Seifriz-Sonderpreis: Den Transfer zwischen Handwerk und Wissenschaft haben die Baumretter Franz Humberg, Professor Helmut Grüning und Nils Siering exzellent hinbekommen. Was macht das Siegerprojekt der Alveus-Baumrigole so besonders?

Der Klimawandel sorgt bei städtischen Bäumen für jede Menge Stress. Doch was tun, wenn die Bäume auf dem Trockenen sitzen? Stadtplaner, Architekten oder Gartenamtsleiter, die in Sachen Klimaschutz-Resilienz unterwegs sind, sollten sich am besten mal mit Handwerkschef und Seifriz-Preis-Gewinner Franz Humberg unterhalten. „Wir sind zwar Schlosser. Aber wir wissen, was ein Baum zum Wachsen benötigt“, so der Chef von Humberg GmbH Baumschutzsysteme bei der Preisverleihung auf seinem Betriebsgelände.
Und wie sie das in Nottuln, Kammerbezirk Münster, wissen! Schließlich räumte der Handwerksbetrieb dieses Jahr gemeinsam mit seinen Wissenschaftspartnern Prof. Dr.-Ing. Helmut Grüning und Nils Siering M.Eng. vom Fachbereich Energie, Gebäude, Umwelt der FH Münster den neuen „Sonderpreis für ganzheitliche Nachhaltigkeit“, dotiert von der IKK classic, ab.
Prämierte Baumrigole Alveus senkt das Überflutungsrisiko
Konkret wurde das drei Meter lange, zwei Meter breite und eineinhalb Meter tiefe Baumrigolensystem Alveus, das 2019 in den Markt eingeführt wurde, prämiert: Es speichert den Niederschlag, bewässert damit die durstigen Bäume und trägt außerdem zur Senkung des Überflutungsrisikos im urbanen Raum bei. Humberg spricht von einem „multifunktionalen Schwammstadtsystem“ – Umwelttechnologie at it‘s best!
Für die renommierte Auszeichnung musste das Siegerprojekt unter anderem mit seiner Innovationshöhe die Expertenjury überzeugen. „Das war bei Ihnen schnell der Fall“, erklärt Jurymitglied Jürgen-Johannes Lau vor den anwesenden Mitarbeitern, Lokalpolitikern und Freunden des Unternehmens. In seiner Laudatio macht der Geschäftsführer der Landes-Gewerbeförderungsstelle des nordrhein-westfälischen Handwerks noch einen weiteren wichtigen Punkt: „Metallbau kann nachhaltig sein!“
Und das beweist der 25 Mitarbeiter große Handwerksbetrieb, der ab 1882 als Schmiede und Maschinenfabrik reüssierte, seit vielen Jahren. „Wir sind die Experten für Baumschutz, Regenwassermanagement und Stadtmobiliar“, sagt Unternehmer Humberg sichtlich stolz. Seit 1993 sei man bei hochwertigen Baumschutzsystemen führend. Humberg: „Wir sind selbst total begeistert, dass sich das System als so nachhaltig herausstellt.“
Wissenschaftliche Zusammenarbeit verbessert Wirksamkeit der Baumrigole
Als bahnbrechenden Fortschritt in der Entwicklung des Baumrigolensystems bezeichnet der Handwerksbetrieb die Zusammenarbeit mit dem Team von Professor Grüning. Die Expertise der Wissenschaftler habe dazu beigetragen, das System zu optimieren und seine Wirksamkeit in Bezug auf Wasserspeicherung und -nutzung zu maximieren. „Ich freue mich riesig, dass aus unserer Kooperation so viel geworden ist“, betont Grüning, Experte für Wasserversorgung und Entwässerungstechnik an der FH Münster.
Infos digital erfasst
Im Forschungsprojekt „BeGrüKlim – Entwicklung eines Bewässerungskonzepts von urbanem Grün während klimatisch bedingter Trockenphasen“, das Anfang 2020 startete und bis März 2023 lief, testeten die Partner die Rückhalte- und Bewässerungssysteme an drei Standorten – Gewerbefläche, Straßenbegleitgrün und Parkplatzentwässerung. Der Clou: Via Sensoren wissen die Forscher, wie es um die jeweiligen Bäume bestellt ist. „Neben dem Niederschlag werden Füllstände und Bodenfeuchte kontinuierlich digital erfasst, in der Cloud gespeichert und ausgewertet“, so der Wissenschaftler. „Die Messungen werden dauerhaft fortgesetzt.“
Vorteile des Schwammstadtsystems
Sollten sich Kommunen für das prämierte Schwammstadtsystem entscheiden, versprechen die Projektpartner unter anderem folgende Vorteile:
- planbare Entleerung vor Starkregenereignissen
- integrierte Wurzelraumbelüftung
- Retentionsbehälter zur Rückhaltung von Starkregen
- Versickerungsmöglichkeit zur Grundwasseranreicherung
- Niederschlagsrückführung zur Baumbewässerung
- Anschlussmöglichkeit an Dach- und Rinnenentwässerung
- Einsparung von Trinkwasser
- Entlastung der Kanalisation
Projektkosten für die Baumrigole betragen etwa 350.000 Euro
Doch wie groß waren Entwicklungsaufwand und Projektkosten? Humberg schätzt den Wert auf zwölf Personenmonate, die Kosten auf rund 350.000 Euro (Förderbetrag: 270.000 Euro). Mit ihrem Baumrigolensystem bearbeiten die Münsterländer nun ein neues Marktsegment – und peilen ein Umsatzwachstum an. „Wir erwarten für 2024 Umsätze in Höhe von 200.000 Euro“, heißt es etwa im Bewerbungsbogen des „Seifriz 2024“. Und auch so gehen dem Humberg-Team nicht die Ideen aus: Mit der Huno Tankbank, einer mobilen Sitzbank mit integriertem Bewässerungssystem, existiert schon die nächste Innovation.
Aber zurück zu den Seifriz-Preis-Siegern. Sie betonen: „Wir freuen uns darauf, auch in Zukunft gemeinsam an der Förderung der Nachhaltigkeit in der Umwelttechnologie zu arbeiten.“ Und die Bäume in den Städten sicher auch.
Hintergrund: Das ist der „Seifriz“
Der renommierte „Seifriz – Transferpreis Handwerk + Wissenschaft“ wird unter der Federführung von Handwerk BW durch den Verein Technologietransfer Handwerk e.V. und in Zusammenarbeit mit handwerk magazin veranstaltet. Partner des Preises sind Holzmann Medien und die Signal Iduna Gruppe für Versicherungen und Finanzen, die die Hauptpreise stiften. Der neue „Sonderpreis für ganzheitliche Nachhaltigkeit“ wird von der IKK classic dotiert. Die Preisgelder: insgesamt bis zu 25.000 Euro – plus Teilnahme am Kongress „Zukunft Handwerk“, der vom 28. Februar bis 1. März 2024 in München stattfand.