Interview zum Tag des Handwerks Matthias Niebuhr: Wie Betriebe mit digitalen Tools mehr Zeit gewinnen

Zugehörige Themenseiten:
Büroorganisation, Digitalisierung und Wachstum

Am Tag des Handwerks schaut ganz Deutschland auf seine Handwerker. Die Handwerker selbst sollten den Tag zum Anlass nehmen, um sich mit Zukunftsfragen zu beschäftigen, rät Matthias Niebuhr, Head of Legal bei der Vermittlungsplattform "My Hammer" in Berlin. Dabei appelliert er auch an die Dienstleister, mehr Lust auf ihre digitalen Arbeitstools zu machen.

Matthias Niebuhr, Head of Legal bei My Hammer
Matthias Niebuhr, Head of Legal bei My Hammer, ermuntert die Betriebe am Tag des Handwerks dazu, sich mit der Frage zu beschäftigen, wie die Digitalisierung speziell der Geschäftstätigkeit nutzt. - © Studio Klam
Wie ist es um die Zukunft des Handwerks bestellt? Was sind die Herausforderungen der kommenden Jahre?

Matthias Niebuhr: Das Handwerk hat viele Aufgaben zu bewältigen, dazu zählt es, Fachkräfte zu suchen, die Nachfolge zu regeln, aber auch die Geschäftsprozesse sowie die Haustechnik und Fertigungstechnik zu automatisieren. Diese Themen nehmen ja jetzt erst an Fahrt auf – nicht zuletzt auch wegen Corona. Die Pandemie hat gezeigt, dass Deutschland in vielen Bereichen der Digitalisierung noch sehr rückständig tickt. Das betrifft auch die öffentliche Verwaltung, die Ausschreibungen steuert. Das hat natürlich ebenfalls Auswirkungen auf die Handwerksbetriebe.

Was hat sich in den Betrieben geändert?

Jeder Handwerker besitzt heute ein Smartphone und ist darüber mobil erreichbar. Das klingt banal, ist aber schon ein großer Fortschritt im Vergleich zu den vorherigen Jahren, als noch mit alten Computern und Telefonen gearbeitet wurden. Über das smarte Mobiltelefon haben sich die Betriebe den gesellschaftlichen Entwicklungen angepasst und sich gleichzeitig das Leben erleichtert. Der nächste Schritt für Handwerker sollte nun sein, mehr Zeit zu gewinnen, indem Geschäftsprozesse von der Buchhaltung bis zur Materialbestellung automatisiert gehandhabt werden.

Angebote gibt es ja zuhauf – wo liegt das Problem?

Das Thema ist für die Handwerker schlicht sehr komplex – und damit lästig. Keiner mag sich mit einem riesigen Berg an To Do´s zu befassen, zumal das Handwerk ohnehin über zu wenig Zeit klagt. Hier sehe ich die Software-Dienstleister in der Pflicht die Produkte für ihre Kunden, die Handwerksbetriebe, einfacher aufzubereiten. Kein Handwerkschef benötigt ein Programm mit hunderten von Eingabefeldern. Das ist sehr benutzerunfreundlich, insbesondere für kleine Betriebe, die es im Handwerk ja zuhauf gibt. Besser wäre es, ein reduziertes Programm auf den Markt zu bringen, das die Lücke zwischen Zettel, Stift und Word-Datei auf der einen Seite und der komplizierten schwerfälligen Software auf der anderen Seite schließt.

Mit My Hammer helfen Sie ja bereits bei der Leadgenerierung. Sehen Sie in Plattformen die Lösung?

Die Menschen suchen heute verstärkt im Internet nach Dienstleistungen und Produkten. Daher müssen dort natürlich auch die Handwerker zu finden sein. Vor allem Existenzgründer ohne Kundenstamm erhalten über My Hammer eine Basis, um Aufträge zu gewinnen und darüber einen Kundenstamm zu schaffen. Doch helfen wir den Gewerken auch dabei, den Nachwuchs aufs Handwerk aufmerksam zu machen: Zuletzt haben wir Julien Bam für eine Kampagne gewinnen können. Der 31-jährige Youtuber ist ja besonders bei jungen Menschen sehr beliebt.

Welchen Rat geben Sie den Handwerkern am Tag des Handwerks: Was sollen sie heute tun, und lieber nicht auf morgen schieben?

Der wirtschaftliche Erfolg hängt stark von der Betriebsorganisation ab. Daher möchte ich die Betriebe am Tag des Handwerks ermuntern sich heute mit der Frage zu beschäftigen, wie die Digitalisierung speziell ihrer Geschäftstätigkeit nutzen können. Jeden Monat ein bis zwei Stunden darüber nachzudenken, nimmt dem Thema seine Komplexität und Schwere. Am Ende wird der Handwerker dann, wenn er viele organisatorische und verwaltungstechnische Aufgaben nicht mehr selbst erledigen muss, sondern der Maschine oder der Software überlassen kann, mit mehr Zeit belohnt. Davon hat er derzeit wenig zur Verfügung hat, weil er eben zu sehr mit organisatorischem zu tun hat. Dieses Mehr an Zeit, das über die Digitalisierung entsteht, kann der Handwerker dann für neue Aufträge nutzen und für die Dinge, die er wirklich gerne tut.

Zur Person:

Matthias Niebuhr ist seit 2011 Head of Legal und Justiziar beim Handwerkerportal My Hammer. Der Rechtsanwalt und Fachanwalt für IT-Recht ist für die Prüfung und Gestaltung aller Verträge sowie für die Einhaltung der regulatorischen Auflagen verantwortlich. Rechtsfragen rund um die Plattformökonomie und das Handwerk sind eine Herzensangelegenheit für ihn. Daneben interessiert er sich besonders für das Datenschutzrecht. Vor My Hammer war Matthias Niebuhr u. a. beim Internetkonzern AOL als Senior Legal Counsel sowie als Rechtsanwalt bei mehreren Kanzleien in Hamburg tätig. Er studierte Jura an der Universität Hamburg und absolvierte sein Referendariat unter anderem bei der Europäischen Kommission und dem Internationalen Seegerichtshof. Er ist begeisterter Segler und Heimwerker.