Plötzlich drohen hohe Vertragsstrafen bei Nichtwahrnehmung eines Termins – ist das überhaupt rechtlich erlaubt? Nein, sagt VOB-Trainer und Kolumnist Andreas Scheibe. In dieser Folge von "Professioneller Bauablauf" erklärt er, warum solche Strafen nicht zulässig sind und wie Sie sich als Handwerksunternehmer erfolgreich dagegen wehren.

Stellen Sie sich vor, Sie erhalten eine Einladung zu einem Jour-Fixe-Termin und plötzlich finden Sie im Protokoll folgende Bemerkung: 1.000 Euro Strafe pro nicht wahrgenommenen Termin. Das Ganze wird dann einfach von Ihrer Rechnung abgezogen – ohne vertragliche Grundlage! Klingt absurd, oder? Leider passiert das immer häufiger, besonders im öffentlichen Bereich. Aber keine Sorge, Sie können sich dagegen zur Wehr setzen!
Warum Vertragsstrafen wegen nicht wahrgenommener Termine unzulässig sind
Solche Forderungen haben weder rechtlich noch vertraglich Bestand. Und hier sind die wichtigsten Gründe, warum das so nicht zulässig ist:
- Keine Teilnahmeverpflichtung:
Sie sind weder verpflichtet, an solchen Terminen teilzunehmen noch vor Ort anwesend zu sein. - Keine Präsenz notwendig:
Wenn Ihre Präsenz verlangt wird, muss der Auftraggeber genau angeben, warum und Ihnen dafür auch eine Vergütung anbieten. - Kooperation statt Koordination:
Ihre Pflicht besteht darin, zu kooperieren, also Fragen zu beantworten und Probleme zu klären, zum Beispiel per E-Mail, Telefon oder WhatsApp. Sie sind wiederum nicht für die Koordination oder Planung verantwortlich.
Ursachen für ausufernde Jour-Fixe-Termine
Oft versuchen Architekten oder Fachplaner, ihre eigenen Fehler zu kaschieren, indem sie schlichtweg die Verantwortung auf Sie abwälzen. Und das läuft meistens so ab:
- Unklare Planungen:
Statt sauber zu planen, wird das „Problem“ auf die Baustelle verlagert. - Zeitdruck und fehlende Kompetenz:
Da die Planer ihre Aufgaben nicht rechtzeitig oder richtig erledigen, versuchen sie stattdessen, Sie unter Druck zu setzen. - Emotionaler Druck:
Drohungen wie eine 1.000 Euro-Strafe sollen Sie einschüchtern, damit Sie Aufgaben übernehmen, die eigentlich nicht in Ihren Verantwortungsbereich fallen. Achtung: Damit übernehmen Sie womöglich auch Haftungsrisiken!
Was Sie gegen drohende Vertragsstrafen tun können
Sie können sich effektiv gegen drohende Vertragsstrafen wehren, wenn Sie die folgenden Punkte beachten:
- Fordern Sie Klarheit:
Lassen Sie sich schriftlich bestätigen, wofür genau Ihre Anwesenheit benötigt wird und welche Aufgaben auf Sie zukommen sollen. Grundsatz: Keine Besprechung ohne Agenda! - Bestehen Sie auf die vertragliche Grundlage:
Gibt es keine schriftliche Vereinbarung zur Teilnahme und Vergütung, sind Sie nicht verpflichtet, teilzunehmen. - Verweisen Sie auf Ihre Aufgaben:
Ihre Verpflichtung ist die Kooperation und nicht die Koordination. Sie sind Ansprechpartner, aber eben nicht für die Planung verantwortlich. - Lassen Sie sich nicht einschüchtern:
Derartige Drohungen haben oft keinen rechtlichen Bestand. Bleiben Sie also sachlich und professionell.
Holen Sie sich Unterstützung
Wenn Sie sich unsicher fühlen, lassen Sie sich helfen! Beispielsweise von Continu-ING: Wir unterstützen Sie gern dabei, solche Situationen professionell und rechtssicher zu klären. Wir zeigen Ihnen etwa ...
- ... wie Sie langfristig profitabler und stressfreier arbeiten.
- ... wie Sie solche Forderungen souverän abwehren.
- ... wie Sie Ihre Rechte besser verstehen und durchsetzen.
