Digitalisierung und SHK-Handwerk
Von den steigenden organisatorischen Anforderungen sehen sich ältere wie jüngere Chefs im SHK-Handwerk komplett überlastet – dabei sollen sie aber noch die Wärmewende meistern. Das britische Unternehmen Homeserve will den Betrieben unter die Arme greifen, indem es die Betriebe in seinen Gruppenverbund einbindet, um Themen wie die Digitalisierung zentral zu bündeln. Homeserve-Deutschland-Chef Thomas Rebel erklärt das Geschäftsmodell.
Herr Rebel, als Deutschland-Geschäftsführer der britischen Firma Homeserve helfen sie mit, hierzulande die Wärmewende zu schaffen. Wie sehen Ihre Pläne dazu aus?
HomeServe ist vor 30 Jahren in England an den Start gegangen, das Hauptprodukt waren Schutzbriefe fürs Haus – ähnlich wie sie der ADAC für Autos anbietet. Vor einigen Jahren gab es dann in unserer Firmenzentrale die Idee, Heizungen nicht nur über den Schutzbrief zu reparieren, sondern auch selbst einzubauen. Diesen neuen Geschäftsbereich bieten wir seit vergangenem Jahr auch in Deutschland an – und arbeiten dafür mit Betrieben aus dem SHK-Handwerk zusammen, die wir zukaufen. Bisher haben wir sieben SHK-Betriebe zugekauft, die unter unserer Fittiche weiterhin eigenständig – mit ihrem Standort, ihrem Namen, ihren Mitarbeitern und Kunden – auf dem Markt auftreten. Die Betriebschefs treffen im Rahmen eines gemeinsam entwickelten Geschäftsplans auch weiterhin die Entscheidungen. Von unserer Firmenzentrale in Frankfurt am Main aus übernehmen wir für die Betriebe vor allem organisatorische Aufgaben, damit sie mehr Zeit für ihr Alltagsgeschäft finden. Dass nun parallel zu unseren eigenen Zielen noch die Wärmewende hinzukommt, wirkt sich positiv auf unsere Geschäftsentwicklung aus.
Was haben die Betriebe davon, wenn sie sich Homeserve anschließen?
Das deutsche Handwerk hat sehr viele Vorteile: die Handwerker haben eine gute Ausbildung und führen die Arbeiten in hoher Qualität aus. Doch gibt es seit einigen Jahren zunehmend größere Herausforderungen, dazu zählen die Digitalisierung, Mitarbeitergewinnung zuzeiten des Fachkräftemangels, regulatorische Anforderungen, der Einkauf von Materialien, der gerade in den vergangenen Jahren schwierig war und noch immer ist, sowie die Erwartungen der Mitarbeiter, aber auch der Kunden. Zum Beispiel wünschen sich Kunden oft eine viel akkuratere Terminplanung als noch vor 30 oder 40 Jahren. Damals war in vielen deutschen Haushalten die Ehefrau tagsüber daheim, daher konnten Handwerker einfach dann erscheinen, wenn sie Zeit fanden. Das geht heute nicht mehr. Solche Kundenansprüche bereiten Mittelständlern Sorgen, weil sie sich über das Tagesgeschäft hinaus, mit immer neuen Aufgaben beschäftigen müssen. Das erfahren wir auch in unseren zahlreichen Gesprächen mit SHK-Handwerksbetrieben.
Für solche organisatorischen Herausforderungen stehen heute ja viele digitale Tools und Software zur Verfügung.
Letztlich geht es ja nicht nur um die Einführung einer Software allein, sondern um die sich ständig ändernden Marktgegebenheiten – an die sich wiederum die Technologie anpassen muss. Mit diesen schnell wechselnden Anforderungen Schritt zu halten, ist eine Aufgabe für sich. Viele Handwerkschefs, die ihren Betrieb bereits jahrelang erfolgreich managen, fühlen sich überfordert und sind von den vielen Themen, die mit ihrem eigentlichen Handwerk nichts zu tun haben, frustriert. Ob es darum geht, Personal zu gewinnen oder den überbordenden Papierkram über digitale Tools zu sortieren. Auch die Mitarbeiter sind oft frustriert, weil sie wissen, dass sich die Büroarbeit besser organisieren lässt, während sie selbst mit Büroklammern und Ordnern herumlaufen. Von Frankfurt aus unterstützen wir unsere SHK-Betriebe dabei, diese Herausforderungen zu bewältigen.
Weil Homeserve ja international tätig ist, lohnt ein Blick ins Ausland: Welche Märkte schaffen es schneller die Aufgaben wie die Wärmewende zu bewerkstelligen?
Nehmen wir mal die USA, wo vergleichsweise niedrigere administrative Hürden vieles beschleunigen. Doch dieser Vorteil dreht sich in einen Nachteil um, wenn man die Qualität der handwerklichen Arbeit betrachtet. Das ist in Deutschland aufgrund der traditionellen Aufstellung in der Handwerksordnung schon besser organisiert, dennoch gibt es natürlich viele Dinge, die sich verbessern lassen. Zum Beispiel die Art, wie sich das Handwerk an junge aber auch ältere Fachkräfte wendet. Da könnten die Betriebe schon frischer und mutiger auftreten.
Wie meinen Sie das konkret?
Der Beruf eines SHK-Handwerkers besteht heute nicht mehr nur in Handarbeit wie früher: Er findet heute einen echt technischen Beruf vor, bei dem er auch viel am Laptop arbeitet und vor allem, bei dem eine sinnerfüllte Tätigkeit ausführt. Zum einen, weil er hilft, die Klimawende zu bewältigen, zum anderen weil er den Menschen etwas Gutes tut, indem er ihnen eine funktionierende Heizung oder ein neues funktionales Bad einbaut. Das sind wichtige und große Erlebnisse für den Kunden. Dieser gestiegene Anspruch und die Sinnhaftigkeit sollten mehr gezeigt werden.
Wie ist die Resonanz der Betriebe – finden Sie viele, die bereit sind für eine Übernahme?
Wir führen viele Gespräche mit älteren Eigentümern ohne Nachfolgeregelung, aber auch jüngere Handwerkschefs suchen den Kontakt mit uns. Beide hadern mit der gleichen Problematik, dass sie ein erfolgreiches Geschäft aufgebaut haben, aber die vielen Chancen, die der Markt bietet, gar nicht nutzen können, weil sie vom Tagesgeschäft aufgefressen werden. Um herauszufinden, ob eine dieser Firmen wirklich zu uns passt, damit sich ein guter Match für beide Seiten ergibt, investieren wir viel Zeit ins Kennenlernen. Für einen erfolgreichen Zusammenschluss muss es – wie bei einer Ehe – auf beiden Seiten perfekt passen.
Was sind Ihre Ziele für die Zukunft?
Bisher sind wir mit circa 380 Mitarbeitern in großen Ballungsgebieten in Westdeutschland vertreten. In den kommenden Jahren möchten wir weiter wachsen und unseren Beitrag zur Wärmewende leisten.