Arbeitsschutztrends der A+A Arbeitsschutz: Leichter und sicherer arbeiten – die Trends 2022!

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Arbeitsschutz und Gesundheit und Berufskleidung

Bei der weltweit größten Arbeitsschutzmesse, der A+A in Düsseldorf, stand diesmal der Mensch im Mittelpunkt. Passend zum Motto gab es weniger Gedränge und Show, dafür mehr Raum für Gespräche und innovative Ideen. Was davon 2022 im Handwerk noch wichtig wird.

Raumausstattermeister Harald Gerjets
Raumausstattermeister Harald Gerjets in Aurich erhielt für seine innovative Transport­lösung den Deutschen Arbeitsschutzpreis. - © Tristan Vankann

Als Raumausstatter Harald Gerjets aus Aurich bei der Verleihung des Deutschen Arbeitsschutzpreises 2021 die Bühne mit einem verbundenen Arm betrat, dachten viele im Publikum an einen Arbeitsunfall. Doch der Unternehmer stellte klar, dass dem nicht so sei, schließlich sollte er ja gerade für sein vorbildliches Engagement zur Verhinderung von Arbeitsunfällen im Betrieb ausgezeichnet werden. Stolze 10.000 Euro erhielt der Sieger in der Kategorie „Persönlich“ für sein kraftsparendes und gesundheitsförderndes Konzept zum Transportieren und Montieren von Markisen für den Sonnenschutz.

„Ganz früher“, erinnert sich der über viele Jahre im Ehrenamt stark engagierte Unternehmer, „mussten wir die Markise bei der Montage noch von Hand halten.“ Später gab es dann Gurte zum Hochziehen, sodass sich das Hochwuchten der Markise auf die letzten 20 Zentimeter begrenzte. So richtig Kraft sparen ließ sich jedoch erst mit den elektrisch betriebenen Markisenliftern, die schon bald nach der Markteinführung zur Ausstattung im Auricher Kleinbetrieb gehörten.

Anhänger als Sonderanfertigung

Da mit zunehmendem Alter von Chef und Mitarbeitern auch der Transport auf das Autodach und vom Firmenwagen zur Baustelle beim Kundenobjekt immer schwerer fiel, wollte der Unternehmer für sich und sein kleines Team eine Lösung, wie die Arbeit künftig ein wenig leichter von der Hand gehen könnte.

Inspiriert von den großen Lkw, die etwa flexibel Baumstämme in unterschiedlicher Länge transportieren können, suchte er im Netz nach einem passenden Anhänger mit ausziehbarer Deichsel, mit dem sich der bis zu 150 Kilogramm schwere Sonnenschutz sicher transportieren lässt. Nach längerer Suche fand er ein Unternehmen in der Oberpfalz, das einen Anhänger nach seinen Vorstellungen mit einer zusätzlichen Ablagefläche für die Markise über der Deichsel fertigte. Somit war das anstrengende Hoch- und Runterheben der Markise vom Autodach endlich Geschichte.

Smarte Transporthilfe: Viel Nutzen für kleines Geld

Als weitere Herausforderung blieb dann noch der Weg vom Anhänger bis zum Objekt, der bei den Kunden oft durch Gärten führt. Die Lösung entdeckte der passionierte Segler in Form der Transport­wagen auf Werften, mit denen Masten oder auch Kanus transportiert werden. Nach ein paar Umbauarbeiten von Gertjes und seinem Team lässt sich der für Kanus vorgesehene Wagen jetzt prima für den Markisentransport einsetzen.

„Die Transportlösung hat mich nicht einmal 5.000 Euro gekostet, dafür ist der gesamte Prozess jetzt deutlich sicherer und gesundheitsschonender geworden“, freut sich der Raumausstattermeister. Zwar sei der Transport heute mit ein klein wenig mehr Aufwand verbunden als früher, doch der Ausfall eines Mitarbeiters wegen Rückenbeschwerden oder Ähnliches kostet laut Gertjes „deutlich mehr als das bisschen Arbeitszeit“.

Berufskleidung: Nachhaltige und leichte Materialien im Fokus

Eine Einstellung, die nicht nur vorbildlich für das besondere Verhältnis von Chef und Mitarbeitern in familiengeführten Handwerksbetrieben steht, sondern auch perfekt zum Motto der Weltleit­messe A+A „Der Mensch im Mittelpunkt“ passt. Statt aufwändiger und lauter Shows rund um die neuen Produkte und Innovationen präsentierten die Aussteller relativ unaufgeregt vor allem Lösungen, die das Arbeiten für den Menschen gesünder und sicherer machen.

