Gebrauchtwagenmarkt für Elektromobilität Gebrauchte Elektrofahrzeuge: Mit Förderungen und Steuervorteilen noch günstiger fahren

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Mit wachsender Modellpalette und dem Boom bei elektrifizierten Fahrzeugen können Handwerksbetriebe auch auf dem Gebrauchtwagenmarkt Angebote finden, die zum Bedarf und Budget passen. Bisweilen machen Unternehmer richtige Schnäppchen. Befeuert wird das unter anderem durch staatliche Förderungen für bestimmte junge E-Gebrauchte. Darauf sollten potenzielle Käufer achten.

gebrauchter elektrifizierter MAN e TGE
Bernd Abrahams aus Schwerte mit seinem elektrifizierten MAN eTGE, den er gebraucht in einem Autohaus erwarb. - © Jens Nieth

Zwei Vorgaben haben Bernd Abrahams Ende vergangenen Jahres geleitet, als er sich nach einem Elektrotransporter umgeschaut hat: Das Fahrzeug durfte einen bestimmten Preis nicht überschreiten und es musste sofort verfügbar sein. Damit schied für den Inhaber von Abrahams Elektrotechnik in Schwerte ein Neu­wagen aus. „Ich habe daraufhin bei Händlern und in den Online-Börsen recherchiert, was an Gebrauchtwagen angeboten wird, und bin bei einem Autohaus auf einen MAN eTGE gestoßen“, sagt der Unternehmer. Die Angaben zum Vorführwagen mit Erstzulassung im Juli 2019 überzeugten ihn. „Das Fahrzeug hatte erst rund 5.000 Kilometer zurückgelegt, war überdurchschnittlich gut ausgestattet und etwa 60 Prozent günstiger als ein vergleichbarer Neuwagen.“ Außerdem konnte der Elektroinstallateurmeister das leichte Nutzfahrzeug mit Kauf im November direkt übernehmen.

Regionaler Einsatz unter Last

Der gebrauchte Stromer ist nun neben ­einem weiteren geleasten neuen E-Auto und sieben Firmenwagen mit herkömm­lichen Antrieben im Einsatz. Dabei dient der E-Transporter unter anderem als Testfahrzeug, wenn Abrahams Team bei Kunden zum Beispiel Wallboxen installiert. „Viele haben sich aufgrund der attraktiven Förderungen im vergangenen Jahr Ladestationen einbauen lassen, obwohl das E-Fahrzeug noch nicht vorhanden oder die Anschaffung erst in ein oder zwei Jahren angedacht ist“, erläutert der Handwerkschef. Bei diesen Kunden steckt er den alternativen Lastenträger an und zeigt ihnen, dass die Installationen funktionieren.

Gebraucht – fast wie neu

Daneben befördern die Mitarbeiter mit dem Transporter Material und Werkzeug. Deshalb baute man auch ein Regalsystem ein. Auf die Reichweite hat das nach seinen Erfahrungen keine großen Auswirkungen. Abrahams ergänzt: „Viel mehr macht sich unsere Lage am Rande des Sauerlandes bemerkbar. Wir müssen den einen oder anderen Berg hoch. Das kostet Leistung. Eine Ladung reicht aber trotzdem für 100 bis 120 Kilometer.“ Er registriert folglich bei der Batterieleistung keine Einbußen. Ausfälle hat er auf den insgesamt rund 3.500 absolvierten Kilometern seit dem Kauf auch nicht zu beklagen. Lediglich eine Rückrufaktion traf ihn. „Hier mussten Arbeiten an der Hinterachse durchgeführt werden. Ansonsten läuft es reibungslos.“

