Die Baumann-Kolumne "Neues von der Werkbank" Kommentar: Wilder Aktionismus und ausufernde Bürokratie ersetzen kein verlorenes Vertrauen

Zugehörige Themenseiten:
Neues von der Werkbank – Kolumne von Ruth Baumann und Zukunftsperspektiven im Handwerk

Wir haben verlernt, uns gegenseitig zu vertrauen. Verlässlichkeit und Beständigkeit schienen dem Wandel der Zeit nicht trotzen zu können. Die Folgen sind entsprechend nicht nur beschämend, sondern spiegeln auch pure Hilflosigkeit wider. Kolumnistin Ruth Baumann hat sich in dieser Folge von „Neues von der Werkbank“ mit der momentanen Situation des Staates befasst.

Kolumnistin Ruth Baumann hat sich in dieser Folge mit der momentanen Situation des Staates befasst. Fakt ist: Das Vertrauen ist weg!
Ruth Baumann Landesvorsitzende ufh Baden-Württemberg. Gemeinsam mit ihrem Mann führt sie die Baumann & Co. Straßenbaugesellschaft mbH in Freiburg. - © privat

Früher kam der Strom einfach aus der Steckdose und war verfügbar. Mittlerweile rauchen im Hintergrund die Köpfe. Man produziert zwar Strom, aber dieser wird verschenkt oder für dessen Abnahme sogar bezahlt, um dann später wieder teuer eingekauft zu werden. Das verstehe, wer will!

Gestrandet in der Abhängigkeit

Aus Bequemlichkeit und Selbstherrlichkeit heraus hat man in Deutschland stark auf Importe gesetzt. Nun sind wir in einer Abhängigkeit gelandet, die nicht mehr schöngeredet werden kann. Leere Regale - und zwar nicht nur bei Klopapier und Medikamenten - gab es schon. Statt Lösungen wird Hirnschmalz auf das „Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz“ verschwendet. Bürokratische Oberflächenkosmetik oder das Eröffnen neuer „Baustellen“, geschmückt mit einer Ignoranz von Zusammenhängen, wird kaum das Vertrauen auf Versorgungssicherheit stärken. Hinzukommt, dass sich viele um den Zustand der äußeren und inneren Sicherheit sorgen. Selbst der Begriff „Angst“ macht die Runde. Aussitzen oder Weglächeln kann man dies nicht mehr, aber das wird so mancher Selbstdarsteller noch merken.

Von spürbaren Defiziten und steigenden Belastungen

Unsere Steuern sind Vorschuss und Auftrag zugleich. Sie ermöglichen es, dass der Staat vertrauenswürdige und verlässliche Rahmenbedingungen bzw. Infrastruktur erschafft, unterhält und erneuert. Dies scheint momentan, trotz immenser Einnahmen, nicht möglich zu sein. Ob bei Bildung, Gesundheitsversorgung, Mobilität, Altersabsicherung - überall sind Defizite spürbar, obwohl die Belastungen steigen. Sie erinnern sich noch an den 13. Monat Sozialversicherungsbeiträge, weil die Kassen „klamm‘“ waren? Dieser wurde den Betrieben nie zurückbezahlt. Ein zinsloses Darlehen, dessen Rückzahlung bzw. Verrechnung zwar versprochen, aber nie umgesetzt wurde. Von der Befristung des Soli ebenfalls mal abgesehen. Glaubwürdigkeit und Vertrauen entstehen so leider nicht!

Auch ein Dauerkrisenmodus nutzt sich irgendwann ab

Unsere Altersabsicherung fußt auf einem Generationenvertrag, dessen Verpflichtung sich nicht nur auf die Absicherung der vorherigen Jahrgänge begrenzt, sondern auch den Folgen für kommende Generationen Rechnung tragen muss. Rente sollte sicher sein und darf nicht zum „Sondervermögen“ (Schulden) künftiger Generationen werden. Ob Direktversicherung, Riester, betriebliche Altersabsicherung, Wohnungseigentum usw.: Dies alles sind keine Verschiebebahnhöfe aktueller Begehrlichkeiten, sondern gelebte Eigenverantwortung und Eigenvorsorge, die es dringlichst zu schützen gilt. Die Leistungsfähigkeit eines jeden, vom Arzt bis zur Pflegekraft, vom Bäcker bis zur Verkäuferin, sind irgendwann einmal erschöpft oder versiegen. Und ganz klar nutzt sich der Dauerkrisenmodus auch irgendwann ab. Ebenso überdecken die großzügigsten Geldgeschenke auf Dauer nicht fehlende Kompetenz, zumal die Quellen allmählich austrocknen ...

