Serie Social Media, 4. Folge TikTok: So präsentieren Sie Ihre Firma in 15 Sekunden – je unterhaltsamer, desto besser

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15 Sekunden – so kurz sind die meisten Videos auf der Plattform TikTok. Wer die Zuschauer begeistern will, muss sie also blitzschnell in seinen Bann ziehen, zum Beispiel mit lustigen oder lehr­reichen Inhalten. Fliesenleger Johannes Münkel hat damit bereits mehr als 600.000 Likes gesammelt.

Johannes Münkel, Geschäftsführer bei Fliesen Münkel
Johannes Münkel, Geschäftsführer bei Fliesen Münkel in Hünfeld, zeigt seine Arbeiten auf TikTok. - © Nicole Dietzel

Johannes Münkel hatte im Oktober 2021 seinen großen Auftritt. Während des Corona-Lockdowns scrollte sich der Fliesenlegermeister aus Hünfeld bei Fulda immer wieder durch unterhaltsame, informierende und auch verrückte Videos in der App. Dann dachte sich der Geschäftsführer des Familienunternehmens: Das kann ich doch auch. Sein erstes Video lud Münkel im Oktober 2021 hoch. 59.000 Menschen haben es bis heute gesehen, seinen vierten Post schauten schon rund 700.000 Nutzer an. „Auf TikTok kann eigentlich jeder viral gehen“, sagt Münkel alias „Mastertiler Johannes“, wie er sich auf TikTok nennt.

Spätestens seitdem die Pandemie den Kontakt zur Außenwelt erschwerte, finden viele an der Kurzvideo-Plattform TikTok Gefallen. Allein von April bis Juni 2020 wurde die App des chinesischen Unternehmens ByteDance in Deutschland rund 2,5 Millionen Mal im Google Play Store heruntergeladen, zeigen Daten vom Analyseunternehmen und Marketingdienstleister Airnow. Wie Manag sind schon viele der Nutzer über Nacht berühmt geworden. „Das ist der Charme der Plattform“, sagt Magnus Folten, Lead Strategist und Berater bei WeCreate, einer TikTok-Werbeagentur, die auch Influencer managt. „Jeder hat eine Chance – natürlich auch Handwerker.“

Tiktok ist kein Selbstläufer

Die Branche bildet auf TikTok bei Weitem keine Nische. Am meisten Interesse erwecken selbst gemachte Möbel – obwohl es nicht immer gelernte Handwerker und Meister sind, die vor der Kamera stehen und ihr Werk präsentieren. TikTok ist auch kein Selbstläufer für Unternehmer. Denn die Plattform funk­tioniert ganz anders als Facebook und Instagram – und das muss erst mal erlernt werden. Nutzer können auf TikTok zwar anderen folgen, Videos liken und kommentieren wie bei Instagram und Facebook, aber: Wenn man die App öffnet, läuft sofort ein Video inklusive Ton. Diesen Bildschirm nennt man die „For You Page“, oder kurz FYP. Welche Videos auf dieser personalisierten Startseite erscheinen, entscheidet der Algorithmus. Die App lernt mit der Zeit über Likes und Kommentare, was einem gefällt, die Treffer werden besser auf persönliche Vorlieben abgestimmt. Videos von Menschen und Unternehmen, denen man folgt, werden zwischen den vielen anderen auf der FYP angezeigt – ohne ­Garantie, dass alle gezeigt werden. Nur wer aktiv nach rechts wischt, sieht ausschließlich Videos von Nutzern, denen er folgt. Für Handwerker, die gesehen werden wollen, heißt das: Sie müssen es auf die FYP schaffen.

Videos müssen Spannung aufbauen

Münkel ist das gelungen. Sein meistgeklicktes Video wurde 2,1 Millionen Mal angesehen. Es gibt aber auch TikToks, wie man die Kurzvideos auch nennt, die nur rund 20.000 Menschen gesehen haben. „So große Schwankungen sind ganz normal für TikTok“, weiß Experte Folten. Handwerker sollten sich davon also nicht entmutigen lassen. Ein Geheimrezept für den Weg auf die FYP hat der Social-Media-Berater auch nicht, aber einige Tipps, wie Videos erfolgreicher sein können: „Die ersten Sekunden sind entscheidend“, sagt Folten. Denn wenn das Video nicht direkt Spannung aufbaut oder Interesse weckt, ist das nächste nur einen Wisch entfernt.

