Standortcheck Erfolgskriterien: So erkennen Sie, ob Sie an Ihrem Standort auch künftig Geschäft machen

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Fachkräftemangel, Kalkulation, Kundenbindung, Standortwahl und Wachstum

Wie zukunftsfähig ist eigentlich der Standort Ihres Unternehmens? Diese Frage können viele Handwerksunternehmer nicht mal eben aus dem Stehgreif beantworten. Hier finden Sie die Kriterien, ob Ihr Standort auch morgen noch gut zu Ihren Plänen passt.

Standort
Immer Ausschau halten: In Sachen Standortfaktoren gibt es harte sowie weiche Kriterien. Bevor Sie sich auf einen Ort für Ihren Betrieb festlegen, immer erst diese Faktoren kritisch prüfen! - © grafikplusfoto - Fotolia.com

Was heißt das überhaupt: Zukunftsfähig? Reicht es schon aus, wenn im Dorf ein Glasfaser-Kabel liegt, damit der Digitalisierung des Betriebs nichts im Weg steht? Geht es darum, wie viele junge Leute noch in der Region wohnen und in Zukunft als Azubis, Gesellen und natürlich auch als Kunden zur Verfügung stehen? Oder ist es wichtiger, ob viele Konkurrenten mitmischen auf dem Markt? Oder wie sich die Mieten für Firmenimmobilien in der Stadt entwickeln?

Standortfaktoren: Die Theorie

Um all diese Faktoren geht es, wenn man wissen will, wie es um die Zukunftsaussichten am Firmenstandort bestellt ist. Doch es gibt noch einige mehr. Laut Lehrbuch sollten Unternehmer nach sogenannten harten und weichen Standortfaktoren entscheiden, ob ein Standort zeitgemäß und zukunftsfähig ist – sei es der neu gegründete Firmenstandort, die neue Zweigstelle oder auch der traditionsreiche, seit Generationen geführte Firmenstammsitz.

Die harten Kriterien

  • steuerliche Vor- und Nachteile
  • Zugang zu Fördermitteln
  • Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln und Autobahnanschluss
  • Gute Kommunikationsinfrastruktur (Breitbandanbindung, Mobilfunknetz)
  • Fläche: Genug Platz für Produktion, Laden, Anlieferung
  • die Nähe zu Kunden und Geschäftspartnern
  • Konkurrenzsituation
  • Zugang zu Fachkräften
  • Immobilienpreise und Mietkosten für Gewerbe

Die weichen Standortfaktoren

  • Personenbezogene Faktoren:
    Was hat der Ort potenziellen Mitarbeitern, Kunden und Geschäftspartnern zu bieten? Ist der Standort attraktiv für junge Menschen und Familien, für zahlungskräftige Gutverdiener und konsumfreudige Verbraucher? Oder ziehen diese eher anderswohin? Darüber entscheiden Faktoren wie:
    >
    Bildungsangebot
    > Kultur
    angebot
    > Image
    der Stadt
    > Soziale
    Infrastruktur
    >
    Attraktive Umweltbedingungen (Gute Luft, Freizeitwert)
  • Unternehmensbezogene Faktoren:
    Wie steht es um die Wirtschaftskultur? Gibt es ein Unternehmer- und Industriefreundliches Klima? Oder sind produzierende Betriebe eher nicht so gerne gesehen? Auf das Wirtschaftsklima wirken sich zahlreiche Faktoren aus, zum Beispiel:
    >
    Unternehmerfreundliche Behörden
    > Handwerksfreundliche
    Nachbarschaft
    >
    Breites Netzwerk von Unternehmen aus anderen Branchen, potenziellen Geschäftspartnern und Kooperationspartnern
    >
    Gut aufgestellte Wirtschaftsverbände
    >
    Gute Ausbildungsstätten  

Standortfaktoren: Die Praxis

Soweit die Theorie. Aber: Welche dieser Faktoren sind denn nun fürs Handwerk im täglichen Geschäft heute und in Zukunft wirklich wichtig? Einer aktuellen Umfrage des Baden-Württembergischen Handwerkskammertages zu Folge sind für Handwerker in der Praxis die folgenden Standortfaktoren besonders wichtig:

  • Verkehrs- und Telekommunikationsinfrastruktur
  • Zugang zu Fachkräften
  • Zugang zu Kunden und ggf. Laufkundschaft
  • Regionale Fördermittel, niedrige Steuer- und Abgabenlast
  • Stellplätze
  • Unternehmer- und handwerksfreundliche Nachbarschaft
Standortfaktoren nach Relevanz
Quelle: Befragung von 1.500 Handwerksunternehmen durch den Baden-Württembergischen Handwerktag, 2019 - © BWHT

Das Problem: Handwerker entscheiden zu oft nach Bauchgefühl über ihren Standort

Eigentlich sollten Unternehmer all diese einzelnen Erfolgsfaktoren für verschiedene potenzielle Standorte sorgfältig und in einem mehrstufigen Prozess analysieren und bewerten, bevor sie sich für einen Standort entscheiden. Anschließend wählen sie die wichtigsten Faktoren aus, gewichten sie und bewerten sie nach einem sogenannten Scoring-Verfahren: Der Standort mit den meisten Punkten gewinnt.

