Branchencheck Fleischerhandwerk: Den Umbruch aktiv mitgestalten

Zugehörige Themenseiten:
Branchencheck, Geschäftsideen, Metzger und Wachstum

Gutes Fleisch ist ein Stück Lebensqualität. Fleischalternativen sind es aber zunehmend auch. Die Branche gestaltet den Wandel und ihre Zukunft aktiv mit. Zum eigenen Wohl – und zum Wohl der Umwelt.

Branchencheck Fleischer
Rund 90 Prozent der Menschen essen gerne gutes Fleisch und gute Wurst. - © VICUSCHKA - stock.adobe.com

Das Fleischerhandwerk ist eines der traditionellsten. Erste Nachweise über diese Tätigkeiten fanden sich bereits bei den Galliern, die schon weit vor Christi Geburt Wurst herstellten.

Dieses uralte Gewerk ist nun mitten im Umbruch – wie die in Frankfurt veranstaltete Internationale Fleischer Fachausstellung (IFFA) in diesem Jahr zeigte: Die Fleischer setzen vermehrt auf Technik und sie bringen Lösungen für pflanzlichen Fleischersatz und alternative Proteine hervor. Unter den rund 860 Ausstellern aus 44 Ländern waren über 200 Vertreter von Unternehmen, die Produkte für die Herstellung von Fleischalternativen anboten. Und auch das Rahmenprogramm der Messe war mit vielen weiterführenden Informationen rund um das Thema Fleischalternativen auf diesen neuen Trend ausgerichtet.

Gutes Fleisch bleibt gefragt

„Generell ist die Branche aber gut aufgestellt“, findet Herbert Dohrmann, Präsident des Deutschen Fleischerei-Verbands. Denn rund 90 Prozent der Menschen würden gern gutes Fleisch und gute Wurst essen. Zudem lägen Regionalität und Handwerk im Trend. Ausgebildete Fleischer seien anerkannte Fachleute in einem sehr komplexen und von vielen Emotionen begleiteten Bereich.

Als große Herausforderungen für die Branche nennt Verbandspräsident Dohrmann die Inflation, die massive Personalknappheit und die steigenden Rohstoffpreise. Sie machen es den Unternehmern nicht eben leicht, gute Waren zu akzeptablen Preisen an­zubieten.

Politik wirbt für Fleischersatz

Eine besondere Erschwernis stellt derzeit die Politik für die Metzger da. Sie möchte den Verzehr von Fleisch in der Breite eindämmen und so die Massentierhaltung reduzieren, um den Klimaschutz zu stärken. „Das ist eine Herausforderung und zerstört die regionalen Wirtschaftskreisläufe in vielen Gegenden Deutschlands“, warnt Dohrmann. Die Entwicklung der Rahmenbedingungen für das Handwerk der Fleischer werde die Zukunft der Branche massiv beeinflussen.

Metzger bieten Alternativen

Fleischalternativen auf der Grundlage pflanzlicher Proteinquellen sind mittlerweile ein fester Bestandteil des Lebensmittel-Sortiments in vielen Supermärkten – und das mit steigenden Zuwachsraten. So hat sich laut Daten von Euromonitor der Umsatz mit pflanzenbasiertem Fleisch im europäischen Einzelhandel im vergangenen Jahr um 19 Prozent gegenüber dem Vorjahr erhöht. Absolut gesehen, bewegt sich die nachgefragte Menge jedoch noch auf einem recht niedrigen Niveau.

Für alle, die noch nicht bereit für Fleischalternativen sind, bieten Handwerk und Industrie hybride Fleischprodukte an – etwa Hackfleisch und Bratwurst, die mit viel Gemüse, Pilzen oder Samen angereichert sind.

Branchentrends

  • Regionalität
    Der Trend ist nicht neu, wird aber durch die aktuellen Entwicklungen an den Weltmärkten, wie Lieferengpässe oder Rohstoffabhängigkeiten, verstärkt. Der Wunsch, Produkte zu genießen, die aus der eigenen Region stammen, prägt die Kaufentscheidung vieler Kunden. Die meisten Fleischereien sind in Rohstoffbezug und Absatz auf die Region ausgerichtet.

  • Wohl des Tieres
    Den Verbrauchern wird es immer wichtiger, dass es den Tieren zu Lebzeiten sowie vor und während des Schlachtprozesses gut ergangen ist. Den meisten Fleischern ist es möglich, ihren Kunden zu zeigen, wo die Tiere herkommen und wie sie gelebt haben. Transparenz wird immer wichtiger.