So gibt es etwa bei den Anbietern von Sicherheitsschuhen fast einen Wettbewerb, wer die leichtesten, gleichzeitig aber auch robustesten und bequemsten Modelle am Markt bietet. Am Stand von Haix hat Pressesprecher Dominic Schleidgen zudem festgestellt, dass vor allem das Interesse an nachhaltigen und umweltschonenden Produkten bei der Arbeitskleidung deutlich zugenommen hat. Noch produziert die Mehrheit der Hersteller zwar in Asien. Doch wenn die Kunden es auch längerfristig mit dem diesjährigen Messemotto so richtig ernst meinen, können sich regionale Anbieter die im letzten Jahrzehnt verlorenen Marktanteile zurückholen.

Sicherheitsweste mit Airbag
„Skyvest“ - © Messe Düsseldorf/ctillmann

Sicherheitsweste mit Airbag

Rund die Hälfte aller tödlichen Absturzunfälle ereignet sich laut Statistik der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin aus weniger als fünf Metern Höhe. Die Skyvest von Anbieter Skylotec aus Neuwied will das Verletzungsrisiko durch einen integrierten Airbag deutlich reduzieren. Kernstück des intelligenten Schutzsystems ist ein sensorgesteuerter Airbag, der sich beim Sturz in 0,2 Sekunden aufbläst und die auf den Rücken einwirkenden Kräfte um mindestens 40 Prozent reduziert. Die Skyvest wurde durch das Forschungszentrum BMW für Crashtests getestet und vom TÜV als Persönliche Schutzausrüstung (PSA) zertifiziert. Nutzer der Skyvest sollten zwischen 1,70 und 1,90 Meter groß und maximal 100 Kilogramm schwer sein. Die Airbag-Weste eignet sich immer dann, wenn zwar eine potenzielle Gefährdung vorliegt, aber kein Auffangsystem nach EN 363 erforderlich ist. Einmal aktiviert, analysiert eine integrierte Sensoreinheit bis zu 1.100-mal pro Sekunde die Position und Lage des Anwenders. Die Sensoreinheit funktioniert kabellos und kann innerhalb von rund zwei Stunden über eine USB-Schnittstelle aufgeladen werden. Die Akkulaufzeit beträgt bis zu 24 Stunden.

neue Modern-Stretch- Kollektion
neue BPlus Kollektion - © Bierbaum Proenen

Mix-and-Match nach Lust und Laune

Klar ist es prima, wenn jeder Mitarbeiter bereits durch die Kleidung als Teil des Firmenteams zu erkennen ist. Doch muss es dafür wirklich sein, dass jeweils alle im Team auch die gleichen Teile tragen? Die neue BPlus Kollektion von Bierbaum Proenen will die individuellen Bedürfnisse einzelner Träger oder Teams stärker berücksichtigen. Alle Teile der Kollektion lassen sich nach dem Mix-and-Match frei miteinander kombinieren und passen sogar zur ebenfalls vom Hersteller angebotenen Schutzkleidung. Die in enger Abstimmung mit Beschäftigten aus Handwerk und Industrie entwickelte Kollektion besteht aus einem innovativen Stretchgewebe und verfügt über eine vom Hersteller entwickelte 3D-Ergonomie, die gezielt das persönliche Trageverhalten unterstützen soll. Frei nach dem Motto: Die Kleidung soll sich nach dem Menschen richten – und nicht umgekehrt. Ein leichtes und luftiges Gewebe aus Vierwege-Stretch soll ebenfalls zu einem besonders angenehmen Trageverhalten beitragen.

Pro-E-Nitrilschaum-Feinstrickhandschuh 702
Pro-E-Nitrilschaum-
Feinstrickhandschuh 702 - © Fitzner

ESD-Produktschutz mitTouchscreenfähigkeit

Klassische Arbeitshandschuhe sollen zwar vor allem den Träger schützen, doch vor allem im Bereich der E-Mobilität gibt es zunehmend Arbeitsplätze, an denen Arbeits- und Produktschutz gleichermaßen gefragt sind. Um die für viele Bauteile und Maschinen gefährliche elektrostatische Aufladung (ESD) zu verhindern, präsentiert Handschuhspezialist Fitzner (Preußisch-Oldendorf) den Pro-E-Nitrilschaum-Feinstrickhandschuh 702 aus der Profit-Kollektion. Der Schutzhandschuh eignet sich nach Angaben des Herstellers durch seine ESD-Ausstattung nach EN 16350 und seine Feinfühligkeit optimal für feine Montagearbeiten im Bereich der Mikroelektronik und will darüber hinaus einen bestmöglichen Tragekomfort bieten. Der aus einem Nylon-, Spandex- und Carbonmix bestehende Hand- und Produktschutz ist nicht nur Oeko-Tex- zertifiziert und atmungsaktiv, sondern ermöglicht durch seine Touchscreenfähigkeit laut Fitzner auch problemlos das Bedienen von Monitoren am Arbeitsplatz.

