Kolumne "Professioneller Bauablauf" von Andreas Scheibe, 23. Folge VOB: Dokumentieren statt Verlieren! Handwerker sollten Warte- und Rüstzeiten festhalten und abrechnen

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Auftragsabwicklung, Baurecht und Professioneller Bauablauf – Kolumne von Andreas Scheibe

Handwerker sind meist exzellent in ihrem Geschäft, haben ein einwandfreies technisches Verständnis und oft auch ein gutes Verhältnis zu ihrer Kundschaft. Was die meisten Handwerker allerdings nicht können: Dokumentationen schreiben. Und zwar Dokumentationen, die Geld bringen! Kolumnist Andreas Scheibe weiß, wo in solch einem Fall das Problem liegt und verrät in einer neuen Folge von „Professioneller Bauablauf“, wie die Lösung aussieht.

Kolumnist Andreas Scheibe berichtet in der 23. Folge von "Professioneller Bauablauf“ wie hilfreich Dokumentationen im Alltag eines Handwerkers sein können
Dokumentationen können einen (kleinen) Mehraufwand im Betriebsalltag bedeuten, aber eben auch erfolgreich Mehrkosten verhindern. - © rh2010 – stock.adobe.com

Eigentlich fängt es doch bereits beim Vertrag an. Handwerker sollten diesen gut kennen. Sie sollten ihn sich genau durchlesen, ihn auf Tücken oder Ungereimtheiten prüfen und wissen in welche Richtung die Reise geht. Sprich, was das Bau-Soll ist! Gerade bei öffentlichen Aufträgen, bei denen die VOB vorgegeben ist, steigen doch viele Handwerker aus. Erst recht, wenn sie gefragt werden, was die VOB/C, insbesondere die dortigen 0.1er- und 0.2er-Positionen in Verbindung mit dem Vertrag bedeuten. Wenn etwa ein Projektleiter oder Obermonteur nicht weiß, wie sich der Unterschied zwischen Bau-Soll und Bau-Ist im gesamten Bauprozess äußert, dann weiß er auch nicht, wann er eine Behinderung anzeigen muss. Das wäre allerdings bedauerlich, denn diese bedeutet bares Geld.

Stattdessen werkelt sein Team irgendwas zurecht und erhöht damit das eigene Haftungsrisiko. Allein das Thema der mangelhaften Ausführungsplanung bildet ein Milliardenloch in Deutschland. Der unvorsichtige Handwerker setzt schlechte Pläne um, erbringt dadurch de facto eine (unentgeltliche) Planungsleistung und haftet auch noch dafür.

Wenn man keine Standardbaustelle vorfindet...

Die meisten Baustellen weichen kilometerweit von der Standardbaustelle ab. Vermutlich wissen die meisten nicht, was mit „Standardbaustelle“ eigentlich gemeint ist, doch diese ist ganz klar in der VOB/C definiert. Der Handwerker erwartet also zu Beginn des Bauprozesses eine Standardbaustelle vorzufinden, stößt allerdings im krassesten Fall auf das komplette Gegenteil. Dadurch kann aus verschiedensten Gründen nicht gearbeitet werden, wie ursprünglich vereinbart. An diesem Punkt entscheidet sich, wer sich mit der VOB auskennt und wer eben nicht.

Dokumentieren statt Verlieren

Der ideale Ablauf wäre jetzt also wie folgt: Der Obermonteur auf der Baustelle erkennt eine Behinderung („Hey, so haben wir das aber nicht ausgemacht und erwartet.“). Mittels eines einfachen Handyfotos dokumentiert er die Behinderung und gibt diese weiter an den Projektleiter im Büro. Der wiederum zeigt die Behinderung offiziell schriftlich an. Ist die Behinderung vor Ort dann endlich verschwunden, gibt der Obermonteur seinem Kollegen am Schreibtisch erneut Bescheid, der daraufhin die Behinderung wieder abmeldet. Und somit haben wir einen genau definierten Zeitraum, in dem nicht gearbeitet werden konnte. Jetzt kommt der entscheidende Punkt: Der Obermonteur schreibt Stundenzettel zu Warte- und Rüstzeiten, die der Projektleiter dann abrechnet. Und schon reden wir von (zusätzlichem) Geld.

Vorsicht vor der roten Zahl hinterm Projekt

Wir halten fest: Wenn Obermonteur und Projektleiter erstens keine Ahnung von der VOB, ihren Vorgaben sowie Werkzeugen haben und sich zweitens auch als Team nicht sonderlich beweisen können, dann hat der Chef nichts zu lachen. Schnell laufen viele unproduktive und unvergütete Stunden für das Projekt an. Außerdem werden Haftungsrisiken unbewusst eingegangen und am Ende steht womöglich noch eine rote Zahl hinter dem Projekt.

