Plattformökonomie Digital einkaufen: Wie Profishop den Beschaffungsprozess im Handwerk neu strukturiert

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Die Corona-Pandemie birgt viele Herausforderungen, doch schiebt sie auch die notwendige Digitalisierung der Handwerksbetriebe an: So sieht das Konjunktur- und Zukunftsprogramm der Bundesregierung den Ausbau von Plattformen vor. Warum solche Marktplätze, wo Nachfrage auf ein großes Angebot trifft, so wichtig sind, erklärt Arasch Jalali, Co-Gründer der Bremer Plattform Profishop. Sein Ziel ist es, den traditionellen Beschaffungsprozess von Grund auf umzukrempeln.

Anna Hoffmann und Arasch Jalali, Gründer von Profishop, wollen das Handwerk digitalisieren. - © Profishop
Das Corona-Konjunkturpaket der Regierung sieht vor, vor allem auch Plattformen voranzubringen und zu fördern. Was ist das besondere an Plattformen?

Arasch Jalali: Den Aufbau von Plattformen zu fördern halte ich für sehr sinnvoll. Plattformen optimieren Prozesse und ermöglichen Betrieben Kosten einzusparen. Ein wesentlicher Grund ist aus unserer Sicht die Unmittelbarkeit. Egal, ob wir den klassischen Produkt- und E-Commerce-Bereich betrachten oder den Travel-Bereich – das Prinzip ist überall das gleiche: Viele Anbieter ziehen viele Nutzer an. So gehen wir es auch bei Profishop vor: Über eine große herstellerübergreifende Auswahl erleichtern wir die Beschaffung von Produkten und sorgen darüber letztlich für eine steigende Kundenzufriedenheit. Das gelingt nur, indem wir den Markt strukturell anders gestalten: Wir müssen weg vom beschränktem Online-Shoppen hin zu Plattformen, bei denen der Kunde alles bekommt. Das gelingt in den vergangenen drei bis vier Jahren immer besser. Unternehmen und Verbraucher haben den Mehrwert erkannt, wenn sie alles für ihren Betrieb oder auch Privatgebrauch an einem Ort erhalten, was wiederum mehr Hersteller auf unsere Plattform lockt. Als wir 2012 gestartet sind war es sehr schwierig den Herstellern das zu vermitteln. Damals war es ein Kraftakt sie auf die Plattform zu bringen - heute kommen sie von selbst auf uns zu.

Welche Vorteile entstehen dem Handwerk?

Für Handwerker ist der Gang zum Baumarkt nach wie vor alltäglich. Auch weil in der traditionellen Bau- und Handwerksbranche die Digitalisierung nur sehr langsam vorangeht. Tatsächlich kostet der Baumarktbesuch aber wertvolle Zeit und Ressourcen. Genau hier sieht Profishop Potenzial: Mit seinem Service ermöglicht unsere Plattform Handwerkern, die benötigten Produkte online zu bestellen und direkt vom Hersteller geliefert zu bekommen. Damit digitalisieren wir den Beschaffungsprozess in den Betrieben. Dazu kombiniert Profishop die Vorteile der Datenhoheit sowie dem ausgeprägten Servicelevel von Fachhändlern mit dem großen Produktsortiment von Marktplätzen. Die Beschaffungsplattform übernimmt außerdem die Rolle des Fachhändlers und bietet dem Kunden neben Beratung und Service, die Möglichkeit, die Anzahl der Kreditoren zu reduzieren. Wenn ein Kunde also verschiedene Produkte von unterschiedlichen Herstellern bei uns bestellt, gibt es trotzdem nur einen Rechnungsleger. Für die Buchhaltung im jeweiligen Unternehmen ist das eine enorme Entlastung .

Wie sind Sie mit Co-Gründerin Anna Hoffmann auf die Idee gekommen, eine Plattform für den Beschaffungsprozess zu gründen? Welche Berührungspunkte haben Sie selbst in diese Branche?

In mittelständischen Betrieben ist gerade die Beschaffung vom Prozess her relativ komplex. Das wollen wir mit Profishop vereinfachen, nicht allein für mittelständische Betriebe, sondern auch für Industrieunternehmen und Privatkunden sowie natürlich kleinere Handwerksbetriebe, die sich zunehmend digitalisieren und dabei auch ihren Beschaffungsprozess vereinfachen wollen. Alle diese Zielgruppen möchten wir mit unseren Artikeln bedienen, um eine kritische Größe zu erreichen. Heute führen wir 1.200.000 Produkte von gut 700 namhaften Herstellern mit mehr als 150.000 B2B-Kunden zusammen, die nicht nur einmal, sondern regelmäßig bestellen. Außerdem verzeichnen wir steigende Zugriffe auf unsere Website und wachsen jährlich mehr als 100 Prozent. Im E-Commerce gilt es dafür viele kleine Stellschrauben, beispielsweise den Check-out, zu justieren, um ei n optimales Zusammenspiel zu erhalten.

Jeder kennt Ebay und Amazon aus den USA, in Deutschland gibt es dagegen nur wenig große Alleskönner-Plattformen, und schon gar nicht solche, die international bekannt sind. Wie können hiesige Anbieter aufschließen?

Wir sind in Deutschland ganz klar hintendran, gerade im Vergleich zu den USA, wo es ein ganz anderes Investmentverhalten als in Deutschland gibt. Über große Fonds ist es relativ einfach Venture Capital auch für Plattformen zu erhalten, diese sind weniger in Deutschland und Europa angesiedelt. Die Frage dabei ist, wer in solche Plattformen hierzulande überhaupt investiert? Das sind dann eher die Konzerne, die jedoch auch noch Offline eine gute Rendite einfahren und darum wenig Motivation zeigen, Plattformen zu entwickeln. Solange diese Investitionsbereitschaft fehlt, schließen wir nicht zu den USA auf.

Wie finanzieren Sie sich?

Profishop hat 17 Investoren an Bord, darunter den frühen Trivago-Investoren Howzat, die Beteiligungsgesellschaft Takkt, eine weltweite Gruppe von B2B-Spezialversandhändlern für Geschäftsausstattung, sowie mehrere Family Office und weitere Business Angels.

Was sind die Herausforderungen dabei eine Plattform aufzubauen?

Eine wesentliche Herausforderung sind für uns die Bedenken und Ängste, die mittelständische Kunden teilweise immer noch gegenüber digitalen Anbietern haben. Zuhören und Aufklärungsarbeit zu leisten sind aus unserer Sicht daher ganz zentrale Aspekte, denn nur so lässt sich eine langfristige Beziehung aufbauen .

Was sind die nächsten Schritte, um weiter zu wachsen?

Unser Ziel ist es die bekannteste Plattform für Beschaffung in Europa zu werden. Bis jetzt sind wir neben Deutschland in Frankreich, Italien, Österreich und Holland aktiv. Bei den Einkäufern in den Unternehmen, die nicht nur in den Baumarkt fahren, sondern auch online recherchieren, sind wir mittlerweile sehr bekannt. Künftig möchten wir in weitere Länder expandieren und unser Sortiment immer weiter ausbauen. Je breiter und tiefer es ist, desto mehr Kunden bekommen wir. Hinzu kommt ein vernünftiges Preis-Leistungsverhältnis und eine gute Qualität, um weiter zu wachsen.