Ein einfacher Kniff: mit dem Ergebnis anfangen. „Nehmen wir an, ein Schreiner hat gefilmt, wie er ein außergewöhnliches Regal gebaut hat“, erklärt Folten. „Statt das Sägen und Zusammenbauen zu zeigen, sollte er erst das Ergebnis seiner Arbeit präsentieren.“ Dann wissen die Zuschauer, was sie erwartet und warum sie unbedingt weiter gucken sollten. Ein weiterer Tipp des Experten: wiederkehrende Formate. Das hat auch Fliesenleger Münkel früh umgesetzt.

„Gestartet bin ich mit Erklärvideos, in denen ich innerhalb einer Minute geballtes Wissen vermittle. Das hat sehr gut funktioniert und viele interessiert.“ Um den Wiedererkennungswert solcher Formate zu steigern, sollten Handwerker auch darauf achten, dass es ein verbindendes Element zwischen den Videos gibt. „Handwerker können den Einstieg zum Beispiel immer am gleichen Ort drehen, die gleiche Kleidung tragen oder einen Slogan nennen“, empfiehlt Folten. Dann erkennen Nutzer das Unternehmen oder den Handwerker auch auf der FYP direkt wieder.

Inhalte erstellen: Darauf kommt’s an

Das Videoportal TikTok funktioniert ganz anders als seine Vorläufer Facebook und Instagram. Daher müssen Social-Media-Verantwortliche den Kanal separat behandeln und begreifen, worauf es bei den Inhalten ankommt.

  1. Die ersten Sekunden zählen: TikTok lebt von kurzen Inhalten. Die Aufmerksamkeitsspanne ist gering, das nächste Video nur einen Swipe entfernt. Ihr Video muss den Zuschauer in den ersten Sekunden überzeugen. Zeigen Sie dafür zum Beispiel erst das Ergebnis und dann den Weg dorthin.
  2. Auf Trends eingehen: Interagieren Sie mit anderen Nutzern. Sie sehen zum Beispiel ein DIY-Video und haben einen zusätzlichen Tipp oder wollen andere Nutzer vor Gefahren warnen? Machen Sie einen Stitch daraus! Dann wird ihr Video direkt neben dem Original oder nach einer von Ihnen bestimmten Zeit angezeigt. Sie verknüpfen (stitchen) also Ihr Video mit dem ursprünglichen Video und haben direkt einen neuen Inhalt mit wenig Aufwand produziert.
  3. Wiedererkennungseffekte schaffen: Entwickeln Sie wiederkehrende Formate mit festem Ziel, eingängiger Optik und am besten einem Slogan, an denen man Sie und Ihre Marke sofort wiedererkennt.

Tiktok ist häufig Chefsache

Wenn die ersten Ideen für Videos und Formate entwickelt sind, gilt es noch die mitunter schwierigste Frage zu beantworten: Wer steht vor der Kamera? Bei Fliesen Münkel ist es Sohn und Geschäftsführer Johannes, der sich in den Videos präsentiert. Das ist auch die Empfehlung von Experte Folten. „Wenn sich die Chefin oder der Chef wohl fühlt vor der Kamera und selbst Praktiker ist, sollten sie vor der Kamera stehen.“ Bietet sich das nicht an, sollte ein festes Team vor der Kamera stehen. „So können sich TikTok-Nutzer an diese Gesichter gewöhnen“, findet der Berater. Größer als zwei bis drei Mitarbeiter sollte das Videoteam da­rum nicht sein. Sich nur auf einen Mitarbeiter zu verlassen, ist gefährlich. Ist die Person im Urlaub oder lange Zeit krank, können keine Videos erscheinen. Verlässt der Mitarbeiter das Unternehmen, ist der lange aufgebaute Wiedererkennungseffekt mit einem Schlag dahin.

Ist geklärt, wer vor der Kamera steht, geht es an den Profilnamen. Da Münkel allein vor der Kamera steht, hat er sich für einen personalisierten Profilnamen entschieden: „Mastertiler Johannes“. Andere Beispiele: Bäckermeister Ricardo Fischer nennt sich auf TikTok „Brotprofi“, Dachdeckerin Chiara Monteton nennt sich „Dachdeckerin Chiara“. Alles sind gute Profilnamen aus Sicht von TikTok-Experte Folten. „Wichtig ist nur, dass im Namen auch klar wird, um welches Gewerk es geht.“ Dabei könnten auch ganz einfache Namen wie „Die Klempner“ infrage kommen.

Und was bringt der ganze Aufwand jetzt? „TikTok kann ein gutes Instrument sein, um die Aufmerksamkeit potenzieller Auszubildender zu gewinnen“, sagt der Experte. Immerhin sind 65 Prozent der Nutzer zwischen 18 und 24 Jahre alt. Das zeigt eine Auswertung der Marketing-Agentur start.io von August 2022. Wie viele jünger sind, wurde nicht erhoben. Ältere Erhebungen anderer Unternehmen gehen aber davon aus, dass Tiktok über die Hälfte der 16- bis 19-jährigen deutschen Internetnutzer erreicht. ­Offizielle Nutzerzahlen für Deutschland hat das chinesische Unternehmen ByteDance für sein Videoportal zuletzt 2020 herausgegeben. Aber auch zu dem Zeitpunkt war schon klar: Die App-Nutzer sind im Vergleich zu anderen Social-Media-Plattformen sehr jung.

