Serie betrieblicher Brandschutz, 2. Folge Baulicher Brandschutz: Wie sich das Brandrisiko bei Immobilien reduzieren lässt

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Die Brennbarkeit von Gebäude und Einrichtung bestimmt maßgeblich das Brandrisiko. Die brandschutztechnischen Mindestanforderungen an Baustoffe und Bauteile sind daher standardisiert und vielfach vorgegeben. Gleichwohl bleiben Eigentümer und Nutzer eines Gebäudes in der Verantwortung.

Hinweis auf eine Brandschutztür
Brandschutztüren müssen selbstschließend sein. - © studio v - zwoelf-stock.adobe.com

Der bauliche Brandschutz ist nicht nur ein Thema für Gebäudeplaner und Architekten, sondern nimmt auch Eigentümer und Nutzer einer Immobilie in die Verantwortung. Dabei hat der bauliche Brandschutz im Wesentlichen vier Aufgaben:

  1. Die Brandgefahr möglichst gering zu halten, etwa durch die Wahl brandungefährlicher Baumaterialien und Bauteilen.

  2. Die Auswirkungen eines Brandes zu beschränken, etwa durch Feuerschutzabschlüsse wie Brandabschnitte und Brandschutztüren.

  3. Allen bei einem Brand gefährdeten Personen das schnelle Verlassen des Arbeitsplatzes oder des Gebäudes über gekennzeichnete Fluchtwege und Notausgänge zu ermöglichen.

  4. Der Feuerwehr die Brandbekämpfung zu erleichtern, beispielsweise durch ausreichende Löschwasserversorgung sowie Flächen für die Feuerwehr.

Wichtig: Auch wenn ein Gebäude alle brandschutztechnischen Anforderungen erfüllt, muss der bauliche Brandschutz erneut auf den Prüfstand, sobald umgebaut wird oder wenn Räume anders genutzt werden sollen.

Baustoffklassen: Was wie schnell in Flammen steht

Das Brandverhalten von Baustoffen, also inwiefern ein Material einem Feuer Widerstand leistet, wird nach standardisierten Verfahren geprüft. Da es dafür sowohl deutsche (DIN 4102) wie auch internationale Vorgaben (DIN EN 13501) gibt, wird eine umfassende Übersicht schnell komplex. Beispielhaft sei hier die Klassifizierung von Baustoffen gemäß ihrer Entflammbarkeit nach DIN 4102 gezeigt. Demnach werden alle Baustoffe zunächst Klasse A (nicht brennbar) oder Klasse B (brennbar) zugeordnet und dann wie folgt weiter unterteilt:

Klasse A1 = nicht brennbare Baustoffe ohne brennbare Bestandteile, die nicht zur Rauchentwicklung beitragen, z.B. Stahl, Beton, Sand, Kies

Klasse A2 = nicht brennbare Baustoffe mit Prüfnachweis; das sind meist Stoffe, deren Grundsubstanz nicht brennbar ist, die aber brennbare Nebenbestandteile enthalten können wie etwa Glaswolle oder geschlossene Gipskartonplatten

Klasse B1 = schwer entflammbare Baustoffe, die ohne Zündquelle nicht von selbst brennen, z. B. Hartschäume, Kunstharzputze, Parkett oder Leichtbauplatten auf der Basis von Holzwolle

Klasse B2 = normal entflammbare Baustoffe, die mit kleiner Flamme von allein weiterbrennen wie etwa Holzwerkstoffe ab 2 mm Dicke, Kork, PVC, Silikon, Textilien, auch Elektroleitungen

Klasse B3 = leicht entflammbare Baustoffe, z.B. Stroh, Polystyrol oder Papier

Feuerwiderstand: Fxx bedeutet xx Minuten garantierten Schutz

Für Bauteile wie Wände, Decken, Träger oder Türen ist die Feuerwiderstandsklasse maßgeblich. Sie wird mit F gefolgt von einer Zahl angegeben, welche die Feuerwiderstandsdauer in Minuten angibt. Bei Verglasungen wird auch der Buchstabe G verwendet, Im Unterschied zu einer Brandschutzverglasung Gxx verhindert eine F-Verglasung zusätzlich eine Übertragung der Wärmestrahlung.

