Handwerker wollen handwerken! Wäre es doch nur so einfach. Handwerker sind in erster Linie Macher, Umsetzer, Praktiker. Nennen wir es, wie wir wollen. Aber Schreiberlinge? Dokumentare? Eher nicht – aber so sollte es eigentlich sein. Denn: Beim Glaube, dass Handwerken nur Bauen und dann mal eben abrechnen sei, handelt es sich schlichtweg um einen Mythos. Im Büro gibt es mehr zu tun als nur Kalkulation, Disposition und Abrechnung. Hier sind die Zwischentöne entscheidend. Und hier liegt auch die Krux. Wie viel Macht in der Dokumentation von Bauprojekten steckt, erläutert Andreas Scheibe in seiner Kolumne und zwar anhand der folgenden Geschichte.

Es war einmal ein Fliesenleger. Sein Handwerkerleben sah bisher so aus: "Ich fühlte mich Zeit meiner Karriere in die Ecke gedrängt. Da werden vor allem bei öffentlichen Projekten Dinge von einem verlangt, die wir eigentlich überhaupt nicht leisten müssten. Aber weil wir es nicht besser wussten, haben wir jedes Jour-Fix mitgenommen, Planungsleistungen ausgeführt, Bautagesberichte eingereicht und und und...", so der Handwerksprofi.
"Die Fantasie der Architekten und Planer scheint dahingehend grenzenlos zu sein, denn alles wurde irgendwie uns zugeschoben. Ohne eine einzige Berechtigung. Und wir waren so doof und haben damit unsere Zeit verschwendet."
Herausragende Leistungen vs. enorme Abstriche
Obwohl der Fliesenleger immer mit aufrechtem Gang den anderen Projektbeteiligten begegnet war, gelangte er doch immer wieder ins Hintertreffen. Bauzeitverschiebungen, Unterbrechungen, Mehraufwendungen wurden mehr und mehr zu anstrengenden Wegbegleitern. Allmählich zerrann ihm die Zeit zwischen den Fingern.
"Wir haben immer einen herausragenden Job geleistet und doch mussten wir enorme Abstriche machen. Keine Zeit für Familie, keine Zeit für Freunde. Abends, am Wochenende sitzt man herum und bereitet Nachträge vor, schreibt Rechnungen oder überlegt, wie man mit dem ganzen Chaos umgehen soll. Die einzige Lösung war: Noch mehr Zeit investieren, um das Durcheinander und den gestörten Bauablauf zu regeln und zu sortieren. Und zwar von morgens um 4.00 Uhr bis 10.00 Uhr abends."
Schwachstellen bei der Dokumentation aufgedeckt mit Hilfe des professionellen Bauablaufs
Eines Tages eröffnete sich dem Fliesenleger eine neue Gelegenheit. Der professionelle Bauablauf zeigte ihm einen Weg, wie er künftig klüger handeln könne. Schnell fielen ihm alle bisherigen Schwachstellen auf. "Durch den zusätzlichen Zeitaufwand kommt ja nicht mehr Geld rein. Denn man konzentriert sich ja schließlich immer noch auf Arbeiten, die letztendlich nicht vergütet werden. Der Unterschied war mir lange nicht klar. Was muss ich wirklich leisten? Und vom Planer mit Rotstift beackerte und gekürzte Nachträge auf bis zu 30 Prozent Endsumme kannst du dann ohne gute Dokumentation auch nicht begründet anfechten. In welcher Zeit denn auch und mit welchem Know-how? Und ganz schnell kommt der Gedanke: Ach komm, bevor ich da jetzt 1.000 Euro hinterherlaufe, kümmere ich mich einfach lieber um die nächste Geschichte. Löcher stopfen mit neuen Aufgaben."
Ruhe und Profitabilität sind der heilige Gral der Baubranche
Des Handwerkers größtes Problem ist oftmals die Effektivität. Er kennt die Hebel nicht, mit denen er einerseits seine Projekte bereinigen und in ruhige Bahnen lenken und andererseits in vollem Umfang vergütet bekommen kann. Ruhe und Profitabilität sind der heilige Gral der Baubranche. Wenige haben ihn gesehen, aber die, die ihn gesehen haben und für sich nutzen können, haben zurück zu ihrem Leben außerhalb der Arbeit gefunden.
Dokumentation ermöglicht Nachträge und Behinderungsanzeigen
"Mittlerweile haben wir neue Mittel. Wir sind über den 'metaphorischen Zaun' geklettert, der zwischen uns und einem guten Leben stand. Jetzt nutze ich regelmäßig Planserver-Nachträge und Task-Force-Nachträge für mehr Beschleunigung. Behinderungsanzeigen gehen heute täglich mehr raus als früher in einem Monat, selbst Behinderungsanzeigen wegen Eigenverzug. Es geht darum, restlos alles aufzuschreiben und für später zu dokumentieren. Das verstehen selbst die Leute, die seit 20 Jahren im Geschäft sind, nur sehr schwer. Aber ich beobachte auch, dass es langsam aufbricht. Die Wahrnehmung hat sich komplett verändert. Wofür tun wir das alles eigentlich? Wir gestalten jetzt aktiv mit. Eine klare Linie von vorne bis hinten macht in jedem Fall Sinn. Wenn man die Regeln klar durchzieht, hat man während des Ablaufs und auch später in der Abrechnung deutlich mehr Ruhe."
