DLD-Konferenz "Circular" Recycling und alternative Rohstoffe: Welche neuen Geschäftsmodelle aus der Kreislaufwirtschaft entstehen

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Auf dem Weg zu „Zero Waste“ muss zunächst eine neue Haltung erlernt werden. Dann geht vieles schon von alleine – darüber diskutierten die Referenten, die aus verschiedenen Ecken Europas, nach München zur DLD-Konferenz „Circular“ gereist waren. Die spannendsten Thesen.

Abfall als Geschäftsmodell: Wie Unternehmen aus gebrauchten und weggeworfenen Gegenständen auf zukunftsweisende Geschäftsmodelle kommen. - © PRI - stock.adobe.com

Den linearen in einen zirkulären Konsum wandeln

Konsumieren in der heutigen linearen Welt sieht so aus: Die Rohstoffe werden aus der Natur genommen und zu einem Produkt verarbeitet. Nach der Nutzung landet es im Müll. Auf der DLD-Konferenz „Circular“ lautete das Motto: „Take, make, use, waste.“ Gerade mal 7,2 Prozent des Konsums geht in einen Kreislauf über, bei dem gebrauchte Produkte vollständig wiederverwertet werden. Während die Natur divers und zirkulär funktioniert, leben herkömmliche Unternehmertum das genaue Gegenteil. Der Mensch hängt also vom natürlichen System ab – und zerstört es.

Das soll sich ändern: Unternehmen tun gut daran, sich mit dem großen Kreislauf der Natur verbinden. Aus dem linearen soll ein zirkuläres System entstehen.

Der Weg dorthin führt über vier Schritte:

Gebrauchsgegenstände und ihre Herstellung in den Bereichen Ernährung, Gebäuden, Mobilität und Konsumgütern

  • völlig neu denken
  • existierende Produkte wiederverwerten
  • wiederaufbereiten
  • in den Kreislauf überführen

Auf der DLD-Konferenz hieß es: „Rethink, reuse, regenerate, recycle.“

Die fünfte industrielle Revolution könnte die zirkuläre Produktion und der nachhaltige Konsum sein

  • Im 18. Jahrhundert läuteten die Errungenschaften der Mechanik, zum Beispiel der mechanische Webstuhl oder die Dampfmaschine, die erste industrielle Revolution ein.
  • Die elektrische Revolution folgte mit der Erfindung des Stroms für elektrisches Licht sowie zum Antrieb von Maschinen im 19. Jahrhundert die zweite industrielle Revolution.
  • Als dritte Revolution gilt die Digitalisierung aller Lebensbereiche im 20. Jahrhundert.
  • Darauf folgte die vierte Revolution mit der Integration der verschiedenen Technologien.
  • Die fünfte industrielle Revolution wird nun – voraussichtlich – die Umsetzung der Kreislaufwirtschaft sein.

Nachhaltig ist nicht gleich zirkulär

Was ist nachhaltig – und was ist zirkulär? Ist beides dasselbe und wie lautet die Definition? Im gesamten Ökosystem gibt es bisher noch keine verbindlichen Standards dafür. Allgemein gilt jedoch: Nachhaltig ist nicht gleich zirkulär. So sind Produkte aus Plastik nicht im eigentlichen Sinne nachhaltig, doch können sie durchaus in den Produkt-Kreislauf überführt werden – und im Idealfall sogar für ewig weiterbestehen. Papier dagegen ist ein nachhaltiges Material, doch wenn es am Ende seines Produktlebens verbrannt wird, ist es nicht zirkulär. Zudem birgt das Verbrennen hohe Kosten: nicht unmittelbar für ein Unternehmen, sondern für nachfolgende Generationen. Eine Evaluierung der Gesamtkosten ist für den Produktzyklus daher entscheidend.

Unternehmen können solche Recycling-Prozesse einfacher implementieren, wenn sie die Wertschätzung eines jeden Materials – ob nachhaltig oder nicht – in ihren Fokus setzen. Dazu zählt auch das billigste Plastik, das als Material anerkannt werden soll. Wichtig ist: Alle Unternehmen müssen die Verantwortung für Herstellung, Einsatz und Weiterverwertung ihrer Materialien übernehmen.

