Fahrbericht Mercedes-Benz Citan: Schwäbisches Design und französische Verwandtschaft

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Obwohl der neue Mercedes-Benz Citan mit dem Renault Kangoo einen französischen Bruder hat, möchte er ein markentypisches Erlebnis bieten. handwerk magazin macht die Probe aufs Exempel.

Mercedes-Benz-Citan
Selbstbewusst – und bewusst anders: So fährt die zweite Generation des Mercedes-Benz Citan vor. - © Susanne Löw

Drei Paletten und ein Karton mit einer Bodenplatte: Noch bevor die Testfahrt mit dem Mercedes-Benz Citan 112 CDI Pro in der Hamburger ­Hafencity losgeht, beladen fleißige Hände den Kleintransporter. Warum? Die Route führt nach Bergedorf im Südosten der Hansestadt. Das Ziel: „Nestwerk“, eine Initiative für Jugendarbeit. Im Laufe der mehrwöchigen Veranstaltung bringen die Journalisten auf ihren Testfahrten Spielfeldteile, Trikots und Zubehör zur Organisation, sodass am Ende ein mobiler Sportplatz für Jugendliche entsteht. Ein schöner Gedanke von Nachhaltigkeit.

Gedanken gemacht haben sich die Stuttgarter bei der Neuentwicklung der zweiten Generation ohnehin sehr ­viele. Wobei die Fahrt inklusive Ladung natürlich auch zum Grundkonzept passt. Immerhin ist der Citan als Kastenwagen auf eine hohe Beladung hinsichtlich Komfort und Stabilität ausgelegt – anders als der Tourer mit seinen fünf Sitzen für den ­Personentransport.

Französische Verwandtschaft

Der Familienzuwachs von Mercedes-Benz in der Kategorie „Small Vans“ fährt seit Ende Oktober auf den heimischen Straßen, zunächst als Kastenwagen und Tourer mit kurzem Radstand. Die Lang­ver­sion und der Mixto folgen im kommenden Jahr.

Das Fahrzeug ist das Ergebnis einer Kooperation mit Renault, wobei beide Hersteller von Anfang an mit einem eigenen Konzept angetreten sind, die jeweilige Klientel im Visier. Der Renault Kangoo debütierte bereits im Juni (wir berichteten). Der deutsche Hersteller betont vor allem das Design, die Sicherheitsausstattung und den Komfort made by Mercedes-Benz als Eigenschaften, die den Schwaben von seinem französischen ­Bruder unterscheiden sollen.

Während der 4.498 Millimeter lange ­Citan beladen wird, bleibt Zeit, das Design unter die Lupe zu nehmen. In der Tat: Der Stern prangt markant am Kühlergrill, im Vergleich zum Franzosen spricht vor allem die Frontpartie die Formensprache von Mercedes-Benz. Auch im Interieur erkennt man die Premium-­Linie. Die Schwaben legen Wert auf hochwertige Materialien und viel Ergonomie. Etwa beim in vier Ausführungen erhältlichen Fahrersitz mit speziell geformten Schäumlingen. Das Ergebnis: ein komfortabler Arbeitsplatz für Handwerker.

Kompakter „City-Titan“

Die Fahrt geht los, einmal quer durch die Hafencity. Von Anfang an auffallend unauffällig: die Geräuschkulisse. Dafür hat Mercedes-Benz dem Citan dickeres Glas im Vergleich zum Vorgängermodell, viel Dämmung und eine weitere Dichtungsebene bei den Türen spendiert. Und im dichten Stadtverkehr muss der kleine Transporter beim schnellen Spurwechsel auch gleich seine Wendigkeit unter Beweis stellen. Mit dem stärksten der drei Diesel-Aggregate unter der Haube (55 kW/75 PS bis 85 kW/116 PS) gelingt das bestens, antriebsstark und dynamisch fädelt sich der kompakte „City-Titan“ ein.

Da wir mit der Pro-Version unterwegs sind, haben wir alle erdenklichen Sicherheitsfeatures an Bord. Aber auch schon in Serie fährt der Citan mit Berg­anfahrhilfe, Seitenwind-, Müdigkeits­warner-Assistent und Notrufsystem vor. Abbiegen auf die Elbbrücken, schnell auf die rechte Spur! Der Totwinkel-Assistent warnt vor dem nahenden Hintermann. Dieser Helfer ist beim Tourer ebenfalls immer an Bord, genau wie der Aktive Brems-, der Aktive Spurhalte- und der Geschwindigkeitslimit-Assistent mit Schildererkennung. Weitere Systeme gibt es optional. Sechs Airbags, im Tourer sogar sieben mit einem Mittenairbag zwischen Fahrer- und Beifahrersitz, den Renault im Übrigen nicht bietet, bringt der Citan immer mit.

Hochgradig vernetzt

Pkw-Parallelen findet man auch mit Blick auf Konnektivitäts-Services des Citan. So können Handwerkschefs den Citan optional mit dem Infotainmentsystem MBUX inklusive Sieben-Zoll-Touchscreen, Touch-Control-Buttons am Lenkrad und Sprachassistent ordern. Das Apple- oder Android-Smartphone – optional gibt es eine kabellose Ladevorrichtung – lässt sich dabei auch integrieren. Ob mit oder ohne MBUX: Immer lassen sich diverse digitale Dienste von Mercedes me connect nutzen.

Weiter geht es entlang des Deichs und der idyllischen Dove-Elbe. Das Sechsgang-Schaltgetriebe erweist sich dabei als leichtgängig – 2022 wird es auch eine Siebengang-Doppelkupplung geben.

Besondere Brüder

Am Ziel wird über die 590 Millimeter niedrige Ladekante am Heck und über die 615 Millimeter breite Ladeöffnung an der seitlichen Schiebetür ausgeladen (auch zwei Schiebetüren sind möglich), Nestwerk übernimmt die Materialien. Es ­hätte durchaus noch mehr reingepasst: 2,9 Kubikmeter fasst der Kasten – im Vergleich zum Vorgänger bietet der Neue auch mit kurzem Radstand mehr Platz. Und eine Anhängelast von 1,5 Tonnen.

Am Ende der ersten Ausfahrt zeigt der Bordcomputer einen sparsamen Verbrauch von 5,1 Litern an. Den Trip hätte man übrigens auch locker mit dem eCitan geschafft, der in der zweiten Jahreshälfte 2022 folgen soll. Der Einstiegspreis liegt für den Citan 110 Base (75 kW/102 PS) als Kastenwagen bei 19.348 Euro (netto).

Fazit: Mercedes-Benz Citan und Re­nault Kangoo sind Brüder im Geiste, die mit dem Antriebsstrang dasselbe Herz eint. ­Tatsächlich sind sie dann aber doch sehr eigenständige Charaktere.

Mercedes-Benz Citan 112 CDI Kastenwagen, Kurzversion

Technische Daten
  • Abmessungen (L/B/H):4.498/1.832/1.859 mm
  • Radstand: 2.716 mm
  • Gewicht fahrfertig nach EG: 1.462–1.701 kg
  • Nutzlast:782 kg
  • Ladekapazität:2,9 m3
  • Motor: R4, 1.461 cm3, Adblue-Turbodiesel, SCR-Katalysator, Dieselpartikelfilter
  • Leistung: 85 kW/116 PS
  • Drehmoment:270 Nm
  • Verbrauch: 5,3–5,8 l/100 km
  • CO2-Emissionen:138–153 g/km
  • Abgasnorm: Euro 6d
  • Basispreis: 21.983 Euro (netto)