Über Autor Andreas Scheibe:

Andreas Scheibe hat selbst als Planer und Projektleiter in großen Firmen gearbeitet, später den väterlichen Handwerksbetrieb übernommen und umgekrempelt. Seine Erfahrung bezahlte er laut eigener Aussage mit viel „Schweiß und Blut“, aber auch viel Geld. Es entstand die Idee zum „professionellen Bauablauf“!
Mit der Continu-ING GmbH (vob.de) verfolgt er heute als Coach und Mentor eine Mission: Das Handwerk muss wieder für seine Leistung anerkannt und entsprechend vergütet werden. Schluss mit dem „Sozialhandwerker“, der sich nicht zu wehren weiß und auf Kosten sitzen bleibt. Vom Handwerker als Getriebener zum aktiven Projekttreiber. Wichtige Fragen sollen endlich geklärt werden: Was sind meine Rechte, was meine Pflichten? Wie sieht es mit den
Pflichten anderer aus? Was kann und muss ich fordern, um störungsfrei arbeiten zu können? Wie gelingt der Sprung vom letzten, missachteten Glied im Bauablauf zu einer Position auf Augenhöhe mit Fachplaner und Auftraggeber? Andreas Scheibe möchte neue Sichtfelder für Handwerker eröffnen.
"Stark im Handwerk – das Buch für Handwerker im VOB-Projektgeschäft"
Im August 2021 ist das erste Buch "Stark im Handwerk" von Andreas Scheibe erschienen. Darin beweist der Experte, dass die in der VOB viel Potenzial und auch viel Geld für Handwerker steckt. Aus der Praxis weiß handwerk-magazin-Kolumnist Scheibe, dass das Bild, welches Auftraggeber, Architekten und Planungsbüros oft vom Handwerker haben, meist kein ruhmreiches ist. Zwar sind die ausführenden Firmen nach deutschen Standards sehr gut ausgebildet und wissen technisch bestens Bescheid, doch von einer Sache hat man ihnen nichts erzählt: Welche Rechte sie haben! Und auch nicht, dass sie eigentlich und zuallererst auf Augenhöhe mit Auftraggeber und Fachplaner stehen. "Der Handwerker ist zwar der letzte in der Reihenfolge bezogen auf den Bauablauf, aber der letzte Depp ist er noch lange nicht", erklärt Andreas Scheibe.
In diesem Zusammenhang kommt der Autor in seinem Buch sowohl auf die Rechte und Pflichten eines Handwerkers als auch auf die Rechte und Pflichten der anderen Projektbeteiligten zu sprechen. Denn genau diese sind im Detail in der VOB geregelt. Die Formulierungen klingen jedoch oft kompliziert und die Anwendung ist daher auch sehr unbeliebt – zu Unrecht, wie der Autor findet. Das Buch von Andreas Scheibe weckt nicht nur Interesse für das Projektgeschäft, sondern auch für das Durchsetzen von Rechten und Einfordern von Pflichten, sowie den spielerischen Umgang mit Paragrafen. Das Ziel: Handwerk muss wieder Spaß machen, gerecht bezahlt werden und zu alter Stärke zurückfinden.
Neues Buch: "Der professionelle Bauablauf – Das Schritt-für-Schritt System, um deine Liquidität nachhaltig zu sichern"
Im August 2023 erschien das bereits dritte Buch von Andreas Scheibe „Der professionelle Bauablauf“. In diesem Buch sind viele Jahre Erfahrung in der Durchführung und auch Beratung von Hunderten Handwerksunternehmen eingeflossen. Daraus entstanden ist ein praxiserprobtes und sofort umsetzbares Schritt-für-Schritt-System, welches mehr Klarheit und Sicherheit im Bauablauf für Handwerker verspricht. In diesem Buch geht es um notwendige Fähigkeiten, um standardisierte Ablaufpläne zu erstellen, hochprofitable Nachträge durchzusetzen und berechtigte Forderungen darzulegen, zu begründen und zu verhandeln.
In seinem Buch geht Andreas Scheibe auch auf die 47 häufigsten und teuersten Fehler in VOB-Projekten ein, und wie sich diese verhindern lassen. Am Ende geht es darum, einen standardisierten Schriftverkehr einzuführen und Projekte strukturiert und profitabel abzuwickeln. Und das nach den Spielregeln der VOB.