Attraktive Preise

Dass es vermehrt günstige gebrauchte E-Autos gibt, hat mit den hohen staatlichen Förderungen für Neuwagen zu tun, die Druck auf die Restwerte bringen. Käufer und Leasingnehmer können den Umweltbonus aber auch für bestimmte junge Gebrauchte beantragen. „Je größer die Prämien auf den Endpreis wirken, desto stärker der Einfluss auf den künftigen Wert“, sagt Martin Weiss, Leiter Fahrzeugbewertung der Deutschen Automobil Treuhand (DAT). Folglich sind Fahrzeuge mit niedrigem Neuwagenlistenpreis, für die gleichzeitig die höchsten Umweltboni gezahlt werden, aus zweiter Hand besonders günstig zu haben.
Die DAT meldet aktuell für alle drei Jahre alten E-Autos mit einer jährlichen Laufleistung von 15.000 bis 20.000 Kilometern über alle Marken und Modelle einen durchschnittlichen Restwert von 50,7 Prozent. Tendenz weiter sinkend. „In manchen Fällen liegt der Wert aber auch 60 Prozent unter dem Neuwagen­listenpreis“, so Weiss. „Kunden können daher einen günstigen Einstieg in die Elektromobilität erlangen.“

Förderung: Umweltbonus von bis zu 7.500 Euro

E-Fahrzeuge und Plug-in-Hybride können bei Zweitzulassung nach dem 3. Juni 2020 Förderungen erhalten, deren Höhe den Vorgaben für Neuwagen mit Nettolistenpreis über 40.000 bis 65.000 Euro für das Basismodell entsprechen. Das sind bei Kauf sowie bei Leasing mit einer Laufzeit über 23 Monate für rein batteriebetriebene Fahrzeuge 7.500 Euro (5.000 Euro Bundesförderung plus 2.500 Euro Herstelleranteil) sowie bei Plug-in-Hybriden 5.650 Euro (3.750 Euro Bundesförderung plus 1.875 Euro Herstelleranteil). Die Fahrzeuge müssen dafür einige Voraussetzungen erfüllen:

  • Es muss sich um förderfähige Fahrzeuge gemäß BAFA-Liste handeln (bafa.de/SharedDocs/Downloads/DE/Energie/emob_ liste_foerderfaehige_fahrzeuge.html) und diese dürfen noch keine Förderungen erhalten haben.
  • Die Erstzulassung muss am 4. November 2019 oder später in Deutschland oder einem anderen EU-Staat erfolgt sein.
  • Das Fahrzeug darf höchstens zwölf Monate erstzugelassen sein und eine Laufleistung von weniger als 15.000 Kilometern auf dem Tacho haben.
  • Der Kaufpreis muss zudem unter dem Schwellenwert von 80 Prozent des Brutto-Neufahrzeuglistenpreises inklusive Sonderausstattung minus Herstellerprämie liegen.
  • Die Sonderausstattung beinhaltet allerdings keine mobilen Komponenten wie Winterräder und Ladekabel sowie keine immateriellen Werte wie Anschlussgarantien.
  • Der Kaufpreis kann entweder durch eine Neufahrzeugrechnung nebst Laufleistungsgutachten oder im Rahmen eines Gutachtens durch Sachverständige der Deutschen Automobil Treuhand (DAT) für 29 Euro brutto nachgewiesen werden (dat.de/sachverständige).
  • Es gibt auch eine Mindesthaltedauer für die E-Fahrzeuge: Sie müssen sechs Monate auf den Antragsteller hierzulande zugelassen sein.

Batterien haltbarer als erwartet

Die meisten elektrifizierten Gebraucht­wagen kommen von Herstellern und Händlern. Davon profitieren wiederum die Kunden, da bei Kfz-Mängeln das Autohaus vor Ort ihr Ansprechpartner bleibt. Das kann mit Blick auf die Batterie als teuerster Risikofaktor wichtig werden. Weiss vermutet allerdings keinen erhöhten Bedarf: „Es liegen zwar noch wenige Daten vor, und auch die DAT hat noch einige Projekte am Laufen, in denen die Leistung der Batterien getestet und bewertet wird. Es zeichnet sich aber schon ab, dass diese deutlich haltbarer sind als manche befürchtet ­haben.“ Ungeachtet dessen, bieten die Hersteller standardmäßig eine Garantie von mindestens acht Jahren über Gesamtlaufleistungen von 150.000 bis 200.000 Kilometer für reine E-Autos an. Gleichwohl hat DAT-Experte Weiss für KMU konkrete Tipps, wenn diese mit Gebrauchten liebäugeln .

