Moderne Steuerberatung Prozessoptimierung: So digitalisieren Handwerker ihre Buchführung

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Der Fiskus forciert die Digitalisierung, um Prozesse zu optimieren. Handwerksunternehmer müssen mitziehen. So sieht eine moderne Kommunikation mit Finanzamt und Steuerberater aus.

Torsten Billasch
Torsten Billasch, Klima- und Lüftungstechnikermeister sowie Geschäftsführer des Unternehmens Kunststofftechnik Billasch in Weilheim. - © Benjamin Schmidt

Ausdrucken, einsortieren, zehn Jahre archivieren: Handwerksunternehmer Torsten Billasch war die Papierberge in der Buchhaltung leid. „Wir haben vor gut einem Jahr in neue EDV investiert und dies zum Anlass genommen, unsere Prozesse zu digitalisieren und damit zu optimieren“, erklärt der Geschäftsführer des Unternehmens Kunststofftechnik Billasch im bayerischen Weilheim. Das beginnt bei der Fakturierung. „Wir erhalten nur noch ganz wenige Rechnungen auf Papier. Unsere Lieferanten haben sich bereits fast alle umgestellt, und auch unsere Kunden akzeptieren in der Regel die elektronische Form“, sagt Beatrix Schäffer, die im Unternehmen für die ordnungsgemäße Buchführung verantwortlich ist. Wenn jetzt per Mail eine Rechnung eingeht, wird sie nicht mehr ausgedruckt. „Wir prüfen die Angaben am Bildschirm und bearbeiten sie dann elektronisch weiter – am Ende wird sie durch unser System sicher archiviert“, sagt Schäffer. „Alles läuft viel schneller als bisher. Das aufwendige Sortieren der Rechnungen in Ordnern entfällt. Niemand muss lange suchen, falls eine Nachfrage zum Auftrag kommt. Mit einem Klick ist sie zu finden“, so Klima- und Lüftungstechnikermeister Billasch

Datenarchivierung in der Cloud

Die Firma nutzt das Programm „Unternehmer online“ der DATEV , der Genossenschaft der Steuerberater. Die Rechnungen und Auftragsdaten sind in der Cloud bei der DATEV archiviert. „Wir selbst haben keine Datenträger oder Kopien hier im Haus. Unser EDV-System hat ja jederzeit Zugriff auf die archivierten Daten in der Wolke“, kommentiert Billasch.

Die Digitalisierung erfreut seinen Steuerberater. Die für den Fiskus relevanten Daten stehen auch ihm in der Cloud jederzeit und stets aktuell zur Verfügung. Ein- bis zweimal im Monat holt er sich die neuesten ab, um sie für das Finanzamt weiter zu verarbeiten. Unternehmer Billasch hat damit fast keine Arbeit mehr. Selbst den Jahresabschluss bereitet der Steuerberater vor, ohne dass noch irgendwelche Unterlagen in fetten Ordnern hin und her getragen werden müssen.

Digitales Belegwesen wird Standard

Damit ist der Handwerksunternehmer auf der Höhe der Zeit. Nach Angaben der DATEV nutzen rund 113.000 Unternehmen wie Billasch für ihre kaufmännischen Prozesse die Software „Unternehmen Online“. Etwa 227.000 Firmen tauschen mit rund 14.500 Steuerberatern elektronisch ihre Daten aus. Im Rechenzentrum der Nürnberger Genossenschaft lagern 727 Millionen digitalisierte Belege, jeden Monat kommen 15 Millionen hinzu.

Parallel dazu setzt der Fiskus mehr und mehr auf den elektronischen Austausch. Allein im ersten Quartal dieses Jahres gingen nach Angaben des Portals Elster 11 Millionen Umsatzsteuervoranmeldungen, 6,5 Millionen Lohnsteueranmeldungen und 6,1 Millionen Einkommensteuererklärungen digital beim Fiskus ein. Elster soll in den nächsten Jahren noch optimiert werden. 2022 kommt die sogenannte „Dringliche Online-Steuererklärung“. Die neue Plattform ermöglicht es, Fehler in einer Erklärung innerhalb von einer Woche noch zu korrigieren. Das ist bisher nicht möglich. Der Fiskus will damit die Zahl der Einsprüche auf dem Tisch der Finanzbeamten reduzieren. Unternehmer können ab 2024 dann ihre Umsatzsteuervoranmeldung und die Umsatzsteuerjahreserklärung nachträglich ändern.