Diese Art der Kennzeichnung ist auch von Sicherheitsschränken bekannt, in denen Gefahrstoffe wie Lösemittel oder auch Li-Ionen-Akkus vorschriftsgemäß aufbewahrt werden. Wird ein Gefahrstoffschrank mit F90 beworben, heißt dies, dass Material und Konstruktion einem Brand – von innen wie außen –über 90 min widerstehen. Weitere Details zu den Baustoffkategorien, etwa zu den besonderen Kennzeichnungen für den Feuerwiderstand von Wärmedämmung, Rohren oder Kabelabschottungen werden in der DGUV Information 205-001 erläutert.

Die meisten Brandopfer sterben nicht am Feuer

Etwa 4 von 5 Personen, die durch einen Brand ums Leben kommen, sterben nicht an Verbrennungen oder an direktem Kontakt mit Feuer und Flammen. Sie sterben als sogenannte „Opfer der Verrauchung“, weil sie Rauchgase einatmen und ersticken. Daher gehört auch der Aspekt, wie Brandrauch sich in einem Gebäude ausbreitet und wie er durch Lüftung abgeführt wird, zum baulichen Brandschutz.

Diese Gefahr durch den Brandrauch darf auf keinen Fall unterschätzt werden. Auch bei Renovierungen und Modernisierungen sind die Optionen für Geräte und Systeme zum Rauch- und Wärmeabzug in die Planungen und Brandschutzkonzepte aufzunehmen. Je besser und schneller Rauch und Brandgase ins Freie geleitet werden, desto stärker sinken nicht nur die Risiken für Personen. Auch Brandfolgeschäden durch Hitze und Rauch bleiben geringer.

Der Brandschutzkeil: Kein Kavaliersdelikt, sondern strafbar!

Ein elementares Konzept des baulichen Brandschutzes ist es, größere Gebäude in Brandabschnitte zu unterteilen. Diese Abschnitte werden dann möglichst feuerfest gegeneinander abgegrenzt, etwa durch Brandwände, Brandschutztüren oder Brandschutzverglasungen. Auch für alle Durchbrüche in Wänden, Böden und Decken für Kabel, Rohre und Anschlüsse gelten dann erhöhte Anforderungen. Damit soll ein Feuer möglichst lange auf einen Brandabschnitt begrenzt bleiben.

Ausgehebelt wird dieses Schutzprinzip durch die leidige Unsitte, Brandschutz- und Rauchschutztüren durch einen Keil, Kanister, Blumentopf, Abfalleimer oder was auch immer offen zu halten. Die vorgeschriebene Funktion des Selbstschließens wird damit wirkungslos und im Brandfall haben Feuer und Rauch freie Bahn. Wer dies in seinem Betrieb duldet, macht sich im Fall der Fälle mitschuldig und setzt seinen Versicherungsschutz aufs Spiel. Das kann teuer werden, s. § 145 Abs. 2 Nr. 2 Strafgesetzbuch.

Wo Mitarbeiter häufig und „mit vollen Händen“ eine solche Tür passieren müssen, sind automatische Türschließer zweckmäßig. Sie verfügen über ein Feststellelement (meist per Magnet oder Obertürschließer) und schließen – gekoppelt mit einem Rauchmelder oder einer Brandmeldeanlage – die Tür im Gefahrenfall automatisch.

Kompromisslos: Fluchtwege müssen immer frei sein

Die rechtlichen Vorgaben für Fluchtwege und Notausgänge finden sich in der Technischen Regeln für Arbeitsstätten ASR A2.2. Auch hier ist es nicht damit getan, wenn einmalig bei Errichtung oder Umbau des Gebäudes alle baulichen Vorgaben, etwa zur Anzahl, Breite und Länge und der Fluchtwege erfüllt wurden. Häufigstes Manko ist, dass in Fluchtwegen oder vor Notausgängen Gegenstände abgestellt werden. Ob Karton oder Kanister, Palette oder Gabelstapler, solche Hindernisse sind unzulässig, erschweren im Brandfall das schnelle Verlassen der Arbeitsstätte und werden daher völlig zu Recht bei jeder Begehung moniert. Auch auf die ordnungsgemäße Kennzeichnung der Fluchtwege, Notausgänge, Feuerlöscher und Brandmelder gemäß ASR A1.3 (S. 29f) achten die Prüfer.