  • Nachhaltigkeit
    Ob Verpackung, kurze Wege für Kunden und Produkte, die Vermeidung von Müll, familiäre Arbeitsverhältnisse oder die Sicherung regionaler Wirtschaftskreisläufe: Nachhaltigkeit, ob ökonomische, ökologische oder soziale, werden zunehmend wichtige Themen, wenn es um die Auswahl der Einkaufsstätte geht. Hier kann das Lebensmittelhandwerk sehr gut punkten.

  • Fleischqualität
    Immer mehr Kunden registrieren, dass Fleisch nicht gleich Fleisch ist. Qualitätsunterschiede, die auf der Tierrasse, der Haltung, der Fütterung, der Schlachtung und vielen weiteren Kriterien beruhen, werden hinterfragt und auch nachgefragt. Sichtbar wird diese Entwicklung durch die Attraktivität einer Weiterbildung zum Fleischsommelier.

  • Digitalisierung
    Mit Sicherheit hat Corona dazu geführt, dass die Digitalisierung auch im Fleischerhandwerk an Fahrt gewonnen hat. Angefangen von den Zahlungsmöglichkeiten über digitale Bestellsysteme bis hin zu vollautomatischen Filialen können alle Entwicklungsstufen der Digitalisierung im Fleischerhandwerk beobachtet werden. Das Gleiche gilt für den Maschinenpark der Fleischer, der kaum noch ohne digitale Steuerungen auskommt.

Fleisch und Wurst sind den Verbrauchern wichtig. Gegenwind kommt von der Politik.

Dem Fleischerhandwerk geht es gut. Die Verbraucher fragen vor allem gute Qualität bei Fleisch und Wurst nach. Zwar ist die Anzahl der Fleischereien seit Jahren leicht rückläufig – das ist vor allem dem Fachkräfte- und Verkäufermangel geschuldet. Doch in Summe gibt es mehr Beschäftigte, da die Größe der Betriebe zunimmt.

Umsatz

Prognose: Erstmals seit Jahren sinkt der Umsatz im Fleischerhandwerk. Zwar ist der Umsatz an den Theken im Lockdown gestiegen, jedoch bei Lieferungen und Catering massiv gesunken. Größte Herausforderungen sind steigende Rohstoffpreise, inflationsbedingte Kaufzurückhaltung und massiver Personalmangel. Die Branche fürchtet einen weiteren Umsatzrückgang.

JahrUmsatz in Mrd. Euro
201816,89
2019 17,45
202017,57
202117,06
Beschäftigte

Prognose: Im Lockdown haben die Fleischer Personal abgebaut. Im Zuge der Lockerungen wurde jedoch wieder Personal eingestellt – sogar mehr, als entlassen wurde. Dies gilt als Ausnahme, denn insgesamt sinkt die Zahl der Beschäftigten. Da ihr Rückgang jedoch geringer ist als der Rückgang bei der Anzahl der Betriebe, gibt es einen Trend hin zu größeren Fleischereien.

JahrAnzahl der Beschäftigten
2018139.750
2019137.100
2020133.400
2021137.400
Auszubildende

Prognose: Aktuell fällt es den Fleischern schwer, Menschen für ihr Handwerk zu begeistern. Deshalb hat der Fleischer-Verband das Portal „Anders als du denkst“ initialisiert. Ein „Betriebefinder“ zeigt Interessierten, wo ausgebildet wird und wo Praktika möglich sind. Der Verband meint, dass schon bald die Talsohle erreicht ist. Fast noch problematischer ist das Finden von Verkäufern.

JahrAnzahl der Auszubildenden
20186.279
20195.885
20205.612
20215.250
Anzahl der Betriebe

Prognose: Seit Jahren ist die Zahl der Fleischereien rückläufig. Viele Betriebe schließen aufgrund des Alters der Inhaber. Gleichzeitig gibt es kaum Neugründungen. Das liegt wohl daran, dass die Investitionen in eine Neugründung hoch sind und dass die aktuell unruhigen Zeiten nicht ausreichend Sicherheit bieten, um eine so große finanzielle Verpflichtung einzugehen.

JahrAnzahl der Betriebe
201811.917
201911.671
202011.191
202110.870