New Marketing - Folge 3 Was geht, Messenger?

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Wer eine schnelle Kommunikation mit seinen Kunden wünscht, kann auf Messengerdienste kaum noch verzichten. Was Sie beim Umgang mit WhatsApp und Facebook Messenger wissen sollten, und wie Sie die wichtigsten Regeln des Datenschutzes einhalten können.

Mike Schilling, Geschäftsführer der Gabur GmbH
Mike Schilling, Geschäftsführer der Gabur GmbH im oberschwäbischen Grünkraut. - © Ilja Mess

Für Häuslebauer, Baustellenbetreiber und andere Kunden hält Mike Schilling zehn Kolonnen mit jeweils zwei bis drei Mitarbeitern bereit. Jeder Kolonne hat der Geschäftsführer der Gabur GmbH ( www.gabur.de ) im oberschwäbischen Grünkraut ein Smartphone mit WhatsApp überlassen. Auch das Büro des Dachdeckerbetriebs kommuniziert mit dem weltweit populären Messengerdienst. „Regelmäßig fordern Kunden über WhatsApp Angebote für Dachreparaturen an“, berichtet der Handwerksunternehmer. Weil die meistenein Foto über den entstandenen Schaden mitschicken, können Schilling und seine Mitarbeiter binnen weniger Minuten die Ursache des Schadens ermitteln und einen ersten groben Kostenvoranschlag für die Instandsetzung abgeben.

Mit WhatsApp falle die Kundenkommunikation leichter als mit dem Telefon, sagt Schilling. „Ein Bild sagt mehr als 1.000 Worte“, schmunzelt der Handwerksunternehmer. „Unsere Gesprächspartner tun sich in der Regel schwer mit der Beschreibung des Schadens und mit unseren Vorschlägen, weil wir häufig mit Fachbegriffen antworten.“ Außerdem spart Gabur Zeit und Geld, da die Mitarbeiter ausschließlich für die Reparatur zum Kunden fahren und häufig Vorabtermine für Bestandsaufnahme und Kostenermittlung gar nicht nötig sind.

Eine App für alle

Mit schneller und unmittelbarer Kommunikation werben mehrere Dutzend Messengerdienste. Wer Texte, Bilder oder Videos über WhatsApp & Co. verschickt, kann sich meist darauf verlassen, dass die Adressaten sie sofort erhalten.

Einer Umfrage des Branchenverbands Bitkom zufolge nutzen 54 Millionen Deutsche über 14 (78 Prozent)ein Smartphone, die weitaus meisten sind ständig online. Vorausgesetzt, sie haben eine entsprechende App installiert, sind sie somit auch ständig über Messengerdienste erreichbar. Mit über 37 Millionen Nutzern ist die Facebook-Tochter WhatsApp auch in Deutschland der mit Abstand populärste Messengerdienst, mit rund neun Millionen Nutzern folgt Facebook Messenger auf Platz zwei.

Für diese Dienste sprechen die Nachteile anderer elektronischer Medien: SMS ist beim Textversand zwar einfach zu handhaben, aber meist mit Kosten verbunden; E-Mails werden vor allem in der B-to-B-Kommunikation derart massenhaft versandt, dass eine wirklich wichtige Nachricht schon einmal untergehen kann.

„WhatsApp und andere Dienste können alles, was Telefon, Handy oder E-Mail auch können“, sagt Michael Elbs, Berater bei der Ravensburger Unternehmensberatung Start Up GmbH und Autor einer Broschüre über betriebliche WhatsApp-Nutzung. Doch bei der Übermittlung von persönlichen Kunden- und Mitarbeiterdaten können Betriebe schnell in K onflikt mit dem strengen europäischen Datenschutzrecht kommen. So ist etwa eine einfache Krankmeldung via WhatsApp nicht erlaubt. „Jeder Unternehmer sollte vor Aufnahme der Messenger-Kommunikation seine Mitarbeiter in dieses Rechtsthema einführen und in einer Betriebsanordnung festlegen, welche Daten kommuniziert werden und welche nicht“, empfiehlt Elbs.

Auch die Baustelle ist privat

Auch Kundendaten unterliegen dem Datenschutz. Grundsätzlich gilt: Beginnt der Kunde die Kommunikation über einen Messengerdienst, kann die Kommunikation auch darüber fortgesetzt werden. Sollen allerdings Informationen wie etwa Bilder einer Baustelle oder Ähnliches an Dritte wie etwa Subunternehmer weitergegeben werden, muss der Kunde vorher zustimmen. Vor allem dann, wenn Fotos und Videos allzu Intimes aus Privaträumen zeigen könnten. Denn auch Bilder von Privaträumen und Baustellen zählen zu den geschützten persönlichen Daten. Außerdem stuft der Gesetzgeber die Betreiber der einzelnen Dienste ebenfalls als Dritte ein, zu denen der Kunde zustimmen sollte.

