Geschäftskontakte Interview mit Carola Zarth über Netzwerke: "Mehrwert für Betrieb und persönliche Weiterentwicklung"

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Von der gewerkespezifischen Innung bis hin zu branchenübergreifenden Verbänden: Die Bandbreite sich in Netzwerken zu engagieren, ist riesig. Carola Zarth, Präsidentin der Handwerkskammer Berlin und Inhaberin einer Kfz-Werkstatt in Berlin, erklärt, wie Handwerkerinnen und Handwerker über den Austausch mit Gleichgesinnten profitieren können.

Carola Zarth ist Präsidentin der Handwerkskammer Berlin.
Carola Zarth ist Präsidentin der Handwerkskammer Berlin. - © MarieStaggat

Worin besteht der Sinn des Netzwerkens für Sie?

Zum Netzwerken kam ich lustigerweise durch handwerk magazin. Im Jahr 1991 las einen Bericht über die UnternehmerFrauen im Handwerk (UFH), die damals erst in einigen Bundesländern vertreten waren – aber in Berlin nicht. Nach Absprache mit dem Verband konnte ich dann einen Arbeitskreis in Berlin eröffnen, der sich zu einem weiteren Landesverband entwickelte. Mit eine der schönsten Erfahrung aus dieser ersten Zeit war die Verbindung der Handwerkerinnen aus dem Ost- und dem Westteil in Berlin. Der gemeinsame Austausch hat den Frauen sehr viel gebracht. Damals gab es im Osten wesentlich mehr selbstständige Handwerkerinnen und Gründerinnen, davon konnten die Unternehmerfrauen im Westen einiges lernen. Nachdem ich die UFH in Berlin 16 Jahre lang geleitet hatte, übergab ich an meine Nachfolgerin,. Heute bin ich Ehrenvorsitzende. Auch in der Handwerkskammer Berlin habe ich vor meiner Zeit als Präsidentin, als ich im Vorstand tätig war, einen Arbeitskreis für selbstständige oder angestellte Frauen im Handwerk gegründet.

Benötigt ein Netzwerk unbedingt einen physischen Austausch, damit der Funke überspringt und Vertrauen entsteht – oder gelingt das auch online?

Im Arbeitskreis Frauen der Handwerkskammer Berlin treffen wir uns vierteljährlich und netzwerken auch online. Vieles lässt sich in virtuellen Treffen erledigen, wie zum Beispiel Trainings oder Workshops. Allerdings kann ich aus meinen eigenen Erfahrungen sagen, dass es schon sinnvoll ist, sich einige Male im Jahr in Präsenz zu sehen. Nur so gelingt es, sich miteinander zu verbinden.

Was gewinnt derjenige, der Netzwerke besucht, gegenüber jemandem, der es nicht macht?

Aus Netzwerken entsteht immer ein Mehrwert für den Betrieb als auch für die persönliche Weiterentwicklung. Weil das Handwerk von kleineren Strukturen geprägt ist – hier bei uns in Berlin hat ein Betrieb im Schnitt zehn Mitarbeiter – , hilft ein regelmäßiger Austausch, um gewerkeübergreifend zusammenzuarbeiten. Durch ein Netzwerk entstehen automatisch neue Verbindungen. In unserem Arbeitskreis Frauen zum Beispiel fördern wir uns auch in der persönlichen Entwicklung, wenn es etwa darum geht, einen Kredit für den Betrieb zu beantragen. Vorausgesetzt der Finanzierungsplan ist vernünftig, kann man solche Vorhaben ruhig selbstbewusst angehen. Darin bestärken wir uns gegenseitig. Ebenso ist es beim Thema Bepreisung: Vor kurzem haben wir im Arbeitskreis darüber gesprochen, wie sich die Preise aufgrund steigender Energie- und Materialkosten verteuert haben. Natürlich muss das auch Konsequenzen auf die Preise haben, da die Betriebsinhaberin ja nicht nur kostendeckend arbeiten soll, sondern sich auch selbst ernähren muss. Bei solchen Diskussionen und Bedenken können wir uns extrem gut unterstützen.

Was ist besser: fachspezifische oder branchenübergreifende Treffen zu besuchen?

Auch bei dieser Fragestellung gilt für mich: Das eine tun ohne das andere zu lassen. Als meine Tochter damals noch klein war, war es für mich nicht gerade einfach, neben meinen Aktivitäten bei den UFH und der Handwerkskammer meine Mitgliedschaft bei der Innung wahrzunehmen. Ich bin allerdings eine große Verfechterin der Innung, sozusagen auch als die DNA meines eigenen Betriebs. Die Arbeit in der Innung, bei der übrigens drei Mitarbeiter meiner Firma im Prüfungsausschüssen sind, sehe ich als ganz entscheidend an, um gewerkespezifisch zu netzwerken. Was mich immer unglaublich neugierig gemacht hat, ist allerdings auch das gesamte Handwerk – vielleicht bin ich deshalb auch Präsidentin der Handwerkskammer Berlin. Branchenübergreifende Netzwerke finde ich für mich persönlich etwas schwieriger: Als ich beim Verband deutscher Unternehmerinnen (VdU) aktiv war, fehlte mir persönlich letztlich der Bezug zum Handwerk.

Welches Netzwerk empfehlen Sie zum Beispiel einer Malerin, die sich gerade selbstständig gemacht hat, und nun schnell profitabel werden will?

Die Malerin sollte sich auf jeden Fall einer Innung anschließen und auch den UFH. Wenn es sich um eine junge Handwerkerin handelt, kann ich die Junioren des Handwerks ebenfalls sehr empfehlen, um sich mit Gleichalterigen auszutauschen. Ans Herz legen möchte ich außerdem unsere Ideenwerkstatt Handwerk trifft Startup in der Handwerkskammer Berlin. Wir leben schließlich in einer Start-up-Hauptstadt, in der die Vernetzung zwischen Handwerk und Start-up eine wichtige Form der Zusammenarbeit darstellt. Dabei geht es darum neue Ideen zu integrieren, indem zum Beispiel Arbeitskräfte über neue Technologien entlastet werden.