Fiskus zwingt zur Digitalisierung

Handwerkschefs sollten bei der Digitalisierung mitziehen. Zum einen, weil sie vom Fiskus früher oder später dazu gezwungen werden könnten – elektronische Steuererklärungen sind schließlich heute bereits obligatorisch. Zum anderen aber erzielen beide Seiten Vorteile, weil die relevanten Daten schnell bearbeitet werden können.
In vielen Firmen aber stapelt sich heute noch das Papier, beispielsweise bei Tankbelegen, Quittungen und Rechnungen oder Reisetickets. Die Buchhaltung erfasst sie häufig noch erst Wochen später. Innovative Unternehmen allerdings arbeiten mit elektronischen Lösungen . Die DATEV bietet dazu Unterstützung, beispielsweise in Form einer Scan-App. „Mit dem Smartphone können Unternehmer oder deren Mitarbeiter jeden Beleg fotografieren und über eine gesicherte Verbindung in unsere Cloud hochladen. Rechnungen werden so direkt in die digitale Belegverwaltung übernommen und stehen zeitgleich für die weitere Verarbeitung im Rechnungswesen bereit“, erklärt Stephan Greulich, Digitalisierungsexperte bei der DATEV.

Buchhaltungsprozesse werden einfacher

Mitarbeiter können schon während eines Außendienstes ihre Reisedaten elektronisch erfassen und die gesammelten Angaben der Buchhaltung übersenden. Diese erstellt dann wiederum elektronisch gleich die Reisekostenabrechnung. „Der Chef oder die Gesellen bereiten ihre Abrechnung also bereits im Zug oder im Auto vor, fotografieren Belege ab, laden sie hoch und schicken sie an den Betrieb“, erklärt Thorsten Blümel, Steuerberater der Kanzlei Ecovis in Aschaffenburg. Er erwartet, dass bis Ende dieses Jahres die Hälfte seiner mittelständischen Mandanten mit derartigen Anwendungen arbeitet.

Mit einem entsprechenden Programm ist es sogar möglich, aus den elektronischen Belegbildern in der Buchhaltung automatisch auf einer Rechnung die IBAN, den Betrag und die Empfängeradresse zu übernehmen und direkt per Mausklick automatisch zu überweisen. Damit arbeitet auch das Handwerksunternehmen Billasch. „Wenn wir einen Lieferanten einmal in unserem System erfasst haben, brauchen wir händisch quasi nichts mehr einzugeben. Die Daten für den Zahlungsverkehr werden automatisch ausgelesen“, sagt Schäffer. Umgekehrt ist es technisch möglich, einen Überweisungseingang auf dem Bankkonto elektronisch zu verarbeiten und diesen dann mit den Ausgangsrechnungen abzugleichen. Der Handwerksunternehmer oder die Mitarbeiter der Buchhaltung wissen so immer, welche Forderungen noch offen sind.

Digitales Ökosystem

Richtig interessant wird es, wenn Unternehmen dann die Daten mit dem Steuerberater oder dem Finanzamt und überhaupt mit allen Geschäftspartnern und internen Systemen digital austauschen. „Ziel sollte es immer sein, unterschiedliche Softwarelösungen so miteinander zu vernetzen, dass Daten automatisiert weitergeleitet und elektronisch verarbeitet werden können. Damit entsteht ein durchgängig medienbruchfreier Workflow von der erstmaligen Erfassung eines Geschäftsvorfalles bis zur Steuerdeklaration auch bei der Zusammenarbeit mit einer Steuerberatungskanzlei, die sich um die Voranmeldung kümmert“, erklärt Experte Greulich. Es bilden sich vernetzte digitale Prozessketten. Wenn diese reibungslos ineinandergreifen, entsteht ein sogenanntes Ökosystem .

Die Programme oder deren Schnittstellen müssen also stets miteinander harmonieren. Der Firmenchef oder die Chefin sollten sich mit dem Steuerberater abstimmen. Er unterstützt dabei, digitale Prozesse im kaufmännischen Bereich einzuführen . Die meisten Kanzleien nutzen die Lösungen der DATEV. Nur wenige Gesellschaften arbeiten selbstständig mit eigener Software. Insofern geht es also in der Regel darum, entweder Datev-Software oder zumindest mit dieser kompatible Programme einzusetzen. Dafür bestehen Software-Partnerschaften und offene Schnittstellen. Auf der Internetseite www.datev.de/marktplatz können Sie mögliche Lösungen recherchieren.

Schnittstelle ermöglicht Austausch digitaler Belege

Hier kommt die Schnittstelle „Datevconnect online“ ins Spiel. Über diese werden digitale Buchführungsbelege mit den Systemen anderer Hersteller ausgetauscht. Momentan funktioniert das mit den Programmen der mittelstandsorientierten Softwarehäuser Exact , Haufe-Lexware und Scopevisio sowie mit diversen branchenspezifischen Anbietern.
Unternehmer Billasch stand über den gesamten Planungsprozess mit seinem Steuerberater in Kontakt, um am Ende optimal aufgestellt zu sein. Der Digitalisierungsprozess war insgesamt zwar mit einigem recht hohen zeitlichen Aufwand verbunden, „unterm Strich hat sich dies aber für uns gerechnet“, resümiert der Handwerkschef. Seine Mitarbeiterin Beatrix Schäffer kann das aus der täglichen Praxis nur bestätigen.

