Mitarbeitermotivation Kinderkrippe: Mit der Betriebs-Kita stressfreier arbeiten

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Klappt es mit der Kinderbetreuung, können die Eltern produk­tiver arbeiten, davon sind laut aktueller Studie 82 Prozent der Unternehmen überzeugt. Doch nicht nur in Großstädten sind Kita-Plätze oft Mangelware. Wer sich als Betrieb kümmert, kann Motivation und Arbeitgeberimage gleichermaßen verbessern.

Die Betriebs-Kita kommt bei Mitarbeitern und Bewerbern sehr gut an.
Bernd Weber, Geschäftsführer des Autohauses Braasch in Oldenburg, kooperiert bei der Betriebs-Kita mit anderen Firmen. - © Tristan Vankann

Was das Tweelbäker Gewerbegebiet in Oldenburg – eines der größten in Niedersachsen – so besonders macht? Auf jeden Fall das Lachen im „Turtlebus“, einer Art Bollerwagen, mit dem die Erzieherinnen der betrieblichen Kindertagespflege­einrichtung (Kitap) „Am Mühlengarten“ gerne durch die Straßen schieben. An Bord: Kinder von Beschäftigten der hier ansässigen Firmen, genauer: Krippenkinder im Alter von einem bis drei Jahren, also der Altersgruppe, in der laut aktueller IW-Studie bundesweit mehr als 342.000 Betreuungsplätze fehlen.

Die Anfrage des Sozialamts Oldenburg, ob sich Unternehmen hier eine betriebliche Kinderbetreuung vorstellen könnten, stieß bei Bernd Weber, Geschäftsführer des Autohauses Braasch im Tweelbäker Gewerbegebiet, vor einigen Jahren gleich auf Begeisterung. „Wir hatten sowohl intern Bedarf, zum anderen hat mir die Idee gefallen, mit den Kindern eine Kultur des Miteinanders in das eher kühle Gewerbegebiet zu bringen.“ Mit anfangs vier Mitstreitern wurde aus der Idee schnell ein konkretes Projekt und später eine Genossenschaft gegründet, an der heute 40 Unternehmen beteiligt sind. Gemeinsam stemmten die Unternehmen einen Neubau, entwickelten das pädagogische Konzept und gewannen das Deutsche Rote Kreuz als Träger des „Mühlengartens“ .

Kinderbetreuung als echter Trumpf im Bewerbungsgespräch

Seit der Eröffnung im Jahr 2015 bietet die Kitap zehn Betreuungsplätze, womit der Bedarf der Unternehmen gut abgedeckt ist. Zur Kostendeckung überweist jeder Betrieb monatlich 50 Euro an das DRK, und zusätzlich 100 Euro, wenn ein Mitarbeiter hier ein Kind betreuen lässt. Zudem liegt die unternehmerische Steuerung bei der Genossenschaft – die etwa kurzfristig für Ersatz sorgen muss, wenn eine Erzieherin kündigt „Der Aufwand ist in etwa so, als wenn man ein kleines Unternehmen gründet“, sagt Weber. „Man muss das wirklich wollen.“ Gelohnt hat sich das Engagement für das Autohaus aber auf jeden Fall. „Zum einen sind unsere Mitarbeiter froh, weil wir ihnen Plätze anbieten können. Aber auch in Bewerbungsgesprächen kommt das gut an. Zwar hat nicht jeder Bedarf, aber es zeigt, dass Familienfreundlichkeit für uns wichtig ist.“

Dass das Unter-einen-Hut-Bringen von Kind und Job sogar über den Erfolg von Unternehmen entscheidet, ist aufgrund der Corona-Pandemie noch viel deutlicher geworden: „Durch die Krise haben Unternehmen die immense betriebswirtschaftliche Bedeutung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf stark verinnerlicht“, heißt es in einer aktuellen Prognos-Studie. Danach sagen 82 Prozent der Unternehmen, dass „Kinderbetreuung ein zentraler Faktor für ihre Produktivität“ sei. 79 Prozent erwarten, dass „betriebliches Familienbewusstsein auch nach der Krise für die Fachkräftesicherung einen hohen Stellenwert“ habe.

Üppige Förderung für Betriebe durch eigenes Bundesprogramm

Nach wie vor klafft eine große Lücke zwischen Bedarf und Betreuungsplätzen. Entsprechend großzügig fördern Bund, Länder und Kommunen die Schaffung neuer Plätze und unterstützen Betriebe, die hier aktiv werden wollen. So ist etwa im September 2020 das Förderprogramm „Betriebliche Kinderbetreuung“ des Bundesfamilienministeriums neu gestartet. „Das Programm fördert die Schaffung neuer, betrieblich unterstützter Betreuungsplätze in vier Modulen durch einen monatlichen Zuschuss zu den Betriebsausgaben“, erklärt Sabine Grünert, Fördermittelberaterin bei der Servicestelle Betriebliche Kinderbetreuung. Dazu gehören Betreuungsplätze in Kitas und der Kindertagespflege, aber auch die Betreuung in Ausnahmefällen und in den Ferien (siehe Download) .

