Die Baumann-Kolumne "Neues von der Werkbank" Kommentar: Deutschland nach der Bundestagswahl – Auftrag erteilt, Ausführung kann starten!


Jetzt erst mal eine Tasse Tee und Ruhe bewahren. Deutschland hatte die Wahl und nun gilt es, die Ergebnisse in gute Politik umzuwandeln. Hilfreich ist laut Kommentatorin Ruth Baumann hierbei ein Blick in die betriebliche Praxis: Viele Bewerber geben ein Angebot ab, aber nur einer bekommt den Auftrag. Der Auftraggeber entscheidet und der Auftragnehmer muss liefern. Nachtreten oder Schmollen bringt nichts außer verlorener Lebenszeit. Lesen Sie in dieser Folge von "Neues von der Werkbank" eine Analyse zur aktuellen Lage der Nation nach der Bundestagswahl.

Ruth Baumann Landesvorsitzende UFH Baden-Württemberg
Ruth Baumann, Landesvorsitzende ufh Baden-Württemberg, analysiert die Bundestagswahl. Gemeinsam mit ihrem Mann führt sie die Baumann & Co. Straßenbaugesellschaft mbH in Freiburg. - © privat

Es wird eine Arbeitsgemeinschaft werden: Fluch und Segen liegen dabei eng beieinander. Und zwar bei den handelnden Personen, bei den unterschiedlichen Grundeinstellungen, bei der Problemlösung. Das Geharke untereinander gilt es nun sofort einzustellen und stattdessen zu liefern.

Hirnschmalz statt Bodenschätze

Die Probleme (nennen wir es bitte nicht nur Herausforderungen) wie innere und äußere Sicherheit, verlotterte Infrastruktur, wirtschaftliche Rahmenbedingungen und konjunkturelle Aussichten usw. sind benannt und bekannt. Die Zeit rennt und daher gilt: Auf geht’s! Deutschland hat keine Bodenschätze, sondern konnte bisher nur mit „Hirnschmalz“, Fleiß und wirtschaftlichem Erfolg punkten.

Im dritten Jahr einer Rezession braucht es dringend Impulse, Klartext und nicht weitere moralische Belehrungen. Die Zeiten, in denen wir uns bei der Versorgung mit Energierohstoffen oder gar der Landesverteidigung auf andere verlassen konnten, sind vorbei. Wer etwas will, muss etwas bieten. Worte allein reichen als Währung nicht mehr aus.

Wohlstand forever?

Den Wohlstand, den wir der sozialen Marktwirtschaft verdanken, hielten wir für selbstverständlich und automatisch steigend. Wir waren so selbstgefällig und dachten, dass alles immer billig vor die eigene Haustür geliefert wird und andere die Arbeit für uns erledigen. Wir hatten ja „outgesourct“. Und als Teil des "WWW" (Welt-Weite-Werkbank) brauchten wir keine geopolitischen Überlegungen, Strategien für die Zukunft oder womöglich Rücklagen für konjunkturell schwächere Zeiten. Wohlstand forever! Konsumieren statt investieren, moralisieren statt agieren.

„Isch over“, würde heute unser ehemaliger Finanzminister Dr. Wolfgang Schäuble sagen. Wilder Aktionismus ist dennoch fehl am Platz, Ruhe und einen klaren Kopf bewahren dagegen die bessere Empfehlung. Fangen wir mit „Basics“ an: Am besten den ersten Schritt machen, ehe man an den zweiten denkt.

Netzsituation nach der Bundestagswahl: Forderungen stellen und dann nicht leisten können

Es ist einfach nicht nachzuvollziehen, dass man auf der einen Seite fordert, dass die Energieerzeugung auf viele Schultern verteilt werden muss und auf der anderen Seite aufgrund der Netzsituation Strom nicht eingespeist werden kann. Wie will man Wirtschaft, KI, Entbürokratisierung durch Digitalisierung und vieles mehr in Schwung bringen, wenn Stromschwankungen an der Tagesordnung sind? Erst die Struktur ertüchtigen, bevor man solche Vorhaben plant. Unsere Betriebe müssen pünktlich liefern, dann sollten doch die Rahmenbedingungen stimmen.