Ein solcher Check bietet sich auch alle paar Jahre für den bestehenden Standort an:
  • Gibt es neue Risiken oder langfristige Veränderungen in der Region, die schlecht für´s Geschäft sein könnten?
  • Bieten sich bessere Aussichten oder neue Wachstumschancen anderswo?
  • Lohnt es sich, über eine Erweiterung oder Verlagerung des Firmenstandortes nachzudenken? Vielleicht einen neuen Showroom, eine größere Werkstatt oder einen Laden anderswo aufzumachen?
 

Tradition, Heimat, Kontakte: Diese Werte zählen auch

Doch ob draußen auf der grünen Wiese, am Dorfrand, mitten in der Stadt, oder doch irgendwo dazwischen im Vorort oder Gewerbegebiet: Wo Handwerker ihre Unternehmen gründen oder neue Filialen und Produktionsstätten aufbauen, das entscheiden sie oft vor allem nach Bauchgefühl.

Familien-Tradition, persönliche Kontakte oder schlicht eine günstige Gelegenheit für Kauf oder Miete zum richtigen Zeitpunkt – und schon ist die Entscheidung für einen Standort gefallen.

Die Entscheidung nach Bauchgefühl für einen Standort etwa im eigenen Heimatort muss auch gar nicht schlecht sein – schließlich kennt man Kunden, potenzielle Mitbewerber und Mitarbeiter daheim am besten. Das Bauchgefühl ist also gar kein schlechter Ratgeber.

Doch gerade die Nähe und persönliche Bindung können auch den Blick auf Standortnachteile und mögliche zukünftige Risiken verstellen. Denn dass sich der Unternehmer selbst sagt: Daheim ist es am Schönsten – das heißt ja noch lange nicht, dass auch die nächste Generation das noch so sieht.

Standortfaktor Politik: Ist genug Geld da für eine vernünftige Infrastruktur?

Standortfaktoren für Infrastruktur
© iwd - Institut der deutschen Wirtschaft, 2018

Klar: Wenn die Monteure ständig im Funkloch und schlecht erreichbar sind, schlägt sich das aufs Geschäft ebenso nieder wie eine mangelhaft finanzierte Berufsschule , holprige Zufahrtswege zur Werkstatt oder die schlechte Internetverbindung im Büro .

  • Ziehen junge Leute weg oder zu?
.

Immer wichtiger: Standortfaktor Fachkräftemangel

Eines der wichtigsten Themen für Handwerker in der Stadt wie auch auf dem Land ist die Frage: Bekomme ich noch Fachkräfte? Hier gilt die Faustregel: Damit Nachwuchs- und Fachkräfte sich wohlfühlen, sind die weichen Standortfaktoren am wichtigsten. Sie werden daher auch für Unternehmer immer wichtiger.

Handwerk auf dem Land:
Nachteile bei weichen Standortfaktoren, weite Wege

Handwerk in der Stadt:
Harte Konkurrenz, hohe Kosten
Unternehmer   in ländlichen Regionen müssen jungen Leuten oft einiges bieten , um Nachteile bei den weichen Standortfaktoren wettzumachen. Sie müssen Arbeitsplätze anbieten, die so attraktiv und flexibel sind, dass sich gegebenenfalls auch ein längerer Anfahrtsweg zur Arbeit lohnt.

Und sie müssen oft längere Anfahrtswege zu Kunden in Kauf nehmen, sind also auf gute harte Standortfaktoren wie eine gute Verkehrsanbindung und gute Kommunikationsinfrastruktur besonders angewiesen.
Unternehmer in der Stadt müssen in dieser Hinsicht auf den ersten Blick etwas weniger tun: Das kulturelle und soziale Angebot ist in den Städten einfach umfangreicher, die weichen Standortfaktoren also besser. Und es zieht immer mehr junge Leute in die Städte.  

In der Stadt stellt sich dafür aber andere Fragen: Können sich meine Mitarbeiter noch die Mieten leisten? Muss ich mehr Lohn zahlen als anderswo – und kann ich dann noch mit den Angeboten der Konkurrenz vom Land mithalten? Kann ich mit der starken Konkurrenz durch große Industrie- und Dienstleistungsunternehmen mithalten, die ebenfalls in den Städten um junge Leute werben? Sie müssen etwas dafür tun, dass das Handwerk am Standort ein gutes Image hat und als attraktiver Arbeitgeber gilt.