Checkliste: Stromer aus zweiter Hand

Handwerksbetriebe, die sich für gebrauchte reine Elektrofahrzeuge oder Plug-in-Hybride interessieren, sollten laut Martin Weiss, Leiter DAT-Fahrzeugbewertung, folgende Aspekte bei der Anschaffung berücksichtigen:

  • Holen Sie Ihren gebrauchten Stromer oder Plug-in-Hybrid am besten beim Hersteller oder Markenhändler. Diese sind Experten für die elektrifizierten Modelle der jeweiligen Marke.
  • Ermitteln Sie die benötigte maximale Reichweite, die geplante Haltedauer des Kfz und gleichen Sie diese mit den Herstellerangaben sowie Erfahrungsberichten von Nutzern ab. Bauen Sie hier einen Puffer ein, da die Reichweite je nach Fahrverhalten, Zuladun und Alter der Batterie tendenziell abnimmt.
  • Lassen Sie bei reinen Stromern vom Händler den Batteriezustand des Fahrzeugs checken und sich das Ergebnis dokumentieren. Das gilt insbesondere für Modelle, die älter als zwölf Monate sind. Denn der Zustand hängt von verschiedenen Faktoren ab, unter anderem von den Ladezyklen, wie oft das Fahrzeug über Schnelllader Strom gezogen hat und bei welchen Temperaturen das Kfz im Einsatz war. Im grünen Bereich ist eine Leistung von über 90 Prozent.
  • Daneben gelten Kriterien wie beim herkömmlichen Gebrauchtwagen: Schauen Sie sich beispielsweise die Bremsen an. Die Bremsscheiben werden durch das Fahrverhalten und die Rekuperation zwar oft weniger beansprucht, dafür können diese schneller rosten.
  • Ein Augenmerk sollten Sie auch auf die Reifen richten. Da die E-Fahrzeuge ein höheres Drehmoment und ein höheres Eigengewicht aufweisen, kann es zu einem stärkeren Abrieb in kürzerer Zeit als bei Verbrennern kommen und dadurch ein Reifenwechsel schneller notwendig sein.

Steuerlicher Rahmen

Mindestens genauso wichtig wie die technischen Aspekte ist der steuerliche Rahmen für gebrauchte E-Fahrzeuge. Diesen hat der Gesetzgeber großzügig gestaltet, um die Elektromobilität voranzutreiben. „Neben den Kaufanreizen durch die ­Förderungen sind die erheblichen steuerlichen Begünstigungen für die Privatnutzung der E-Fahrzeuge zu nennen. Hierbei unterscheiden sich die Regelungen für gebrauchte nicht wesentlich von denen für neue“, sagt Thomas Niemann, Steuerberater der PKF Wulf Gruppe in Balingen. Demnach sind zwar zum Beispiel bei gebrauchten leichten E-Nutzfahrzeugen keine Sonderabschreibungen von 50 Prozent im ersten Jahr der Anschaffung wie bei Erstzulassungen möglich. „Für alle rein betrieblich genutzten Elektrofahrzeuge kann – soweit die gesetzlichen Vo­raussetzungen erfüllt sind – aber alternativ ein Investitionsabzugsbetrag von bis zu 50 Prozent geltend gemacht werden sowie im Jahr der Anschaffung eine Sonderabschreibung von bis zu 20 Prozent zusätzlich zur normalen Abschreibung“, erläutert Niemann.

