Gründung und Nachfolge finanzieren: 9 Wege, um an frisches Geld zu kommen

Ist eine überzeugende Geschäftsidee gefunden, ein belastbarer Businessplan erstellt und auch für das Marketing ein umfassendes Konzept festgelegt, kommt die nächste Herausforderung: Wie finanzieren Gründer oder Übernehmer ihre Selbstständigkeit? Wer dabei nur an die Hausbank denkt, limitiert sich selbst. Es gibt etliche Alternativen. Hier sind sie. Julius Mehlhorn (li.) und Laurin Ziesmer – die zwei Schreinermeister aus München sind gerade dabei ihr gemeinsames Unternehmen zu gründen. Eigentlich wollten Julius Mehlhorn und Laurin Ziesmer, beide 25, über den Meisterbonus und den Gründungszuschuss den Start in ihre Selbstständigkeit finanzieren. Doch es kam anders. „Wir wohnen in München, haben aber – da wir in Bayern keinen Platz an einer Meisterschule bekommen haben – eine Schule in Baden-Württemberg besucht“, erzählt Ziesmer. Das Problem: Der Meisterbonus wird dort nach dem Wohnsitz gezahlt – und in Bayern nur, wenn der Abschluss auch in Bayern erfolgt. „Irgendwie sind wir also durchs Raster gefallen“, sagt er. Dass es diese unterschiedlichen Regelungen gibt, hat ihnen niemand gesagt. #paid-content# Problem: Bildung ist Ländersache Ähnlich unglücklich ist die Lage beim Gründungszuschuss: „Nur wer arbeitsuchend ist und aus dieser Situation heraus gründet, bekommt das Geld“, weiß Mehlhorn. Was die zwei Schreinermeister nicht wussten: Sie hätten sich zu Beginn der Meisterschule beim Arbeitsamt als voraussichtlich arbeitsuchend nach dem Abschluss melden, oder auch selbstständig in die Arbeitslosenversicherung einzahlen können. „Das kostet nur zehn Euro im Monat. Beides hätte uns den Gründungszuschuss von rund 18.000 Euro gesichert“, erzählt Mehlhorn. Dies wäre ein Hinweis gewesen, den sich Mehlhorn und Ziesmer von der Meisterschule gewünscht hätten. Doch die zwei Gründer haben Glück im Unglück: Ihre Familien unterstützen sie: „Sie helfen bei der Finanzierung unserer GmbH-Einlage, ab Juli werden wir eine eingetragene Gesellschaft haben“, sagt Mehlhorn. Erfolgreicher Start in die Gründung Beide Schreinermeister haben in den vergangenen fünf Jahren als Kleinunternehmer bereits viele Kundenaufträge vor allem aus dem privaten Umfeld und im Messebau erledigt und entsprechendes Werkzeug gekauft. „Eine Werkstatt oder einen Geschäftswagen haben wir zwar noch nicht, aber wir können über Partnerwerkstätten und unsere Kontakte in die verschiedenen Gewerke jetzt schon jeden Auftrag annehmen, der an uns herangetragen wird“, sagt Ziesmer. Ihr Umsatzwachstum wird wohl langsamer sein, als es mit staatlichen Zuschüssen und Boni gewesen wäre. Aber sie sind sich sicher: „Wir haben quasi keine Fixkosten und eine sehr gute Auftragslage. Damit sind wir eigentlich sofort in der Gewinnzone und können investieren, um unseren Betrieb auf- und auszubauen“, so die Jungunternehmer. Gewinnthesaurierung oder auch Bootstrapping wird diese Form der Finanzierung genannt. Aus dem vorhandenen Kapital und einbehaltenen Gewinnen (Thesaurierung) werden Investitionen finanziert, was Fremdkapitalkosten spart. Zusätzlich fließen gelegentlich kleinere Geldbeträge von Freunden und Familie in das Unternehmen. Es ist die günstigste Form der Finanzierung, sorgt aber meist für nur langsames Wachstum. Kapitalplanung vor Kapitalbeschaffung Einen Schritt früher setzt Marco Habschick, Geschäftsführer der Gruenderplattform.de an: Vor dem Nachdenken über die Art der Kapitalbeschaffung kommt die Kapitalbedarfsermittlung.