Für kleinere Betriebe besonders interessant: Die Förderung kann auch für neue Belegplätze in bestehenden Angeboten beantragt werden – sowie zur Antragsstellung im Unternehmensverbund. „Es können zum Beispiel vier Betriebe gemeinsam einen Antrag für je einen Platz stellen“, sagt Grünert. Wichtig sei, die Förderung zu beantragen, bevor mit der Betreuung begonnen wird – und möglichst schnell loszulegen. Noch sind laut Gründert Fördermittel vorhanden.

Betriebs-Kita gründen: Erst die Details bei den Mitarbeitern genau abfragen

Doch für welche Betriebe lohnt sich eine Betriebs-Kita? „Grundlegend für diese Entscheidung ist eine Bedarfsabfrage“, sagt Grünert. Wie viele Plätze brauche man? Für welche Altersgruppe? In welcher Betreuungsform? In der Tagesbetreuung oder nur in Ausnahmefällen oder den Ferien? Auch vermeintliche Details wie etwa gewünschte Öffnungszeiten sollten hier abgefragt werden, em­pfiehlt David Brabender, Geschäftsführer bei Kita Concept, einem Dienstleister für Betriebliche Kinderbetreuung aus Wuppertal. „Viele Betriebe können zwar eine Zahl der benötigten Plätze nennen. Sie wissen aber nicht, aus welchen Kommunen die Eltern kommen, welches Eintrittsdatum oder welche genauen Betreuungszeiten gewünscht werden oder ob es noch Geschwisterkinder gibt.“

Gerade in den Details liegen aber die Vorteile der betrieblichen Kinderbetreuung: „Die Öffnungszeiten lassen sich etwa flexibel an die Besonderheiten des Betriebs, wie Schichtbetrieb oder flexible Arbeitszeitmodelle, anpassen“, sagt Brabender. Besonders attraktiv ist für viele Eltern zudem eine ganzjährige Öffnung, also auch während der Schulferien. Ein Mehrwert der individuellen Ausgestaltung seien zudem der oft günstigere Personalschlüssel für die Betreuung der Kinder oder die Möglichkeit, eine Verbindung der Kita zum Betrieb zu schaffen, etwa durch Einrichtung einer Kinderwerkstatt, was zu gemeinsamen Aktionen einlädt.

Auslastung und Finanzierung: einen Kita-Platz gibt es ab 350 Euro

Dass zunehmend mehr Betriebe Eltern bei der Betreuung unterstützen wollen, beobachtet David Brabender seit Jahren über alle Betriebsgrößen hinweg. „Die Nachfrage ist deutlich gestiegen. Auch kleine Unternehmen möchten zunehmend einen attraktiven Arbeitsplatz anbieten.“ Da es aber aktuell fast überall eine Unterdeckung für den tatsächlichen Bedarf gebe, sei das ansonsten empfehlenswerte Belegplatzmodell für kleine Betriebe meist schwer umzusetzen, oft sei eben leider keine Kita in der Nähe. Eine Alternative ist laut Brabender die Errichtung einer über den eigenen Bedarf des Betriebs hinausgehenden Betreuungs­einrichtung, die jedoch an die Bedarfsplanung der Stadt angekoppelt ist. „So lassen sich die Anforderungen des Betriebs umsetzen, gleichzeitig ist aber die Auslastung garantiert“, sagt Brabender. Mit ungefähr 350 bis 500 Euro Arbeitgeberanteil für einen Kitaplatz sollten Unternehmen nach Erfahrung des Experten pro Monat rechnen. Die Ausgaben sind steuerlich als Betriebsausgaben abziehbar.

Fortsetzung folgt: den Übergang zum Kindergarten schaffen

Im Oldenburger Gewerbegebiet Tweel­bäke hat das Engagement in Sachen Betreuung inzwischen sogar Nachahmer gefunden. Direkt neben dem „Mühlengarten“ hat die Stadt im vergangenen Jahr eine neue Kita für insgesamt 80 Krippen- und Kindergartenkinder gebaut. Zur Freude von Bernd Weber: „Das ganze Ensemble sieht wirklich gut aus“, sagt der Unternehmer und plant schon für die Zukunft: „Es wäre schön, wenn unsere Kinder dort den Übergang in den Kindergarten bekämen. Das wollen wir jetzt mit dem Betreiber verhandeln.“