Tipps zum Nachmachen Spaß an der Digitalisierung: Wie Handwerksbetriebe ihre eigenen Wege finden

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Digitalisierung und Mitarbeitermotivation

Was gestern hip war, ist heute out: Durch die Digitalisierung befinden sich Geschäftsmodelle konstantem Wandel. Nadine Dlouhy, Geschäftsführerin der Markenberatungsagentur Brandlite aus Köln, gibt leicht durchführbare Praxis-Tipps wie Betriebe Spaß am Experimentieren und Neuerfinden bekommen. Einfach so weiter machen wie bisher nennt die Digitalstrategin "unterlassene Unternehmensführung".

© Brandlite

Digitalisierung? Brauchen wir eigentlich gar nicht – so fanden das knapp 80 Prozent der Geschäftsführer von kleinen und mittelständischen Unternehmen laut der Studie „Digitale Transformation 2019-2020“, die Etventure kurz vor Corona-Ausbruch in Zusammenarbeit mit der GfK durchgeführt hat. Die Pandemie hat nun viel schneller als gedacht die Wichtigkeit digitalisierter Geschäftsmodelle vor Augen geführt. Ein Zurück zum Alten gibt es nicht, doch das Neue ist auch noch nicht da: "Die Situation des ständigen Wandels macht es Betrieben nicht gerade leicht den eigenen Weg zu finden", sagt Nadine Dhouly, Geschäftsführerin der Markenberatungsagentur Brandlite. Gleich Kaninchen säßen sie vor der Schlange und bewegten sich nicht mehr, vergleicht die Strategin und mahnt: "Sich einfach nicht zu entscheiden und alles laufen lassen, ist unterlassene Unternehmensführung."

Damit Betriebe wieder ins Handeln kommen, müssen sie aktiv werden. Doch muss das keine schweißtreibende Arbeit sein, sondern kann auch Spaß machen: Darauf kommt es für Dhouly beim Finden des eigenen digitalen Strategie vor allem an. Für handwerk magazin hat sie ihre bestens fünf Tipps zum Nachmachen im Betrieb zusammengestellt:

1. Wie ein Startup denken

Für mittlere Betriebe kann es eine Möglichkeit darstellen, mit einem Start-up zusammenzuarbeiten, das nichts mit dem Handwerk zu tun hat, aber das Geschäftsmodell erweitern kann und vor allem frisches Denken in den Betrieb bringt. Davon profitieren beide, Handwerksbetrieb wie Start-up. Große Konzerne wie die Telekom machen es vor: Sie experimentieren gerne, gehen neue Wege und gucken links und rechts statt immer nur gerade aus. Betriebe, gerade auch die kleineren, können auch selbst eine Start-up-Atmosphäre erzeugen, indem sie es ihren Mitarbeitern erlauben, anders an die Dinge heranzugehen und neue Ideen ausprobieren, dabei aber auch Fehler zulassen. Wir sind als fantasiereiche Wesen geboren, was uns über die Jahre abtrainiert wurde. Nun dürfen wir unser kreatives Potenzial wiederentdecken und fragen: Was wäre, wenn...?

2. Junge ranlassen

Natürlich ist es schwer, auf einmal den Schalter umzulegen und in den Fantasie-Modus zu schalten. Hilfreich ist es daher, wenn ein Chef seine Mitarbeiter von Anfang an mit ins Boot holt und insbesondere auch die Jüngeren nach ihrer Meinung fragt: Wie stellt ihr euch wie das Handwerk in Zukunft vor? Was können wir für uns sinnvoll nutzen? Wichtig ist: Jeder Input ist willkommen, es gibt kein richtig oder falsch. In Deutschland wollen wir immer alles korrekt und richtig machen. Das Problem dabei, dass viele deshalb erstmal gar nichts machen – so entsteht nichts neues. Sind alle Ideen auf dem Tisch, kann der Chef auch Experimente erlauben und einem Mitarbeiter oder einer kleineren Gruppe sein Vertrauen aussprechen und sie einfach mal machen lassen. Die Kompetenzen in seinen Mitarbeitern zu sehen und zu fördern, hat viel mit guter Führung zu tun. Im Idealfall kann darüber ein eigenes Geschäftsmodell und eine ganz neue Unternehmensstrategie entstehen, dass digitale Technologien spielerisch und wie selbstverständlich miteinbezieht. Im Gegensatz dazu nur Software-Programme zu kaufen, ist wenig sinnvoll.

3. Andere Betriebe und Geschäftspartner fragen

Wenn die Ideen nicht alleine kommen, lohnt sich der Blick nach draußen, dorthin, was andere Betriebe, Unternehmen oder Händler machen. Über solche Business Case lässt sich viel lernen. Der Austausch mit anderen setzt natürlich voraus, dass man sein Ego, alles am besten zu können, hinten anstellt.  

4. Brainstorming im Café

Auch im internen Kollegenkreis lässt sich selbstverständlich brainstormen.  Wo sehen wir uns in fünf Jahren? Was wollen die Kunden? Wo gibt es Probleme? Das alles sind Fragen, die im Alltag, in dem vor allem Aufträge abgearbeitet werden, keinen Platz haben. Daher empfiehlt sich fürs Brainstorming auch ein Ort außerhalb der vier eigenen Wände, zum Beispiel in einem netten Café. Auch hier ist es wichtig, neue Gedanken zuzulassen, neugierig auf die Ideen der anderen zu sein und multidimensional zu denken. Innovation ist ganz einfach Altes und Bekanntes durch neue Augen sehen. Das macht nicht nur großen Spaß – die meisten neuen Wege werden so gefunden. Nicht zuletzt ist das Wir-Gefühl eine große Quelle dafür, besser zu sein als andere.

5. Wünsch-dir-was spielen

Im Arbeitsalltag stoplern wir immer wieder über Dinge, die Probleme bereiten oder nicht gut funktionieren. Wer diese Herausforderungen ab und an zu diskutiert, kann auf kreative Lösungen kommen. Nicht jede Innovation ist eine Weltneuheit, manchmal sind es auch Prozessinnovationen, die digital erreicht werden. Auch bei der Lösungsorientiertheit sehe ich hierzulande noch viel Potenzial: Wir wollen die Wahrheit manchmal nicht hören, sondern wollen, dass es läuft. So bleibt manches Innovationspotenzial ungenutzt.

Vita Nadine Dlouhy

Nadine Dlouhy ist Expertin für strategische Markenentwicklung und Positionierung. Als CEO der Agentur Brandlite unterstützt sie Unternehmen dabei, Marken digital sichtbar und erlebbar zu machen. Die Agentur ist außerdem akkreditierter Partner für das Förderprojekt Go-digital des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie, das KMU und Handwerksbetriebe bei der Digitalisierung von Geschäftsprozessen berät. Zudem ist Dlouhy als Dozentin an der Hochschule Fresenius University of Applied Science tätig – ihre Schwerpunkte liegen im Bereich Digitale Innovation und Strategisches Management. Mit Ihrem Buch „Think Innovation - der Management-Ratgeber“ ist sie Amazon-Bestseller-Autorin und zählt zu den Top-Ten-Coaches im deutschsprachigen Raum.