Die Bahn leistet ab Mai einen wichtigen Beitrag zur Klimarettung, indem sie die Bahncard in Plastik durch eine App ersetzt. Guter Schritt. Für Bahnfahrer wäre es aber auch hilfreich, wenn die Züge verlässlich fahren und pünktlich ankommen würden. Die Hoffnung auf Kalt- und Warmgetränke bei einer langen Bahnfahrt ist nicht immer realisierbar und bei der Bezahlung ist zumindest auf Bargeld noch Verlass. Das kann man sich gar nicht ausdenken, ist aber nun mal Realität.

Unbezahlter Service von Unternehmen

Herzlichen Glückwunsch auch an alle Firmen mit Stundenlohnempfängern, die nun mit der Abrechnung des Monats Februar erneut den Monat Januar noch einmal abrechnen durften. Eine rückwirkende Änderung bei der Lohnsteuer, Mitte Februar anscheinend noch nicht greifbar, musste aber in der Lohnbuchhaltung „eingepflegt“ werden. Kosten und Papier – wie immer – als unbezahlter Service der Unternehmen. Wollen wir so weitermachen? Sind das die ersten Meilensteine beim Bürokratieabbau?

Nach der Bundestagswahl warten viele Sach- und Schwerpunktthemen

Die neue Bundesregierung, wie auch immer sie sich finden wird, sollte die eigene Eitelkeit bremsen und sich an den Sachthemen profilieren. Innere und äußere Sicherheit, Ertüchtigung der Sozialversicherung, radikaler Bürokratieabbau, verlässliche Rahmenbedingungen, klare Zielsetzungen und bis zu Ende gedachte Ideen. Die letzten Jahre haben gezeigt, dass die soziale Marktwirtschaft ein verlässlicher Partner und Wohlstandsgarant war. Leistung muss sich lohnen und im Netto vom Brutto widerspiegeln. Weder bedingungsloses Grundeinkommen noch nette Worte nähren den Sozialstaat, sondern schlicht und ergreifend Arbeit und Einsatz. Gut gemeinte Utopien sind zum Scheitern verurteilt, wenn niemand mehr mitmacht oder diese eben nicht finanzierbar sind. Wie der Unternehmer, der mir kürzlich sagte, sein Betrieb wird zum 31. Dezember 2025 klimaneutral sein. Klimaneutral, weil er ihn schließt.

Ich trinke jetzt mal eine Tasse Tee und bewahre Ruhe. Der Auftrag ist mit der Bundestagswahl erteilt, legt bitte los! Wir sind bereit: Nämlich zum Anpacken, um was zu erreichen oder zum Einpacken, weil die Zeitenwende in die falsche Richtung geht …

Über Autorin Ruth Baumann:

Bei Ruth Baumann war es ein zart gehauchtes "Ja", das sie in einen mittelständischen Straßenbaubetrieb und damit ins Handwerk brachte: Seit ihrer Hochzeit führt sie gemeinsam mit Ehemann Martin Baumann die Baumann & Co. Straßenbaugesellschaft mbH in Freiburg. Trotz ihres abgeschlossenen Hochschulstudiums entschied sie sich damals bewusst, in den Familienbetrieb einzusteigen und bekräftigte dies durch eine weitere Ausbildung zur Bürokauffrau. Zunächst im Ehrenamt bei den Unternehmerfrauen im Handwerk Freiburg, später als Präsidentin des Landesverbandes der Unternehmerfrauen im Handwerk Baden-Württemberg, war es ihr immer ein besonderes Anliegen, die Mitglieder mit einem gesunden Selbstbewusstsein und Stolz auf das Handwerk auszustatten. Sie sieht die Unternehmerfrauen als Wirtschaftsverband und vertritt dies auch in der Öffentlichkeit.

Ihre betriebliche Erfahrung wurde in der Folgezeit auch verstärkt in der politischen Theorie nachgefragt und stieß – zu ihrer eigenen Überraschung – auf immer mehr Resonanz. Es folgten unterschiedliche Kommissionen und Funktionen in der Mittelstands- und Wirtschaftsunion, die sie mittlerweile auch auf Bundesebene ausführt. In Interviews, Vorträgen und Podiumsdiskussionen rund um das Handwerk gibt sie parteiübergreifend Einblicke in die Sorgen und Nöte von Familienbetrieben. Jüngst wurde sie in den Bundesvorstand der CDU gewählt und ist dort als "Handwerk mit Mundwerk und akademischem Grad" Mittler zwischen unterschiedlichen Welten.

Zugehörige Themenseiten:
Bundestagswahl 2025, Konjunktur, Meinung, Neues von der Werkbank – Kolumne von Ruth Baumann und Zukunftsperspektiven im Handwerk