Gründen für Frauen, 1. Folge Was Frauen vom Gründen abhält: Von "Aufschieberitis" bis Perfektionsdrang

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Frauen im Handwerk, Gründen für Frauen – Eine Kolumne von Maren Jopen und Unternehmensberater

"Ach, das war doch nichts." Oder: "Das hätten andere doch genauso gut gekonnt." Hinter einem solchen bescheidenen Auftreten stecken häufig negative Denk- und Verhaltensweisen – und diese halten vom Gründen hab. Kolumnistin Maren Jopen zeigt, wie sich Frauen im Handwerk aus der Selbstsabotage-Falle befreien.

Stellen Sie Ihr Licht auch unter den Scheffel? Maren Jopen hilft Frauen dabei, ihre eigenen beruflichen Träume zu realisieren. - © photka - stock.adobe.com

Ein oft genanntes Argument, dass weniger Frauen gründen, ist das klassische Rollenverständnis. Frauen tragen häufiger die Verantwortung für die Familie. Sie sind sich unsicher, wie sie diese Verantwortung mit einer Gründung vereinbaren sollen. Dazu kommen weitere Einschränkungen wie beispielsweise kein bezahlter Mutterschutz für selbstständige Schwangere. Aber das ist noch nicht alles. Oftmals liegen die Probleme viel tiefer – im Unbewussten.

Von meiner Arbeit als Gründungsberaterin für Frauen weiß ich, dass bei vielen negative Denk- und Verhaltensweisen zugrunde liegen. Diese Muster halten sie von Dingen ab, die sie sich eigentlich wünschen. Für die sie von außen betrachtet auch geeignet wären, wie zum Beispiel der Schritt in die Selbstständigkeit. Die Fachwelt spricht auch davon, dass Frauen “sich selbst sabotieren”. Natürlich betrifft das auch einige Männer, doch haben Frauen häufiger damit zu kämpfen

Verschiedene Muster der Selbstsabotage

Muster 1: Mangelnder Fortschritt

Egal, was Sie tun, irgendwie geht es nicht richtig vorwärts – soweit Ihr eigenes Gefühl. Andere sehen das vielleicht anders und finden, dass Sie schon weit gekommen sind. Selber haben Sie aber das Gefühl, dass Sie sich im Kreis drehen.

Muster 2: Negative Selbstkritik

Auch, wenn von anderen ermutigende Worte und positive Rückmeldungen kommen, zweifeln Sie an sich. “War das wirklich gut, was ich gemacht habe?” “Hätte man das nicht besser machen können?” “Lobt der andere mich nicht nur, um nett zu mir zu sein?” sind Gedanken, die in Ihrem Kopf kreisen. Nie sind Sie mit Ihrer Leistung wirklich zufrieden.

Muster 3: Unrealistische Ziele

Sie setzen sich selbst unrealistische Ziele oder nehmen Aufgaben an, die nahezu unmöglich für Sie zu bewältigen sind. Beispielsweise geben Sie sich selbst viel zu wenig Zeit, um ein Projekt fertigzustellen. Damit überfordern Sie sich permanent und denken, dass Sie es nicht drauf haben.

Muster 4: Perfektion

Erst setzen Sie sich unrealistische Ziele und dann versuchen Sie, alles perfekt zu machen. Die Folge ist, dass Sie ständig überarbeitet sind. 

Muster 5: Gefühl des unverdienten Erfolgs

Wenn Sie etwas gut gemacht haben, sind Sie der Überzeugung, dass Sie diesen Erfolg gar nicht verdient haben. “War doch nicht so schwer.” “Das hätten andere doch genauso gut gekonnt.” “Das war doch nichts Besonderes” sind klassische Gedanken.

Muster 6: "Aufschieberitis"

Sie schieben Aufgaben und Entscheidungen immer weiter vor sich her. Statt die Sachen einmal vernünftig zu erledigen, lenken Sie sich mit anderen Nebensächlichkeiten ab. Dann ärgern Sie sich, dass Sie nichts auf die Reihe bekommen.