Vollständige Dokumentation bringt Erfolge ganz ohne Rechtsanwalt!
In den letzten fünf Monaten hat der Fliesenleger rund eine Million Euro an Nachträgen auf den Weg gebracht, 200.000 Euro davon sind bereits ausbezahlt. Der Rest befindet sich in Verhandlungen. Aber es schaut Dank vollständiger Dokumentation gut aus: Seine Durchsetzungsquote liegt bei 50 bis 60 Prozent. "Und das alles haben wir ohne Rechtsanwalt geschafft", resümiert er freudig.
Über Autor Andreas Scheibe:

Andreas Scheibe hat selbst als Planer und Projektleiter in großen Firmen gearbeitet, später den väterlichen Handwerksbetrieb übernommen und umgekrempelt. Seine Erfahrung bezahlte er laut eigener Aussage mit viel „Schweiß und Blut“, aber auch viel Geld. Es entstand die Idee zum „professionellen Bauablauf“!
Mit der Continu-ING GmbH (lücken-im-lv.de) verfolgt er heute als Coach und Mentor eine Mission: Das Handwerk muss wieder für seine Leistung anerkannt und entsprechend vergütet werden. Schluss mit dem „Sozialhandwerker“, der sich nicht zu wehren weiß und auf Kosten sitzen bleibt. Vom Handwerker als Getriebener zum aktiven Projekttreiber. Wichtige Fragen sollen endlich geklärt werden: Was sind meine Rechte, was meine Pflichten? Wie sieht es mit den Pflichten anderer aus? Was kann und muss ich fordern, um störungsfrei arbeiten zu können? Wie gelingt der Sprung vom letzten, missachteten Glied im Bauablauf zu einer Position auf Augenhöhe mit Fachplaner und Auftraggeber? Andreas Scheibe möchte neue Sichtfelder für Handwerker eröffnen.
"Stark im Handwerk – das Buch für Handwerker im VOB-Projektgeschäft"
Im August 2021 ist das erste Buch "Stark im Handwerk" von Andreas Scheibe erschienen. Darin beweist der Experte, dass die in der VOB viel Potenzial und auch viel Geld für Handwerker steckt. Aus der Praxis weiß handwerk-magazin-Kolumnist Scheibe, dass das Bild, welches Auftraggeber, Architekten und Planungsbüros oft vom Handwerker haben, meist kein ruhmreiches ist. Zwar sind die ausführenden Firmen nach deutschen Standards sehr gut ausgebildet und wissen technisch bestens Bescheid, doch von einer Sache hat man Ihnen nichts erzählt: Welche Rechte sie haben! Und auch nicht, dass sie eigentlich und zuallererst auf Augenhöhe mit Auftraggeber und Fachplaner stehen. "Der Handwerker ist zwar der letzte in der Reihenfolge bezogen auf den Bauablauf, aber der letzte Depp ist er noch lange nicht", erklärt Andreas Scheibe.
In diesem Zusammenhang kommt der Autor in seinem Buch sowohl auf die Rechte und Pflichten eines Handwerkers als auch auf die Rechte und Pflichten der anderen Projektbeteiligten zu sprechen. Denn genau diese sind im Detail in der VOB geregelt. Die Formulierungen klingen jedoch oft kompliziert und die Anwendung ist daher auch sehr unbeliebt – zu Unrecht, wie der Autor findet. Das Buch von Andreas Scheibe weckt nicht nur Interesse für das Projektgeschäft, sondern auch für das Durchsetzen von Rechten und Einfordern von Pflichten, sowie den spielerischen Umgang mit Paragrafen. Das Ziel: Handwerk muss wieder Spaß machen, gerecht bezahlt werden und zu alter Stärke zurückfinden.
Neues Buch: "Der professionelle Bauablauf – Das Schritt-für-Schritt System um deine Liquidität nachhaltig zu sichern"
Im August 2023 erschien das bereits dritte Buch von Andreas Scheibe „Der professionelle Bauablauf“. In diesem Buch sind viele Jahre Erfahrung in der Durchführung und auch Beratung von hunderten Handwerksunternehmen eingeflossen. Daraus entstanden ist ein praxiserprobtes und sofort umsetzbares Schritt-für-Schritt System welches mehr Klarheit und Sicherheit im Bauablauf für Handwerker verspricht. In diesem Buch geht es um notwendige Fähigkeiten um standardisierte Ablaufpläne zu erstellen, hochprofitable Nachträge durchzusetzen und berechtigte Forderungen darzulegen, zu begründen und zu verhandeln.
In seinem Buch geht Andreas Scheibe auch auf die 47 häufigsten und teuersten Fehler in VOB-Projekten ein, und wie sich diese verhindern lassen. Am Ende geht es darum, einen standardisierten Schriftverkehr einzuführen und Projekte strukturiert und profitabel abzuwickeln. Und das nach den Spielregeln der VOB.