert wird. Monteure haben immer noch so viel Handwerkszeug und Ersatzteile, die nicht in die Kiste eines Lastenrads hineinpassen. Es gibt jedoch im innerstädtischen Bereich für größere Betriebe durchaus Nutzungsmöglichkeiten für zwei, drei Lastenräder im Fuhrpark. Unser Ziel: Wir müssen den Raum optimieren und aus kleinen Fahrzeugen das Maximale herausholen.

Sind Racks für Transporter von Paketdiensten ein weiteres Standbein?

Definitiv. Neben Service und Handwerk sind KEP-Dienste die zweite große Branche für gewerbliche Nutzfahrzeuge. Das passt zu unserer Infrastruktur, weil wir mit unseren Flottencentern auch große Stückzahlen wie zum Beispiel Amazon abbilden können.

Zum Geburtstag darf man Wünsche äußern, was wünscht sich Sortimo?

Wir arbeiten mit aller Kraft am Thema Energiewende und nachhaltigen Mobilitätskonzepten. Unser Wunsch ist, dies gemeinsam mit unseren Kunden und der Automobilindustrie voranzutreiben. Da müssen alle mitziehen, das wünschen wir uns.

Thomas Unger: "Von nur einem Koffer zu mehr als 10.000 Artikeln"

So ging’s los: Sortimo-Metallkoffer der ersten Generation von 1973.

So ging’s los: Sortimo-Metallkoffer der ersten Generation von 1973.
© Randolf Unruh

So sieht‘s aktuell aus: Sortimo-Flotte im spektakulären Ladepark, genannt Sortimo-Innovationszentrum.

So sieht‘s aktuell aus: Sortimo-Flotte im spektakulären Ladepark, genannt Sortimo-Innovationszentrum.
© Randolf Unruh

Fahrzeugeinrichtung: Experten für Effizienz

Hier ein Stahlblechkoffer der ersten Generation mit patentierter Verriegelung und Kunststoff­einsätzen. Dort das noch taufrische Proclick-System für Gürtel, Werkzeugtasche oder Koffer – Verzeihung: L-Boxx in Sortimo-Sprache. Hier der 1973er-VW Bulli mit stählerner Einrichtung FE1. Dort der VW ID. Buzz Cargo mit dem leichten Einbausystem SR5A. Es schmiegt sich an die Wände und umfasst eine Fülle von Koffern, „Boxxen“, Taschen und Ladungssicherungen. Von 37 kW/50 PS des kultigen Verbrenners auf 150 kW/204 PS des abgasfreien E-Transporters – das steht sinnbildlich für Sortimo-Dynamik.

Chefetage: Die Sortimo-Geschäftsführer Klaus Emler und Reinhold Braun (rechts).
Chefetage: Die Sortimo-Geschäftsführer Klaus Emler und Reinhold Braun (rechts). - © Sortimo

Für sie ist Sortimo-Chef Reinhold Braun bekannt, gelernter Schlosser, studierter Maschinenbauer mit Schwerpunkt Fertigungstechnik, seit 30 Jahren Geschäftsführender Gesellschafter von Sortimo. Ein Vorzeige-Mittelständler mit rund 1.200 Beschäftigten. Geboren und verwurzelt am Firmensitz in Zusmarshausen, im bayerischen Schwaben. Braun: „Der Schwabe ist bekannt für Effizienz. Das gilt vielfach als Sparsamkeit, doch das ist falsch, es geht um Effizienz.“ Und weil Braun um große Worte nicht verlegen ist, fügt er an: „Wir sind die Experten für Effizienz.“ Das zeigt sich auch an Kooperationen, ob mit Fahrzeugherstellern wie Mercedes-Benz im Rahmen von Einrechnungsfahrzeugen über Van Solution, mit Werkzeug­anbietern wie Bosch Professional (BS Systems) oder Berner, dem Hersteller von Chemieprodukten.