Muster 7: Selbstvernachlässigung

Sie hören nicht mehr auf Ihre eigenen Bedürfnisse, zum Beispiel nach Erholung, Abwechslung oder Kollegialität, um es anderen recht zu machen. Es fällt Ihnen wahnsinnig schwer, “nein” zu sagen

Vielleicht erkennen Sie sich in einem oder mehreren, vielleicht sogar in allen Punkten wieder?

Fünf Tipps zum Sofortanwenden

Tipp 1: Erkennen, was los ist

Zunächst mal geht es darum, die eigenen Verhaltensmuster zu analysieren. Wovon lassen Sie sich ausbremsen? Wenn Ihnen das schwerfällt, probieren Sie mal das: Achten Sie darauf, wie Sie jeden Tag mit sich selbst sprechen. Ist es überwiegend negativ? Kritisieren Sie sich in einer Tour? Ärgern Sie sich ständig über sich selbst? Das könnte ein Hinweis sein. Achten Sie in den kommenden Tagen mal darauf!

Tipp 2: Hinterfragen und entscheiden

Haben Sie keine Lust mehr, sich selbst im Weg zu stehen? Oder ist es Ihnen eigentlich egal? Entscheiden Sie bewusst, ob Sie diese Muster beibehalten oder etwas daran ändern wollen. Wenn ja, gehen Sie weiter zu Punkt 3. Falls nicht: Fragen Sie sich, wovor Sie sich schützen möchten. Warum möchten Sie nichts verändern? In dem vermeintlichen Unsinn steckt nämlich ein Sinn.

Tipp 3: Realistische Ziele setzen

Überlegen Sie sich, was Sie in drei Monaten erreicht haben möchten. Malen Sie es sich aus, wie Sie das erreicht haben. Machen Sie die EINE Sache heute, die Sie diesem Ziel näher bringt. Das gleiche machen Sie morgen. Und übermorgen. Und so weiter.

Tipp 4: Erfolge notieren

Wenn Sie nach Punkt 3 vorgehen, werden Sie unweigerlich kleine Erfolge haben. Sie werden stolz sein, wie Sie schrittweise vorankommen. Notieren Sie sich das. Schreiben Sie jeden Abend drei kleine (oder große) Erfolge des Tages auf. Stellen Sie dazu eine Erinnerung in den Kalender oder kleben Sie einen Zettel an den Kühlschrank - damit Sie es nicht "vergessen" oder vor sich herschieben.

Tipp 5: Prioritäten setzen

To-Do-Listen haben die Angewohnheit, dass immer viel zu viel darauf steht – das kann kein Mensch schaffen. Überlegen Sie sich, was Ihnen wirklich wichtig ist. Wie schon bei den realistischen Zielen: Welche EINE Sache werden Sie heute auf jeden Fall schaffen, egal was passiert? Überlegen Sie das am Morgen oder Vorabend und konzentrieren Sie sich darauf, zumindest das zu schaffen. Alles andere ist dann nicht mehr so wichtig.


Meine Erfahrung sagt: wenn Sie mal mit den fünf Punkten anfangen und für drei Monate anwenden, werden Sie schon im Frühjahr einen enormen Schritt weiter sein. Beachten Sie: Veränderungen in Denk- und Verhaltensweisen erfordern Zeit und Geduld. Seien Sie geduldig mit sich selbst und erwarten Sie nicht sofortige Ergebnisse. Aber bleiben Sie dran!

Über die Autorin Maren Jopen:

2010 hat Maren Jopen ihre Festanstellung an den Nagel gehängt und das erste Mal gegründet: Gemeinsam mit ihrem Vater hat sie ein erfolgreiches Sozialunternehmen aufgebaut. Sie haben Strafgefangenen beigebracht, nach der Haft ein eigenes Unternehmen zu gründen. Mit großem Erfolg. 

Mittlerweile begleitet sie mit ihrer Beratung Jopenau Frauen auf dem Weg in die Selbstständigkeit. Zumeist sind das Frauen, die sich in ihrer Arbeit mehr Selbstbestimmung, Freiheit und Gestaltungsmöglichkeiten wünschen, aber nicht so richtig wissen, wie sie eine Selbstständigkeit angehen sollen.