MEWA Bekleidungslinie Peak
Bekleidungslinie Peak - © MEWA

Berufskleidung aus PET-Flaschen

Mit der neuen Bekleidungslinie Peak will Anbieter Mewa (Manching) Innovation und Nachhaltigkeit vereinen. Während die aus dem Sportbereich bekannte 37,5-Grad-Technologie für eine konstante Körpertemperatur an den relevanten Körperzonen von Jacke und Hose sorgen soll, wird das verwendete Gewebe zu einem großen Teil aus recycelten PET-Flaschen gewonnen. Laut Mewa erhält die Kollektion ihre Funktionalität durch ein System verschiedener Materialien. Als Hybrid-Produkte besitzen die Kleidungsstücke wärmende und kühlende Zonen sowie elastische oder schützende Bereiche. Die dabei verwendeten Polyestergarne sind ausschließlich aus recycelten PET-Wasserflaschen hergestellt. Hinzu kommen Anteile von Biobaumwolle. Insgesamt beträgt der Anteil der ressourcenschonenden, nachhaltigen Materialien bei der Peak-Kollektion rund 75 Prozent. Die bislang vor allem im Sport eingesetzte 37,5-Grad-Technologie soll bei Mewa jetzt auch den körperlich arbeitenden Mitarbeitern in Handwerk und Industrie zugutekommen. Deren hochfunktionelle Fasern enthalten Partikel aus Aktivkohle, die Feuchtigkeit und Wärme aufnehmen oder abgeben können. Bei körperlicher Anstrengung beschleunigen die Aktivpartikel das Verdunsten der beim Schwitzen entstehenden Feuchtigkeit und erleichtern so den Abtransport der Wärme. Umgekehrt speichern die Aktivpartikel bei Kälte die vom Körper ausstrahlende Wärme und sorgen dadurch für eine konstante Oberflächentemperatur der Haut von etwa 37,5 Grad. Die für die häufige Industriewäsche konzipierte Kollektion passt sich flexibel jeder Figur an, elastische Einsätze in Jacke und Hose sollen eine größtmögliche Bewegungsfreiheit ermöglichen.

Kollektion Life 21
Kollektion Life 21 - © HAIX

Shirts aus nachhaltigem Eukalyptus

So leicht, dass sie gar nicht nach Arbeit aussehen. Der als Schuhspezialist bekannte Hersteller Haix aus Mainburg hat nach der Übernahme des Berufskleidungsspezialisten Gustav Wahler KG jetzt auch Arbeitskleidung im Sortiment. Die T-Shirts und Poloshirts der Kollektion Life 21 bestehen aus 92 Prozent Lyocell, das aus nachhaltig angebautem Eukalyptus gewonnen wird. Dieses Material ist nach Angaben von Haix besonders hautfreundlich, atmungsaktiv und formstabil und soll bei warmen Temperaturen für einen natürlichen Cooling-Effekt auf der Haut sorgen. Die in den Farben Black, Blue, Navy und Red erhältlichen Oberteile lassen sich mit der funktionellen, ebenfalls auf geringes Gewicht getrimmten Arbeitskleidung aus der Work-21- Kollektion kombinieren. Arbeitsjacke, Weste, kurze und lange Arbeitshose sowie Latzhose bestehen aus 65 Prozent Polyester und 35 Prozent Baumwolle und sind waschbar bei 60 Grad. Trotz des geringen Flächengewichts von 245 Gramm pro Quadratmeter sind alle Teile laut Haix dank ihrer extra- dichten Webung äußerst strapazierfähig. Wie alle Produkte wird auch die Bekleidung in Europa gefertigt, die verwendeten Materialien sind nach Oeko-Tex-Standard 100 zertifiziert und stammen ausschließlich von namhaften europäischen Herstellern.

Exoskelette
Exoskelette unterstützen bei der Arbeit.