Zielgruppen passgenau erreichen

Ein weiterer Vorteil, den viele nicht kennen: „TikTok zeigt Nutzern zwar Videos aus der ganzen Welt, aber ist auch sehr lokal“, erklärt Folten. Wer also aus der Nähe von Fulda kommt, sollte auch ­regelmäßig die Videos von mastertiler.johannes sehen. Wer seinem Glück nachhelfen will, kann zusätzlich Werbung schalten. Das bedeutet: Das beworbene Video wird stärker in der ausgewählten Zielgruppe ausgespielt, zusätzlich kann ein Link hinterlegt werden. Das ist sonst nur auf dem Profil möglich. „Werbung auf TikTok ist nach wie vor sehr günstig und ab einem Euro pro Tausend Kontakte möglich. Je spezifischer oder lokaler die gewünschte Zielgruppe, desto teurer ist es – wie bei allen anderen auch“, erklärt Berater Folten.

Am besten authentisch bleiben

Das Mitmachen bei Trends kann auch die Reichweite steigern. Von Zeit zu Zeit sind bestimmte Töne, Effekte oder Inhalte besonders angesagt. Nutzer drehen dann sehr ähnlich aussehende Videos jeweils mit anderem Twist. Handwerker sollten aber nicht einfach bei jedem Trend aufspringen und wilde Tänze vor der Kamera aufführen. Es muss authentisch und interessant bleiben. Eine weitere potenzielle Hürde: Viele der genutzten Sounds und Musik sind urheberrechtlich geschützt. Sie stehen Unternehmensaccounts da­rum meist nicht zur Verfügung. Das kann nervig sein, schützt einen aber auch vor rechtlichen Problemen mit der GEMA.

Münkel ist auf seinem Profil bei Erklärvideos und dem Zeigen von Projekten, die er umgesetzt hat, geblieben. Aus seinen professionell aussehenden Videos schlägt der Fliesenleger direkt doppelt Kapital und lädt sie nicht nur auf TikTok, sondern auch auf Instagram hoch. Dort laufen die Videos ähnlich gut. Außerdem hat er sich ein paar Tipps von TikTok für Instagram abgeschaut. Bei der Kurzvideoplattform fügen die Nutzer im Vorschaubild einen Titel hinzu. So sehen Nutzer beim Scrollen auf dem Profil direkt, welcher Inhalt für sie interessant ist. Titel sind zum Beispiel „Fliesen verlegen auf Holzboden?“ oder „Silikon ist keine Abdichtung!“. Das Experiment TikTok hat sich für ihn und seine Zuschauer damit rundum gelohnt.

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© tiktok

Konto einrichten: So geht’s

Jeder kann über Nacht zum TikTok-Star werden. Der erste Schritt dorthin besteht darin, ein Konto anzulegen und dieses mit wichtigen und spannenden Informationen über sich selbst sowie den eigenen Betrieb anzureichern.

  1. App installieren: Laden Sie sich die App aus dem Google Play Store oder dem Apple App Store herunter. Öffnen Sie die App, tippen Sie auf „registrieren“ und geben Sie Ihre persönlichen Daten ein – oder verknüpfen Sie die App mit Facebook, Google oder Twitter. Alternativ können Sie sich mit den gleichen Schritten auf tiktok.com registrieren. Um die App kommen Sie aber im weiteren Verlauf nicht herum.
  2. Privates auf Business-Konto umstellen: Haben Sie Ihr Konto erstellt, müssen Sie Ihr aktuell privates Konto in ein Business-Konto umwandeln. Gehen Sie dazu auf Ihr Profil, wählen Sie die drei Punkte rechts oben und tippen Sie auf „Einstellungen und Datenschutz“. Danach gehen Sie auf „Konto“ und anschließend „Zum Business-Konto wechseln“.
  3. Konto anlegen: Jetzt ist Zeit für alles Weitere. Wenn Sie auf Ihrem Profil sind, können Sie über „Profil bearbeiten“ einiges anpassen. Laden Sie ein Bild von sich oder Ihr Firmenlogo hoch. Fügen Sie eine Biografie mit einer kleinen Beschreibung und einem Link zu Ihrer Website hinzu. Und danach kann es losgehen mit den kreativen Inhalten.