So organisieren Sie die Digitalisierung Ihrer Buchführung

Unternehmen, die heute noch hauptsächlich mit ausgedruckten Rechnungen arbeiten, sollten den Umstellungsprozess einleiten. Damit dabei im laufenden Betrieb keine Probleme entstehen, sollten Sie auf Folgendes achten:

  • Verantwortlichen benennen. Eine Führungskraft oder der Chef selbst zeichnen für die Entwicklung des Projektes verantwortlich. Einer sollte die Federführung haben, um den Prozess zu strukturieren, voranzutreiben und zu überwachen.
  • Mitarbeiter mit einbeziehen. Das Team will frühzeitig involviert sein. Erfahrungsgemäß zeigen sich Arbeitnehmer gegenüber Veränderungen erst einmal skeptisch – schon weil es für sie Stress bedeutet, ihre Arbeitsweise anzupassen. Information ist wichtig, damit sie keine negative Haltung einnehmen.
  • Konzept konkretisieren. Der Unternehmer formuliert am besten konkrete Ziele, die er innerhalb einer bestimmten Frist erreichen will. Schon hier ist es wichtig, die Erfahrungen der Mitarbeiter einzubeziehen. Wie diese Ziele erreicht werden, sollte im Rahmen eines Projektes festgelegt werden. Möglichst sollten Zwischenschritte und -ziele formuliert sein, um den Verlauf kontrollieren zu können.
  • Anbieter recherchieren. Der Handwerkschef sollte bei verschiedenen Softwarehäusern Informationen und Angebote einholen. Die gewählte Lösung sollte entsprechend den eigenen Wünschen und Bedürfnissen, die sich im Laufe der Geschäftsentwicklung ändern, ausbaufähig sein. Ziele sind ein möglichst kompletter elektronischer Datenaustausch sowie die vollelektronische Datenverarbeitung. Wichtig ist es, den Steuerberater mit einzubeziehen.
  • Schrittweise einführen. Die Umstellung erfolgt schrittweise. Es genügt, beispielsweise mit dem elektronischen Belegwesen zu starten, etwa mit den Belegen einzelner Kunden oder Lieferanten. Das lässt sich auch parallel zum laufenden Geschäft realisieren. Wer zu viel auf einmal erreichen will, riskiert eine hohe Fehlerquote.

Der digitale Finanzbericht (DiFin)

Die Firmenkundenbetreuer der Geldgeber erwarten etwa im Mai den Jahresabschluss oder die Einnahmen-Überschuss-Rechnung. Seit Anfang April können Unternehmer oder der Steuerberater die Daten als „Digitaler Finanzbericht“ elektronisch übermitteln .

Die Banken wollen sich ihre Arbeit erleichtern

Der sogenannte Digitale Finanzbericht (DiFin) geht auf eine Initiative der Finanzinstitute zurück. Jahresabschlüsse und andere Finanzberichte können jetzt elektronisch an die Banken und Sparkassen geschickt werden. Die Finanzwirtschaft hat zusammen mit IT-Dienstleistern einen medienbruchfreien Übertragungsstandard entwickelt.

Hintergrund

Bisher wurde vom Unternehmer oder eben von seinem Steuerberater der Jahresabschluss erstellt – in der Regel schon IT-gestützt. Dann wurde alles ausgedruckt und eben auf Papier dem Firmenkundenbetreuer überreicht. Dieser wiederum gab die Daten händisch in das zur Abschlussanalyse verwendete IT-System ein. Der Digitale Finanzbericht basiert auf der XBRL-Taxonomie. XBRL steht für „Extensible Business Reporting Language ”. Dieses Format kennen Handwerkschefs bereits von ihrer E-Bilanz. Deshalb ist die technische Infrastruktur beim Unternehmer oder bei seinem Steuerberater für die elektronische Übermittlung des Finanzberichts in der Regel bereits vorhanden. Der Jahresabschluss wird auf einem ähnlichen Weg an die Bank übertragen wie ans Finanzamt und den Bundesanzeiger. Lediglich die jeweils eingesetzte Software und das Finanzinstitut müssen die neue Programmfunktion „Digitaler Finanzbericht“ bereits anbieten. Das werden im Laufe des Jahres sicherlich immer mehr werden. Informationen dazu gibt es auf www.digitaler-finanzbericht.de

Steuerberater ist informiert

Die DATEV hat den DiFin mit aufgebaut und das Verfahren mit getestet. Insofern sind die Steuerberater informiert. Die Datev setzt sich jetzt laut eigenen Angaben auch dafür ein, dass noch ein sogenannter Rückkanal entwickelt wird. Ziel ist es, beispielsweise Zins- und Tilgungspläne von den Banken digital an die Unternehmen und Kanzleien zu senden.