Branchencheck Maler: Die Letzten auf der Baustelle könnten bald die Ersten sein

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Branchencheck und Konjunktur

Weil die Maler auf der Baustelle die abschließenden Arbeiten erledigen, tun sie sich schwer, solide Zeitpläne zu erstellen. Doch birgt diese Rolle künftig sogar Vorteile.

Branchencheck Maler u Lackierer
Die Themen Preise und Verfügbarkeit von Materialien treiben das Maler-Gewerk um. - © Vesna - stock.adobe.com

Der akute Mangel an Materialien, der gerade den Gewerken Elektro, Sanitär Heizung und Klima (SHK) und den Zimmerern die Arbeit erschwert, bringt auch die Maler in Bedrängnis. Weil sich etliche Bauprojekte durch die verzögerten Lieferungen von Baustoffen verschieben, müssen auch sie ihre Zeitpläne ständig neu anpassen. „Das Management der Baustellen, vor allem im Neubaubereich, ist wesentlich schwieriger geworden“, klagt Guido Müller, Präsident beim Bundesverband Farbe Gestaltung Bautenschutz.

Abgesehen davon blickt die Branche der Maler und Lackierer jedoch einer rosigen Zukunft entgegen. Das belegt der Verband mit den Zahlen aus seiner aktuellen Konjunkturanalyse. Danach erwarten 46 Prozent der befragten Betriebe für das erste Halbjahr und 41 Prozent der Betriebe für das beginnende zweite Halbjahr ein Umsatzplus. Die Einnahmen sind bereits in den vergangenen Jahren kontinuierlich angestiegen – obwohl die Zahl der Beschäftigten im selben Zeitraum relativ stark zurückging. Ebenso hapert es daran, junge Nachwuchskräfte in die Betriebe zu holen: Zwar gab es sogar in den Corona-Jahren eine weitgehend stabile Anzahl an Auszubildenden, doch reicht sie längst nicht aus, um den wachsenden Bedarf zu decken.

Baustellen-Management mit passender Software

Die Lösung aus dieser Klemme sieht der Verband in der fortschreitenden Digitalisierung. Über passende Software-Lösungen rationalisieren die Betriebe das Management von Baustellen, Personaleinsatz sowie etlichen vor- und nachgelagerten Tätigkeiten. Mit der neuen digitalen Handhabe ihrer Prozesse wächst auch das Bewusstsein für die betrieblichen Kennziffern und ihre Gestaltung. Somit sollen nicht nur die Umsätze nach oben klettern – die Betriebe erwarten auch eine steigende Rentabilität.

Einen weiteren Lichtblick stellen auch neue Berufsbilder dar: Wie die Studie „Delphi Malerhandwerk 2040“ zeigt, wird unter den Ausbildungsberufen künftig auch der „Malertroniker“ im Trend liegen. So wird der Beruf des Malers bezeichnet, der das Management der immer stärker eingesetzten Robotik und digitaler Tools beherrscht. Der technische Fortschritt macht das Malerhandwerk für den Nachwuchs künftig attraktiver, stellt Mathias Bucksteeg, Hauptgeschäftsführer beim Bundesverband Farbe Gestaltung Bautenschutz, in Aussicht: „Viele Trends wie Gesundheit, Nachhaltigkeit und das wachsende Bewusstsein für den eigenen Lebensstil zahlen deutlich auf uns ein.“

Weil laut Delphi-Zukunftsstudie die Kunden künftig mehr Leistungen aus einer Hand erwarten, darf das Maler- und Lackiererhandwerk mit einem weiteren Vorteil rechnen. Während es sich in der aktuellen Situation als schwierig erweist, erst nach den anderen Gewerken für den letzten Anstrich zu sorgen, birgt diese Rolle auch eine Chance, die anfallenden Arbeiten miteinander in Einklang zu bringen. Dann können sich die Betriebe als „Letzter auf dem Bau“ als Koordinatoren profilieren.

