Produktivität erhöhen Vernetzt bauen: Wie Bauunternehmer das Fundament für clevere Datenerfassung und -nutzung legen

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Die Arbeit auf der Baustelle soll über den Einsatz von Daten effizienter werden – so lautet die Vision. Doch noch mangelt es an den passenden Technologien, um den Mitarbeitern auf dem Bau lästige die Dokumentationsarbeit abzunehmen.

Mitarbeiter auf der Baustelle sollen wichtige Daten erfassen. - © LIGHTFIELD STUDIOS - stock.adobe.com

Um die Abläufe auf der Baustelle transparenter zu gestalten, kommen immer häufiger digitale Technologien zur Datenerfassung zum Einsatz. „Um zu erfahren, wie es auf der Baustelle läuft und vorangeht, brauchen wir einen Datenaustausch von und zur Baustelle“, erklärt Angela Püls, Head of Innovation bei Dechant Hoch- und Ingenieurbau in einem Austausch über „Vernetztes Bauen“ bei Builtworld.com. Ihr Ziel ist es, dass sich über einzelne Kennwerte lassen sich verschiedene Baustellen vergleichen und Ressourcen optimieren lassen.

Doch im Alltag lässt sich diese Vision noch recht holperig umsetzen. Das Problem ist, dass die meisten Daten nach wie vor nur manuell erfasst werden können. Die Handwerker auf der Baustelle sind zu sehr mit ihrer eigentlichen Tätigkeit beschäftigt, um nebenbei jeden Handgriff zu dokumentieren, in dem sie Informationen über Smartphone oder Tablet eingeben. „Die Anwendungskomplexität ist sehr hoch“, beschreibt Püls die Herausforderung. „Viele Mitarbeiter auf dem Bau sehen außerdem den Mehrwert nicht, den die Datenerfassung für ihre persönliche Tätigkeit bringt.“

Vernetztes Bauen beschert mehr Produktivität

Laut einer Studie von McKinsey erreichen Unternehmen, die vernetzt bzw. interoperabel bauen, einen Produktivitätsschub von über 30 Prozent. Durch den Einsatz von digitalen Werkzeugen und Technologien können Informationen in Echtzeit erfasst und ausgewertet werden. Dadurch ist es möglich Prozesse zu optimieren und Engpässe zu identifizieren, was zu einer Reduzierung von Kosten und Zeit führt.

Der Mehrwert der Datenerfassung auf der Baustelle besteht darin:

  • den Baufortschritt überprüfen
  • die einzelnen Kennwerte von Projekten erfassen
  • verschiedene Baustellen miteinander vergleichen
  • Ressourcen optimieren und Personal und Materialien besser planen

Den Mitarbeiter auf der Baustelle in den Fokus stellen

Ihre Aufgabe sieht Innovationschefin Püls daher darin, die Beschäftigten am Bau langsam an das Thema heranzuführen. Das ist zum einen eine Frage der Technologie, die „intuitiver anwendbar“ sein müsse. Zum anderen sollten die Mitarbeiter auch den Bezug zu ihrer Arbeit erkennen können. „Solange wir nicht mit vollautomatisierten Robotern arbeiten, ist es wichtig sich auf die Menschen und ihre Bedürfnisse einzustellen“, sagt sie.

Eine Rolle spielt dabei auch, dass die Mitarbeiter auf der Baustelle nur wirklich benötigte Daten erfassen anstatt – wie es häufig vorkommt – ein Sammelsurium an Angaben liefern müssen. Manuel Eugster zufolge, der von seinen Erfahrungen als Digitalverantwortlicher beim Bauunternehmen Rhomberg berichtet, liegt dies häufig daran, dass sich in den meisten Unternehmen noch keiner Gedanken gemacht hat, wozu die Informationen verwendet werden sollen. Sein Rat: erst das Projekt abstecken, dann die passenden Daten definieren.

Bautagebuch mit klarem Mehrwert

So geschieht es bereits zum Beispiel bei der Baudokumentation im Bautagebuch. Der tägliche Baufortschritt mit Anmerkungen und Fotos werden entweder auf Papier oder über eine App festgehalten. Das ist unbedingt erforderlich: Schließlich sorgt eine akkurate Baustellendokumentation mittelfristig nicht nur für ressourcenschonenderes Arbeiten, sondern ist auch wichtig, um sich über die gesetzliche Nachweispflicht im Ernstfall abzusichern. Der Sinn des Bautagebuchs ist somit allen Mitarbeitern klar: Warum Daten auf der Baustelle gesammelt werden, ist nachvollziehbar. Der Mehrwert ist sichtbar.

Diese Transparenz, was mit den Daten passiert, ist den Experten zufolge daher ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur vernetzten Baustelle. Eine automatisierte Erfassung wäre natürlich die ideale Lösung, doch ist eine lückenlose Datenerfassung der Baustelle in Echtzeit noch nicht allein über digitale Technologien zu bewerkstelligen. Manuel Eugster arbeitet bei Rhomberg daran, Daten von der Baustelle über Visualisierungstools wie Power BI greifbarer zu machen. Über Datenanalyse auf Dashboards möchte er ein Datenverständnis ins Unternehmen holen, aber auch dafür sorgen, dass Baustellen optimal mit Materialien versorgt sowie mit den dort beschäftigten Handwerkern ausgelastet sind.

Basis-Tools statt spezialisierter Bau-Software

Über Sharepoint, ein Microsoft-Tool zum kollaborativen Arbeiten, teilt er die Daten weiter. „Wir legen gerade das Fundament dafür, um Daten auf der Baustelle einsehbar zu machen“, rechtfertigt Eugster den Einwurf, warum er Basis-Tools für seine Arbeit verwendet statt vorgefertigter Baustellen-Software. Seitens der IT-Anbieter gebe es keine fertige Lösung für die Baustelle, die wirklich zu den realen Bedürfnissen passe, begründet er. „Software-Startups wollen bestimmte Aspekte lösen, sind aber nicht auf einzelne Prozesse und deren Probleme zugeschnitten.“ Bei der Erschließung der vernetzten Baustelle sei man ungefähr soweit wie der E-Commerce vor 20 Jahren.

Die aktuelle Aufbauarbeit ist dennoch wichtig – und spannend. „Jetzt ist genau der richtige Zeitpunkt, um die Branche mitzugestalten und über Tools, Prozesse und Abläufe zu bestimmen, um über die Digitalisierung einen echten Mehrwert auf der Baustelle zu schaffen“, sagt Eugster. Bis es soweit ist, werden noch einige Jahre vergehen. Zudem müssten Daten erst über einen längeren Zeitraum erhoben werden, um relevante Rückschlüsse treffen zu können. „Daten-Erfassung und Analyse mithilfe von künstlicher Intelligenz, ist eine klare Vision“, resümmiert Püls. „Anstatt Mitarbeiter dafür einzuspannen, die Daten zu erfassen, benötigt es langfristig gesehen eine Technologie, die diese Arbeit abnimmt.“