Bewerber rechtlich korrekt befragen Vorstellungsgespräch: Welche Fragen erlaubt sind

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Ob sie einen Bewerber einstellen, entscheiden die meisten Handwerksunternehmer nach dem Eindruck im Bewerbungsgespräch. Entsprechend viel möchten sie über den Bewerber erfahren. Allerdings setzt das Arbeitsrecht der Neugier Grenzen. Nicht jede Frage ist zulässig. Wird sie doch gestellt, kann das für Arbeitgeber juristische Folgen haben. Wie Sie diese vermeiden, zeigen wir Ihnen hier.

Bewerbungsgespräch
Vorsicht im Bewerbungsgespräch: Stellen Sie als Arbeitgeber eine rechtlich unzulässige Frage, darf der Bewerber bzw. künftige Arbeitnehmer bei seiner Antwort lügen. - © vm/iStockphoto

Im Smalltalk häufig ein guter Einstieg, im Bewerbungsgespräch brisant: Das Familienleben ist für den Arbeitgeber tabu. Daher sollte er von Fragen nach dem Familienstand, Heiratsabsichten und zu betreuenden Kindern Abstand nehmen. Nach der politischen Anschauung oder der Mitgliedschaft in der Gewerkschaft darf ebenfalls nicht gefragt werden. Ausnahmen gelten nur für sogenannten Tendenzbetriebe, die im Handwerk aber nicht von Bedeutung sind. Ebenso sollten einstellende Handwerker nicht nach der Religionszugehörigkeit des Bewerbers fragen.

Ob nach einer geplanten oder bestehenden Schwangerschaft gefragt werden darf, war lange Zeit umstritten. Mittlerweile besteht Einigkeit, dass diese Frage nicht erlaubt ist. Das gilt selbst für den Fall, dass die Arbeitnehmerin nur vorübergehend eingestellt wird und wegen der Schwangerschaft fast die gesamte vorgesehene Zeit nicht arbeiten kann.

Diese vier Aspekte dürfen Sie im Bewerbungsgespräch (begrenzt) abfragen:

Nicht für jede Frage lässt sich pauschal sagen, ob sie gestellt werden darf. Die Zulässigkeit einiger Fragen hängt vom jeweiligen Fall ab. Die Gerichte sprechen davon, dass "das betriebliche Interesse des Arbeitgebers an der Information mit dem Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers" abzuwägen ist. Die wichtigsten Beispiele finden Sie hier:

  1. Gesundheitszustand: Der Gesundheitszustand des Bewerbers ist ein heikles Thema. Nach Krankheiten darf der Arbeitgeber nur fragen, wenn dies für die Tätigkeit von Bedeutung ist. Nachfolgend vier Beispiele hierfür:

    # Akute Krankheiten, die Kollegen oder Geschäftspartner leicht anstecken können (ACHTUNG: Nach ausgeheilten, früheren Erkrankungen darf in aller Regel nicht gefragt werden)

    # Akute AIDS-Infektion (ACHTUNG: Die Frage nach einer bestehenden AIDS-Erkrankung ist dagegen unzulässig)

    # Erhöhter Alkoholkonsum, soweit er die Arbeitsleistung voraussichtlich beeinträchtigt

    # Behinderung, wenn sie die künftige Arbeit des Bewerbers beeinträchtigt (ACHTUNG: Diese Frage ist nur in wenigen Fällen erlaubt. Seit wichtigen Gesetzesänderungen zu diesem Thema erging hier keine Entscheidung der höheren Gerichte mehr.)
  2. Vermögensverhältnisse: Nach Vermögensverhältnissen darf gefragt werden, wenn der Bewerber nach seiner Einstellung besonderes Vertrauen genießen soll. Das kommt zum Beispiel in Betracht, wenn er direkten Zugriff auf große Geldsummen hat. In der Regel haben die Vermögensverhältnisse den Arbeitgeber aber nicht zu interessieren. Daher darf in den meisten Fällen nicht nach ihnen gefragt werden.
  3. Vorstrafen: Auch Fragen zu Vorstrafen sind (sehr) begrenzt zulässig. Der Arbeitgeber muss dafür aber vorsichtig sein – die Straftaten müssen im Bezug zur Tätigkeit stehen. Ein Kassierer darf zum Beispiel gefragt werden, ob er schon einmal wegen Untreue oder Diebstahl verurteilt wurde. Bewirbt sich jemand als Kraftfahrer, muss er sich die Frage nach begangenen Verkehrsstraftaten gefallen lassen. Dasselbe gilt für laufende Ermittlungsverfahren. (ACHTUNG: Der Arbeitnehmer darf allerdings bezogen auf diese Straftaten zur Lüge greifen, wenn die Straftat von Vornherein nicht in das polizeiliche Führungszeugnis aufgenommen oder aus diesem gelöscht wurde. Zum Beispiel werden Straftaten von Ersttätern nicht ins Führungszeugnis aufgenommen, wenn sie mit nicht mehr als 90 Tagessätzen oder Freiheitsstrafe von nicht mehr als drei Monaten geahndet wurden.)
  4. Fachliche Qualifikation: Fragen zur fachlichen Qualifikation sind natürlich generell zulässig. Dies betrifft insbesondere die Ausbildung, vorherige Arbeitgeber, Zeugnisse sowie die Dauer vergangener Beschäftigungen.

Wenn Sie im Vorstellungsgespräch verbotene Fragen stellen, darf der Bewerber lügen

Ob Sie über die vier genannten Aspekte hinaus Fragen stellen, die die Persönlichkeit Ihres Bewerbers betreffen, sollten Sie sich gut überlegen. Insbesondere dann, wenn es wie eingangs beschrieben um das Familienleben, die politischen Anschauung, die Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft, die Religionszugehörigkeit oder eine Schwangerschaft geht. Stellen Sie als Arbeitgeber eine rechtlich unzulässige Frage, darf der Bewerber bzw. künftige Arbeitnehmer bei seiner Antwort lügen. Finden Sie dann später die Wahrheit heraus, können Sie den Arbeitnehmer nicht aufgrund dieser Lüge entlassen!

*Über Autor Christopher Runte

Christopher Runte und das Team seiner Firma rechtpräsent erstellen seit mehr als drei Jahren Texte für Rechtsanwaltskanzleien in ganz Deutschland. Zu den Kunden zählen insbesondere spezialisierte kleine und mittelständische Kanzleien, deren Schwerpunkt auf dem Arbeitsrecht liegt. Das Autorenteam besteht aus Rechtsreferendaren und Jurastudenten.