Susanne Dehmel, Geschäftsleiterin von Bitkom, empfiehlt deshalb vorab eine Einverständniserklärung oder Einwilligung des Kunden, dass „sein“ Handwerksbetrieb mit ihm über WhatsApp kommunizieren darf und Informationen auch an Subunternehmer und weitere Projektbeteiligte weitergegeben werden dürfen. Diese Einwilligung muss allerdings einige Kriterien erfüllen, damit sie überhaupt wirksam ist: So müssen die „Dritten“, also alle an der Kommunikation Beteiligten, namentlich genannt werden. Das gilt für die Geschäftspartner und Subunternehmer, aber auch für die Betreiber der entsprechenden Messengerdienste. Bei WhatsApp sollte sogar der Inhaber des Dienstes, in diesem Fall die Firma Facebook, erwähnt werden. Weiter sollte definiert werden, zu welchen Zweck die Kommunikation stattfindet. Etwa um einen Auftrag abzuwickeln.
Ganz wichtig, damit das Dokument überhaupt Gültigkeit bekommt, ist der Hinweis, dass der Kunde dieser Einwilligung jederzeit widersprechen kann, d.h. sie rückgängig machen kann.

Wer die Daten auch nach einem abgeschlossenen Auftrag verwenden möchte, sollte definieren, wie lange er die Kundendaten nutzen kann: nur für die Dauer des Auftrags oder zeitlich unbegrenzt. „Wer diese Kriterien einhält, reduziert sein Risiko deutlich“, sagt die Juristin (am Ende dieses Artikels finden Sie den Link zu einem Mustervertrag, den Sie herunterladen können).

Mit der europäischen Datenschutzgrundverordnung (DSGV), die im Mai 2018 in Kraft tritt, wird sich das Problem noch verschärfen. Sie räumt dem Nutzer noch stärkere Rechteein und erhöht die Geldbußen drastisch. In Zukunft können diese schlimmstenfalls bis zu vier Prozent des Jahresumsatzes betragen.

Kunden bestimmen die Plattform

Für die mobile Kommunikation mit Endkunden kommt der Handwerksunternehmer an WhatsApp und Facebook Messenger kaum vorbei, für diejenige mit Geschäftskunden und Mitarbeitern hat er hingegen Alternativen. Mit Slack, Threema & Co. stehen eine Fülle von weiteren Messengerdiensten mit sehr unterschiedlichen Stärken zur Verfügung. Die meisten Anbieter sind kostenpflichtig und berechnen pro Teilnehmer einen einstelligen Euro-Betrag.

Mit der Plattform Slack, die vor allem für virtuelle Meetings und Projektarbeiten genutzt wird, können sich auch externe Teilnehmer per Twitter, SMS oder E-Mail einschalten. Smoope verfügt über viele Kunden in der Banken- und Versicherungswirtschaft und kommt deshalb auch für Unternehmer infrage, die gerne mit ihrem Finanzdienstleister per Messenger kommunizieren. Außerdem können sie sich von Geschäftspartnern kostenlos zu Smoope einladen lassen.

Manche Betriebe fahren längst zweigleisig. Sie nutzen für die Endkundenkommunikation WhatsApp und für die Mitarbeiterkommunikation einen anderen Kanal. Ein Beispiel ist Meister Bockelt & Kollegen in Frankfurt/Main ( www.meisterbockelt.de). Über die Plattform Evernote kommuniziert der Garten- und Friedhofsanlagenbauer mit Mitarbeitern auf Außenterminen. „Weil die Wünsche unserer Kunden immer wieder Gegenstand der Kommunikation sind, haben wir uns für WhatsApp entschieden“, sagt Geschäftsführer Daniel Präkelt. Vor wenigen Wochen haben sich die Hessen außerdem der Frankfurter Problem-Plattform Seredo angeschlossen. Über WhatsApp und Facebook Messenger können hier Endkunden Handwerker für Bau- und Reparaturarbeiten suchen und Angebote anfordern. „Jeder Handwerksbetrieb kann teilnehmen, wenn er einen Gewerbeschein vorlegt und einen Meister beschäftigt“, sagt Gründer Thorsten Dressel. Rund 500 Unternehmen haben dies bislang getan, die weitaus meisten kommen aus Hessen, Berlin und Nordrhein-Westfalen. Auf lange Sicht will Dressel das Start-up zur bundesweiten Plattform ausbauen. „Viele Kunden werden Videos über die geplanten Arbeiten schicken“, stellt der frühere Inhaber eines SHK-Betriebs die Gewerke auf einen neuen Trend ein. „Sie können dadurch Textnachrichten so kurz wie möglich halten und einen ersten Eindruck von den auszuführenden Arbeiten vermitteln.“