Geldwerter Vorteil

Zugleich kommen Unternehmen in den Genuss der gesenkten Sätze zur Bemessung der geldwerten Vorteile , die bei privater und geschäftlicher Nutzung zu versteuern sind. „Hierbei wird nicht zwischen Neuen und Gebrauchten unterschieden. Rein batteriebetriebene Fahrzeuge werden stets nur noch mit 0,25 Prozent des Neuwagen-Bruttolistenpreises monatlich besteuert, sofern der Kfz-Preis zuzüglich der Kosten für Sonderausstattung und einschließlich Mehrwertsteuer unter 60.000 Euro liegt“, erläutert Niemann. „Bei reinen Elektrofahrzeugen mit einem Bruttolistenpreis über 60.000 Euro und Plug-in-Hybriden beträgt der Satz 0,5 Prozent pro Monat.“

Etwaige Vorteile, wie eine Kaufprämie oder eine vorherige Nutzung durch einen Vorbesitzer, würden dabei nicht mindernd eingerechnet. Generell sieht der Steuerberater daher gebrauchte Stromer als eine Option für den Fuhrpark. „Da sich die Besteuerung des geldwerten Vorteils von vergleichbaren Neuwagen nicht unterscheidet, ist ferner mit keinen betriebswirtschaftlichen Nachteilen zu rechnen.“

Weitere steuerliche Vorzüge

Darüber hinaus weist Niemann auf die zeitlich begrenzte Befreiung von der Kfz-Steuer für zehn Jahre ab Erstzulassung hin. „Außerdem gibt es ebenfalls an ­Vo­raussetzungen geknüpfte Erleichterungen bei der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung von Leasingraten – unabhängig davon, ob es sich um ein neues oder gebrauchtes Elektrofahrzeug handelt“, so Niemann.

Die steuerlichen Vorteile sind auch für Bernd Abrahams wesentliche Argumente, die Anschaffung weiterer Elektrofahrzeuge ins Auge zu fassen. Und wenn die Konditionen stimmen, kann es gerne wieder ein Gebrauchter sein.

Aktuelle Offerten: Alter und Preise der E-Gebrauchtwagen

Die beiden großen Kfz-Börsen Mobile.de und Autoscout24 verzeichnen eine rasante Steigerung der Angebote an gebrauchten Stromern und Plug-in-Hybriden. Dadurch steigen auch für KMU die Chancen, ein Modell zu günstigen Preisen zu finden.

Etwa 23.500 Elektro-Pkw hat Mobile.de im März 2021 an Listings gezählt. Das sind doppelt so viele wie im Vorjahresmonat. Die angebotenen Modelle im besagten Zeitraum dieses Jahres waren durchschnittlich 21,1 Monate alt und hatten eine Laufleistung von 14.728 Kilometern. Dabei sind die gebrauchten E-Autos im Schnitt 30 Prozent günstiger als neue. „Der durchschnittliche Preis für gebrauchte E-Fahrzeuge liegt bei Mobile.de aktuell bei rund 30.500 Euro“, sagt Commercial Director Daniel Breves.

Die meisten Stromer werden von Händlern angeboten (93,5 Prozent). Dabei handelt es sich vorwiegend um Kleinwagen und City Cruiser. Am häufigsten findet man die Modelle Renault Zoe, Smart Fortwo und BMW i3. Gefragteste Modelle nach Marken gemessen an den Standtagen vom Upload bis zur Löschung des Inserates: Mercedes-Benz, Tesla, VW und Mazda. „An der Spitze der beliebtesten Modelle stehen der BMW i3, VW Golf, Mazda MX-30, Audi E-tron und Smart Fortwo“, führt Breves aus.

Er rechnet in naher Zukunft mit einer deutlich größeren Auswahl: „E-Autos sind zwar noch nicht in allen Garagen, aber in aller Munde. Wir gehen davon aus, dass Angebot und Nachfrage in den kommenden Jahren erheblich steigen, getrieben von einer immer besseren Infrastruktur und wachsenden Modellvielfalt.“

Autoscout24 meldet Zahlen für 2020. Dort ist die Zahl der Inserate für E-Autos um 70 Prozent auf 34.916 im vergangenen Jahr geklettert. Der Durchschnittspreis lag 2020 bei 24.645 Euro. Gemessen an den Seitenaufrufen werden laut Unternehmensangaben elektrifizierte Fahrzeuge über 30.000 Euro am häufigsten nachgefragt. Das größte Angebot hat die Plattform in der Preisspanne von 10.000 bis 15.000 Euro registriert. Die Segmente Minis und Kompaktklasse dominierten dabei.

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