Zukunft gestalten

Der sentimentale Blick zurück ist nicht die Sache von Braun und Sortimo. Prompt spiegeln sich die Themen Effizienz und Mobilität bei der Auswahl der Referenten wider, die Sortimo zur Jubiläumsveranstaltung für seine Kunden geladen hatte. Ein Flottenspezialist aus dem eigenen Haus präsentiert eine Rechnung, laut der Betriebe im Schnitt eine halbe Stunde pro Monteur und Tag sparen, wenn Mitarbeiter gut vorbereitet zum Kunden fahren und ihren Job in einem Rutsch erledigen. Das ist bares Geld, wirkt dem Fachkräftemangel entgegen und vermeidet Ärger. Ein Effizienzproblem sind durchschnittlich 21 Krankheitstage pro Mitarbeiter und Jahr im Handwerk. Hauptursache: Muskel- und Skeletterkrankungen. Sortimo hat durchaus Ideen, manche Schlepperei zu erleichtern.

Und die E-Mobilität? Der Fuhrparkchef des Autowaschanlagen-Herstellers Washtec hat unter anderem ein Lademanagement für die Fahr­zeuge der Mitarbeiter eingeführt. „Langsteher“ im Betrieb werden tagsüber gemächlich und somit kostengünstig geladen. Monteuren mit eigener Immobilie kauft und installiert das Unternehmen eine Wallbox, verbunden mit Eigentumsübergang und Abrechnung. Bordsteinparker unter den Servicetechnikern laden mit mobilen Geräten beim Kunden – der Strom wird abgerechnet, versteht sich. Die Szenarien der Mobilitätsberaterin der IHK Schwaben machen nachdenklich: zunehmender Verkehr, Energiewende.

An Lösungen arbeitet das Institut für Artificial Intelligence der Technischen Hochschule Ingolstadt. Autonomes Fahren, Flugtaxis, Drohnen, das ist im Wortsinn eine große Flughöhe. Bereits vor der Umsetzung steht der Medikamententransport per Drohne zwischen Kliniken. Fliegt künftig fehlendes Material zur Baustelle?

Zurück auf die Erde geht es mit dem Horror­kabinett des Markus Mertens, Polizist aus Köln und Kenner des Themas Ladungssicherung, weiter. Was er bei Kontrollen entdeckt und dokumentiert hat – da könnte sich für die Sortimo-Chefetage die Sinnfrage stellen. Mertens’ Warnung: Wer den Transporter heftig überlädt und in eine Rumpelkammer verwandelt, lebt nicht nur gefährlich, sondern muss mit Bußgeld rechnen. Ab 200 Euro auch mit einem Eintrag ins Gewerbezentralregister, dem polizeilichen Führungszeugnis für Unternehmen.

Ordnung im Transporter ist also mehr als das halbe Leben. Wie es funktioniert, zeigt Sortimo im spektakulären, hauseigenen Innovationszentrum, Europas größtem Ladepark. Rund ein Dutzend Fahrzeuge – ein großer Teil elektrisch angetrieben – präsentieren die ganze Bandbreite der Einrichtung SR5A, aber auch des Klassikers Globelyst und das Flex-Rack für die Amazon-Transporter. Gern demonstrieren die Sortimo-Experten, was und wie sich bei ihren Einrichtungen und „Boxxen“ ­alles zusammenfügt. Vieles scheint dauerhafter als die Haltbarkeit manch menschlicher Verbindung.

Menschliche Intelligenz nutzen

Das „perfekte Eco-System“, so Vertriebsleiter Thomas Unger, führt zu engagierten Diskussionen unter den Gästen. Reinhold Braun wird’s recht sein: „Wir müssen ganz eng zusammenarbeiten mit unseren Kunden und schauen, wo sie hinwollen.“

Wichtig: „Neben der KI, der künstlichen Intelligenz, auch die MI nutzen, die menschliche Intelligenz.“ Aktuelle Kassandra-Rufe zum Zustand der Wirtschaft wischt der Antreiber und Visionär beiseite: „Die Zukunft muss besser werden als die Gegenwart, das werden wir schaffen.“