Whatsapp hilft organisieren

Maximal 16 MB dürfen Videos auf WhatsApp haben. Für die Beschreibung von Bau- und Reparaturarbeiten reicht dies völlig aus. Weil außerdem die Kunden von sich aus den Kontakt mit dem Handwerker suchen, geht dieser mit der Übermittlung von Kosten- und Terminvorschlägen kein rechtliches Risiko ein. Wenn er den Zuschlag erhält, kann er in der weiteren Kommunikation seine Leistungen transparent machen. Genau hierzu hat Gabur-Chef Schilling seine Mitarbeiter nach einer gründlichen Einweisung ermuntert. Sie sollen ihre Arbeit mit dem Smartphone fotografieren und nach deren Abschluss dem Kunden die Bilder zusenden. Alle WhatsApp-Vorgänge sammelt Schilling in einer digitalen Ablage, auf die er und seine Mitarbeiter jederzeit Zugriff haben. „Wir können so Nachfragen der Kunden sofort und fundiert beantworten“, sagt der Handwerksunternehmer.

Die wichtigsten B-to-B-Messenger

Neben WhatsApp und Facebook kommen auch diese Dienste für die mobile Mitarbeiter- und Geschäftskundenkommunikation infrage. Viele bieten Collaborative-Funktionen.

AnbieterPreisBesonderheiten
Evernote
evernote.com
Ab 29,99 € pro Nutzer u. Jahr,
Kostenlose Basisversion (2 Geräte)
Website-Clipping (Einfügen von Website-Inhalten), E-Mail-Weiterleitung
Signal
signal.org
kostenlosEnd-to-End-Verschlüsselung
Slack
slack.com
Ab 6,25 € pro Nutzer u. Monat,
kostenlose Probephase
Integration weiterer Online-Dienste und -Kanäle; zeitgl. Dokumentenbearbeitung mehrerer Nutzer
Smoope
smoope.com
Kostenlose Basisversion, Tarife abhängig von Unternehmensgröße und FilialzahlWebsite-Integration (sog. Widgets: Der Nutzer kontaktiert das Unternehmen über dessen Homepage), kostenlose Teilnahme per Einladung
Telegramm
telegramm.org
KostenlosAnspruchsvolle Verschlüsselungstechnologie, Automatische Löschungen
Thismo
thismo.com
kostenlos nur noch für Einzelunternehmen. Alle anderen pauschal 35 €/Monat für 5 Kanäle/NutzerWebsite-Integration (Nutzer kontaktiert das Unternehmen über dessen Homepage), Integration weiterer Online-Dienste und -kanäle
Threema Work threema.chAb 1,29 € pro Nutzer im Monat*End-to-End-Verschlüsselung,
Umfragefunktion

*umgerechneter Frankenkurs

Nur betriebseigene Smartphones verwenden

Wer Messengerdienste in der Kommunikation mit seinen Kunden bei Marketing und Auftragsabwicklung nutzen möchte, muss bei der Verwendung von privaten Daten besonders vorsichtig sein. Vier Tipps, mit denen Sie die größten Risiken vermeiden.

  • Über Messengerdienste ist aktives Marketing mit Privathaushalten ebenso wenig erlaubt wie über Telefon und E-Mail. Völlig anders ist die Lage, wennein Privathaushalt von sich aus mit Ihnen Kontakt aufnimmt. Weil er offenkundig mit der Nutzung seiner Daten an Dritte (Beispiel: Übermittlung von WhatsApp-Inhalten an Facebook) einverstanden ist, dürfen Sie antworten.
  • Sichern Sie sich für künftige Kontaktaufnahmen ab. Fragen Sie den Kunden bei Rückfragen oder Auftragsvergaben, ob er weitere Kontakte über Messenger, Telefon, E-Mail oder sonstige Medien wünscht. Sie sind dann auf der sicheren Seite.
  • Vorsicht bei der Weitergabe von Texten und Fotos bzw. Videos, die private Daten und Inhalte enthalten, an Mitarbeiter und Geschäftspartner. Lassen Sie sich hierfür von den Kunden eine Einverständniserklärung geben. Weisen Sie Ihre Mitarbeiter an, dass auch in der internen Kommunikation private Daten und Inhalte nichts zu suchen haben.
  • Verwenden Sie ausschließlich betriebliche Smartphones für die Messenger-Kommunikation. Für private Smartphones ist eine „freiwillige“ Einverständniserklärung des Mitarbeiters erforderlich, was Arbeitsrechtler als problematisch bewerten.

Nutzerzahlen der größten Messengerdienste

WhatsApp ist mit über 30 Millionen Nutzern in Deutschland mit weitem Abstand Marktführer.

DienstNutzer
Whatsapp31 Mio
Facebook Messenger9 Mio
Skype9 Mio
IMessage (Apple)5 Mio
Google Hangouts3 Mio

Quelle: Bitkom