“ Oft sei der Kapitalbedarf größer, als Gründer zunächst annehmen. Zu den Gründungskosten kommen die Investitionen, Warenlager und Betriebsmittelbedarf sowie weitere variable und fixe Kosten bis zur Gewinnschwelle hinzu. „Ich rate, möglichst nah an den realistischen Kosten zu planen, da Nachfinanzierungen meist teuer sind und zu hohe Kredite eine überflüssige Zinsbelastung nach sich ziehen“, sagt Habschick. Nicht vergessen: Ein finanzieller Puffer sichert das Überleben, wenn unvorhersehbare Kosten entstehen, etwa durch den Ausfall einer Maschine. Mögliche Finanzierungsquellen für die Gründung Wer seine Ausgaben ermittelt hat und davon sein Eigenkapital abzieht, erhält seinen Finanzmittelbedarf. Hier ein Überblick, wie und wo der Bedarf gedeckt werden kann: 1. Beteiligungsgesellschaften – Geld und Knowhow Die Mittelständischen Beteiligungsgesellschaften (MBG) der Bundesländer finanzieren erfolgversprechende Start-ups und Nachfolgen in ihren Bundesländern. So hat die MBG Baden-Württemberg 2023 beispielsweise rund 5,04 Millionen Euro in 15 Start-ups investiert und ihr Pendant in Schleswig-Holstein ist Beteiligungen in Höhe von 24,3 Millionen Euro eingegangen. Beteiligt sich eine MBG, gewährt sie dem Gründer Eigenkapital und erhält bei einer offenen/direkten Beteiligung im Gegenzug Anteile. Vor der Zusage hat sie jedoch Konzept und Zahlen des Gründers und auch seine Unternehmerpersönlichkeit analysiert. Eine Finanzierungszusage drückt also Vertrauen in den Erfolg des Start-ups aus. Mit der erhöhten Eigenkapitalbasis steht der Gründer gegenüber seiner Hausbank solide da – was der Kreditgewährung hilft. Die Beteiligung wird meist nach sieben bis zehn Jahren beendet – die Laufzeit kann aber auch länger sein. Der Ausstieg der MBG erfolgt durch endfällige oder ratierliche Tilgung und startend etwa nach fünf Jahren. Während der Beteiligungszeit sprechen die MBG nur bei großen Entscheidungen, wie etwa einer Standortverlegung, mit. Aber: Wer von der Erfahrung und dem Netzwerk der MBG profitieren möchte, kann sich dort viele Tipps und Knowhow einholen. 2. Mikromezzaninfonds Deutschland – Geld für Klein- und Kleinstunternehmen Auch der Mikromezzaninfonds wird über die MBG der Bundesländer tätig. Gedacht ist er für Klein- und Kleinstunternehmen, die oft Schwierigkeiten haben, Geld zu beschaffen. Mezzaninkapital stellt im rechtlichen und wirtschaftlichen Sinne eine Mischform aus Eigen- und Fremdkapital dar. Das Unternehmen erhält wirtschaftliches Eigenkapital, aber der Kapitalgeber hat kein Stimm- oder Einflussnahmerecht. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz finanziert diesen Fördertopf und stellt bis zu 150.000 Euro Eigenkapital für bestimmte Gruppen zur Verfügung – was die Fremdkapitalaufnahme über eine Bank erleichtert. 3. Kredit – Geld gegen Zins Kredite erhalten Gründer von Banken oder privaten Kapitalgebern. Ein Kredit ist immer Fremdkapital, der Geldgeber spricht nicht mit bei Unternehmensentscheidungen. Die Nachteile sind die relativ hohen Zinsen und eine feste Rückzahlung zu einem festgelegten Termin –unabhängig davon, wie die Geschäftslage gerade ist: „Vorfällige Kündigung ist meist nicht oder nur gegen Gebühr möglich“, informiert Habschick. 4. Gründungszuschuss – er muss nicht zurückgezahlt werden "Den Gründungszuschuss müssen angehende Unternehmer bei der Bundesagentur für Arbeit beantragen. Sie unterstützt damit Gründer, die sich aus der Arbeitslosigkeit heraus selbstständig machen wollen", erklärt Thomas Klußmann, Geschäftsführer von gruender.de. Der Gründungszuschuss ist steuerfrei und der Gründer muss den Zuschuss nicht zurückzahlen. "Zudem kann der Zuschuss zusätzlich zu den Einnahmen aus der Selbstständigkeit bestehen bleiben", so Klußmann. Neben Geld gibt es für angehende Unternehmerinnen und Unternehmer auch eine Beratung zum Aufbau des Start-ups im Wert von mehreren Tausend Euro. Die Höhe des Zuschusses hängt von der Höhe des Arbeitslosengeldes ab. 5. Crowdfinanzierung – Kunden und Kapitalgeber überzeugen Auf vielen verschiedenen Plattformen wird die Schwarmfinanzierung angeboten. Dabei geben viele einzelne Menschen Geld für eine Gründung oder ein Projekt, das sie überzeugt. Der Gründer kann über die Plattform nicht nur Geld einsammeln - er bekommt auch wichtiges Feedback für seine Gründungsidee und sein Produkt. Wer einmal verfolgen möchte, wie eine Kampagne auf einer Plattform gestartet und geführt wird, kann dies bei verschiedenen Anbietern, meist auch auf Youtube verfolgen. 