Die Grundlagen der VOB

Ich denke, ich bin nicht allein, wenn ich sage: Handwerker, also Chef, Projektleiter, Obermonteur, müssen sich mit den VOB-Grundlagen befassen. Zum Profisein gehört leider mehr als das, was die Handwerkskammern bereitstellen. Glücklicherweise lässt sich Wissen ja aber immer nachholen.

Über Autor Andreas Scheibe:
Andreas Scheibe
© Continu-ING GmbH

Andreas Scheibe hat selbst als Planer und Projektleiter in großen Firmen gearbeitet, später den väterlichen Handwerksbetrieb übernommen und umgekrempelt. Seine Erfahrung bezahlte er laut eigener Aussage mit viel „Schweiß und Blut“, aber auch viel Geld. Es entstand die Idee zum „professionellen Bauablauf“!

Mit der Continu-ING GmbH (lücken-im-lv.de) verfolgt er heute als Coach und Mentor eine Mission: Das Handwerk muss wieder für seine Leistung anerkannt und entsprechend vergütet werden. Schluss mit dem „Sozialhandwerker“, der sich nicht zu wehren weiß und auf Kosten sitzen bleibt. Vom Handwerker als Getriebener zum aktiven Projekttreiber. Wichtige Fragen sollen endlich geklärt werden: Was sind meine Rechte, was meine Pflichten? Wie sieht es mit den Pflichten anderer aus? Was kann und muss ich fordern, um störungsfrei arbeiten zu können? Wie gelingt der Sprung vom letzten, missachteten Glied im Bauablauf zu einer Position auf Augenhöhe mit Fachplaner und Auftraggeber? Andreas Scheibe möchte neue Sichtfelder für Handwerker eröffnen.

"Stark im Handwerk – das Buch für Handwerker im VOB-Projektgeschäft"

Im August 2021 ist das erste Buch "Stark im Handwerk" von Andreas Scheibe erschienen. Darin beweist der Experte, dass die in der VOB viel Potenzial und auch viel Geld für Handwerker steckt. Aus der Praxis weiß handwerk-magazin-Kolumnist Scheibe, dass das Bild, welches Auftraggeber, Architekten und Planungsbüros oft vom Handwerker haben, meist kein ruhmreiches ist. Zwar sind die ausführenden Firmen nach deutschen Standards sehr gut ausgebildet und wissen technisch bestens Bescheid, doch von einer Sache hat man Ihnen nichts erzählt: Welche Rechte sie haben! Und auch nicht, dass sie eigentlich und zuallererst auf Augenhöhe mit Auftraggeber und Fachplaner stehen. "Der Handwerker ist zwar der letzte in der Reihenfolge bezogen auf den Bauablauf, aber der letzte Depp ist er noch lange nicht", erklärt Andreas Scheibe.

In diesem Zusammenhang kommt der Autor in seinem Buch sowohl auf die Rechte und Pflichten eines Handwerkers als auch auf die Rechte und Pflichten der anderen Projektbeteiligten zu sprechen. Denn genau diese sind im Detail in der VOB geregelt. Die Formulierungen klingen jedoch oft kompliziert und die Anwendung ist daher auch sehr unbeliebt – zu Unrecht, wie der Autor findet. Das Buch von Andreas Scheibe weckt nicht nur Interesse für das Projektgeschäft, sondern auch für das Durchsetzen von Rechten und Einfordern von Pflichten, sowie den spielerischen Umgang mit Paragrafen. Das Ziel: Handwerk muss wieder Spaß machen, gerecht bezahlt werden und zu alter Stärke zurückfinden.

stark-im-handwerk.de

Neues Buch: "Der professionelle Bauablauf – Das Schritt-für-Schritt System um deine Liquidität nachhaltig zu sichern"

Im August 2023 erschien das bereits dritte Buch von Andreas Scheibe „Der professionelle Bauablauf“. In diesem Buch sind viele Jahre Erfahrung in der Durchführung und auch Beratung von hunderten Handwerksunternehmen eingeflossen. Daraus entstanden ist ein praxiserprobtes und sofort umsetzbares Schritt-für-Schritt System welches mehr Klarheit und Sicherheit im Bauablauf für Handwerker verspricht. In diesem Buch geht es um notwendige Fähigkeiten um standardisierte Ablaufpläne zu erstellen, hochprofitable Nachträge durchzusetzen und berechtigte Forderungen darzulegen, zu begründen und zu verhandeln.

In seinem Buch geht Andreas Scheibe auch auf die 47 häufigsten und teuersten Fehler in VOB-Projekten ein, und wie sich diese verhindern lassen. Am Ende geht es darum, einen standardisierten Schriftverkehr einzuführen und Projekte strukturiert und profitabel abzuwickeln. Und das nach den Spielregeln der VOB.

der-professionelle-bauablauf .de