Branchentrends

  • Digitalisierung
    Die Zukunftsstudie „Delphi Malerhandwerk 2040“ zeigt, dass Kunden volle Transparenz über die Lieferkette erwarten. Künstliche Intelligenz wird die meisten administrativen Tätigkeiten erledigen – vom Aufmaß bis zur Rechnungsstellung. Ob das eine gute Nachricht für die Betriebe ist, wird sich zeigen: Der Chance auf intuitiv bedienbare Branchenlösungen steht das Risiko eines Chaos an schlecht vernetzten Insellösungen gegenüber. Weitere Zukunftserwartung: In 2040 wird der „Malertroniker“ Ausbildungsberuf sein – der Maler, als Manager von Robotik und digitalen Tools.
  • Gesundheit und Nachhaltigkeit
    Der Megatrend Gesundheit führt zu extremen Ansprüchen an Schadstofffreiheit, Raumklima und nachhaltigen Ressourceneinsatz. Für die Maler und Lackierer eine gute Nachricht: Ihr Beruf gewinnt an Renommee besonders bei jungen Menschen. Mit hochwertigen Materialien stößt die Branche auch in Marktsegmente mit höherer Rentabilität vor.
  • Bürokratie und Berichtspflichten
    Die Chemikalienstrategie der EU wird zahlreiche Produktlinien infrage stellen und die Produktentwicklung unberechenbarer machen. Immer mehr Grundstoffe werden als gesundheitsgefährdend klassifiziert. Gesetze und Verordnungen wie das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz sind ein Einfallstor für die Einführung immer neuer Berichtspflichten und Restriktionen. Die Gefahr: Ausschreibungs­verfahren sind nur noch für Betriebe mit Spezialkenntnissen beherrschbar.
  • Gewerkeübergreifendes Arbeiten
    Kunden erwarten in Zukunft immer mehr Leistungen aus einer Hand. Das Maler- und Lackiererhandwerk ist dafür hervorragend aufgestellt. Als „Letzter auf dem Bau“ ist der Maler der geborene Koordinator. Die Herausforderung wird sein, handwerkliche Spezialisierung und Leistungen aus einer Hand in Einklang zu bringen.
  • Nachwuchs
    Immer mehr Heranwachsende verstehen Kreativität als Teil ihrer Persönlichkeit. Das Malerhandwerk als ältester Kreativberuf der Welt ist dafür prinzipiell gut aufgestellt. Was noch fehlt, ist ein stärkeres Gewicht von Themen, die den Jugendlichen wichtig sind: Digitalisierung, Gesundheitsmanagement, Coaching und Development.

Maler und Lackierer rechnen mit steigenden Umsätzen

Obwohl die Zahl der Beschäftigten und Auszubildenden nicht weiterwächst, stellt der Bundesverband Farbe Gestaltung Bautenschutz dem Maler- und Lackiererhandwerk wachsende Umsätze in Aussicht. Bei den Betrieben werden sich vor allem diejenigen durchsetzen können, die das Problem der Nachfolge im Blick haben.

Umsatz
JahrUmsatz (in Mrd. Euro)
201816,9
201917,2
202017,5
202117,6

Prognose: In der aktuellen Konjunkturanalyse des Bundesverbandes Farbe Gestaltung Bautenschutz erwarten 46 Prozent der Betriebe für das erste Halbjahr 2022 und 41 Prozent der Betriebe für das zweite Halbjahr 2022 eine positive Umsatzentwicklung. Negative Erwartungen haben
13 Prozent im ersten sowie 17 Prozent der Betriebe im zweiten Halbjahr.

Beschäftigte
JahrAnzahl der Beschäftigten
2018212.080
2019212.500
2020209.500
2021208.250

Prognose: Mehrheitlich gehen die Betriebe laut der aktuellen Konjunkturanalyse des Maler- und Lackiererhandwerks von einer unveränderten Beschäftigtenentwicklung aus. Immerhin rund 20 Prozent erwarten für 2022 aber eine Steigerung. Über die Hälfte hat wachsende Probleme bei der Besetzung von Ausbildungs­plätzen.

Anzahl der Betriebe
201840.403
201940.091
202039.722
202139.610

Prognose: Der Konsolidierungstrend geht weiter und wird sich aufgrund der demografischen Situation in den kommenden zehn Jahren noch verstärken. Das Problem der Betriebsnachfolge gewinnt an Bedeutung. Unternehmensketten und -verbünde können in dieser Situation ihre Stärken ausspielen. Mittelgroße, spezialisierte Betriebe werden sich ebenfalls sehr gut halten.

Auszubildende
201820.536
201920.256
202020.203
202120.201

Prognose: Die Ausbildungsleistung hat sich in den letzten Jahren stabilisiert – selbst in den Corona-Jahren. Sie reicht aber bei Weitem nicht aus, um den wachsenden Bedarf zu decken. Nur 22 Prozent der Betriebe hat nach eigenen Aussagen keine Probleme, Ausbildungsstellen zu besetzen. Bei den größeren Betrieben über 20 MitarbeiterInnen melden 63 Prozent wachsende Probleme.