Rückläufige Digitalisierung Keine Zeit, kein Geld, kein Personal? Warum sich Unternehmen trotzdem digitalisieren müssen – und wie es gelingt

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Eine Bitkom-Studie attestiert deutschen Firmen eine nachlassende Bereitschaft, die Digitalisierung anzugehen. Doch liegen die Wachstumschancen vor allem in digitalen Tools und Technologien.

Im Jahr 2023 planen Unternehmen weniger in digitale Tools und Technologien zu investieren. - © stock.adobe.com - NicoElNino

Die meisten Deutschen sehen in der Digitalisierung des Lebens heute große Chancen. Der Digitalverband Bitkom beziffert den Anteil anlässlich des dritten bundesweiten Digitaltags „Digital für alle“ auf 87 Prozent. Das war nicht immer so – erst die Corona-Pandemie hat die Menschen und Unternehmen offener für Technologien und Tools gemacht. So hat in den vergangenen Monaten für 94 Prozent der Firmen die Digitalisierung an Bedeutung gewonnen, erklärt Bitkom-Präsident Achim Berg, der dazu Zahlen aus einer weiteren aktuellen Erhebung heranzieht. Eine gute Nachricht.

Die schlechte Nachricht folgt hinterher: Steigende Preise für Energie und Lebenshaltung sowie knappe Rohstoffe machen Unternehmen derzeit zu schaffen. Viele wollen daher ihre Digitalisierungsvorhaben erstmal auf Eis legen. Laut der Befragung erwarten 95 Prozent der Unternehmen, dass Störungen in den Lieferketten nun die Digitalisierung bremsen werden. 92 Prozent haben diese Sorge aufgrund der hohen Inflationsrate, 78 Prozent wegen steigender Energiekosten und 57 Prozent aufgrund des russischen Angriffs auf die Ukraine.

Unternehmen planen 2023 weniger in die Digitalisierung zu investieren

Im kommenden Jahr wollen die Unternehmen daher stärker auf die Investitionsbremse drücken. Nur noch 18 Prozent planen, mehr für die Digitalisierung auszugeben, während 33 Prozent weniger in Digitalisierung investieren wollen. Weitere 42 Prozent wollen die Ausgaben verglichen mit dem laufenden Jahr unverändert lassen. „Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen verschlechtern sich und belasten auch die Unternehmen“, schlussfolgert Berg.

Die Digitalisierung jedoch auf die lange Bank zu schieben, ist jedoch keine gute Idee. Laut der Untersuchung gehen mit 69 Prozent gut zwei Drittel davon aus, dass in fünf Jahren digitale Geschäftsmodelle von sehr großer Bedeutung oder sogar entscheidend für den eigenen wirtschaftlichen Erfolg sein werden. „Digitalisierung ist das beste Mittel für Widerstandsfähigkeit und Resilienz gegenüber Krisen jeder Art. Wir müssen alles daransetzen, dass die in der Pandemie erzielten Digitalisierungs-Fortschritte in der Pandemie jetzt nicht verpuffen, sondern nachgehalten und verstärkt werden“, sagt Bitkom-Präsident Achim Berg.

Von KI bis zur Blockchain

Bei den Schritten, ihre Prozesse zu digitalisieren, sind zwar viele Firmen auf unerwartete Schwierigkeiten gestoßen. Gleichzeitig ist die Mehrheit der Befragten überzeugt davon, dass die Digitalisierung ihre Firmen wettbewerbsfähiger macht und dass sie als Arbeitgeber attraktiver sind. Für den Verband ist klar, dass „nicht jede Technologie ist für jedes Unternehmen und jeden Einsatzzweck geeignet“ ist, so Berg. „Aber alle Unternehmen sollten sehr ernsthaft prüfen, ob und inwieweit sie neue Technologien wie Blockchain, KI oder 5G voranbringen können.“

Damit haben sich die Unternehmen beschäftigt:

74 Prozent nutzen, planen oder diskutieren Datenanalyse und Big Data (2020: 62 Prozent)

66 Prozent nutzen oder beschäftigen sich mit dem Internet of Things (2020: 49 Prozent)

53 Prozent setzen auf 3D-Druck (2020: 51 Prozent)

51 Prozent holen sich 5G (2020: 38 Prozent) ins Haus

38 Prozent interessieren sich für autonome Fahrzeuge (2020: 20 Prozent)

37 Prozent favorisieren Künstliche Intelligenz (2020: 28 Prozent)

neun Prozent setzen die Blockchain-Technologie ein oder haben es vor (2020: 6 Prozent)

Firmen sollen auf Kooperationen mit Start-ups setzen

Nahezu alle Unternehmen haben in den vergangenen fünf Jahren ihr Angebot digitalisiert. So sagen zehn Prozent, neue digitale Produkte auf den Markt gebracht zu haben, bestehende Produkte haben sieben Prozent durch digitale ersetzt und 14 Prozent mit digitalen ergänzt. Ein Drittel hat neue digitale Dienstleistungen ins Angebot genommen, 56 Prozent haben bestehende Dienstleistungen mit digitalen ergänzt und zehn Prozent haben bestehende Dienstleistungen durch digitale ersetzt. Lediglich drei Prozent der Unternehmen geben an, in dem Zeitraum überhaupt keine digitalen Produkte oder Dienstleistungen entwickelt zu haben.

Neben den aktuellen wirtschaftlichen Schwierigkeiten gilt als größtes Hemmnis bei der Entwicklung digitaler Produkte oder Dienstleistungen die fehlende Zeit. Auch der Fachkräftemangel und die Anforderungen beim Datenschutz bremst neue digitale Lösungen sowie außerdem finanzielle Mittel. Achim Berg lässt diese Argumente nicht gelten, da sich bei der Digitalisierung des eigenen Unternehmens die Weichen für die Zukunft stellen. Sein Tipp: „Unternehmen, denen es an Know-how fehlt, sollten stärker als bisher auf Kooperationen setzen – mit Unternehmen aus der eigenen Branche, mit Digitalunternehmen und insbesondere auch mit innovativen Tech-Start-ups. Die Möglichkeiten sind da, sie müssen nur genutzt werden.“