Rückenwind für die Muskeln

Große Wände streichen, über Kopf arbeiten oder laufend schwerere Gegenstände von A nach B transportieren – wer bei der Arbeit die immer gleiche Muskulatur belastet, ermüdet nicht nur schnell, sondern kann diesen Job aufgrund der einseitigen Abnutzung des Bewegungsapparats oft nicht sehr lange ausüben. Abhilfe sollen Exoskelette bieten, die einzelne Körpersegmente gezielt bei der Bewegung unterstützen. Das funktioniert sowohl rein mechanisch als auch mithilfe von externen Motoren. Die vor allem für den Einsatz im Job konzipierten mechanischen Exoskelette speichern durch das Zusammenspiel von Federn oder Gummizügen die körpereigene Energie und geben sie bei bestimmten Haltungen und Bewegungen wieder ab. Wie groß die Effekte im Alltag tatsächlich sind und worauf es beim Einsatz in der Praxis ankommt, soll das Forschungsprojekt „Handwerksgeselle 4.0“ zeigen, das der Zentralverband Sanitär Heizung Klima im Rahmen der Initiative Neue Qualität der Arbeit des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales durchführt. Erste Ergebnisse des Projekts werden im Januar 2022 in Berlin präsentiert.

E.COOLINE PowerSignal Weste
E.COOLINE PowerSignal Weste
- © E.COOLINE

Kühl bleiben trotz Sommerhitze

Während sich die Fußballer nach einem Spiel über 90 Minuten bei Sommerhitze schon auf die Eistonne freuen, sind vor allem Bauarbeiter über 40 Stunden pro Woche einem enormen Hitzestress ausgesetzt. Da Auswechseln meist keine Option ist, arbeiten sie gerne mit freiem Oberkörper. Leider mit fatalen Folgen für die Gesundheit, wie die hohe Zahl der an Hautkrebs erkrankten Baumitarbeiter zeigt. Die von E-Cooline in Ulm angebotenen Kühlprodukte – erhältlich sind Westen, Shirts, Basecaps, Armkühler, Helmunterzieher oder Bandanas – sollen ein zu starkes Ansteigen der Körpertemperatur verhindern und so die Gefahr von Hitzekrämpfen oder auch Hitzschlägen deutlich reduzieren. Wie ein Praxistest auf der Baustelle eines führenden deutschen Bauunternehmens bei 30 Grad Außentemperatur gezeigt hat, funktioniert der aus dem Sport bereits bekannte Kühleffekt tadellos: Nach dem Anlegen der Kühlkleidung in der Mittagspause sank die Körpertemperatur gegenüber dem am Vormittag ermittelten Wert um fast fünf Grad. Entsprechend positiv bewerteten die Probanden den Kühleffekt, auch das sehr unkomplizierte Handling der Kleidung wurde gelobt. Alle E-Cooline Kühlprodukte lassen sich waschen oder reinigen und sind auch für Mietwäsche-Konzepte geeignet.

Extraguard-Technologie
Extraguard-Technologie
- © W.L. Gore & Associates

Extraleichte und robuste Sicherheitsschuhe

Je härter und extremer die Arbeitsbedingungen, desto grober und unbequemer ist in der Regel das Schuhwerk. Mit der Einführung der neuen Obermaterialtechnologie Extraguard will die für technische Funktionstextilien zuständige Sparte Gore-Tex-Professional von W.L. Gore & Associates (Newark) das ewige Dilemma zwischen Leichtigkeit und Komfort sowie perfektem Schutz und Langlebigkeit lösen. Dabei soll das neue Obermaterial die Vorteile von Leder mit denen von textilen Obermaterialien vereinen. Die aus drei Lagen bestehende Extraguard-Technologie wurde vor allem für Branchen wie das Bau- und Abbruchgewerbe entwickelt, deren Mitarbeiter häufig bei extremen Wetterbedingungen arbeiten müssen.

Die äußere Lage der Schuhe ist hoch abriebfest und robust. Die zweite Lage, die eigentliche Funktionsschicht, ist in der Dicke variierbar und soll den Fuß vor Stoß und Schlagbelastung schützen. Die dritte, mit dem Gore Seam Tape rückseitig versiegelte Innenlage verhindert, dass Feuchtigkeit von außen über die Nähte in den Schaft eindringt. Während das Obermaterial im trockenen Zustand 40 Prozent leichter als Leder ist, verändert sich das Gewicht auch bei Nässe kaum, weil keine Feuchtigkeit zwischen Schaftmaterial und der innenliegenden, wasserdichten und atmungsaktiven Gore-Tex-Technologie aufgenommen wird. Die Feuchtigkeit von außen dringt maximal bis zur Konstruktionsinnenlage vor und wird von ihr abgehalten, dadurch werden Wärmeverluste reduziert und unkomfortable Kältebrücken vermieden. Nach Auskunft des Herstellers sitzt der Schuh von Anfang an bequem und es bilden sich auch bei längerem Tragen keine Falten. Zur Pflege und Reinigung reicht das Abspritzen mit Wasser, die Rücktrocknungszeit der Hightech-Schuhe ist nach Herstellerangaben „minimal“.