Kündigungsschutzgesetz Kündigung: Kriterien zur Sozialauswahl

Nicht selten scheitern betriebsbedingte Kündigungen, beispielsweise wegen Umsatzrückgang oder Rationalisierung, an einer fehlerhaften Sozialauswahl. Arbeitgeber müssen nämlich, so schreibt es das Kündigungsschutzgesetz vor, genau denjenigen vergleichbaren Mitarbeiter entlassen, den eine Kündigung am wenigsten hart trifft. Nach welchen Kriterien Sie vorgehen sollten.

Auswahl. Vor der Sozialauswahl stellen Sie eine Liste vergleichbarer Mitarbeiter zusammen. „Vergleichbar“ sind Mitarbeiter, wenn ihre Tätigkeiten austauschbar sind, der eine also die Arbeit des anderen machen kann. Als Auswahlkriterien gelten die vier Merkmale Dauer der Betriebszugehörigkeit, Lebensalter, Unterhaltspflichten und Schwerbehinderung. Früher einmal benutzte Kriterien wie Einkommen von Ehegatten, Nebeneinkünfte oder der Gesundheitszustand des Arbeitnehmers dürfen wegen einer Gesetzesänderung nicht mehr verwendet werden.

Punktetabelle. Zur Vorauswahl ist es ratsam, eine Punktetabelle mit den vier genannten Maßstäben zu erstellen, die aber nicht allein ausschlaggebend sein darf. Die Gerichte verlangen vielmehr, dass danach eine „individuelle Abschlussprüfung“ stattfindet. Das heißt: Bei jedem Mitarbeiter muss geprüft werden, ob bei ihm besondere Umstände vorliegen, die ein Abweichen von der Punktzahl nahe legen.

Restrisiko. Da es keinen allgemeinen Bewertungsmaßstab gibt, wie die einzelnen Sozialdaten zueinander ins Verhältnis zu setzen sind, gehen Arbeitgeber selbst mit Rechtsberatern immer ein gewisses Risiko ein, eine Abfindung zahlen zu müssen. Sie wird aber in jedem Fall geringer ausfallen, wenn die Sozialauswahl sorgfältig vorbereitet worden ist und die Richter nur Details auszusetzen haben. Es liegt zum Beispiel eine gewisse Freiheit darin, Kinder höher zu bewerten als die Dauer der Betriebszugehörigkeit, wenn dies durchgängig so gehandhabt wird.

Ausnahmen. Von der Sozialauswahl dürfen besonders tüchtige Mitarbeiter, die etwa eine für den Betrieb wichtige Zusatzausbildung aufzuweisen haben, ausgenommen werden. Vor Gericht scheitert dies allerdings oft daran, dass Arbeitgeber ihre Entscheidung nicht stichhaltig begründen können. Missverstanden wird häufig auch die Möglichkeit, von der Sozialauswahl abweichen zu dürfen, um, wie es im Gesetz heißt, „eine ausgewogene Personalstruktur“ zu behalten.

Vorsicht: Die Gerichte erlauben es nur, den bisherigen Stand beispielsweise des Durchschnittsalters der Belegschaft beizubehalten, und akzeptieren nicht etwa das Ziel eines Arbeitgebers, sein Team insgesamt zu verjüngen oder leistungsfähiger zu machen.

Kleinbetriebe. Durch ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts (Az. 2 AZR 621/02) müssen auch Kleinbetriebe mit maximal zehn Mitarbeitern, die sonst vom Kündigungsschutz ausgenommen sind, eine gewisse Sozialauswahl treffen. Das heißt im Klartext: Sie müssen zum Beispiel eher einen ledigen jungen Mann als einen älteren Mitarbeiter mit Frau und Kündern entlassen, weil Letzterer „sozial schutzwürdiger“ ist. Verwandte genießen eine Art Sonderschutz. Nach einem Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz (Az. 4 Sa 25/02) durfte die Schwester des persönlich haftenden Gesellschafters bleiben, obwohl sie eine kürzere Betriebszugehörigkeit hatte als ein Kollege.