Covid-19 und Sars-CoV-2 Coronavirus-Angst: Wann müssen Chefs ihre Mitarbeiter nach Hause schicken?

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In Deutschland wächst die Verunsicherung unter Arbeitnehmern und Arbeitgebern – auch im Handwerk: Wie sollen sie sich verhalten? Wann dürfen oder müssen Angestellte zu Hause bleiben? Wird das Gehalt weitergezahlt? Tobias Klingelhöfer, Rechtsexperte der ARAG Versicherung, beantwortet die wichtigsten Fragen zum Coronavirus.

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Wenn wie hier die Arbeit im Unternehmen nur noch schwer möglich ist, können Sie Ihre Mitarbeiter verpflichten, im Homeoffice zu arbeiten – sofern der Job vom heimischen Büro aus erledigt werden kann. - © Mongkolchon - stock.adobe.com

Der Coronavirus breitet sich auch in Deutschland aus. Viele offene Fragen und Verunsicherung begleiten nun Angestellte, aber auch Chefs von KMU sowie Handwerksbetrieben. Tobias Klingelhöfer, Rechtsexperte der ARAG Versicherung, beantwortet die wichtigsten Fragen zu Rechten und Pflichten von Arbeitnehmern und Arbeitgebern. Basis ist dafür das Infektionsschutzgesetz.

Können Behörden betroffene Unternehmen zur Quarantäne zwingen?

Ja! Die rechtlichen Grundlagen finden sich im Infektionsschutzgesetz (IfSG). Laut Paragraf 30 IfSG darf die zuständige Behörde – in der Regel das örtliche Gesundheitsamt – beim Verdacht auf eine Erkrankung oder eine Ansteckung die Absonderung der Betroffenen in einem Krankenhaus oder in sonst geeigneter Weise anordnen. Eine Quarantäne kann also auch zu Hause oder – wie zuletzt bei den aus China ausgeflogenen Deutschen – in einer Kaserne oder ähnlichen Einrichtung stattfinden. Wer sich nicht an die Anordnung der Behörde hält, kann sogar durch gerichtlichen Beschluss zwangsweise untergebracht werden. Das Grundrecht der Freiheit der Person (Artikel 2 Absatz 2 Satz 2 Grundgesetz) kann in diesem Fall laut IfSG ausdrücklich eingeschränkt werden.

Wenn Mitarbeiter wegen des Verdachts auf Coronavirus unter häusliche Quarantäne gestellt werden – bekommen sie dann den Status "krank", also eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU)?

Nein, eine AU wird der Arzt nur demjenigen ausstellen, der tatsächlich am Coronavirus erkrankt ist. Der bloße Verdacht reicht hierfür nicht aus.

Können Chefs ihre Mitarbeiter verpflichten, im Homeoffice zu arbeiten?

Grundsätzlich ja, sofern der Job auch vom heimischen Schreibtisch aus erledigt werden kann und die notwendigen Arbeitsmittel vorhanden sind. Wer also beispielsweise auf der Baustelle arbeitet, zu Hause keinen Zugang zu seinen Büromails hat oder Akten braucht, die im Büro sind, kann auch nicht von zu Hause aus arbeiten.

Muss ich meinen Arbeitnehmern Gehalt zahlen, auch wenn diese aufgrund der Quarantäne ihrem Job nicht nachgehen?

Arbeitnehmer, die nach Paragraf 30 IfSG von der zuständigen Behörde unter Quarantäne gestellt wurden und deshalb ihren Job nicht ausüben können, haben nach Paragraf 56 IfSG für die ersten sechs Wochen der Quarantäne einen Anspruch auf eine Entschädigung in Höhe des Nettogehaltes. Diese Entschädigung wird vom Arbeitgeber gezahlt, der das Geld auf Antrag von der anordnenden Behörde erstattet bekommt. Betroffene Arbeitnehmer müssen den Chef unverzüglich über die Anordnung der Quarantäne informieren. Sollte die Quarantäne länger als sechs Wochen dauern, besteht ein Anspruch auf Entschädigung in Höhe des Krankengeldes, der beim zuständigen Gesundheitsamt geltend gemacht werden muss.

Habe ich Anspruch auf eine Entschädigung, wenn ich als Selbstständiger selbst in Quarantäne muss?

Auch selbständig Tätige haben einen Anspruch auf Entschädigung, wenn sie wegen der Anordnung einer Quarantäne Verdienstausfälle haben. Anders als Arbeitnehmer, müssen sie sich aber direkt an die zuständige Behörde wenden. Als Nachweis des Verdienstausfalls kann zum Beispiel die Bescheinigung des Finanzamts über die Höhe des letzten Jahreseinkommens oder eine entsprechende Bescheinigung des Steuerberaters dienen.

Dürfen Arbeitnehmer mit Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) in der Homeoffice-Isolation trotzdem arbeiten?

Wer sich fit genug zum Arbeiten im Homeoffice fühlt, kann das trotz AU tun. Denn damit geht kein Arbeitsverbot einher. Der Arzt stellt lediglich die mangelnde Arbeitsfähigkeit zum Zeitpunkt der Diagnose fest und trifft eine Prognose über die voraussichtliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit.