Kolumne „Eigels Erfa-Erkenntnisse“ Baustellendokumentation: Wie löse ich Kommunikationsprobleme, Frau Eigel?

Andrea Eigel leitet zahlreiche Erfa-Gruppen – und ist somit ganz nah dran am Handwerk. In ihrer neuen Kolumne beantwortet die erfahrene Beraterin Fragestellungen aus der Praxis. Folge 11: Baustellendokumentation.

Andrea Eigel zeigt in ihrer neuen Kolumne, wie Baustellendokumentation besser gelingt.
Andrea Eigel zeigt in ihrer neuen Kolumne, wie Baustellendokumentation besser gelingt. - © chapicha - stock.adobe.com

„Stille Post“ ist bis heute ein beliebtes Kinderspiel: Der Erste denkt sich eine Nachricht aus und flüstert sie dem Zweiten ins Ohr. So geht es weiter bis zum Letzten im Kreis. Dieser gibt die Nachricht, die über viele Stationen zu ihm gekommen ist, zum Besten. Überraschung: Meist hat sie keinerlei Ähnlichkeit mehr mit der ursprünglichen Aussage. Was im Spiel für Lacher sorgt, ist in der betrieblichen Kommunikation nach dem Stille-Post-Prinzip eine Katastrophe.

Verfälscht oder uneindeutig weitergegebene Nachrichten kosten in betrieblichen Prozessen eine Unmenge an Energie und am Ende des Tages auch viel Geld. Schlimmer noch: Wenn die Flüsterpost-Kette an einer Stelle komplett unterbrochen ist und gar nichts weitergegeben wird, kommt das ganze Konstrukt ins Wanken. Besonders deutlich wird dies in der internen Organisation von Baustellenprozessen. Hier gibt es reichlich interne Schnittstellen und damit Anfälligkeiten für kommunikative Missverständnisse - besonders bei mittleren und größeren Betrieben.

Baustellenkommunikation: Alle müssen optimal Bescheid wissen

Genau diese Schnittstellenproblematik war kürzlich das Thema bei einer meiner Beratungen in einem Handwerksbetrieb des Baugewerbes. Das rund 20-köpfige Unternehmen bietet viele Sanierungsleistungen aus einer Hand an. Die Teams des Betriebs sind daher meist über mehrere Tage auf einer Baustelle beschäftigt. Die Aufgaben der Projektabwicklung verteilen sich hier auf mehrere Schultern. Der Inhaber ist für die Kundenberatung zuständig. Zwei Projektleiter im Büro arbeiten die Bauvorhaben aus, planen und kalkulieren sie. Zudem gibt es zwei Baustellenleiter, die mehrere Baustellen gleichzeitig betreuen.

Alle bis hier Genannten sind nicht ständig auf der jeweiligen Baustelle anwesend – das sind ausschließlich die Vorarbeiter. Speziell an den Schnittstellen zwischen Projektleiter und Bauleiter sowie Vorarbeiter und Bauleiter gingen bislang zu viele Informationen verloren oder es bestanden Unklarheiten. Mit Konsequenzen: Wusste der Bauleiter nicht, was sich der Projektleiter bei der Angebotserstellung gedacht hatte, wurden Leistungen ausgeführt, die nicht abgedeckt waren. Wurden von Seiten der Kundschaft auf der Baustelle mit dem Vorarbeiter Änderungen besprochen und umgesetzt, die zeitlich nicht eingeplant und damit nicht abrechenbar waren, entstanden ebenfalls wirtschaftliche Schäden und knirschende Abläufe.

Deshalb haben wir uns eine sehr eindeutige Art der Baustellendokumentation und -kommunikation mithilfe von Fotos zusätzlich zu den bisherigen Maßnahmen überlegt. Sie vereinfacht und präzisiert die Übergabe an den genannten neuralgischen Stellen und hat den Zusatzvorteil, dass sich damit gegenüber Auftraggebenden und anderen beteiligten Gewerken die eigene Tätigkeit orts- und zentgenau nachweisen lässt. Wir sind dabei nach folgendem Fahrplan vorgegangen.

