„Uuuhhh, das piekst!“

Wellness-Urlaub | Wenn Eltern ausspannen wollen, hieß es bisher: Kinder zu Hause lassen. Doch inzwischen machen immer mehr Hotels maßgeschneiderte Angebote für die ganze Familie.

„Uuuhhh, das piekst!“

Dem Jungen verschlägt es die Sprache. „Wow!“, staunt der Junior angesichts des riesigen Kletterparks. Vor ein paar Stunden im Auto hatte der Siebenjährige noch wortgewaltig mit den Eltern gestritten. Er? In ein Wellness-Hotel? „So ein Sch…..“ Jetzt hat sein Vater Mühe, ihn zwischen all den anderen Kletterern noch akustisch zu erreichen. Wie lange will er bleiben? „Kommt halt später noch mal wieder, wenn Ihr Euch ordentlich ausgeruht habt …“

Wohlfühlangebot für Familien

Das Cavallino Bianco in Südtirol wirbt mit dem Titel „1. Family Spa Grand Hotel“ – und spätestens in Momenten wie diesem merken Eltern, wie das gemeint ist. Zwar unterscheidet sich das Cavallino auf den ersten Blick durch nichts von anderen Vier-Sterne-Wellness-Hotels: nobel die Einrichtung, zahlreich das Personal und gigantisch das Angebot, von der Gesichtsbehandlung bis zum Rosenbad für Paare. Und doch ist alles anders: Während Kinder in gewöhnlichen Wellness-Hotels allenfalls geduldet werden, stehen sie hier im Mittelpunkt. Sie werden fachmännisch betreut und dürfen sich im Kletterpark austoben, während die Eltern mal alleine sein wollen. Im Cavallino gibt es durchdachte, ganz spezifische (Wohlfühl-)Angebote für Kinder und Familien.

Damit steht das Hotel an der Spitze einer Entwicklung, die aus den USA kommt und sich langsam auch in Europa durchsetzt: Wellness für die Familie. „Während Mama im Moorbad entspannt, genießt der Nachwuchs die Kindersauna“, heißt es in den Anzeigen. Und während Papa Gewichte hebt, trainieren die Kids an speziellen Kindergeräten. Es gibt Sprudelbäder und Massagen für Kinder sowie Schmink- und Kochkurse für gesunde Ernährung.

Klar, dass das auch Skeptiker auf den Plan ruft. Kinder wollen lieber toben statt relaxen, so eine weitverbreitete Meinung. Doch immer öfter hört man auch andere Stimmen. Saunen stärkt das
Immunsystem, Massagen fördern die Durchblutung und lockern die Muskulatur, und im Wasser haben Kinder ohnehin immer Spaß, findet beispielsweise Kirk Lampe, Kinderarzt in München und selbst Stammgast im Cavallino. Entscheidend ist das Maß: „Grundsätzlich spricht nichts dagegen, wenn Kinder sich für die gleichen Dinge interessieren wie ihre Eltern und diese vielleicht sogar gemeinsam mit ihnen ausprobieren möchten.“ Schädlich ist weder eine Massage – sofern der Masseur eine entsprechende Zusatzschulung für Kinder hat – noch eine Maske aus Gurkenscheiben. Schwierig wird es nur, wenn Eltern den Wellness-Gedanken stilisieren und das Kind anhalten, den eigenen Körper zu perfektionieren.

Wellness-Urlaub mit Kindern

Doch davon sind die hier vorgestellten Hotels weit entfernt. Grundsätzlich gibt es zwei unterschiedliche Richtungen, aus denen die Anbieter kommen. Marken wie „Kinderhotels“ (hauptsächlich in Österreich), „KidsHotels“ (Schweiz) oder „Familotel“ (schwerpunktmäßig in Deutschland) richten sich speziell an Gäste mit Kindern. Sie gehen dazu über, ihr Sport- und Entspannungsangebot zu erweitern. Gleichzeitig heben immer mehr traditionelle Wellness-Hotels ihre Fokussierung auf berufstätige Singles oder kurende Rentner auf und sprechen gezielt Familien an.

Der Ansatz ist mitunter aus der Not geboren, gesteht Franziska Fehle-Friedel, Inhaberin des Parkhotel Bayersoien. Denn in vielen Häusern werden die Stammgäste älter und damit weniger. Den Eltern ist das egal, für sie zählt nur das Ergebnis: Je nachdem, ob sie ihren Urlaub bewusst nur im Kreise andere Familien verbringen wollen oder ob sie ein Haus suchen, in dem junge Paare, Familien und ältere Gäste im Einklang relaxen – die Auswahl ist riesig.

Sabine Hildebrandt-Woeckel

frank.wiercks@handwerk-magazin.de