Kreislaufwirtschaft schafft neue Erlösmodelle

Wenn es um Recycling geht, haben Unternehmen bisher die Verantwortung auf die Konsumenten geschoben – auch weil sie nachhaltiges Produzieren als eine Last empfinden. Umdenken zahlt sich aus: Gebrauchte Gegenstände weiter zu nutzen anstatt sie als Abfall in den Müll zu werfen, ist eine der größten Geschäftsfelder. Unternehmen sollten zirkuläres und nachhaltiges Wirtschaften daher ins Zentrum ihres Handelns stellen.

Um Unternehmen zu einem Umdenken zu bewegen, bedarf es auch regulatorischer Maßnahmen, die einfach und standardisiert sind. Weitere Möglichkeiten sehen die DLD-Referenten auch in Steuerbegünstigungen nachhaltiger sowie Steuererhöhungen weniger nachhaltiger Materialien. Ein sogenanntes Greenwashing, mit dem sich einige Firmen heute eine weiße Weste verschaffen möchten, sollte unbedingt unterbunden werden.

Die Probleme der Welt lösen – das sollten sich Unternehmen oder Start-ups auf die Agenda für Produktinnovation setzen. Dass bereits genutzte Materialien noch als reiner „Abfall“ klassifiziert werden, steht einer funktionierenden und florierenden Kreislaufwirtschaft im Weg. So sieht es übrigens auch der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes.

Grüne Energie als Katalysator für den Unternehmenserfolg

Grüne Energie ist nicht nur die nachhaltigste, sondern auch preisgünstigste Energieform. Weil ihre Verfügbarkeit endlos ist, dient sie als Treiber für Business-Experimente und Innovation.

Der ungewissen Zukunft mit einem gesundem Ökosystem begegnen

Was die Zukunft bringt, ist unvorhersehbar. Auf kommende Herausforderungen rüsten sich Unternehmen am besten mit einem nachhaltigen Ökosystem.

Zu einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft zählt es auch, dass Unternehmen für menschliche Bedingungen am Arbeitsplatz sorgen.

Über Rohmaterialien und deren Verwendung und Lebenszyklus aufklären

Kupfer, Kobalt, Nickel, Lithium: Kaum ein Verbraucher sieht oder denkt an diese Rohmaterialien, wenn er Produkte wie ein Smartphone in der Hand hält. Das bedeutet: Die Verbraucher müssen über die Produkte und Rohstoffe umfassend aufgeklärt werden und ihren individuellen Konsum überdenken.

Nachhaltige Lieferketten bilden

Rohstoffe wie Kupfer oder Kobalt kommen aus Peru, Chile, der Demokratischen Republik Kongo, Korea, Saudi-Arabien. Lithium kommt aus Chile, Australien und China. Nickel aus Indonesien, Philippinen und Russland. Um diese Materialien nach Deutschland zu transportieren, braucht es lange Transportwege, die Energie kosten. Die Lösung liegt darin, solche Rohstoffe in Europa zu produzieren. Das hat den weiteren Vorteil, dass ansässige Unternehmen unabhängiger vom Welt- und Marktgeschehen agieren können.

Ein weiterer Aspekt in diesem Kontext ist es, bestehende Produkte wieder in ihre Einzelteile aufzulösen. Die DLD-Referenten fordern dazu einen Produktpass für alle Gegenstände, der über Herkunft, Herstellung und aktuellen Einsatz aufklärt. Eine solche Transparenz ermöglicht einen riesigen Mehrwert.

Kreislaufwirtschaft mit alternativen Materialien und Abfällen

Neben den klassischen Materialien existieren schon heute zahlreiche Alternativen, die insbesondere junge Produkt-Designer entwickeln und einsetzen. Das italienische Unternehmen Amarey stellt die erste Gesichtspflegecreme aus regeneriertem Kaffee her. Die Firma QWESTION/Bananatex verwendet für ihre Textilien aus Bananenfasern. Und mit der Naturfaser Flachs ersetzt das Schweizer Start-up Bcomp Bauteile aus Carbon.

Was zeigt das? Unternehmen können ihre ganz eigenen Materialien entwickeln anstatt wie bisher Materialien einzukaufen, die allein über lange Lieferketten von einer Ecke in die andere Ecke in der Welt viel Energie verbrauchen. Indem Lieferketten neu organisiert werden, ändert sich das gesamte Ökosystem. Und es gibt noch einen Vorteil: Die neuen Materialien bieten die Chance, Produkte zu entwickeln, die eine neue Käuferschicht anziehen.