So etablieren Sie eine Baustellendokumentation mithilfe von Fotos

  1. Mit Fotos die Übergabe in beide Richtungen erleichtern. Der Inhaber oder Projektleiter im Büro muss dem Bauleiter und dem Vorarbeiter eindeutige Vorgaben für die umzusetzenden Arbeiten auf der Baustelle machen. Fotos des Objekts vor Baustellenbeginn sind daher wichtiges Anschauungsmaterial für klare Anweisungen. Andersherum profitiert der Projektleiter im Büro von einer täglichen fotografischen Dokumentation des Baustellenfortschritts. In unserem Beispielbetrieb macht jeder Vorarbeiter heute am Ende des Arbeitstags ein Foto der wichtigsten Arbeitsschritte sowie ein Schlussbild von den geleisteten Arbeiten und übergibt sie an seinen Baustellenleiter.

  2. Die Fotodokumentation sauber einführen. Voraussetzung für die Nutzung von Fotos in Baustellenprozessen sind entsprechendes Aufnahme-Equipment (Handys oder Tablets) und ein Ablagesystem. Größere Betriebe verfügen oft über entsprechende Softwarelösungen. Doch auch kleine Betriebe können die Fotos über eine einfache Ordnerablage im Rechner zur Projektdokumentation nutzen. Entscheidend ist, besonders die Vorarbeiter präzise einzuweisen: Was genau soll fotografiert werden, wie sieht eine sinnvolle Aufnahme aus und warum ist die fotografische Dokumentation so wichtig? Bei letzterem hat sich bewährt, den Aspekt der Absicherung gegenüber der Kundschaft und anderen Gewerken zu betonen – und nicht auf den Gesichtspunkt „Kontrolle der Mitarbeiter“ abzuheben.

  3. Fotos zum Teil der Tagesschlussbesprechung machen. Das beste Foto nützt nichts, wenn seine Bedeutung für den Baustellenprozess nicht besprochen wird. Im vorgestellten Betrieb übergeben die Vorarbeiter die Bilder an die Baustellenleiter und kommunizieren den Stand der Dinge. Die Baustellenleiter geben die Informationen an die Projektleiter zum vereinbarten Zeitpunkt weiter. Diese haben damit eine Erleichterung bei der Abrechnung: Sie sehen, was tatsächlich umgesetzt worden ist und können so vermeiden, dass neu hinzugekommene Positionen nicht übersehen werden.  Die Baustellenprozesse laufen dadurch reibungsloser und unterm Strich effizienter.

Fazit: Kommunikation im Betrieb funktioniert besser mit Fotodokumentation

Projektsteuerung im Büro und tatsächliche Baustellenleistungen des Teams vor Ort müssen in jedem Betrieb, egal welcher Größe, optimal ineinandergreifen. Nur so sind wirtschaftliche Einbußen und nervenaufreibende Missverständnisse zu vermeiden. Statt sich auf das Stille-Post-Prinzip zu verlassen, verbessern immer mehr Betriebe die Kommunikation an der Schnittstelle zwischen Büro und Baustelle. Fotos von der Baustellen-Ausgangssituation und tägliche Bilder vom Baustellenfortschritt sind eine wichtige Maßnahme, um den betriebsinternen Ablauf klar und wirtschaftlich zu gestalten. Die Baustellendokumentation per Bilder erfordert etwas an Vorbereitungsarbeit und eine gewisse Einlernzeit – doch beides lohnt sich. Auch in puncto Absicherung gegenüber Auftraggebenden und anderen Gewerken auf der Baustelle!

Wie haben Sie die Schnittstelle zwischen Büro und Baustelle verbessert? Setzen Sie bereits Fotodokumentation in diesem Zusammenhang ein? Mit welchen Erfahrungen? Schreiben Sie mir!

Über Kolumnistin Andrea Eigel:

Andrea Eigel unterstützt Unternehmerinnen, Unternehmer und Führungskräfte im Handwerk dabei, Kunden und Mitarbeitende zu gewinnen und nachhaltig zu binden – und dabei auch selbst bei Lust und Laune zu bleiben.

Sie hält Vorträge, macht Workshops und Coachings, moderiert Veranstaltungen und leitet seit vielen Jahren Erfa-Gruppen. Nebenberuflich ist sie Dozentin an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg.

Andrea Eigel schreibt die Kolumne "Eigels Erfa-Erkenntnisse"
Andrea Eigel schreibt die Kolumne "Eigels Erfa-Erkenntnisse" - © Kaleidoskop Marketing-Service GmbH
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