Immobilienfinanzierung Bausparer: Wann die Bausparkasse ­Ihnen kündigen darf

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Die deutschen Bausparkassen dürfen Altverträge ihrer Kunden kündigen. Das hat der Bundesgerichtshof in zwei aktuellen Grundsatzurteilen entschieden. Was Bausparer jetzt dazu wissen sollten.

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Freude bei den Bausparkassen und Entsetzen bei ihren Bausparern: In zwei aktuellen Urteilen entschied der Bundesgerichtshof (BGH), dass die Institute unter bestimmten Umständen hochverzinste Altverträge kündigen dürfen. Die Kündigung von Altverträgen ist für die Bausparkassen mittlerweile gängige Praxis. Der BGH legitimierte mit seinem Urteil diese Praxis jetzt – für bestimmte Konstellationen (Az.: XI ZR 185/16 und Az.: XI ZR 272/16).

Die Vorgehensweise der Bausparkassen, gut verzinste Altverträge zu kündigen, empfanden viele Bausparer und Verbraucherschützer als unfair. Der Rechtsstreit ist jetzt zugunsten der Bausparkassen ausgegangen.

Bausparer im Niedrigzinsumfeld

In Deutschland ist der Bausparvertrag ein Massenprodukt: 2014 gab es nach Angaben des Verbands der Bausparkassen knapp 30 Millionen Verträge. Viele Altverträge sind für die Kunden durchaus attraktiv. So erzielen Bausparverträge, die Kunden vor 20 Jahren abschlossen, Zinsen zwischen drei und vier Prozent. Davon können Sparer heutzutage nur träumen. Denn das geht derzeit weder mit Tagesgeld, Festgeld noch mit sicheren Staatsanleihen.

Im aktuellen Niedrigzinsumfeld haben die Institute mit den Altverträgen aber ein Problem. Die Niedrigzinsen drücken die Erträge der Bausparkassen. Denn die Institute können die Guthabenzinsen ihrer Kunden mit Altverträgen kaum noch erwirtschaften. Die Konsequenz: Die Bausparkassen kündigen die hochverzinsten Verträge, aber nicht, weil sie überspart sind, sondern weil sie seit mindestens zehn Jahren zuteilungsreif sind.

Das Urteil beruht auf allgemeinem Darlehensrecht

Seit 2014 kündigten die Bausparkassen rund 200.000 Verträge, die seit mehr als zehn Jahren zuteilungsreif waren, wie Verbraucherschützer schätzen. Nach den BGH-Urteilen darf sich die Bausparkasse zu Recht auf das allgemeine Darlehensrecht im Bürgerlichen Gesetzbuch berufen.

Danach darf jeder Kreditnehmer zehn Jahre nach dem vollständigen Empfang der Darlehenssumme mit einer Frist von sechs Monaten kündigen. Und das gilt auch für Bausparverträge, stellte der BGH in seinem Urteil klar. In der Ansparphase sei die Bausparkasse der Darlehensnehmer, der vom Bausparer ein Darlehen erhalte. Dieses Darlehen habe das Institut mit der Zuteilungsreife vollständig erhalten. Die Zuteilungsreife ist der Zeitpunkt, ab dem der Bausparer dann selbst von der Bausparkasse ein Darlehen abrufen kann. Wie jedem normalen Darlehensnehmer stehe der Bausparkasse zehn Jahre danach auch das Kündigungsrecht zu.

In diesen Fällen darf die Kasse dem Bausparer nicht kündigen

Ob eine Bausparkasse ihrem Kunden zu Recht gekündigt hat oder nicht, ist abhängig von verschiedenen Faktoren. Entscheidend sind die Antworten auf folgende Fragen: Ist der Vertrag zuteilungsreif? Wenn ja, seit wann ist der Vertrag zuteilungsreif? Ist die Bausparsumme bereits vollständig angespart?

Eindeutig ist die Rechtslage nach Experteneinschätzung jetzt in folgenden Konstellationen:

  • Wenn ein Bausparvertrag noch nicht zuteilungsreif ist, darf die Bausparkasse ihn auch nicht kündigen.
  • Wenn ein Bausparvertrag seit weniger als zehn Jahren zuteilungsreif ist und die Bausparsumme noch nicht vollständig angespart ist, darf das Institut den Vertrag nicht kündigen.
  • Wenn ein Bausparvertrag zuteilungsreif ist und die volle Bausparsumme erreicht ist, darf die Bausparkasse den Vertrag kündigen.

Das sind die Unsicherheiten

Ist die Kündigung für den Kunden aber unklar oder entspricht nicht den oben genannten Vorgaben, kann der Kunde der Kündigung schriftlich widersprechen. Musterbriefe für einen schriftlichen Widerspruch stellt zum Beispiel die Verbraucherzentrale Hamburg auf ihrer Website zur Verfügung (Stichwort: Baufinanzierung und Bausparvertrag).

Manchmal zahlen einige Bausparkassen gleichzeitig mit der Kündigung das angesparte Guthaben an den Kunden aus. Betroffene, die meinen, ihren Vertrag habe die Bausparkasse zu Unrecht gekündigt, sollten das Geld aber sicher parken und auf keinen Fall ausgeben. Sollte sich die Kündigung nämlich als unrechtmäßig herausstellen, muss der Kunde den Betrag ja wieder in seinen Bausparvertrag einzahlen. Schickt die Bausparkasse einen Scheck, sollte er gleich zurückgeschickt werden.