6. INVEST – Zuschuss für Wagniskapital Private Investoren, mit und ohne eigene Unternehmererfahrung, können sich mithilfe von INVEST an Gründungen beteiligen. Bei diesem Förderprogramm bekommt der Investor das Geld, nicht der Gründer. Denn INVEST ist ein Förderprogramm, das aus einem Erwerbszuschuss und einem Exitzuschuss besteht. Den Erwerbszuschuss erhalten private Investoren, die Geschäftsanteile an Jungunternehmen kaufen und ihre Beteiligung mindestens drei Jahre halten. "Mit dem Exitzuschuss kompensiert man so die Steuer, die auf einen Veräußerungsgewinn entfällt. Somit werden Investoren in ihren Tätigkeiten unterstützt und Start-ups können bei dieser Form der Finanzierung leichter einen Investor finden", erklärt Klußmann. 7. EXIST – Gründerstipendium Das EXIST – Gründerstipendium ist ein 12-monatiges Förderprogramm des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie, das durch den Europäischen Sozialfonds mitfinanziert wird. Es ist speziell gedacht für Studierende, Absolventen und Wissenschaftler aus Hochschulen und Forschungseinrichtungen, die ein Unternehmen gründen möchten. Im Förderfokus stehen innovative technologiebasierte Gründungsvorhaben und wissensbasierte Dienstleistungen, die auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen. Das Stipendium gibt Geld zu attraktiven Konditionen, um einen Businessplan auszuarbeiten und sich mit Unterstützung der Hochschule oder Forschungseinrichtung auf die Unternehmensgründung vorzubereiten. 8. High-Tech Gründerfonds Der High-Tech Gründerfonds ist ein Beteiligungsfonds für die Frühphase eines Start-ups. Er wird vom Bundeswirtschaftsministerium, der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) und rund 40 privaten Unternehmen finanziert. Der Schwerpunkt der Beteiligungen liegt bei innovativen Tech-Unternehmen. Meist setzen sie Forschungsergebnisse praktisch um. "In der Seed-Runde ist es mit dem High-Tech Gründerfonds möglich, ein Investitionsvolumen von rund einer Million Euro zu bekommen. Insgesamt kann dieser Fonds bis zu vier Millionen Euro als Art der Finanzierung in ein Start-up investieren", informiert Klußmann. 9. Wettbewerbe: Geld, Wissen und Klarheit Wettbewerbe - Pitches genannt - sind besonders wichtig für Gründer mit innovativer Geschäftsidee. Es gibt diese Pitches eigentlich in jedem Bundesland. Dabei präsentieren die Gründer ihr Konzept vor einem interessierten und kundigen Publikum. Die besten Ideen erhalten ein Preisgeld und viel öffentliche Aufmerksamkeit (die Medien berichten). Beides hilft bei der Finanzierung der Unternehmensgründung und beim Etablieren des neuen Betriebs. "Die Fernsehshow 'Die Höhle der Löwen' ist ein Paradebeispiel für so einen Wettbewerb", erklärt Klußmann. Wer mit seiner Geschäftsidee nicht gewinnt, bekommt wertvolles Feedback. Denn es hilft, die Schwachstellen im Businessplan zu erkennen, und zeigt auf, an welchen Punkten der Gründer noch optimieren muss. Beispiel LaborX: Viermal im Jahr findet ein kostenloses Online-Event statt. Das nächste ist das 38. LaborX Hamburg. Am 05. Juni 2024 um 19:00 Uhr stellen Gründer ihre Idee vor, zeigen dem Publikum, wie weit sie sind und an welchen Stellen es noch hakt. Das LaborX-Publikum unterstützt mit Gründungs-Knowhow, es ist ein Netzwerk, das Gründer langfristig nutzen können. Wer seine Geschäftsidee vorstellen möchte, muss sich zuvor bewerben. Neugründungen von Unternehmen 2023 Fast 600.000 Menschen haben sich im vergangenen Jahr selbstständig gemacht. Aber nicht jeder, der gründet, traut sich gleich den Vollerwerb zu – fast die Hälfte waren Nebenerwerbsbetriebe. Neugründungen insgesamt593.200Betriebe mit größerer wirtschaftlicher Bedeutung118.500Kleinunternehmen187.600Nebenerwerbsbetriebe287.200Quelle: Statista 2024 #end-paid-content#

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