Der Staat und seine Verbindlichkeiten

Es braucht vertrauensbildende Maßnahmen: eine stabile Währung, eine erlebbare Marktwirtschaft, eine Umgebung, die Lust auf Leistung und Investitionen macht. Der Staat, der von jedem die Last der Eigenverantwortung, des Denkens und des Handelns abnimmt, ist gefährdet oder wird scheitern. Und finanzierbar ist er so auch nicht – alles andere wären leere Versprechungen und Märchen. Es gibt Regeln und sogar Gesetze, die für alle eine Verbindlichkeit darstellen sollten. Ob im Straßenverkehr, beim gesellschaftlichen Zusammenleben, den Geschäftsbeziehungen, den Steuern: Alle haben sich daran zu halten. Die Fahrtrichtung auf Straßen ist genauso verbindlich wie die vorgegebenen Tempolimits. Kein diskutierbares Angebot, sondern schlichtweg ein Fakt!

Wer Aufträge erteilt, sollte sie auch bezahlen. Wer dies nicht tut, hat kein Recht auf einen „Gütetermin“, sondern die Pflicht, seiner Verantwortung nachzukommen. Die Gesetze hierfür gibt es schon lange. Eigentum ist Verpflichtung und Recht zugleich: Da braucht es keinen Staat, der die Mieten regelt, die Instandhaltung definiert, die Heizung vorschreibt oder Fahrradstellplätze fordert. Diese Art der Ausgestaltung nennt sich Planwirtschaft! Die Hoheit über Inhalt und Umfang eines Kühlschrankes gebührt dem Besitzer und unterliegt nicht der Staatsraison.

Vertrauen verspielt?

Bevor man also bürokratische Orgien feiert und jedem einzelnen kostbare Lebens- und Arbeitszeit durch unproduktive Verwaltungsarbeit stiehlt (Grundsteuererhebung, Warteschleifen, fehlende Digitalisierung, Personal- und Motivationsmangel), gäbe es nötigere Dinge. Fördern wir wieder Eigenverantwortung, stellen wir uns dem Wettbewerb und verabschieden das betreute Denken sowie den Glauben an die Vollkasko-Mentalität eines Staates. Die aktuelle Tendenz der Planwirtschaft hat Vertrauen verspielt: Das zeigt sich weltweit! Für unsere Zukunft ist es aber von großer Bedeutung, wieder verlässlich zu werden. Sonst müssen wir uns demnächst mit den Lenk- und Arbeitszeiten von 20.000 Elefanten in Deutschland beschäftigen – nur so als ironische Randbemerkung.

Werden wir wieder Häuslebauer, Tüftler, Erfinder, verlässlicher Geschäftspartner und ernstzunehmender Visionär: Wohlstand für alle statt Belehrungen für jeden. Genau dieses „Mindsetting“ wäre zukunftsfähig!

Über Autorin Ruth Baumann:

Bei Ruth Baumann war es ein zart gehauchtes "Ja", das sie in einen mittelständischen Straßenbaubetrieb und damit ins Handwerk brachte: Seit ihrer Hochzeit führt sie gemeinsam mit Ehemann Martin Baumann die Baumann & Co. Straßenbaugesellschaft mbH in Freiburg. Trotz ihres abgeschlossenen Hochschulstudiums entschied sie sich damals bewusst, in den Familienbetrieb einzusteigen und bekräftigte dies durch eine weitere Ausbildung zur Bürokauffrau. Zunächst im Ehrenamt bei den Unternehmerfrauen im Handwerk Freiburg, später als Präsidentin des Landesverbandes der Unternehmerfrauen im Handwerk Baden-Württemberg, war es ihr immer ein besonderes Anliegen, die Mitglieder mit einem gesunden Selbstbewusstsein und Stolz auf das Handwerk auszustatten. Sie sieht die Unternehmerfrauen als Wirtschaftsverband und vertritt dies auch in der Öffentlichkeit.

Ihre betriebliche Erfahrung wurde in der Folgezeit auch verstärkt in der politischen Theorie nachgefragt und stieß – zu ihrer eigenen Überraschung – auf immer mehr Resonanz. Es folgten unterschiedliche Kommissionen und Funktionen in der Mittelstands- und Wirtschaftsunion, die sie mittlerweile auch auf Bundesebene ausführt. In Interviews, Vorträgen und Podiumsdiskussionen rund um das Handwerk gibt sie parteiübergreifend Einblicke in die Sorgen und Nöte von Familienbetrieben. Jüngst wurde sie in den Bundesvorstand der CDU gewählt und ist dort als "Handwerk mit Mundwerk und akademischen Grad" Mittler zwischen unterschiedlichen Welten.